Protocol of the Session on November 21, 2019

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung von Dr. Christos Pantazis [SPD])

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wo Möglichkeiten für Vereinsverbote im Zusammenhang mit der Hisbollah bestanden, wurde bereits gehandelt. Es waren ja unsere Bundesinnenminister Schäuble und de Maizière, die in Form von durchgesetzten Verboten auf Strukturen der Hisbollah in Deutschland reagiert haben: Schäuble 2008 mit dem Verbot des Senders Al-Manar, der Hass und Hetzpropaganda gegen Juden und das Existenzrecht Israels verbreitete, de Maizière dann 2014, als er den Verein Waisenkinderprojekt Libanon e. V. auflöste. Dieses Verbot konnte auf der Grundlage erwirkt werden, dass der Verein finanzielle Zuwendungen an die Hisbollah-eigene Shahid-Stiftung leistete, die dem Gedanken der Völkerverständigung widerspricht.

Den Verbotsverfahren vorangegangen waren umfangreiche Aufklärungsarbeiten unseres Bundesverfassungsschutzes, unterstützt von unseren Landesämtern für Verfassungsschutz. Die Kleinteiligkeit der Struktur der Hisbollah in Deutschland mit einigen Dutzend Vereinen und Sympathisanten macht die Bemühungen unserer Sicherheitsbehörden aber nicht leichter.

Meine Damen und Herren, nun ist es leider auch noch so, dass die Welt deutlich komplizierter ist, als es AfD-Anträge manchmal vermuten lassen. Man kann mit sehr guten Gründen für ein Verbot der Hisbollah sein. Ob das dann rechtsstaatlich durchsetzbar ist, steht auf einem anderen Blatt. Zu guter Letzt gibt es aber auch eine außenpolitische Dimension, für die ein Verbot Folgen hätte, die ich zumindest der Vollständigkeit halber kurz anführen mag. Die Hisbollah ist ein relevanter gesellschaftlicher und politischer Faktor im Libanon. Das findet mit Sicherheit keiner von uns hier gut. Das muss auch kein Grund sein, sich grundsätzlich gegen ein Verbot auszusprechen. Im Gegenteil! Es ist durchaus vorstellbar, dass Deutschland trotz eines Verbots der Gesamtvereinigung Hisbollah und ihrer Einstufung als Terrororganisation gute diplomatische Beziehungen zum Libanon pflegen kann.

Es gibt aber gute Gründe dafür, ein Verbotsverfahren nicht nur in Deutschland zu betreiben, sondern mit Blick auf die Außenpolitik einen abgestimmten Weg gemeinsam mit allen Mitgliedstaaten der EU zu gehen. Ziel sollte doch sein, die gesamte His

bollah nach dem EU-Sanktionsregime als terroristische Organisation einzustufen, nicht nur wie bislang den sogenannten militärischen Arm. Dass die Anknüpfungspunkte dafür vorliegen, legt ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem November 2015 nah, das sich auf die bereits genannten verbotenen Vereine der Hisbollah bezieht.

Meine Damen und Herren, wir können im Ausschuss sehr gut darüber diskutieren, ob ein Verbot der Hisbollah und deren Vereinigungen zielführend ist, auch wenn diese grundlegende Debatte eher nach Berlin und Brüssel gehört, wir brauchen aber die Landesregierung sicherlich nicht - und das sieht Ihr Antrag vor - aufzufordern, diesbezüglich ihrer Arbeit nachzugehen.

Sie wollen, dass Vereine mit Bezug zur Hisbollah auf Voraussetzungen für ein Verbot hin überprüft werden und dass man sie auflöst, wenn diese Voraussetzungen vorliegen. Das scheint mir eine Selbstverständlichkeit zu sein. Ich bin sicher, dass der Innenminister dazu gleich Ausführungen im Einzelnen machen kann.

Eines ist doch klar: Betreibt ein Verein hier bei uns in Niedersachsen antisemitische Hetze, dann muss das Innenministerium umgehend tätig werden.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei der SPD und bei der AfD)

Wer antisemitische Hetze betreibt, der wendet sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung, und dies ist einer von drei Verbotsgründen, die für ein Vereinsverbot in Betracht kommen.

Aber nur soweit ein Verein in seiner Tätigkeit auf Niedersachsen beschränkt ist, ist unser Innenministerium als Verbotsbehörde zuständig. Soweit ein Verein bundesweit oder in mehreren Ländern aktiv ist, ist das Bundesinnenministerium als Verbotsbehörde zuständig. Auch das ist bei der Diskussion zu beachten.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das Thema „Antisemitismus und Umgang mit der Hisbollah“ ist ein ernstes politisches Thema. Wir sollten es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Der islamistische Antisemitismus ist in unserer Gesellschaft mittlerweile weit verbreitet, und ich fürchte, er wird zunehmen. Dem werden wir als CDUFraktion mit aller Entschlossenheit entgegentreten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ebenfalls vielen Dank, Herr Kollege Holsten. - Für Bündnis 90/Die Grünen ist jetzt Kollege Christian Meyer dran. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Hisbollah ist eine gefährliche und aus unserer Sicht genauso wie die AfD verfassungsfeindliche

(Widerspruch bei der AfD)

Organisation, die verschärft beobachtet werden sollte. - Sie wird ja vom Verfassungsschutz beobachtet, wie bei Ihnen Teile auch.

