Danke schön, Herr Minister. - Zu einer weiteren Zusatzfrage hat jetzt Kollege Christian Meyer das Wort.
Frau Präsidentin! Da ja immer von Belastungen die Rede ist, frage ich vor dem Hintergrund, dass wir laut Bundesumweltamt 57 Milliarden Euro im Jahr klimaschädliche Subventionen, also gegen den Klimaschutz, zahlen: Wie hoch wäre die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, wenn man das abschaffen würde, und wie groß wäre dann der Vorteil für den Klimaschutz?
(Zustimmung von Dragos Pancescu [GRÜNE] - Jörg Bode [FDP]: Bitte in Eiskugeln ausrechnen! - Gegenruf von Christian Meyer [GRÜNE]: So schwierig wollte ich es nicht machen!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Meyer, ich nehme die Frage gerne mit. Ich weiß nicht, ob wir in der Lage sind, das so einfach zu beantworten.
- Ich wollte nicht die Anzahl der Eiskugeln ausrechnen, die dahinter steckt. Ich denke, Ihre Frage war eine andere.
Danke schön, Herr Minister. - Herr Kollege Meyer, ich würde Ihnen den Vorschlag machen: Ich kaufe Ihnen eine Kugel Eis, und die können Sie dann mit Herrn Minister Lies draußen irgendwo - - -
- Herr Kollege Wenzel, hier ist keine Wortmeldung eingegangen. Zwischenfragen und Kurzinterventionen sind hier nicht zulässig.
Der HAZ vom 15. Juli 2013 war zu entnehmen, dass es damals zwischen der Bundesregierung und der Landesregierung zu einem „Streit um Impfpflicht bei Masern“ gekommen war. Der damalige Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte sich für eine bundesweite Impfpflicht bei Masern stark gemacht, die damalige niedersächsische Gesundheitsministerin Cornelia Rundt dagegen hatte betont, dass sie nicht auf Impfpflicht, sondern auf Vernunft setze.
Diese Linie wurde seitens der SPD bis vor Kurzem vertreten. So äußerte sich Gesundheitsministerin Carola Reimann noch am 7. Mai 2019 dahin gehend, dass der Hildesheimer Fall zeige, „dass eine Impfpflicht für Kinder am eigentlichen Problem vorbeigeht“.
„Die niedersächsische SPD gibt ihren Widerstand gegen eine Masernpflichtimpfung auf. Nachdem eine Frau aus dem Landkreis Hildesheim vermutlich an der hoch ansteckenden Krankheit gestorben ist, hat Ministerpräsident Stephan Weil seine Zustimmung signalisiert.“
3. Was spricht aus Sicht der Landesregierung dafür, die Impfpflicht nicht nur auf Masern zu beschränken, sondern eine grundsätzliche Impfpflicht einzuführen, die sich nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission des Robert KochInstituts richtet?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Gestatten Sie mir folgende Vorbemerkungen: Wir als Landesregierung wollen einen guten Impfschutz der Bevölkerung und unserer Kinder erreichen. Wir alle, der Bund und das Land, können nicht akzeptieren, dass es in einem Land mit umfassender Gesundheitsversorgung wie Deutschland immer noch Masernerkrankungen und auch Masernausbrüche gibt. Wir unterstützen das WHO-Ziel, die Masern vollständig zu eliminieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Masernausbrüche, beispielsweise in Hildesheim, haben eine Debatte über die Impfpflicht ausgelöst. Der Bundesgesundheitsminister Spahn hat einen Referentenentwurf vorgelegt, der eine Masernimpfpflicht insbesondere für Kinder vorsieht.
Ich begrüße ausdrücklich, dass wir gerade so ausführlich über das Impfen diskutieren; denn das bietet Gelegenheit, über die Bedeutung des Impfens zu informieren und dafür zu werben, dass sich möglichst viele Menschen impfen lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich in den letzten Wochen sehr differenziert mit dem Vorschlag, eine Impfpflicht einzuführen, auseinandergesetzt. Die Impfpflicht ist keiner einfache Maßnahme und keine Maßnahme, die wir leichtfertig vorgeben könnten. Sie kann aber Ultima Ratio eines Gesamtpakets zur Verbesserung des Impfschutzes sein. Wir unterstützen ausdrücklich alle Maßnahmen, die zu einer höheren Impfrate in der Bevölkerung beitragen. Auch einer Impfpflicht verschließen wir uns daher nicht.
Es gibt keine grundsätzliche Ablehnung des Impfens in der Bevölkerung. Trotzdem lassen sich nicht alle Menschen impfen. Und hier müssen wir ansetzen. Unsere Kinder werden zu Einschulung sehr oft im Rahmen der U-Untersuchungen bei der Kinderärztin und beim Kinderarzt vorgestellt. Bei diesen Untersuchungen muss eine höhere Aufmerksamkeit auf dem Impfen liegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen aber auch, dass die Personengruppe, die am häufigsten an Masern erkrankt, immer älter wird. Masern treten inzwischen überwiegend bei Erwachsenen und nicht bei Kindern auf. Das spiegelt wider, dass in den Jahren von 1970 bis zur Jahrtausendwende nicht so konsequent geimpft wurde und deshalb aus diesen Jahrgängen viele Personen ungeschützt sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, vor allem brauchen jeder und jede die zweite Masernimpfung, um den Schutz komplett zu machen. Das wissen nicht alle. Ich rate hier vor allem Menschen mittleren Alters - „mittleres Alter“ sind alle die, die nach 1970 geboren sind -, ihren Impfstatus kontrollieren zu lassen. Der Blick muss sich also auch auf die Erwachsenen richten. Wenn sie sich impfen lassen, dann schützen sie nicht nur sich selbst, sondern zugleich auch kleine Kinder, die aus Altersgründen noch gar nicht geimpft werden können. Deswegen rate ich Ihnen allen: Lassen Sie Ihren Impfstatus, besonders bei Masern, von ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt kontrollieren! So stellen Sie fest, ob bei Ihnen die Masernimpfung oder auch andere Impfungen fehlen. Und lassen Sie fehlende Impfungen bei Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt nachholen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen für diese ansteckenden Krankheiten einen Herdenschutz - so heißt es - erreichen, damit diejenigen, die aus Gesundheits- und Altersgründen nicht oder noch nicht geimpft sind, geschützt sind. Das hat etwas mit Verantwortung zu tun, aber auch mit Solidarität und letztlich mit Eigeninteresse; denn wenn ich zu einer solchen verwundbaren Gruppe gehöre oder solche Menschen in meiner Familie habe, habe ich ein starkes Interesse an einer hohen Impfrate.
Diese Botschaft muss alle Menschen erreichen. Deshalb erwarte ich vom Bund, dass er jetzt eine solche Kampagne für ganz Deutschland startet.
„Deutschland sucht den Impfpass“ mit bunten Plakaten war hierfür ein guter Anfang. Aber das reicht bei Weitem nicht aus. Ich stelle mir als weitere Maßnahme z. B. auch einen elektronischen Impfausweis als digitales Instrument vor, das automatisch an nötige Impfungen erinnert. Außerdem lasse ich aktuell eine eigene Impfkampagne erarbeiten. Darin geht es genau um diese Informationen für Ärztinnen und Ärzte und für alle Menschen in Niedersachsen.
Darüber hinaus müssen wir uns gemeinsam mit den betroffenen Kommunen vor Ort insbesondere dort um Initiativen bemühen, wo es unterdurchschnittliche Impfquoten gibt. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich. Dafür müssen Aktionen zielgerichtet erfolgen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei den Masern konnten wir in den letzten Jahren auch dank gezielter Initiativen bei auftretender Erkrankung große Ausbrüche verhindern.
Zu Frage 1: Ich hatte in der Debatte immer auf die Bedeutung des Impfens aufmerksam gemacht und dafür geworben, dass sich möglichst viele Menschen und ihre Kinder impfen lassen. Einer Impfpflicht verschließe ich mich nicht. Das gilt für die gesamte Landesregierung.
Eine Impfpflicht kann Ultima Ratio eines Gesamtpakets zur Verbesserung des Impfschutzes sein. Besonders wichtig finde ich aber, die Gelegenheit zu nutzen, um über die Notwendigkeit und die Vorteile des Impfens zu informieren und aufzuklären. Impfen schützt! Das wollen wir mit einer eigenen Kampagne unterstützen.
Zu Frage 2: Hier wird nach der Ausgestaltung der Impfpflicht gefragt. - Nicht wir führen diese Impfpflicht ein, sondern der Bund. Im vorgelegten Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministers ist vorgesehen, dass Personen, die eine Gemeinschaftseinrichtung für Kinder und Jugendliche besuchen, d. h Betreute und Betreuende und Beschäftigte des Gesundheitswesens mit Patientenkontakt, einen Impfschutz gegen Masern nachweisen müssen. Sie müssen dies der Leitung der Einrichtung nachweisen. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, so muss die Leitung dies dem Gesundheitsamt mit Angabe der Daten melden.
Zu Frage 3: Hier wird nach der grundsätzlichen Impfpflicht gefragt. - Es geht bei der Frage der Impfpflicht um grundsätzliche Erwägungen. Schon
vor und mit Einführung des Infektionsschutzgesetzes gab es die rechtliche Möglichkeit, eine Impfpflicht einzuführen. Dies ist bislang für den Fall vorgesehen, dass eine übertragbare Erkrankung mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit einer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist. An der grundsätzlichen Feststellung, dass eine Impfpflicht als Ultima Ratio eingesetzt werden soll, hat sich also nichts geändert. Eine Impfpflicht ist vorstellbar, wenn sie geeignet, erforderlich und angemessen ist. Dabei müssen immer die Rechtsgüter Gesundheitsschutz und Selbstbestimmung bzw. körperliche Unversehrtheit gegeneinander abgewogen werden.