Tagesordnungspunkt 39: Erste Beratung: Immer wieder Klumpen aus dem Meer: Verschmutzung der Nordseestrände beenden, Küstenkommunen unterstützen, Tankreinigungen auf See verbieten - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/3934
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist etwas schwierig, jetzt den Übergang zu einem ganz anderen Tagesordnungspunkt, zu einer ganz anderen Thematik zu finden. Ich versuche es einfach einmal.
Für mich hat es etwas, wenn man auf den Ostfriesischen Inseln oder an der Nordseeküste direkt am Meer am besten barfuß laufen kann. Aber eines kann ich Ihnen sagen, wenn der Strand voll Paraffin, voll Pflanzenfettklumpen ist und so verschmutzt ist, dann ist es einfach nicht mehr schön - egal, welche Größe diese Klumpen oder Klümpchen haben. Die kalten, klebrigen, wachsartigen Fettklumpen sind für die Menschen nämlich nicht ganz ungiftig, kleben zudem am Badezeug, und sie hemmen auch wirklich ziemlich erheblich das Wohlbefinden am Strand. Sie sitzen an den Füßen, an den Schuhen, an der Kleidung. Ich kann Ihnen nur sagen, wenn man die Erfahrung gemacht hat: Das ist einfach nur ekelig.
Aber die Paraffine sind auch für Tiere gefährlich. Denn die Seevögel wie der Eissturmvögel verwechseln die Paraffinklumpen, wenn sie so schön klein sind, mit Nahrung. Fressen die Vögel zu viel davon, verhungern sie mit vollem Bauch.
Zu den gesundheitlichen Risiken der Paraffine sind bisher keine generellen Einschätzungen möglich. Während reine Paraffine bei Kontakt mit der Haut keinerlei gefährliche Eigenschaften zeigen, reizen aber die meisten Industrieparaffine Haut und Augen. Einige Paraffintypen gelten sogar als krebserregend. Das ergab auch eine Anfrage an die Lan
Im Mai dieses Jahres ist es sogar zu Teilsperrungen des Strandes auf Norderney gekommen. Denn die Beurteilung des genauen Gesundheitsrisikos durch das Bundesinstitut für Risikobewertung hat einfach gedauert; denn man braucht wirklich sichere chemische Analysen, um dann einen Strand wieder freigeben zu können.
Meine lieben Kollegen und Kolleginnen, ich kann Ihnen nur sagen, dass die ostfriesischen Küstenorte und die Inseln, aber auch die anderen Küstenorte von diesen Paraffinklumpen, die seit Jahr und Tag immer wieder an den Stränden angetrieben werden, die Nase voll haben.
Die Anzahl der Paraffinklumpen und -funde nimmt zu. Ich nehme nur einmal das Jahr 2018: Immer wieder kam es zu Paraffinanlandungen. Ich habe dazu eine ganze Liste liegen.
Allein in 2016 kam es in meiner Heimat, auf Borkum, zu sechs Einsätzen, in denen der Strand von Paraffin gereinigt werden musste.
2019 - ich habe es eben gesagt - geht das so weiter: weiße Paraffinklumpen, braune, klebrige Klumpen. Am Ende steht, dass an unseren Stränden eine stetige, schleichende Verunreinigung stattfindet; denn alles kann man nicht aufheben und entsorgen.
Woher kommen diese Paraffinfunde? - Sie kommen von den Frachtern, die auf Hoher See ihre Tanks reinigen. Ich sage Ihnen, das gehört wirklich sofort und konsequent verboten.
Unser Meer ist doch kein Müllabladebecken und keine Waschanlage. Ich darf mein Auto nicht vor der Haustür waschen, aber der Tanker darf es.
Dieses bisherige Genehmigungsverfahren oder die Rechtsgrundlage schadet wirklich dem Meer, der Tierwelt, den Menschen und den Stränden.
Es ist nämlich wirklich so: Die Paraffinfrachter machen eine grobe Erstreinigung im Hafen. Dazu sind sie verpflichtet. Die Tanks dürfen sie dann außer
halb der 12-Meilen-Zone auf Hoher See ganz ordentlich und gründlich reinigen. Genau so kommt es an den Stränden an. Das heißt, außerhalb der 12-Seemeilen-Zone ist die Einleitung von Paraffin und Pflanzenfetten nach wie vor erlaubt.
Genau diese Tatsache wird seitens der Reedereien genutzt, und sie missbrauchen das Meer als Müllkippe bzw. als Waschanlage, um am Ende Liegegebühren im Hafen und Zeitverluste bei der Beladung zu vermeiden.
Ich finde, das ist fahrlässig, und das ist auch unverantwortlich. Bei diesem bisherigen abstrusen Verfahren entsteht ein enormer volkswirtschaftlicher und ökologischer Schaden, der wirklich immens hoch ist.
Meine Damen und Herren, was noch ärgerlicher ist: Die Küstenorte, die Inseln, also die Kommunen, müssen nicht nur für die Entsorgung sorgen - oftmals mit Unterstützung des NLWKN -, sondern sie bleiben am Ende auch auf den Reinigungskosten sitzen.
Im Mai mussten wir auf Norderney, Baltrum, Borkum und in Nessmersiel eben mit ansehen, wie diese stinkenden, braunen Klumpen angespült wurden. Wieder einmal hatten Tanker ihre Laderäume gereinigt, obwohl es im Hafen kostenfrei möglich ist und der Verursacher eigentlich rechtlich verpflichtet ist, die Kosten der Strandverschmutzung zu tragen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das ist leider nur blanke Theorie; denn in Niedersachsen ist es bisher nicht ein einziges Mal gelungen, einen Verursacher zu identifizieren und ihm die Kosten in Rechnung zu stellen.
Es ist viel zu lange nichts passiert, und wir fordern jetzt wirklich: Lassen Sie uns gemeinsam handeln, die Kommunen von den Strandreinigungen, die zu ihren Lasten gehen, befreien! Weiter brauchen wir ein generelles Einleitungsverbot für Paraffin und Pflanzenfette ins Meer. Packen wir es bitte endlich offensiv an, und lassen Sie uns gemeinsam mit den anderen norddeutschen Ländern dafür streiten, dass vor dem Auslaufen die Frachträume von Schiffen von Ladungsrückständen, von Paraffin, paraffinähnlichen Stoffen und Pflanzenfetten ordnungsgemäß gereinigt und diese entsorgt werden! Das Meer dankt es Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die FDP-Fraktion hat sich nun die Kollegin Hillgriet Eilers gemeldet. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Kollegin Meta Janssen-Kucz hat es gerade eindrücklich beschrieben: Sie finden in der letzten Zeit vermehrt gelblich-weiße Klumpen an den Stränden und Küstenlinien. Die Rede ist von Anspülungen, die zunächst einmal für den Menschen ungefährlich sind, nicht schädlich sind.
Gleichzeitig rät man allerdings dazu, diese Funde nur mit Handschuhen zu berühren, weil schädliche Stoffe anhaften können.
Sehr geehrte Damen und Herren, es handelt sich dabei nicht nur um ein Ärgernis, auch nicht um ein unangenehmes Strandgut, sondern man kann ganz deutlich sagen: Es handelt sich um Dreck und um eine Riesensauerei.
Manchmal sind die Gründe in illegalen Vorgängen zu suchen, obwohl das Einleiten - auch das wurde gerade schon gesagt - auf Hoher See außerhalb der 12-Meilen-Zone nach wie vor erlaubt ist.
Selbst wenn Sie täglich mit Paraffin in Berührung kommen - z. B. in Crèmes, Spielzeug, Lippenstiften oder sogar Kaugummi -, es in den Mund nehmen, ist es nicht schädlich, aber wenn es im Meer landet, richtet es großen Schaden an. Wachs ist wasserunlöslich - das wissen wir - und baut sich nur schwer ab. Deswegen ist es unstrittig: Einleitungen bei Tankreinigungen oder sogar die Einleitung von Frachtresten gefährden die Meeresumwelt und die Tierwelt.
Die Kommunen müssen gezwungenermaßen die Aufgabe übernehmen, die Strände zu reinigen und diese ekligen Brocken zu beseitigen, und das auf eigene Kosten. Ich meine, das ist ein unhaltbarer Zustand, den wir ändern müssen.
Es ist zu begrüßen, dass auch die Präsidentin des BSH, also des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie, verschärfte Maßnahmen gefordert hat. Sie unterstützt damit die Bestrebungen der IMO, also der Internationalen Maritimen Organisation, die schon lange an diesem Thema dran ist.
Aber um den Schutz der Meere stärker zu berücksichtigen, ist eine Regelung erforderlich, die weltweit Gültigkeit hat und die auf internationaler Ebene gefunden werden kann, und das vor allen Dingen in Absprache mit der maritimen Wirtschaft. Wichtig ist dabei nach meiner Auffassung eine Kooperation der Nordländer.
Vorstellbar sind dabei folgende Maßnahmen - ich will etwas konkreter werden als meine Vorrednerin -: Es könnten z. B. Nord- und Ostsee als Sondergebiete ausgewiesen werden. Wir halten das für eine wirksame Regelung. Außerdem könnte festgelegt werden, dass die erste Reinigung der Tanks verbindlich in den Häfen erfolgt. Des Weiteren könnte Tankwaschwasser als Schiffsabfall klassifiziert werden. Dieser müsste dann auch - ebenso wie Ladungsrückstände - nachweislich in Auffangeinrichtungen entsorgt werden.
Ein weiterer Punkt ist die Verursacheridentifikation. Spuren von Verschmutzungen müssen gerichtsfest festgehalten werden, um Schadenersatz auch einfordern zu können. Wenn Paraffinteppiche aufgespürt werden - zwei Hubschrauber, auch Drohnen, Flugzeuge sind im Einsatz -, dann müssen gezielte Reinigungsmaßnahmen effektiv durchgeführt werden.
Das geschieht bei komplexen Schadenslagen durch das Havariekommando. Eine komplexe Schadenslage bedeutet mindestens 30 m³.
Bis dahin allerdings sind die Menschen umfassend aufzuklären. Denn es ist klar: Die stinkenden Klumpen beeinträchtigen auch den touristischen Bereich sehr deutlich.
Zusammenfassend will ich sagen, dass die FDP die Forderungen unterstützt, aber in den Beratungen durchaus noch eigene Aspekte einbringen wird.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die AfD-Fraktion hat nun der Kollege Stefan Henze das Wort. Bitte sehr!