Protocol of the Session on January 31, 2020

(Christian Grascha [FDP]: Parteien?)

Es wäre schön, wenn Sie jetzt zuhören könnten. Das ist der letzte Tagesordnungspunkt. - Das gilt auch für meine Fraktion.

Für uns Grüne ist klar: Das Recht auf Asyl ist für uns nicht verhandelbar. Und doch sind wir überzeugt, dass wir viel dafür tun können, damit Menschen nicht ihre vertraute Umgebung, ihre Heimat, eben ihr Zuhause verlassen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das erreichen wir mit verlässlichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Strukturen in den Ländern des globalen Südens. Ja, Europa und auch Deutschland leisten im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und der Soforthilfe viel. Aber dies ist immer nur ein kleiner Beitrag und lindert in der Regel die Symptome, aber nicht die globalen Ursachen der Probleme, die weiterhin bestehen bleiben.

Um die Ursachen anzupacken, müssen wir endlich darangehen, eine wirkliche Nachhaltigkeitsagenda, die ganzheitlich auch Fragen der Friedens-, Entwicklungs-, Handels-, Geschlechter-, Klima- und Migrationspolitik in den Blick nimmt und Grundsätze für unser innen- und außenpolitisches Handeln beschreibt, umzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein solches entschiedenes Handeln trägt dazu bei, die Welt friedlicher und gerechter zu machen.

Nun höre ich es schon: Das ist doch eigentlich alles nur Bundes- und Europapolitik! - Nein, das ist es nicht. Es betrifft ganz konkret Niedersachsen. Denn Rüstungsfirmen in Niedersachsen produzieren Waffen, die weltweit eingesetzt werden. Das Land und auch die Kommunen sind oft nicht bereit oder oft noch nicht so weit, dass sie ihre Beschaffung fair und ökologisch gestalten, obwohl es wirtschaftliche Alternativen gibt. Auch unser Konsum- und Mobilitätsverhalten befördert den Klimawandel.

Die Welt ist heute bis ins Kleinste vernetzt. Deshalb hat alles, was wir in Niedersachsen produzieren, verkaufen und kaufen, fast immer auch Auswirkungen auf Menschen in anderen Teilen der Erde.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Darin besteht aber auch unsere Chance. Denn wenn wir faire und ökologische Standards und Praktiken schaffen und einhalten, bringt das nicht nur für die Niedersächsinnen und Niedersachsen etwas, sondern für die ganze Welt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unter Rot-Grün hat das Land schon vieles angepackt und richtig gemacht, beispielsweise die Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie begonnen und entwicklungspolitische Leitlinien beschlossen.

Viele Kommunen in Niedersachsen haben sich inzwischen auf den Weg gemacht und sich mit der Agenda 2030 beschäftigt. Sie gestalten Nachhal

tigkeit im Gesamtkontext auf kommunaler Ebene, z. B. die Stadt Geestland aus meinem Landkreis Cuxhaven, die dort vorbildlich ist.

(Lasse Weritz [CDU]: Mein Wahl- kreis!)

Alle diese Projekte und engagierten Menschen sind großartig. Sie verdienen unsere Unterstützung und vor allen Dingen unseren Applaus.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der CDU)

Doch was ist seit 2017 passiert, meine Damen und Herren? - Die Nachhaltigkeitsstrategie ist hinter dem Zeitplan zurück. Die interfraktionelle Resolution des Landtages gegen die Beteiligung an Rüstungsexporten in Krisen- und Konfliktregionen ist an die Bundesebene weitergereicht worden. Ich habe den Eindruck, dass das Interesse des Wirtschaftsministeriums und der Staatskanzlei daran, was aus dieser Resolution geworden ist, eher gering ist.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Wir haben zwar inzwischen ein niedersächsisches Klimaschutzgesetz. Doch es ist immer noch nicht verabschiedet, und es ist sowieso nicht ausreichend.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viele Akteure der Zivilgesellschaft wie Verbände für Umweltschutz und Entwicklungszusammenarbeit und die Kirchen sprechen sich daher auch deutlich für mehr Engagement vonseiten der Politik aus.

Mit diesem Antrag möchten wir ihnen und ihren richtigen und wichtigen Forderungen eine Stimme geben. Dazu gehören u. a. die Umsetzung der Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen auf Landesebene, die konsequente Orientierung an diesen 17 Zielen der UN beim Landeshaushalt und bei der regionalen Wirtschaftsförderung, die Umstellung der Beschaffungspolitik auf ökologische, nachhaltige und faire Beschaffung

(Beifall bei den GRÜNEN)

sowie das Engagement der Landesregierung, sich im Bund in Berlin für die Einführung eines Lieferkettengesetzes einzusetzen.

