Protocol of the Session on November 21, 2019

Meine Damen und Herren, mit Niedersachsen haben jetzt sechs Bundesländer eine solche zentrale Anlaufstelle. Die Opfer und ihre Angehörigen fühlen sich zu oft alleingelassen. Es ist richtig, dass der Staat darauf reagiert. Gerade bei Vorkommnissen mit vielen Opfern, wie z. B. bei Anschlägen, Zugunglücken oder Ähnlichem, ist eine solche Anlaufstelle für die Menschen extrem wichtig.

Auch die ressortübergreifende Internetpräsenz zum Opferschutz in Niedersachsen begrüßen wir

ausdrücklich. Hier können Betroffene oder Angehörige wichtige Informationen zu Ansprechpartnern oder Unterstützungseinrichtungen erhalten. Dafür kann man gar nicht genug Werbung machen. Gleiches gilt für die Stiftung Opferhilfe Niedersachsen.

Zudem wurde auf Bundesebene ein Gesetz verabschiedet, um Opfer von Gewalt zukünftig besser zu versorgen. Der Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin war sicherlich insoweit ein Anlass, zu reagieren. Besser wäre es jedoch gewesen, wenn die Bundesregierung wesentlich schneller und wesentlich früher auf die ja schon seit Langem bekannte Kritik reagiert hätte.

Aber auch auf Landesebene gibt es nach wie vor einiges zu tun. Meine Damen und Herren, es ist auch eine Frage des Opferschutzes, wenn sich Gerichtsverfahren allzu lange hinziehen oder Staatsanwaltschaften aufgrund von Überlastungen zu viele Verfahren einstellen. Deshalb ist es auch im Sinne des Opferschutzes nicht nachvollziehbar, dass es im nächsten Jahr lediglich acht neue Richterstellen gibt und keine einzige neue Stelle bei den Staatsanwaltschaften geschaffen wird,

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

und das, obwohl hier bekanntermaßen gut 220 Stellen fehlen.

Gleiches gilt für den Vollzug. Es ist auch im Sinne des Opferschutzes, wenn der Strafvollzug sachgerecht durchgeführt werden kann. Das funktioniert jedoch nicht, wenn gut 200 Stellen im Justizvollzug fehlen und statt Neueinstellungen im nächsten Jahr sogar Kürzungen vorgenommen werden müssen. Sind Straftäter verurteilt worden, können sie ihre Haftstrafe jedoch nicht antreten, weil es an den notwendigen Ressourcen fehlt, hat das mit Opferschutz überhaupt nichts mehr zu tun.

(Beifall bei der FDP)

Die Landesregierung wäre gut beraten, dem Justizministerium endlich die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Im Haushaltsentwurf 2020 sehe ich das jedenfalls nicht. Meine Damen und Herren, auch auf diese Weise kann der Opferschutz sehr schnell hinten runterfallen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Genthe. - Es folgt nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Limburg. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Ministerin und auch von bei meinen anderen Vorrednerinnen und Vorrednern ist angeklungen, dass unser Rechtsstaat im Strafprozess klassischerweise zunächst den Täter und die Tat in den Mittelpunkt stellt. Opfer sind in einem Strafverfahren erst einmal Zeugen. Das wird aus der Sicht von Opfern von Straftaten zu Recht kritisiert. Insofern ist es gut, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland seit 20, 25 Jahren über verschiedene Maßnahmen immer stärker die Opfer selbst in den Blick nehmen und fragen, wie man dort Unterstützung aufbauen und Entschädigung und Kompensation leisten kann.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

