ins grundständige Studium geht, verhindert werden muss. Aber wenn wir ein Zwischenmodell mit einer Ausbildung an einer Hebammenschule und einem Aufbaustudium umsetzen würden, würde das doch noch länger dauern, denke ich, und damit würden wir diese Lücke doch nur verschieben.
Ich habe das Problem, dass dieses Modell noch immer im Raum steht und auch immer wieder beschrieben wird. Wie wahrscheinlich ist es, dass wir ein grundständiges Studium bekommen bzw. dass wir fürs Erste an dem niedersächsischen Sonderweg festhalten?
Der Hintergrund ist nach wie vor, dass wir eigentlich schon ein grundständiges Studium wollen. Aber auf der anderen Seite müssen wir natürlich akzeptieren, dass das, was uns der Bund als Vorgabe gibt - und was heute im Bundeskabinett zur Beratung ansteht -, für uns erst einmal den Maßstab bildet. Wir werden uns dann im Bund/LänderVerfahren darüber austauschen müssen, wie es weitergeht, und so lange wird es natürlich noch eine gewisse Unsicherheit geben. Aber wir können die Einführung ohnehin nicht übers Knie brechen, weil wir dafür Vorläufe brauchen.
Ich hatte in meiner Antwort vorhin gesagt, dass es natürlich auch darum geht, die Übergänge zu gestalten. Wenn wir jetzt einmal unterstellen, dass der Bund bei seiner Position bleibt und die Geburtshilfeausbildung ausschließlich in akademischer Form erfolgen soll, dann müssen wir gemeinsam den Übergang von der derzeitigen berufsfachschulischen Ausbildung in diese akademische Ausbildung gestalten - und dieser Übergang muss ein weicher Übergang sein.
Ein Beispiel: Wenn die ersten 185 oder mehr Studierenden im Jahr 2021 aufgenommen werden, dann würden sie nach sechs oder erst acht Semestern, also nach drei oder vier Jahren fertig werden. Auf der anderen Seite entlassen die Berufsfachschulen ihre letzten Jahrgänge vermutlich in den Jahren 2022 und 2023, also drei Jahre nach Aufnahme der Ausbildung. Damit würde eine Lücke von einem, zwei oder auch drei Jahren entstehen. Diese Lücke muss geschlossen werden, und wir sind im Gespräch, wie wir das hinbekommen.
Danke sehr, Herr Minister Thümler. - Die erste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt Frau Dr. Wernstedt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich würde von der Landesregierung gerne wissen, wie der Runde Tisch Hebammenversorgung die Versorgung mit Hebammen und in der Geburtshilfe im Lande Niedersachsen verbessern kann.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie der Kollege Thümler dargestellt hat, sitzen an diesem Runden Tisch alle maßgeblichen Akteurinnen und Expertinnen zusammen. Dort wird erörtert, welche Möglichkeiten der Versorgungsverbesserung im Lande Niedersachsen ergriffen werden können.
Es ist zunächst ein Bericht vorgestellt worden. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt hat alle Daten, die wir in Niedersachsen zu Hebammen verfügbar haben, zusammengetragen, um ein erstes Bild zu erstellen. Das ist nicht 100-prozentig belastbar, weil man Daten verwendet hat, die zu anderen Zwecken erhoben worden sind. Daraus resultierte beispielsweise auch, dass wir den Bund aufgefordert haben, ein entsprechendes Gutachten zu erstellen. Das hat er jetzt auch auf den Weg gebracht, um die Situation noch klarer als bisher beschreiben zu können.
Außerdem wird über neue Versorgungsansätze wie Hebammenzentralen gesprochen, die in einigen Landkreisen entstehen, um die Hebammen besser zu koordinieren. Mit Hebammenzentralen hat man natürlich nicht mehr Hebammen, aber man hat die Möglichkeit einer besseren Koordination und auch einer verbesserten Information der Schwangeren, sodass sie leichter eine Hebamme für sich finden können.
Bevor die Kollegin Janssen-Kucz ihre erste Zusatzfrage stellt, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Fraktionen übereingekommen sind, noch vor der Mittagspause die Tagesordnungspunkte 22 und 23 gemeinsam zu beraten. Am Nachmittag soll ferner Tagesordnungspunkt 39 nach Tagesordnungspunkt 20 behandelt werden, sodass wir in der Zeit etwas günstiger liegen werden.
Jetzt stellt, wie gesagt, Kollegin Meta JanssenKucz ihre erste Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf ist so, wie er heute aus dem Kabinett gekommen ist, grundsätzlich richtig. Aber ich finde, er greift einfach zu kurz. Meine Frage: Welche Antwort hat die Landesregierung auf die Frage, wie bereits ausgebildete Hebammen nachträglich akademisch qualifiziert werden können, ohne dass sie ein vollständiges Studium absolvieren müssen? - Dieser Frage müssen wir uns stellen. Sie muss zeitgleich mitbeantwortet werden.
Das Gesetz sieht vor, dass die Abschlüsse als gleichwertig anerkannt werden, sodass sich die Hebammen darüber keine Gedanken machen müssen.
Worüber man aber reden muss, ist die Frage, welche Aufgaben die Hebammen angesichts der doch deutlich akademischeren Ausbildung in Zukunft eigentlich haben sollen. Wenn man sich andere europäische Staaten ansieht, stellt man fest, dass dort die Anwesenheit eines Arztes bei der Geburt keine Pflicht ist. Das ist nur in Deutschland der Fall. Man wird also darüber reden müssen, ob das zukünftig noch sinnvoll ist. Das könnte auch ein Punkt sein, um den Beruf der Hebamme weiter aufzuwerten.
Danke vielmals, Herr Minister. - Eine weitere Zusatzfrage stellt wiederum Frau Meta Janssen-Kucz für Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, ob wir sicher sein können, dass sie die Reform der Hebammenausbildung, wie im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen, bis Ende 2020 abgeschlossen hat, und ob wir davon ausgehen können, dass, um Lücken zu vermeiden, der Studiengang für Hebammen wirklich im Wintersemester 2020/21 beginnt.
Vorausgesetzt, dass alles irgendwie vernünftig zusammenfließt, wird das so funktionieren, und wir können 2021 damit starten.
- Ja. 2021 ist sozusagen der Zielpunkt. Außerdem ist die Qualifizierungsmöglichkeit in Osnabrück immer noch da. Das heißt, das greift schon ineinander.
Danke sehr, Herr Minister. - Die AfD stellt jetzt ihre erste Zusatzfrage durch den Kollegen Stephan Bothe.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vor dem Hintergrund, dass in der Unterrichtung durch die Landesregierung im Sozialausschuss gesagt wurde, dass die Landesregierung momentan keine Daten darüber hat, wie viele Stunden die einzelne freie Hebamme in ihrem Job tätig ist, frage ich die Landesregierung, wie sie sicherstellen will, dass es in Zukunft valide Zahlen zum Stundenäquivalent bei freien Hebammen gibt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Datenlage, die wir zurzeit haben und auf die ich mich vorhin bezogen habe, ist der Bericht des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes. Der aber greift auf Daten zurück, die schon erhoben worden sind.
Zu dem Punkt, den Sie ansprechen: Wir können zurzeit nicht sagen, in welchem Stundenumfang und in welchem Feld - Vor-, Nachsorge oder Geburtshilfe - Hebammen tätig sind.
Jetzt gibt es zwei Vorgehensweisen. Zum einen wird der Bund ab diesem Jahr die Stundenanteile der beschäftigten Hebammen in die Krankenhausstatistik aufnehmen. Zum anderen werden wir auf Landesebene wieder eine Weitergabe der Daten der unteren Gesundheitsbehörden an das Landesgesundheitsamt einführen. Das ist etwas, was nicht von allen Kommunen in diesem Bericht zurückgemeldet worden ist. Wir werden das wieder einführen, sodass der ambulante, also der kommunale, Bereich abgedeckt und der Statistikbereich für das Krankenhaus verbessert wird.
Danke sehr, Frau Ministerin. - Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor, sodass wir die Aussprache eröffnen können. Zunächst hat sich für die SPDFraktion Frau Dr. Thela Wernstedt gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will die Ausführungen, die hier schon in breiter Form gemacht worden sind, nicht zu sehr verlängern und Sie damit strapazieren. Aber drei Punkte sind mir noch wichtig.