Sowohl wir als auch die Kirchen und NGOs unterstützen gerne die Bevölkerung, die sich laut Umfragen auch mehr Klimaschutz, weniger Kriegstrei

berei sowie Fairness und Ökologie wünscht. Das ist also eine Chance. Ergreifen Sie diese!

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Ich freue mich auf die konstruktiven Beratungen und beantrage hiermit auch die Mitberatung dieses Antrages im Ausschuss für Inneres und Sport sowie im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung. Ich hoffe auf ein gutes Ergebnis.

Vielen Dank - und Ihnen allen ein schönes Wochenende!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Viehoff. - Jetzt bekommt Kollege Marcel Scharrelmann für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute einen Antrag, der sich im ersten Moment wie der große Wandel der deutschen und europäischen Politik des zurückliegenden Jahrzehnts liest: Der Niedersächsische Landtag beschließt, und für die Ländergruppen der Schwellen- und Entwicklungsländer, die als Adressat in der Überschrift genannt werden, ändert sich die Welt zum Guten.

Doch ist das wirklich der Inhalt des Antrags?

Die grundsätzlich vorangestellte Äußerung Ihres Forderungskatalogs und die dahinterstehende Zielsetzung, die Flüchtlingspolitik durch die Bekämpfung der Fluchtursachen zu verändern, klingen zunächst nachvollziehbar - sogar so nachvollziehbar, dass kein Demokrat ernsthaft behaupten kann, dass er oder sie etwas dagegen haben könnte, wenn Flüchtlinge vor den gefährlichen Wegen nach Europa geschützt werden.

Es folgt die Aussage, dass dies eine langfristige Daueraufgabe sei und dass es zahlreiche Fluchtursachen gebe. Auch hier können Ihnen die meisten im Saal folgen.

Doch dann folgen Satz für Satz zahlreiche Aufgabenfelder, Forderungen und Aussagen, die man zunächst einmal den unterschiedlichen Ebenen und Zuständigkeiten zuordnen muss. So nennen Sie, Frau Kollegin Viehoff, die Kritik am Export von Rüstungsgütern sowie die Überfischung der Weltmeere und kritisieren zeitgleich die Agrarexporte,

gefolgt von Hinweisen auf den ungleichen Ressourcenverbrauch.

Und was soll nun die Antwort auf all diese Probleme sein? - Wir als Gesetzgeber in Niedersachsen sollen uns dafür einsetzen, die Mechanismen der Rüstungsexportkontrolle weiterzuentwickeln, einen verstärkten Dialog zwischen Politik, Gesellschaft und Unternehmen führen und für die Wiedereinrichtung des Runden Tisches zur Bekämpfung von Fluchtursachen eintreten. Diese Aufgaben sind ausnahmslos in den Zuständigkeiten des Bundes und der Europäischen Union anzusiedeln

(Eva Viehoff [GRÜNE]: Aber nicht der Runde Tisch!)

und nicht in der Zuständigkeit des Landes. Bei den genannten Themenbereichen sind solche Fragen insbesondere aufgrund der weitreichenden Folgen für die Mitgliedstaaten und die gesamte Bundesrepublik genau dort richtig aufgehoben. Dort wird ihnen auch bereits Aufmerksamkeit beigemessen -

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Scharrelmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Stefan Wenzel?

Ich würde gerne erst zu Ende ausführen. - Danke.

- konkret im Auswärtigen Amt, im Innenministerium und nicht zuletzt als Chefaufgabe im Kanzleramt, aber auch in der Kommission und im Parlament in Brüssel, wo zuletzt klare Botschaften der Veränderung gesendet wurden.

Liebe Frau Kollegin Viehoff, Sie fordern drastische Eingriffe, gar einen Paradigmenwechsel in der aktuellen niedersächsischen Politik. Das Beispiel der Einsetzung von Global-Footprint-Analysen als Vergabekriterien im Vergabegesetz ist dabei nur ein Punkt Ihres Antrags - eine Maßnahme, die nicht nur die bürokratischen Prozesse erhöht, sondern auch zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen sowie unsere Verwaltung vor große Herausforderungen stellen würde.

Ihr Antrag greift daher nicht nur beim Adressatenkreis der zuständigen Stellen deutlich zu weit, sondern ist auch in der konkreten Umsetzung alles andere als sozial gerecht.

Eines lassen Sie mich bitte noch hinzufügen: Ihr Entschließungsantrag vermittelt diesem Hause den Eindruck, als sei die Landesregierung hier untätig. Das ist aber mitnichten so. Bereits im Oktober 2018 hat sich unser Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann mit Nachdruck an das Bundeswirtschaftsministerium gewandt und die damalige Entschließung zum Verbot von Rüstungsexporten unterstützt.

(Beifall bei der CDU)