(Widerspruch von Dana Guth [AfD])

Ich finde es schon erschreckend: Herr Ahrends hat die Aktivitäten der Hisbollah ja umfangreich geschildert, aber er hat eine Sache vergessen.

Herr Kollege, ich darf Sie darauf aufmerksam machen: Wer verfassungsfeindlich ist, stellt hier niemand fest. Dafür sind andere Stellen zuständig.

(Beifall bei der AfD)

Ich habe festgestellt, dass Teile der AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Das halten wir als Grüne auch für richtig.

(Zustimmung bei der SPD)

Zurzeit ist eine Delegation der AfD-Bundestagsfraktion bei Herrn Assad. Ich zitiere eine dpa-Meldung von vorgestern: Geplant sind Gespräche mit Vertretern des Diktators Assad sowie Besuche von Sehenswürdigkeiten. Das Tourismusministerium wird besucht. Die Delegation soll den Großmufti treffen und die Altstadt von Damaskus besichtigen.

Frau Merkels Regierungssprecher, Herr Seibert, sagt: „Wer dieses Regime hofiert, der disqualifiziert sich selbst“. Mein Parteivorsitzender, Robert Habeck, sagt, die Reise sei „an Verachtung gegenüber humanitären Standards kaum noch zu überbieten“.

(Dana Guth [AfD]: Fährt Ihre Fraktion nicht nach Katar? Jetzt ist es aber mal gut!)

Sie haben vergessen, dass die Hisbollah in Syrien zurzeit 7 000 Kämpferinnen und Kämpfer - eigentlich nur die männliche Form - im Einsatz hat, um

den Diktator, Ihren Freund, zu unterstützen, den Sie jetzt mit einer Delegation, was von allen anderen Bundestagsparteien verurteilt wird, besuchen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Das verurteilen Sie überhaupt nicht. Das fehlte in Ihrer Rede. Die Hisbollah hat dafür gesorgt, dass Assad sein Regime stabilisieren kann, dass Bomben in Idlib fallen, dass da Fassbomben geworfen werden, dass eine Flüchtlingskrise ausgelöst wird. Und dazu kein Wort von der AfD! Kein Wort der Distanzierung von Assad!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Dass jetzt Bundestagsabgeordnete der AfD Sightseeing mit dem Diktator Assad machen, finde ich unmöglich. Darauf sollten Sie sich mal beziehen, davon sollten Sie sich distanzieren.

Auch nach den Verfassungsschutzberichten stärkt die Hisbollah diesen Diktator. Deshalb ist es richtig, dass wir uns hier klar gegen die Hisbollah aussprechen, gegen den Antisemitismus, den sie betreibt, gegen die Destabilisierung, die sie in der Region betreibt. Sie gehört beobachtet. Man muss sich auch die Finanzkanäle anschauen.

Aber Sie sollten hier keine Krokodilstränen vergießen, wenn das Ihre Partnerorganisation ist, wenn die AfD sich gerade die Altstadt von Damaskus anschaut, Sightseeing macht und sich mit dem Tourismusminister trifft, während in Idlib Bomben fallen und Kämpfer der Hisbollah dort gegen Zivilisten im Einsatz sind.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der CDU sowie Zustimmung bei der FDP)

Danke schön, Herr Meyer. - Das zieht jetzt eine Kurzintervention nach sich. Herr Kollege Wichmann, bitte sehr!

(Zuruf von Jens Ahrends [AfD])

- Er war schneller, Herr Kollege Ahrends.

(Jens Ahrends [AfD]: Er sagt wahr- scheinlich das, was ich denke!)

- Wir sind gespannt.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Meyer, Ihre Ausführungen waren wirklich unglaublich. Der ganzen AfD Verfassungsfeindlichkeit zu unterstellen,

(Anja Piel [GRÜNE]: Teilen der AfD!)

ist schon eine Frechheit. Das ist schon eine ziemliche Unverschämtheit, die doch tief blicken lässt.

(Widerspruch bei den GRÜNEN und bei der SPD)

- Doch, das hat er gesagt. Das können Sie im Protokoll nachlesen. Das können wir dann klären.

Ich empfinde es wirklich als eine unglaubliche Einstellung der Grünen, für die Sie hier gerade gesprochen haben, selbst dieses Thema, wo es um den Antisemitismus der Hisbollah und den Antrag der AfD geht, ihn in Deutschland nach Möglichkeit - so weit wie mit rechtsstaatlichen Mitteln möglich - zu unterbinden, noch für AfD-Bashing zu nutzen. Das lässt tief blicken, Herr Meyer. Das lässt ganz tief blicken, was bei Ihnen oben auf der Prioritätenliste steht.

(Beifall bei der AfD)

Sie haben gerade die Syrien-Reise von AfDAbgeordneten angesprochen. Lassen Sie mich eine Gegenfrage stellen: Fahren Sie als GrüneFraktion nicht mit nach Katar? Das lässt ebenfalls sehr tief blicken.

Vielen Dank.