Protocol of the Session on December 19, 2019

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Grünen verweisen in ihrer Anfrage zur Bildungsqualität und zur Bildungsgerechtigkeit auf den Zusammenhang von sozioökonomischer Herkunft und Schulerfolg. Dies wird als Fakt gesetzt. Aber ist das auch so? Korrelation ist nicht das Gleiche wie Kausalität.

Man kann statistisch nachweisen, dass in Niedersachsen sowohl die Anzahl der Störche als auch die Anzahl der Neugeborenen von 1970 bis 1985 sanken. Danach blieben beide Werte konstant. Trotzdem wissen wir alle, dass es keinen ursächlichen Zusammenhang dazwischen gibt. Was ich damit sagen will: Es ist möglich, dass diese Vermutung der Grünen richtig ist, es ist aber trotzdem nur eine Korrelation.

Die in der Anfrage der Grünen angesprochenen sozialen Brennpunkte mit schlechteren sozioökonomischen Bedingungen zeichnen sich alle durch einen überproportionalen Anteil an Migrantenkindern aus. Dazu findet man in der neuen PISAStudie interessante Details.

Von 2009 bis 2018 hat sich der Anteil von Schülern nicht deutscher Herkunft an deutschen Schulen um gut 25 % erhöht. Schüler ohne Migrationshintergrund erreichen in der Lesekompetenz 524 Punkte, Schüler der zweiten Migrantengeneration erreichen 477 Punkte, Schüler der ersten Migrantengeneration erreichen 405 Punkte - ein Abstand von 120 Punkten. Aus diesen Zahlen wird dann die These abgeleitet, das deutsche Schulsystem benachteiligt Migrantenkinder systematisch.

In dem Zusammenhang wird dann gerne auf Kanada verwiesen. Dem kanadischen Schulsystem soll die Förderung von Migrantenkindern viel besser gelingen als dem deutschen. Mit Fakten könne man das belegen. Die Zahlen sprächen eine deutliche Sprache. Wirklich? - Nein, nicht wirklich.

In Kanada schneiden die Kinder von Zuwanderern sogar besser ab als die einheimischen. Der Grund für die besseren Leistungen der Migrantenkinder ist also gar nicht das Schulsystem, sondern das Einwanderungssystem. Kanada ließ bis vor Kurzem überwiegend nur hoch qualifizierte Einwanderer ins Land - anders als Deutschland.

(Ulrich Watermann [SPD]: So eine Schleife!)

Die Kinder dieser hoch qualifizierten Einwanderer zeigen dann auch in den Schulen gute Leistungen. Was für ein Wunder!

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Re- den Sie doch einmal zum Thema!)

Natürlich hat der Rückgang der Leistungsfähigkeit an niedersächsischen Schulen auch etwas mit der Massenzuwanderung in die Sozialsysteme zu tun.

Herr Kollege, ich bitte Sie, Ihre Sprache in diesem Hohen Hause zu mäßigen.

(Ulrich Watermann [SPD]: Das kann er doch gar nicht!)

Was habe ich denn hier gesagt?

(Ulrich Watermann [SPD]: Sie hören Ihre eigenen Worte nicht!)

- Ja, das kann ich nicht, weil Sie hier immer dazwischenrufen. Aber gut.

Es hilft nichts, die Augen vor dieser Wirklichkeit zu verschließen; sie holt einen nämlich von ganz allein ein. Und genau das erleben Sie, liebe Kollegen Bildungspolitiker, derzeit jeden Tag: Sie investieren, sie reformieren, sie fördern, sie führen zusätzliche Unterstützungssysteme ein, sie versuchen, multiprofessionelle Teams aufzustellen, und, und, und. Und am Ende - das haben diese Studien wieder festgestellt - ernten Sie trotzdem einen Misserfolg nach dem anderen.

Das schlechte Abschneiden bei PISA liegt eben nicht daran, dass bestimmte sozioökonomische Schichten in der niedersächsischen Bildungspolitik systematisch benachteiligt würden. Das hat andere Ursachen. An diesen zu arbeiten, ist sicherlich die Aufgabe der Zeit; da bin ich ganz bei Ihnen. Wir müssen aber so ehrlich sein, das Problem auch beim Namen zu nennen.

Ich komme zum Ende.

„Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus den Ergebnissen von PISA?“, fragten die Grünen in ihrer Anfrage. Das fragen wir uns auch.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Es hat nun das Wort zur Aussprache für die CDU-Fraktion Herr Abgeordneter Weritz. Bitte!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich vorab vielleicht zwei Dinge zu meinen Vorrednern sagen.

Das Erste ist zum Kollegen Försterling: Herr Försterling, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren Hinweis auf den Sozialindex. Sie sprachen nämlich eben von einer Umverteilung. Aber wenn man etwas umverteilen möchte, Herr Försterling, dann muss man Schulen etwas wegnehmen. Ich glaube, das ist der falsche Weg, um die Probleme in unserem Land in der Schulpolitik zu lösen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Aber 90 % bei den Hauptschulen ist eine Lösung?)

Zu Ihnen, Herr Rykena: Ich würde mir manchmal wünschen, dass Sie sich die Frage: „Was habe ich denn gerade gesagt?“ öfter stellen und sie selbst auch ernsthaft beantworten würden.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Das, was Sie gerade zum Migrationshintergrund von Schülerinnen und Schülern gesagt haben, ist ja grundsätzlich erst einmal ein richtiger Fakt, den auch wir festgestellt haben. Aber Ihre Lösungsansätze dafür sind die falschen. Denn anstatt die Kinder zu fördern und ihnen bessere Chancen bereitzustellen, sagen Sie einfach: Wir streichen jegliche Förderung. Wir brauchen uns darüber gar nicht zu unterhalten. Was mit den Kindern passiert, ist uns eigentlich vollkommen egal. - Auch das ist nicht der richtige Weg für Niedersachsen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD sowie Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der richtige Weg für die Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen ist der, den unser Kultusminister gemeinsam mit den Regierungsfraktionen geht. Wir haben in den vergangenen Jahren viele Initiativen, sowohl parlamentarisch als auch vom Minister selbst, auf den Weg gebracht. Ich möchte hier nur nennen: „Lesen macht stark“, „Schule [PLUS]“, „Starke Sek I-Schulen“ und der gemeinsame Mobbingantrag, den wir als demokratische Parteien in diesem Haus auf den Weg bringen. Wir haben uns des Themas der Digitalisierung erstmals ernsthaft angenommen und werden auch diese Zukunftsfragen für unsere Schülerinnen und Schüler klären. Natürlich sind auch die Qualitätsoffensive mit den Gute-KitaMitteln, die Beitragsfreiheit und die Sprachförderung im Kindergarten ein elementarer Bestandteil, damit die Bildung für unsere Schülerinnen und Schüler besser wird.

Meine Damen und Herren, worauf kommt es an? - Am Ende kommt es darauf an, dass wir unsere Lehrkräfte in die Lage versetzen, guten Unterricht zu gestalten. Und wer kann guten Unterricht gestalten? Das lernt man im Pädagogikstudium im ersten Semester. Ich kann nur den Tipp geben: „Zehn Merkmale guten Unterrichts“ von Hilbert Meyer. Man bekommt dies vor allem durch gut motivierte und fachlich gut ausgebildete Lehrkräfte in Niedersachsen hin.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich habe heute Morgen beim Frühstück die HAZ aufgeschlagen. Herr Na

cke hat ja gesagt, wir lesen zu wenig Zeitung. Ich habe mir ein Beispiel daran genommen und habe sie sogar mitgebracht.

(Zuruf)

- Nein, zu wenig Zeitung auf Papier.

Herr Minister, ich möchte Ihnen sagen: Auch das, was Sie heute Morgen angekündigt haben - auch dafür bin ich Ihnen dankbar -, ist der richtige Weg, nämlich Lehrkräfte zu entlasten, damit sie wieder motiviert und fachlich versiert arbeiten können. Das ist am Ende das, was für unsere Kinder zählt. Das nämlich macht einen guten Unterricht aus. Wer guten Unterricht erhält, kann auch gut lernen. Dafür bin ich sehr dankbar. Bei diesem Weg werden wir Sie unterstützen.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Weritz. - Es gibt auf Ihren Redebeitrag eine Kurzintervention. Bitte, Herr Abgeordneter Rykena!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Weritz hat mir eben vorgeworfen, ich hätte in meiner Rede gesagt, man solle Kinder, die Probleme hätten, einfach sich selbst überlassen. Genau das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt: Man muss das Problem beim Namen nennen. - Ich habe ebenfalls in meiner Rede ausdrücklich gesagt, dass wir an diesem Problem arbeiten müssen.

Ich möchte, dass Sie das beim nächsten Mal berücksichtigen und dass Sie bei dem besser zuhören, was ich hier erzähle.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Es antwortet Ihnen Herr Kollege Weritz. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Rykena, manchmal würde ich mir wünschen, dass bei Ihnen Handeln und Reden dieselben Konsequenzen verursachen würden.

(Zustimmung von Dirk Toepffer [CDU])

Denn anders kann ich mir Ihren Haushaltsantrag nicht erklären. Darin haben Sie alles an Förderung herausgestrichen. Sie reden hier das eine. Aber in den Anträgen, die Sie hier präsentieren, kommt das andere heraus. So funktioniert es einfach nicht!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD sowie Zustimmung von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

Vielen Dank. - Wir machen jetzt in der Aussprache weiter. Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Raulfs. Bitte!