Minister Thümler hat es gerade schon angesprochen: Die jetzt geplante Einführung der Akademisierung der Hebammenausbildung wird auch dazu führen, dass die Arbeitsbereiche von Medizinern und Hebammen neu aufgeteilt bzw. neu austariert werden müssen. Da wird es Auseinandersetzungen zwischen den Berufsgruppen geben. Aber ich denke, wir sollten dem guten Mutes entgegensehen, weil sich auf diese Weise das Gesundheitssystem weiterentwickeln kann und eine Berufsgruppe gestärkt wird, die bisher gute und vernünf
Mein zweiter Punkt: Wenn Berufsgruppen zusammen in der Ausbildung sind und gemeinsam Forschungsprojekte entwickeln, dann kann das einen Fachbereich nur voranbringen. Insofern ist es mir wichtig - das habe ich auch schon verschiedentlich an genau dieser Stelle gesagt -, dass diese neuen Studiengänge, die in Niedersachsen entstehen, eng an medizinische Fakultäten gekoppelt werden. Und zwar nicht in dem Sinne, dass die Gynäkologen, die Chefärzte und Ordinarien für Gynäkologie, dann über den Hebammen stehen, sondern so, dass sie gemeinsam auf Augenhöhe Projekte entwickeln und diesen Forschungsbereich vorantreiben können.
Mein dritter Punkt betrifft die Versorgung mit Geburtshilfe. Nicht nur in Niedersachsen, sondern in ganz Deutschland herrscht inzwischen der Zustand vor, dass Geburtshilfe als wohnortnahe Daseinsfürsorge nicht mehr garantiert werden kann. Hier sind die ganz großen Räder zu drehen. Dabei geht es um das DRG-System und auch darum, dass insbesondere private Krankenhausketten die Geburtsstationen schließen, weil es sich für sie wirtschaftlich nicht mehr rentiert.
Das ist ein großes Problem - sowohl auf Länderebene auch als im Bund -, das wir sehr ernsthaft miteinander diskutieren müssen. Und wir müssen überlegen, ob man für die Geburtshilfe eventuell Ausnahmen vom DRG-System schafft. Das wollte ich als Denkanstoß mitgeben. Denn das ist ein Problem, das uns immer wieder beschäftigt und das die Frauen, die das insbesondere betrifft, sehr stark umtreibt.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hebammen sollen künftig studieren. Noch ein Beruf, der akademisiert wird? - Ja, noch einer, und zwar einer, der sich sehr gewandelt hat.
ändern sich. Natürlich kann man das negieren und so tun, als wäre alles wie früher und alles würde sich von allein finden. Es gibt ja Leute, auch hier im Raum, die das können. Aber wir können das nicht. Aufgabe von Politik ist es, Änderungen nicht zu negieren, sondern sie wahrzunehmen und darauf zu reagieren.
Hebammen sind keine in bunte Tücher gewandeten Heilerinnen, die nachts im Mondschein auf der Wiese tanzen und Räucherstäbchen abbrennen und bei einer Geburt ein bisschen assistieren. Nein, die Hebammenwissenschaft ist eine Sozialwissenschaft mit hohem medizinischen Anteil und viel Verantwortung.
Hebammen begleiten werdende Mütter vor der Geburt, nehmen die Angst vor einer natürlichen Geburt, zeigen Frauen, zu was sie alles in der Lage sind. Hebammen begleiten die Geburt selbst, in ihren Händen liegt die Sicherheit von Mutter und Kind. Hebammen helfen der gesamten jungen Familie nach der Geburt. Stillen klappt auch nicht immer von Anfang an, da bedarf es schon Hilfestellung. Hebammen nehmen den Müttern und Vätern die Angst, alles falsch zu machen mit diesem kleinen zerbrechlichen Wesen, das sie da im Arm halten. Viele Aufgaben, die früher der Familienverbund übernommen hat, können heute nur noch Hebammen leisten. Das ist ein wichtiger Dienst an der Gesellschaft.