Protocol of the Session on September 11, 2019

Meine Damen und Herren, vielleicht kennen Sie es aus eigener Erfahrung: Wenn man Aussagen bei der Polizei oder vor Gericht machen muss, ist man sehr aufgeregt und hat manchmal das Gefühl, eher Angeklagter als Zeuge zu sein. Wir dürfen unsere ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kräfte in einer solchen Situation nicht im Regen stehen lassen. Der Staat muss dafür sorgen, dass Einsatz-, Rettungs- und Hilfskräfte auf Augenhöhe aussagen können, damit die Täter der Übergriffe dingfest gemacht werden können. Wir müssen dafür sorgen, dass in allen Fällen für die gesamte Dauer Rechtsschutz zur Verfügung steht. Dieser ist unabhängig davon zu gewähren, ob der Zeuge seine Rechten und Pflichten alleine wahrnehmen kann oder nicht.

Auf Anregung des Präsidenten des Deutschen Feuerwehrverbandes, Hartmut Ziebs, der auf dieses Thema hingewiesen hat, wurden im Bundeshaushalt erstmalig für das Jahr 2019 finanzielle Mittel dafür eingestellt. Nun soll das Bundesin

nenministerium im Auftrage des Bundestages in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz ein Konzept zur Verwendung des Geldes entwickeln. Die niedersächsischen Hilfsorganisationen haben ihre Bereitschaft erklärt, an einer praxisgerechten Ausarbeitung und Formulierung mitarbeiten zu wollen.

In dem vorliegenden Antrag wird die Landesregierung u. a. gebeten, sich beim Bundesinnenministerium für schlanke Verfahren einzusetzen, mit den niedersächsischen Hilfsorganisationen eigene Vorschläge für eine unbürokratische Handhabung zu erarbeiten, den „Rechtsschutzfonds für Einsatzkräfte“ mit Unterstützung des Landespräventionsrates bei den Helfern bekannt zu machen, damit er auch genutzt wird, und zu prüfen, inwieweit die Bundesländer an dem Fonds beteiligt werden sollten.

Wenn es uns gelingt, durch diesen rechtlichen Beistand dafür zu sorgen, dass mehr Täter, die Einsatz- und Hilfskräfte gewalttätig, beleidigend oder wie auch immer attackiert haben, durch Zeugenaussagen rechtskräftig verurteilt werden, dient das sicherlich auch der Abschreckung für andere.

Meine Damen und Herren, noch einmal ganz deutlich: Gewalt gegen helfende Hände dürfen und werden wir auf keinen Fall zulassen und hinnehmen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU sowie Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ich bin dankbar dafür, dass im Innenausschuss alle Fraktionen des Hauses der Einführung dieses Rechtsschutzfonds zugestimmt haben. Das ist das richtige Signal für alle Einsatz-, Rettungs- und Hilfskräfte in Niedersachsen. Sie arbeiten für uns, und wir werden sie nicht alleine lassen. Das sind wir diesen Helfern schuldig.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Kauroff. - Es folgt nun für die FDP-Fraktion der Kollege Dr. Marco Genthe.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viele Einsatzkräfte beklagen schon sehr lange, dass der Respekt ihnen gegenüber immer mehr verloren

geht. Das gilt für die beruflich tätigen Kräfte, aber auch für die ehrenamtlichen. Selbst in meiner Heimatgemeinde Weyhe gab es zu Silvester geradezu unglaubliche Vorfälle.

Meine Damen und Herren, wer ehrenamtliche Feuerwehrleute mit Silvesterraketen beschießt, gehört strafrechtlich verfolgt.

(Lebhafter Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der AfD)

Aber es muss auch gesellschaftlich ganz deutlich werden, dass solches Verhalten nicht toleriert, ja sogar geächtet wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der AfD)

Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den Respekt vor Einsatzkräften, die anderen Menschen ja helfen wollen, wieder zu stärken. Dabei sind - das muss ich an dieser Stelle sagen - nicht irgendwelche gegnerischen Anwälte, so wie im Antrag behauptet, das Hauptproblem.

Meine Damen und Herren, der Idee eines Rechtsschutzfonds für Einsatzkräfte stehen wir Freie Demokraten sehr aufgeschlossen gegenüber. Diese Idee muss aber nun auch mit Leben gefüllt werden. Insoweit hätte es schon ein wenig mehr sein können, als lediglich Prüfaufträge zu formulieren, aber dieser Antrag geht auf jeden Fall in die richtige Richtung.

Wir bedauern jedoch, dass die Regierungsfraktionen den Bereich der Hauptamtlichen wie z. B. den der Polizeibeamten im Zuge dieses Antrages nicht mitdiskutieren wollten. Auch diesen Bereich dürfen wir in keinem Fall aus dem Blick verlieren. Den hauptamtlichen widerfährt nämlich das Gleiche wie den ehrenamtlichen Einsatzkräften. Sie werden in Situationen, in denen sie im Einsatz sind und helfen wollen, angepöbelt, attackiert und verletzt. Auch dazu gibt es Zahlen, die belegen, dass die Zahl dieser Vorkommnisse deutlich ansteigt. Aber aus der Praxis hören wir häufig, dass das derzeitige System der Hilfe bei juristischen Verfahren oftmals nur sehr schleppend und sehr umständlich funktioniert. Diese Klagen sollten wir ernst nehmen und auch bei den hauptamtlichen Kräften der Fürsorgepflicht besser nachkommen.

Meine Damen und Herren, wir als Freie Demokraten werden daher zeitnah eine eigene Initiative dazu vorlegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den Grü- nen)

Vielen Dank auch Ihnen, Dr. Genthe. - Für Bündnis 90/Die Grünen erhält jetzt der Kollege Christian Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Natürlich teilen wir die Idee eines Rechtsschutzfonds für Einsatzkräfte, weil wir eine massive Verrohung in der Gesellschaft und Drohungen gegen Einsatzkräfte, die zum Retten kommen, erleben, sei es bei der Feuerwehr, sei es bei der Polizei, sei es in der Notaufnahme des Krankenhauses, sei es beim kommunalen Rettungsdienst. Dort herrscht ein Zustand, angesichts dessen wir die Menschen nicht im Regen stehen lassen dürfen. Deshalb ist es richtig, dass wir den Rettern zur Seite stehen. Es reicht von verbalen Pöbeleien bis hin zu tätlichen Angriffen, die stattfinden.

Der Kollege Genthe hat es schon angesprochen. Auch wir bedauern, dass man sich um die Hauptamtlichen und darum, was mit den Kommunen ist, nicht weiter kümmert und eigentlich immer nur eine Initiative des Bundes begrüßt und Prüfaufträge erteilt.

Auch ist die Frage, inwieweit Niedersachsen selbst Mittel bereitstellt. Gucken wir in den Haushalt! Bislang habe ich jedenfalls nichts dazu gefunden, dass das Land Niedersachsen für seine eigenen Kräfte von Feuerwehren, Polizei etc. Mittel zur Verfügung stellt. Da etwas zu tun, wäre sicherlich nötig. Stattdessen wird leider sogar gekürzt. Sie wissen, es wird von den Kommunen beklagt, dass in diesem Haushaltsentwurf eine massive Kürzung bei den Feuerwehren und bei den Zuschüssen für den Katastrophenschutz vorgesehen ist. Wir verlangen - das haben wir beim letzten Haushalt schon beantragt -, dass man da angemessen aufstockt. Auch dass die Feuerwehrfahrzeuge nicht älter sind als die Menschen, die darin dienen, arbeiten und etwas für die Gesellschaft tun, ist ein Zeichen der Wertschätzung und der Anerkennung.

Von daher hoffen wir, dass es nicht dabei bleibt, nur zu prüfen, sondern dass sich das Land Niedersachsen gerade auch bei seinen eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern darum kümmert, dass wir die Rettungskräfte nicht im Regen stehen lassen, sondern dass wir sie auch darin unterstützen, eine Klage anzustrengen, wenn sie verbal angegriffen werden, und nicht dass der Arbeitgeber dann sagt: Setz dich damit nicht auseinander! Nimm das hin, wenn du bei einer Rettung bedroht wirst!

Wir müssen wirklich klar machen, dass es nicht in Ordnung ist, dass wir in dieser Gesellschaft diese Verrohung gegenüber den Rettern haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Danke sehr, Herr Meyer. - Es spricht jetzt für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Uwe Schünemann.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns in diesem Hause einig. Übergriffe auf Rettungskräfte im Einsatz sind unerträglich, und sie müssen bestraft werden. Insbesondere müssen die Täter dingfest gemacht und dann auch vor Gericht verurteilt werden. Ich begrüße ausdrücklich die Initiative und die klare Ansage der Justizministerin, die gesagt hat: Einstellungen von Verfahren dürfen in diesen Fällen nicht stattfinden. Das ist genau das richtige Signal.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Von allen Rednern ist dargestellt worden, wie schwierig die Situation vor Gericht sein kann, wenn der Täter anwaltlich vertreten wird, das Opfer als Zeuge auftritt und plötzlich in eine schwierige Situation gebracht wird. Dort ist juristischer Beistand absolut notwendig.

Nun haben die CDU und die SPD auf Bundesebene auf Vorschlag des Präsidenten des Deutschen Feuerwehrverbandes die Initiative ergriffen und für einen Rechtsschutzfonds 500 000 Euro für das Jahr 2019 im Haushalt gefordert. Dieser Antrag fordert nun die Bundesregierung auf, so schnell wie möglich unbürokratische Lösungen auf den Weg zu bringen. Ich gebe zu, wir haben jetzt schon September 2019, und unbürokratischer als das, was das Bundesamt für Zivil- und Katastrophenschutz bisher vorgelegt hat, kann es nicht sein.

Denn bisher ist nämlich gar nichts vorgelegt worden.

Das ist etwas, was meiner Ansicht nach so nicht geht. Ich habe gestern den Bericht zu diesem Punkt auf Bundesebene bekommen. Darin wird im Kern festgehalten, dass die Bereiche, für die der Bund zuständig ist, insbesondere THW und andere Organisationen, von diesen Übergriffen zum größten Teil nicht betroffen sein sollen.

Wir haben eine Anhörung im Innenausschuss gehabt. Da ist uns eine völlig andere Situation dargestellt worden. Die Notwendigkeit, diesen Rechtsschutzfonds zur Verfügung zu stellen, ist meiner Ansicht nach ziemlich eindeutig. Deshalb muss heute über diesen Antrag die klare Botschaft nach Berlin ausgehen, dass dieser Rechtsschutzfonds absolut notwendig ist, dass das Bundesamt für Zivil- und Katastrophenschutz die Richtlinien endlich vorlegen muss und dass die Hinweise, die wir von unseren Hilfsorganisationen bekommen haben, dann auch aufgenommen werden müssen. Sie sind nämlich bereit, die Erstberatung zu übernehmen. So kann man unbürokratisch Hilfestellung geben. Es reicht nicht, 500 000 Euro einzustellen, sondern sie müssen auch ausgegeben werden. Dafür wollen wir uns einsetzen. Genau das ist der Antrag, den wir formuliert haben und den wir heute hoffentlich auch einstimmig beschließen.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Bundeshaushalt ist gestern auf Bundesebene eingebracht worden, und darin sind diese 500 000 Euro nicht enthalten. Das ist meiner Ansicht nach etwas, was in eine völlig falsche Richtung geht. Wir wissen es hier selbst. Wir müssen sehen, dass da über politische Listen nachgearbeitet wird.

Ich will das aufgreifen, was Herr Meyer gesagt hat. Wir haben im Innenausschuss erlebt, wie notwendig es ist, dort zu helfen. Deshalb ist eines völlig klar: Die Initiative in Berlin muss erfolgreich zu Ende gebracht werden. Und unsere Botschaft ist eindeutig: Wenn dies nicht umgesetzt wird, werden wir hier in Niedersachsen eine richtige Lösung für unsere Rettungskräfte in Niedersachsen auf den Tisch legen. Wir haben es versprochen, wir werden es machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Schünemann. - Für die AfDFraktion erhält jetzt der Abgeordnete Jens Ahrends das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich mache es kurz.

Wie wir hörten, sind unsere Einsatzkräfte, unsere Rettungs- und Hilfskräfte oftmals Opfer von verbalen und körperlichen Angriffen. Immer öfter werden sie dann auch als Zeugen zu einer Aussage vor Gericht geladen, oder sie müssen nach einem Angriff ihre eigenen Ansprüche geltend machen, und oftmals werden sie dabei von dem Rechtsanwalt des Gegenübers wie ein Angeklagter behandelt und müssen sich rechtfertigen. Die Hürde des § 68b StPO ist dabei oftmals so hoch, dass ein Rechtsbeistand nicht in jedem Fall gewährleistet werden kann, und unsere Einsatzkräfte stehen allein vor Gericht. Das darf so nicht sein.

Deswegen begrüßen wir den Antrag der Landesregierung und stimmen ihm vollumfänglich zu, den Rechtsschutzfonds mit Leben zu füllen. Hier braucht es Geld sowie schlanke und unbürokratische Verfahren.

Einen Unterschied zwischen hauptberuflichen und ehrenamtlichen Helfern zu machen, lehnen wir jedoch ab. Jeder, der bereit ist zu helfen, verdient auch unsere Unterstützung.

Anmerken möchten wir an dieser Stelle noch, dass wir uns härtere Strafen für Angriffe gegen unsere Rettungskräfte wünschen. Denn wer unsere Einsatzkräfte angreift, der greift den Staat an; das muss völlig klar sein.

(Beifall bei der AfD)

Ebenso ist nicht nur der Prozess vor Gericht für die Rettungskräfte von Bedeutung, sondern nach verbaler oder auch körperlicher Gewalt sind bis zu 20 % der Rettungskräfte psychisch beeinträchtigt. Hier ist also eine Nachsorge erforderlich. Das darf in diesem Zusammenhang nicht aus dem Blick geraten, und auch da müssen wir gegebenenfalls noch reagieren.