Protocol of the Session on January 30, 2020

Planungs- und Investitionssicherheit - das Lieblingsschlagwort jedes Politikers, der sich mit Landwirten beschäftigt. Es fehlt das Wort „Zielkonflikt“. Wenn der Musterschüler Deutschland wirklich jede Brüsseler Kopfgeburt mit 150 % Zielerfüllung umsetzen will, passiert genau das, was man aktuell an jeder Stelle in unserem Land beobachten

kann: Eine erfolgreiche Wirtschaft und ein hysterischer Klimaschutz stehen sich konträr gegenüber.

Ein einfaches Beispiel: Alle wollen Weidetiere, glückliche Kühe auf grünen Wiesen, helle, luftige Ställe und ein lebenswertes Leben. Das wäre toll! Also stellen doch alle Landwirte einfach große, luftige Laufställe mit Weidezugang auf - Kühe glücklich, Verbraucher glücklich, Landwirt glücklich! Aber dann kommen die Zielkonflikte: Bauvorschriften, Genehmigungsverfahren, Bearbeitungszeiten, Brandschutzvorschriften, Grundwasser

schutz, Gülleproblematik, Immissionsschutzgesetz, Wölfe und die Bereitschaft der Verbraucher, dafür noch tiefer in die Tasche zu fassen.

Das Problem ist einfach, dass es ein Pingpong zwischen Verantwortlichkeiten gibt: zwischen Kommunen, Land, Bund und EU, hin und her. Niemand möchte tatsächlich tätig werden. In diesem Sinne wird auch dort nicht viel passieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Guth. - Für die CDUFraktion hat sich nun der Kollege Helmut Dammann-Tamke zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Häufig hat man hier Debatten, in denen man für seine politische Überzeugung argumentativ kämpft. In diesem Fall habe ich aber den Eindruck, dass ich erhebliche Nachhilfe leisten muss. Kollege Grupe, das ist auch der Grund, aus dem wir Ihren Antrag auf sofortige Abstimmung heute ablehnen werden.

Angesichts der zugegebenermaßen vielfältigen Herausforderungen in Richtung der Landwirtschaft haben Sie offensichtlich eines noch gar nicht verinnerlicht, nämlich dass das Agrarpaket nichts, aber auch gar nichts mit der Düngeverordnung zu tun hat.

(Zustimmung bei der CDU)

Bei dem Agrarpaket geht es um Insektenschutz, um Artenschutz, um Klimaschutz und darum, ob wir in Deutschland weiter Glyphosat einsetzen wollen oder nicht. Wann das den Deutschen Bundestag erreichen wird, steht noch in den Sternen.

Korrekt ist, dass wir bei der Düngeverordnung vor sehr kurzfristigen Entscheidungen stehen. Sie haben in Ihrer Rede gesagt, dass diese Landwirtschaftsministerin gerade erklärt hat, dass sie das Agrarpaket in dieser Form ablehnen wird. Korrigieren Sie das bitte nach draußen über Social Media und sagen Sie, dass Sie da als erfahrener Agrarpolitiker absolut auf dem falschen Trip waren, weil Sie es offensichtlich nicht verstanden haben.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Her- mann Grupe [FDP])

Trotzdem bin ich Ihnen für diesen Entschließungsantrag dankbar. Um es mit einem Bild aus dem Fußball zu sagen: Sie haben den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt und gar nicht gemerkt, dass der Torwart schon aus dem Spiel genommen wurde. Was meine ich damit? - Sie nehmen die Demonstrationen und den in Teilen berechtigten Protest der Landwirte zum Anlass, um einen Forderungskatalog in Richtung dieser Landesregierung zu stellen. Haben Sie sich über eigene Lösungsvorschläge im Sinne der protestierenden Landwirte gemacht? - Nein! Sie haben fast wortwörtlich eine FacebookKachel der CDU Niedersachsens abgeschrieben, erschienen am 15. Januar 2020, also vor gut zwei Wochen. Verehrter Kollege Grupe, in diesen 14 Tagen ist in der Tat eine Menge passiert - ausgehend von Niedersachsen über Berlin, selbst in Richtung Kommission. Das ist Ihnen aber offensichtlich vollkommen entgangen.

(Beifall bei der CDU)

Wir als CDU-Landtagsfraktion Niedersachsens sagen mit einem gewissen Stolz und auch durchaus mit Dankbarkeit, dass das niedersächsische Umweltministerium und das niedersächsische

Landwirtschaftsministerium - somit diese Landesregierung, die wir hier gemeinsam tragen - einen Lösungsansatz aufgenommen haben, an dem meine Fraktion seit Anfang November ganz maßgeblich und konsequent gearbeitet hat.

Herr Kollege Dammann-Tamke, Entschuldigung. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Grupe?

Die kann er am Ende stellen. In Lehrstunden lässt sich die Lehrkraft auch nicht unterbrechen.

(Zustimmung bei der CDU)

Dann wird das also eine Frage am Ende - keine Zwischenfrage.

Wovon rede ich? - Von einem am Verursacherprinzip orientierten Ansatz zur Binnendifferenzierung in den „roten“ Gebieten! Das ist genau das, was wir gemeinsam fordern, Herr Kollege Grupe,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Meine Gü- te, wir sind hier im Parlament, Herr Kollege! Das ist arrogant!)

eine am Verursacherprinzip orientierte Binnendifferenzierung.