In die Reihe dieser wichtigen Maßnahmen gehören in Niedersachsen - darauf ist schon hingewiesen worden - die Stiftung Opferhilfe, der Ausbau der psychosozialen Prozessbegleitung und jetzt eben auch der Landesbeauftragte für Opferschutz. Ich schließe mich den guten Wünschen meiner Vorrednerinnen und Vorredner ausdrücklich an. Für Ihre Arbeit alles Gute!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Aber wichtig ist auch - insofern war es etwas schade, dass die Frau Ministerin auf die Nachfragen der Kollegin Hamburg nicht detaillierter eingegangen ist -, dass die Verfahren, z. B. die zur finanziellen Entschädigung, schnell und zügig abgearbeitet werden. Wer Opfer einer Straftat wird, hat, glaube ich, wenig Verständnis dafür, dass es Jahre dauert, bis darüber entschieden ist, ob und gegebenenfalls wie hoch der Anspruch auf finanzielle Entschädigung ist. Von solchen Fällen - sicherlich Einzelfällen - wird zumindest berichtet. Insofern muss man auch das Landesamt für Versorgung in die Netzwerkarbeit, in die Zusammenarbeit einbeziehen, damit es da wirklich zu schnellen und zügigen Entscheidungen und Kompensationen kommt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Unterstützung von Opfern hat verschiedene Facetten. Viele sind schon angesprochen worden. Ich möchte weitere nennen: den Täter-Opfer-Ausgleich und, im zivilrechtlichen Bereich, die Mediationsverfahren.

Der Täter-Opfer-Ausgleich kann - immer abhängig von Schwere und Art der Straftat - einen wichtigen Beitrag zum Rechtsfrieden und zum inneren Frieden von Opfern von Straftaten leisten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass diese Koalition und diese Landesregierung die Unterstützung für den TäterOpfer-Ausgleich zum kommenden Jahr hin kürzen wollen. Das wird dem Problem überhaupt nicht gerecht und hilft eben auch keinem Opfer von Straftaten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist darauf hingewiesen worden, dass der Opferbeauftragte eine Ergänzung und keine Konkurrenz zu bestehenden Maßnahmen sein wird. Davon gehen wir auch aus. Aber es reicht eben nicht, das festzustellen, sondern parallel zum Aufbau der Stelle des Opferschutzbeauftragten und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss man auch gucken, ob an den anderen Stellen ausreichend Personal vorhanden ist.

Die mobile Beratung für Opfer von rechtsextremen Straftaten ist bereits angesprochen worden. Dafür haben wir in Niedersachsen insgesamt nur zwei Stellen. Diese zwei Stellen sind jedoch schon voll ausgelastet, wenn man nur eine einzelne Region, z. B. die Region Braunschweig, in den Blick nimmt. Wenn das ganze Land mobil entsprechend betreut werden soll, dann reichen diese Stellen mit Sicherheit nicht aus. Insofern wäre es wichtig, nicht nur zu erklären, dass sich beide Maßnahmen keine Konkurrenz machen, sondern die mobile Beratung auch stärker finanziell zu unterstützen. Das ist die Erwartung, die wir an den Haushalt 2020 der Große Koalition haben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, insgesamt bleibt festzuhalten: Es ist gut, dass in Sachen Opferschutz in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland etwas passiert, wenn auch in unterschiedlicher Geschwindigkeit. Das muss die Konsequenz aus dem Anschlag am Breitscheidplatz, aus den schrecklichen Verbrechen rund um Lügde und aus anderen Vorfällen sein.

Wir sind es den Opfern von Straftaten schuldig, dass wir an ihrer Seite stehen und dass sie nicht alleingelassen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Es hat nun für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Emden das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Auch ich möchte zunächst Herrn Pfleiderer meine Gratulation zur Ernennung zum Landesbeauftragten für Opferschutz aussprechen. Ich freue mich, dass es diese Institution jetzt gibt, und glaube, dass sie mit Ihnen hochkarätig besetzt ist. Ich drücke Ihnen die Daumen, dass es Ihnen gelingt, viel für den Opferschutz zu tun.

Mein Dank gilt aber auch den ehrenamtlichen Helfern im Bereich des Opferschutzes - und das sind wirklich viele. Ohne ihre Mitarbeit würde es um den Opferschutz nicht so stehen, wie es inzwischen um ihn steht. In den letzten Jahren ist in der Tat viel und auch viel Richtiges passiert.

Umso erstaunlicher finde ich es dann aber - und das gerade, nachdem der Opferschutz hier derart in den Vordergrund gestellt wurde; meine Vorredner haben diesen Umstand schon angesprochen -, dass bei bestimmten Maßnahmen im Landeshaushalt gekürzt werden soll, z. B. beim Täter-OpferAusgleich (TOA), einem wirklichen Erfolgsmodell. Andererseits findet Opferschutz auch nicht genügend Beachtung, z. B. in der Hinsicht, dass man die Staatsanwaltschaften, die dringend weiteres Personal bräuchten, nicht mit weiterem Personal ausstattet.

Opferschutz bedeutet auch, dass der Täter zur Verantwortung gezogen wird. Für ein Opfer ist es nur sehr schwer, eigentlich überhaupt nicht nachvollziehbar, wenn es feststellen muss, dass das Verfahren eingestellt wird. Auch wenn in den Einstellungsbescheiden ausgeführt ist, warum ein Verfahren eingestellt worden ist, schleicht sich bei dem einen oder anderen Betroffenen sicherlich das Gefühl ein, dass der eigentliche Grund für die Einstellung die Überlastungssituation der Staatsanwaltschaft ist, aus der heraus dann abgeschichtet wird, sprich: Man sieht zu, dass man die kleine

ren Fälle wegbekommt, um den größeren und schwierigeren Fällen überhaupt Herr werden zu können. - Das ist für jede Form von Opferschutz völlig kontraproduktiv.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Opferschutz ist auch deshalb wichtig, weil man von Opfern immer wieder hört, dass sie sich alleingelassen fühlen. Das wurde eben auch schon mehrfach gesagt.

In einem Verfahren ist es selbstverständlich erst einmal normal, dass der Täter im Vordergrund steht. Es geht ja darum, ihn zu sanktionieren - repressiv - und dann - präventiv - dafür zu sorgen, dass er keine weitere Taten begeht. Das ist der Gedanke, der dahintersteht. Also muss der Täter logischerweise auch im Vordergrund stehen.

Was wir hier aber nicht zulassen dürfen, ist, dass sich das Opfer alleingelassen fühlt, dass es sich quasi nur als ein Rad im Mechanismus des Verfahrens zur Sanktionierung des Täters fühlt - nämlich durch die Zeugenaussage - und ansonsten mit seinen Sorgen, Nöten und eventuell auch von der Tat hervorgerufenen Ängsten alleingelassen wird. Gerade deshalb ist der Opferschutz so wichtig. Ein Fall ist nicht schon dadurch befriedet, dass der Täter sanktioniert wird, sondern erst dann, wenn das Opfer seinen inneren Frieden wiedergefunden und die Tat mental überwunden hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt im Bereich des Opferschutzes noch viel zu tun. Wir sind hier in Niedersachsen auf einem guten Weg. Aber wir dürfen nicht stehenbleiben, sondern müssen weiter voranschreiten, um noch mehr für den Opferschutz zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank.

Ich darf die Besprechung der Anfrage der CDUFraktion abschließen.

Wir behandeln jetzt

b) Wie sorgfältig arbeitet die Pflegekammer beim Erstellen ihrer Beitragsbescheide, und wie gibt sie die Beiträge aus? - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 18/5061

Die Anfrage wird vorgetragen von der Abgeordneten Bruns. Bitte, Frau Kollegin!

Wie sorgfältig arbeitet die Pflegekammer beim Erstellen ihrer Beitragsbescheide, und wie gibt sie die Beiträge aus?

Ende des Monats Oktober 2019 wurden durch die Pflegekammer Beitragsrechnungen für 2019 und Zahlungserinnerungen für 2018 verschickt. Ebenfalls Ende des Monats meldete die Pflegekammer auf ihrer Homepage: „Alle Telefonleitungen sind derzeit belegt: Bitte kontaktieren Sie uns per E-Mail.“

Der Rundblick berichtete in seiner Ausgabe vom 6. November 2019 unter der Überschrift „Neuer Ärger um die Pflegekammer. Aktuelle Beitragsrechnungen liegen vor - und lösen scharfen Widerspruch aus“, dass es mehrere Fälle gebe, bei denen abgegebene Selbsteinschätzungen bei der Errechnung der Beitragshöhe nicht berücksichtigt worden seien.

Im selben Artikel ging der Rundblick unter der Zwischenüberschrift „Auch eine Lobby-Veranstaltung der Kammer sorgt für Kritik“ auf den geplanten Winterempfang der Pflegekammer am 9. Dezember 2019 ein und führt hierzu u. a. aus, dass das Papier, auf dem die Einladungen verschickt wurden, doppelt so teuer sei wie normales Papier.

Ich frage die Landesregierung: