Protocol of the Session on December 14, 2017

Herr Karsten Becker hat, wie ich finde, sehr gut dargestellt, was die Stoßrichtung sein wird. Das findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder, und zwar mit folgendem Satz:

„Alle Menschen müssen sich zu jeder Zeit an jedem Ort sicher fühlen.“

Dagegen kann man auf den ersten Blick natürlich nichts haben. Doch wenn man in dem Text des Koalitionsvertrags weiterliest, dann merkt man, wohin das gehen wird. Es wird nämlich nicht mehr um eine Verhältnismäßigkeit, um eine Sicherheitspolitik mit Augenmaß gehen, sondern um subjektive Ängste, um eine Angstpolitik und darum, wie man solche Ängste mit Sicherheitsmaßnahmen überziehen und ausgleichen kann.

(Sebastian Lechner [CDU]: Wo steht das?)

Es wird keine Sicherheitspolitik mit Augenmaß mehr geben. Das kann man aus dem dritten Spie

gelstrich in dem Antrag herauslesen. Auch im Koalitionsvertrag gibt es einen Absatz, in dem sich dies alles findet. Das liest sich wie die Auflösung eines Kreuzworträtsels nach „law and order“. Da ist von der Quellen-TKÜ über Staatstrojaner bis zur Videoüberwachung alles drin.

Die Videoüberwachung mit Gesichtserkennung beispielsweise ist der Einstieg in die Kontrollgesellschaft, weil es dabei darum gehen wird, wie man sich verhält. Nur noch diejenigen, die sich vermeintlich normal verhalten, die noch normal aussehen, werden durch das Raster fallen. Alle anderen hingegen werden kontrolliert werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ein absoluter Irrsinn ist, die öffentliche Ordnung jetzt mit einem Trinkverbot in der Öffentlichkeit zu überziehen. Dann wird es nicht mehr möglich sein, dass man sich nach Feierabend mit seinem Flaschenbier einfach einmal auf einer öffentlichen Parkbank einen schönen Abend macht. Das geht dann nicht mehr. In dem teuren Café nebenan wird das aber weiterhin gehen. Und auf einmal wird Ordnungspolitik mit sozialen Maßnahmen, mit Sozialpolitik verknüpft werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zurufe von der CDU)

- Da höre ich schon die Zwischenrufe. Es geht ja gar nicht um das Feierabendbier, sondern es geht vor allem um die Trinkerszene; von mir aus, auch gut. Aber das kann doch nicht allen Ernstes Ihr Anspruch sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit einer Prohibition wird man doch soziale Probleme nicht lösen können. Das geht nicht mit harter Law-and-Order-Politik. Soziale Probleme löst man mit sozialer Gerechtigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren insbesondere aufseiten der Sozialdemokratie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber zurück zu dem Antrag. Wie gesagt: Dieser Antrag - dies möchte ich so direkt sagen - hat keinerlei politischen oder parlamentarischen Mehrwert. Deshalb möchte ich im Sinne des Landtages, des Innenausschusses und der Beschleunigung der Verfahren einen Vorschlag in Richtung meiner Kolleginnen und Kollegen von der SPD und der CDU machen: Lassen Sie uns das Ganze heute gleich in erster Beratung schmerzlos über die Bühne bringen! Mit Blick auf das anstehende Weihnachtsfest würde ich sogar noch vorschlagen: Lassen Sie uns noch einen Spiegelstrich aufnehmen: Der Landtag begrüßt, dass am 24. Dezember

Weihnachten gefeiert werden soll. - Ich glaube, dann ist das ein ganz runder Antrag.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen ein frohes Fest. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Jens Nacke [CDU]: Endlich einmal jemand, der aus sei- nem Frust keinen Hehl macht!)

Herzlichen Dank, Kollege Onay. - Für die FDPFraktion hat sich der Kollege Jan-Christoph Oetjen gemeldet.

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Diesem Änderungsvorschlag der Fraktion der Grünen würden wir gerne beitreten.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Er passt nämlich ganz ausgezeichnet zu dem letzten Spiegelstrich dieses Entschließungsantrags. Darin steht: Der Niedersächsische Landtag begrüßt, dass noch 2018 ein Brandschutzgesetz im Landtag beschlossen werden soll. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, so weit der Anspruch dieses Entschließungsantrags.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Es ist eigentlich ganz einfach: Bringen Sie ein Brandschutzgesetz in den Landtag ein! Dann können wir darüber beraten und es 2018 auch beschließen. So bringt man normalerweise Gesetzentwürfe auf den Weg.

(Anja Piel [GRÜNE]: Eigentlich! Bis- her!)

Aber zu sagen: „Wir freuen uns, dass wir ein Brandschutzgesetz beschließen wollen“, ist, ehrlich gesagt, für eine Große Koalition ein bisschen wenig, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Wir sind uns in einigen Punkten durchaus einig; das wissen Sie. Wir Freien Demokraten fordern schon seit Jahren, mehr Kolleginnen und Kollegen bei der Polizei einzustellen und Schwerpunkte in der polizeilichen Arbeit zu setzen, beispielsweise beim Thema Einbruchskriminalität. Dieses Thema, das so viele Menschen in Niedersachsen betrifft

und bei dem wir in den letzten Jahren große Steigerungen hatten, ist in diesem Entschließungsantrag leider ein bisschen untergegangen. Das Thema Einbruchskriminalität wird in dem Antrag nicht aufgeführt. Aus unserer Sicht ist das aber einer der Punkte, bei dem diese Landesregierung aus SPD und CDU mehr machen muss, als in der Vergangenheit geschehen ist. Dies sage ich an dieser Stelle deutlich. Wir müssen es beim Thema Einbruchskriminalität schaffen, die Aufklärungsquote deutlich zu erhöhen. Diejenigen, die einbrechen, tatsächlich zu schnappen, muss doch das Ziel von polizeilicher Arbeit sein, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Belit Onay [GRÜNE])

Ich möchte an dieser Stelle auch fragen: Was ist denn eigentlich mit dem Thema Aufgabenkritik? - Wir haben in der Vergangenheit auch darüber diskutiert, dass wir einmal überprüfen müssen, ob alle Aufgaben, die heute von der Polizei wahrgenommen werden, auch tatsächlich von Polizeibeamten erledigt werden müssen. Auch dazu schreiben Sie in Ihrem Entschließungsantrag nichts. Ich sage Ihnen sehr deutlich: Gerade beim Thema Schwertransporte ist schon ein erster Schritt geschehen. Aber setzen Sie das doch tatsächlich um! Sorgen Sie dafür, dass die Polizei wirklich von Aufgaben entlastet wird, die nicht zwangsläufig von Polizeivollzugsbeamten übernommen werden müssen!

An dieser Stelle möchte auch ich das Thema aufgreifen, das Belit Onay angesprochen hat, nämlich Präventivhaft und Ausverkauf der Bürgerrechte. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, gerade an dem Fall der Anwendung des § 58 a haben wir doch gesehen, dass das bisherige Verfahren, dass zehn Tage Präventivhaft, völlig ausgereicht haben. Die Präventivhaft jetzt von 10 auf 74 Tage - das ist das Siebeneinhalbfache! - hochzuziehen, ist wirklich über alle Maßen beschämend, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen an dieser Stelle sehr deutlich: Wir Freien Demokraten werden uns klar gegen solche Ausverkäufe von Bürgerrechten wenden. Gerade beim Thema Datenschutz - Stichwort „QuellenTKÜ“ und Ähnliches - haben wir nicht nur einen Ausverkauf von Bürgerrechten, sondern auch von datenschutzrechtlichen Prinzipien zu befürchten. Da werden wir ganz genau hinschauen und den

Finger in die Wunde legen. Wir werden Ihnen solche Themen nicht durchgehen lassen.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Zum gleichen Tagesordnungspunkt hat sich noch einmal Sebastian Lechner zu Wort gemeldet. Herr Lechner, Sie haben noch 2:27 Minuten.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Belit Onay, Sie haben von einem Ausverkauf der Bürgerrechte und von einer Verramschung gesprochen und den Eindruck erweckt, als gebe es flächendeckende Videoüberwachungen, bei denen nur ganz bestimmt aussehende Menschen durch das Raster kommen. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das ist ein bisschen hoch gegriffen und dramatisiert das Ganze wirklich.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nur ein bisschen!)

Belit Onay, es wäre mir schon wichtig, dass wir miteinander darüber diskutieren, wie wir die Sicherheit in diesem Land stärken können, ohne die Freiheitsrechte im Großen und mit großen Eingriffen zu schädigen, und wie wir es in einem guten Dialog, gemeinsam und konstruktiv schaffen können, dieses Land sicherer zu machen. Ich finde, es schadet nur, wenn hier so polemisiert wird.

(Beifall bei der CDU)

Selbstverständlich werden wir uns in der Koalition auch darüber unterhalten, wie wir die Aufgaben der Polizisten neu definieren oder in manchen Bereichen vielleicht auch etwas reduzieren können. Wir haben den Sachstand - dies sehe ich immer auf den Nachtfahrten, die ich mache -, dass die Polizisten heute gerade mit Dokumentationspflichten sehr beschäftigt sind. Das liegt aber nicht an den Dokumentationspflichten, sondern an der Technik, die sie benutzen. Wir haben ja in diesen Entschließungsantrag geschrieben, dass wir gerade in die technischen Möglichkeiten investieren und sie verbessern wollen. Das kann am Ende auch dazu führen, dass Polizisten mehr Zeit haben, um auf der Straße für Sicherheit zu sorgen. Ich finde, das ist ein gutes Anliegen.

Herr Lechner, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Von wem auch immer! - Jörg Bode [FDP]: „Whatever it takes“!)

- Bitte, Stefan!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Lechner, vor dem Hintergrund, dass Sie gerade beschrieben haben, dass die technische Ausstattung der Polizeibehörden offensichtlich verbesserungsbedürftig ist, und Sie vorhin in Bezug auf die Ausstattung mit -

Mobilen Endgeräten.

- digitalen Mitteln von einem Notstand gesprochen haben, frage ich Sie: Wie bewerten Sie denn die Arbeit von Innenminister Pistorius in der letzten Legislaturperiode diesbezüglich?

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Belit Onay [GRÜNE])

Herr Birkner, ich habe in meiner Rede klar gesagt, dass ich finde, dass die Sicherheitsbehörden in Niedersachsen gut aufgestellt sind und dass es schon viele Fortschritte im Hinblick auf die neuen Herausforderungen gab.

(Beifall bei der SPD)

Dabei bleibe ich auch. Nur: Es gibt noch Sachstände, die wir jetzt angehen wollen. Es ist auch völlig in Ordnung, dass man das analysiert und dass man sich als Koalition vornimmt, diese Sachstände zu verbessern. Bei den mobilen Endgeräten wollen wir diesen Sachstand angehen. Das steht in diesem Entschließungsantrag. Das wird eine wesentliche Verbesserung der Arbeit der Polizei in Niedersachsen bedeuten.