Wir in Niedersachsen stehen im Konzert der 16 Bundesländer und auch bei der EU-Kommission ganz maßgeblich im Fokus der Vorgaben zur Einhaltung der EU-Nitratrichtlinie. Kollegin Staudte, Zustimmung! Wir sitzen in der ersten Reihe auf der Anklagebank - um im Bild zu bleiben.

Wir sind allerdings auch, was die Instrumentarien angeht, am weitesten. Warum? - Wir waren es, die in der Amtszeit von Landwirtschaftsminister Gert Lindemann eine Wirtschaftsdünger-Verbringungsverordnung auf den Weg gebracht haben. Wir als Land Niedersachsen haben im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern eine Düngebehörde eingerichtet.

In Niedersachsen gibt es seit Jahren den Nährstoffbericht der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Verehrter Kollege Grupe, ich glaube, Sie sind Mitglied in der Kammerversammlung Niedersachsen. In diesen Nährstoffberichten wird seit Jahren relativ schonungslos aufgedeckt, dass wir erhebliche Stickstoffüberschüsse in Niedersachsen zu verzeichnen haben. Wir sind allerdings auf einem guten Weg. Wir kamen von 80 000 t auf 50 000 t runter und werden im nächsten Nährstoffbericht vermutlich in einer Größenordnung von 30 000 t Überschuss landen. Die Tendenz, die Richtung ist also richtig, und das ist gut so.

Dieser Nährstoffbericht hat allerdings bisher eine Unsicherheit. Wovon rede ich? - Vom mineralischen Stickstoffeinsatz. Wir in Niedersachsen haben seit September das Programm ENNI - Elektronische Nährstoffmeldungen Niedersachsen -

scharfgeschaltet. Mit diesem Programm haben wir auch diese Datenlücke geschlossen.

Was bedeutet das? - Das bedeutet zugegebenermaßen noch einmal ein Plus an Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten für unsere Landwirte. Aber es bringt die Transparenz, die wir benötigen, um verlorengegangenes Vertrauen gegenüber der Kommission, aber auch weiten Teilen unserer Gesellschaft wiederzugewinnen. Auch weite Teile unserer Gesellschaft haben das Vertrauen verloren, dass sich die Landwirte an die gute fachliche Praxis im Sinne der Düngeregeln halten.

Wir in Niedersachsen sind weiter als andere. Wir in Niedersachsen haben über das Thünen-Institut ein Monitoring entwickelt und von der Landwirtschaftskammer ergänzt. Unter Federführung des LBEG haben wir ein Basis-Emissionsmonitoring auf den Weg gebracht, das genau das leistet, was wir brauchen, nämlich einen am Verursacher orientierten Lösungsansatz.

Wie sieht das aus? Das ist ja nicht vom Himmel gefallen. Alle, die den Nährstoffbericht der Landwirtschaftskammer aufmerksam lesen, hätten sich schon informieren können. So sah Niedersachsen nach 2013 aus, und so sah Niedersachsen 2016 aus.

(Der Redner zeigt zwei Schaubilder)

Rot ist „rot“ im Sinne eines „roten“ Gebietes. Jeder kann auch auf Entfernung sehen, dass von 2013 bis 2016 schon eine maßgebliche Verbesserung eingetreten ist. Wir erwarten in diesen Tagen ganz aktuell die Daten für das Basis-Emissionsmonitoring des Jahres 2019.

Verehrter Kollege Grupe, ich habe Sie ziemlich attackiert.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das war unverschämt!)

Tun Sie mir bitte einen Gefallen: Mit diesem niedersächsischen Ansatz haben wir die Chance, im Konzert der 16 Bundesländer mit einer abgestimmten Position dahin zu kommen, dass wir genau das kriegen, was wir gemeinsam wollen, nämlich eine am Verursacher orientierte Binnendifferenzierung. Helfen Sie über Ihren Kollegen in Rheinland-Pfalz mit, dass wir das hinbekommen! Wir brauchen dafür eine Mehrheit im Bundesrat. Unsere Ministerin und unser Umweltminister kämpfen dafür. Wenn wir das aus Niedersachsen geschafft haben, dann haben wir alle hier gemeinsam viel erreicht.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der CDU und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke. - Für die SPD-Fraktion - - - Nein, Entschuldigung, es folgt eine Kurzintervention des Kollegen Grupe. Das hätte ich doch fast vergessen. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. Es enttäuscht mich etwas, dass Sie mich vergessen können.

Fast, Herr Kollege!

Lieber Kollege Dammann-Tamke, verstehe ich Sie richtig, dass Sie sich jetzt von dem distanzieren und dem nicht mehr zustimmen können, was Sie vor einer Woche oder zehn Tagen verkündet haben?

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es!)

Zu dem, was wir seit Langem fordern, was draußen immer wieder auch von CDU-Abgeordneten gesagt und gefordert wird, was Sie so zutreffend in einem Papier zusammengefasst haben und was wir übernommen haben, weil da schon mal Konsens besteht, sagen Sie heute, dem können Sie überhaupt nicht zustimmen, weil es seitdem Diskussionen gegeben habe und ganz neue Erkenntnisse gebe?

(Zuruf von der CDU)

- Dann korrigieren Sie das!

Deswegen könne man heute nicht darüber abstimmen? - Wenn das so wäre, dann wäre das absolut skandalös.

(Beifall bei der FDP)