(Christian Meyer [GRÜNE]: Ich sehe das auch nicht als Beleidigung! - Wi- ard Siebels [SPD]: Wenn ich vermit- teln soll, gib Bescheid!)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun der Abgeordnete Christian Meyer. - Die CDUFraktion hat keinen Zuwachs bekommen.
Sehr verehrte Damen und Herren! Wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass die Hisbollah eine gefährliche, eine menschenverachtende und antisemitische Organisation ist, die gerade auch im Libanon und in Syrien Destabilisierung betreibt. Deshalb haben wir Grünen im Bundestag - wohin diese Debatte zu Recht gehört - schon einen Antrag eingebracht, der „Betätigungsverbote gegen Hisbollah entschlossen durchsetzen und ihre Netzwerke in Deutschland zerschlagen, Israel beistehen, Zivilgesellschaft in Libanon unterstützen“ heißt.
Sie von der AfD sind hier mit ihrem Showantrag - das haben Sie auch nicht in Ihrer Rede zu Ihrem Antrag formuliert - überhaupt nicht darauf eingegangen, dass die Hisbollah in Syrien auf der Seite Ihres Freundes Assad - den AfD-Abgeordnete bereits mehrfach besucht haben, weil er ja die Flüchtlinge wieder zurücknehmen soll - mit 7 000 Kämpfern kämpft und dafür verantwortlich ist, dass Krankenhäuser in Idlib bombardiert werden, Fassbomben gegen Zivilisten eingesetzt werden und dort schwere Kriegsverbrechen stattfinden.
Dazu lesen wir in Ihrem Antrag kein Wort, das Wort Syrien taucht gar nicht auf. Die Rolle, die die Hisbollah dort destabilisierend einnimmt, wird von Ihnen überhaupt nicht angegriffen. Das zeigt wieder Ihre Einseitigkeit, wie Sie vorgehen. Das sind ja Muslime gegen Muslime, sozusagen Schiiten gegen Sunniten usw., das ist der AfD anscheinend wieder einmal egal.
Wir fordern mit unserem Antrag den Bundestag auf, sich auf die Seite der Zivilgesellschaft zu stellen, was im Libanon passiert. Dort gehen viele friedliche Menschen auf die Straße und protestieren gegen ein politisches System, gegen den Nepotismus, gegen die Korruption, die dort im Land herrscht, weil auch die Hisbollah das Land aufge
teilt hat. Diese Proteste richten sich gegen die Hisbollah und ihre Unterstützerin, die Islamische Republik Iran.
Deshalb muss man sich auf die Seite der Zivilgesellschaft stellen und den aggressiven militärischen Beistand der Hisbollah für Syriens Machthaber Baschar al-Assad auch schwer verurteilen, was Sie nicht tun; denn das ist die aktuelle Bedrohungslage, die die Hisbollah dort initiiert. Das zeigt die Einseitigkeit der AfD. Das habe ich beim letzten Mal schon angesprochen und heute auch wieder. Wir hören von Ihnen keine Verurteilung dessen, was die Hisbollah in Syrien macht. Sind Ihnen die Menschen, die in Idlib bombardiert werden, die dort in die Flucht getrieben werden, weniger wert? Das ist für Sie überhaupt kein Grund gegen die Hisbollah. Es ist einfach wieder pure Argumentation der Islamfeindlichkeit, und das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Vielleicht als Letztes - ich will die Redezeit für diesen Antrag nicht unnötig verlängern -: Ich habe es mir angeguckt: Vielleicht müssen Sie über die Klickzahlen - Sie haben ja gerade so ein bisschen gelacht - in der Fraktion noch mal diskutieren. Herr Ahrends hat aktuell 14 579 Klicks, Herr Wichmann nur 739, Herr Rykena nur 969 und Herr Bothe nur 917. Vielleicht müssen Sie in der Fraktion mal ein bisschen über die gerechte Verteilung Ihrer russischen Bots diskutieren.
Sie müssen mir wirklich mal erklären, wie Sie es schaffen, dass Herr Ahrends jetzt schon 14 000 Klicks für eine Rede kriegt, und warum Herr Wichmann immer nur so wenig kriegt. Ich könnte es mir erklären, aber das müssen Sie in der Fraktion mal diskutieren.
Für die Landesregierung hat sich der Innenminister Boris Pistorius zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Minister!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung nimmt - das habe auch ich in diesem Haus immer wieder deutlich gemacht - jede Form des Extre
mismus sehr, sehr ernst. Wir treten für eine plurale, weltoffene Gesellschaftsordnung ein. Das heißt, meine Damen und Herren, wir treten extremistischen Tendenzen, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus in allen Formen, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit geschlossen und konsequent entgegen.
Dabei, meine Damen und Herren, schrecken wir auch ausdrücklich nicht davor zurück, Vereinsverbote auszusprechen und damit eines der schärfsten Schwerter des Rechtsstaates in diesem Bereich einzusetzen.
Durch das Verbot des Deutschsprachigen Islamkreises Hildesheim ist uns bereits 2017 ein enorm wichtiger und harter Schlag gegen islamistische Extremisten gelungen. Wir haben damit ein deutliches Signal gesetzt und unmissverständlich klar gemacht: Unser Rechtsstaat ist ein wehrhafter, und wir lassen nicht zu, dass Extremisten unter dem Deckmantel einer friedlichen Weltreligion Unterschlupf suchen, um Hass und Gewalt zu schüren, meine Damen und Herren.
Genauso wenig lassen wir es allerdings zu, wenn Menschen jüdischen Glaubens bedroht, beleidigt oder sogar körperlich angegriffen werden. In Niedersachsen kämpfen wir entschlossen gegen Antisemitismus. Seit Oktober haben wir mit Herrn Dr. Enste zusätzlich einen Niedersächsischen Landesbeauftragten gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens berufen, um hier noch besser aufgestellt zu sein. Meine Damen und Herren, wenn diese Landesregierung eines nicht braucht, dann sind es vergiftete Ratschläge von ganz, ganz rechts.
Sehr geehrte Abgeordnete der AfD, wirklich niemand hier nimmt Ihnen ab, dass Ihnen der Kampf gegen Antisemitismus ein echtes Anliegen ist.
Wenn der Pressesprecher der AfD im Europaparlament nach der skandalösen Wahl von Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten Thüringens schreibt: „Die Auswanderung Michel Friedmans rückt näher“, dann zeigt das einmal mehr, welches Gedankengut in den Reihen der AfD verbreitet ist.
Ein Vertreter Ihrer Partei sehnt die Ausreise eines Journalisten jüdischen Glaubens herbei. Meine Damen und Herren, das ist völlig inakzeptabel, aber es reiht sich leider ein in viele Äußerungen von Vertreterinnen und Vertretern der AfD. Deswegen sage ich noch einmal: Wir hier brauchen keine Nachhilfe in Sachen Antisemitismusbekämpfung - und schon gar nicht von Ihnen, meine Damen und Herren.
Die Landesregierung verfolgt hier eine völlig klare, unmissverständliche Linie. Hetze und Unterstützung terroristischer Aktivitäten gegen Israelis und Juden sowie die Ablehnung unserer demokratischen Grundsätze werden in Niedersachsen niemals toleriert werden. Deshalb ist es völlig klar, dass wir alle möglichen und rechtlich zulässigen gefahrenabwehrenden bzw. strafverfolgenden
Maßnahmen einleiten, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass in Vereinen extremistische bzw. terroristische Ziele verfolgt werden. Dazu gehört auch eine fortwährende, andauernde Prüfung, ob ausreichende Verbotsgründe nach § 3 Abs. 1 des Vereinsgesetzes vorliegen. Wenn das in der Vergangenheit der Fall war - ich habe es bereits gesagt -, wurde entsprechend reagiert, und das wird auch in Zukunft so bleiben, meine Damen und Herren. Das kann ich Ihnen versichern.
Und auch die Hisbollah und die ihr zuzurechnenden Vereine haben wir natürlich genau im Blick. Die Hisbollah ist globaler Teil eines Geflechtes schiitisch-islamistischer Organisationen, das stark unter dem Einfluss der Islamischen Republik Iran steht. In Deutschland und auch in Niedersachsen ist die Hisbollah aber nicht einheitlich organisiert. Der niedersächsische Verfassungsschutz geht in Niedersachsen aktuell von rund 150 Personen aus, die Anhänger der Hisbollah sind.
Es sind aber - das wäre für ein Vereinsverbot Voraussetzung, das sagt schon der Name, das dürften auch Sie erkennen - aktuell eben keine festen Vereinsstrukturen ersichtlich, die der Hisbollah zugerechnet werden können. Die Verbote des Propagandasenders Al-Manar sowie des Vereins „Waisenkinderprojekt Libanon e. V.“ durch das Bundesministerium des Innern wurden bereits thematisiert und auch hier heute angesprochen. Diese Verbote, meine Damen und Herren, waren
eben nur möglich, weil die Aktivitäten der Vereine in Deutschland stattfanden und den Vereinen als solchen zugerechnet werden konnten.
Diese Voraussetzungen müssen nun einmal gegeben sein, um überhaupt ein vereinsrechtliches Verbot nach dem Vereinsgesetz verfügen zu können. An dieser Stelle möchte ich auch darauf verweisen, dass für vereinsrechtliche Verbotsmaßnahmen gegenüber der Hisbollah deshalb der Bund zuständig ist.
Bei der Hisbollah handelt es sich nach derzeitigem Erkenntnisstand um einen ausländischen Verein ohne Sitz bzw. Niederlassung. Daher käme aktuell kein Vereinsverbot, sondern nur das erwähnte vereinsrechtliche Betätigungsverbot in Betracht, zu erlassen vom Bundesminister des Innern bei entsprechendem Vorliegen der Tatsachen. So viel zu den Zuständigkeiten, meine Damen und Herren! Das wissen Sie jetzt, ob Sie es vorher wussten, weiß ich nicht. Sie wissen es spätestens seit den Ausschussberatungen. Dass Sie trotzdem Ihren Antrag aufrechterhalten, zeigt, worum es Ihnen wirklich geht. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um Show, um Schattenboxen und das Füllen von YouTube-Kanälen. Viel Spaß dabei!
Grundsätzlich, meine Damen und Herren, macht es die beschriebene kleinteilige Struktur der Hisbollah mit einzelnen Vereinen und Sympathisanten den Bundesländern und dem Bund nicht leicht, entsprechende Verbote rechtssicher zu begründen. Über die Einstufung der Gesamtorganisation der Hisbollah als terroristische Organisation im Sinne des EU-Sanktionsregimes ist ohnehin auf europäischer Ebene zu entscheiden. Ich bin sicher, dass das nicht mehr lange auf sich warten lässt.
Aber auch abseits von Vereinsverboten, meine Damen und Herren, können Sie sicher sein: Diese Landesregierung, unsere Sicherheitsbehörden
sind außerordentlich wachsam - auch an dieser Stelle. Wir haben die Bedrohung durch alle Formen des Extremismus sehr genau im Blick. Meine Damen und Herren, in Niedersachsen werden wir Antisemiten und Extremisten jeglicher Couleur auch in Zukunft keinen Millimeter Raum lassen.
Für eine persönliche Erklärung nach § 76 hat sich der Abgeordnete Peer Lilienthal zu Wort gemeldet. Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich habe eigentlich gedacht, dass ich heute schon viel früher hier am Pult stehe. Ich möchte die Ausführungen und Einlassungen des Kollegen Lynack in meine Richtung und gerade auch die Einladung meines Parteifreundes Höcke zum Anlass nehmen, das, was Sie hier gesagt haben, Herr Lynack, zu parieren.
Zunächst einmal weise ich jede Verbindung der AfD - auch unseres Parteifreundes Höcke - zu Antisemiten entschieden zurück.
Moment, Herr Lilienthal, warten Sie ganz kurz! Ich lese Ihnen aus dem § 76, persönliche Bemerkung, vor: