Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Den Wunsch, die Welt atomwaffenfrei zu machen, habe ich auch. Ich halte es auch für ein absolut richtiges und notwendiges Ziel, Atomwaffen genauso international zu ächten wie Chemie- und Biowaffen.
Solch ein Einsatz gehört natürlich verboten und bestraft. Das Leid auf den Bildern von Hiroshima und Nagasaki ist uns allen Mahnung genug.
Aber - und darauf will ich hinaus - allein die Ratifizierung international umstrittener Verträge genügt eben nicht. Es ist aktives Handeln gefragt, statt Symbolpolitik.
Wir alle erinnern uns: Der letzte große Staatsmann, der von einer atomwaffenfreien Welt lediglich redete und träumte, bekam schon dafür den Friedensnobelpreis. Als aber in Syrien nachweislich das geächtete Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt worden ist, haben eben dieser Herr und auch die Weltgemeinschaft kläglich versagt.
Ich glaube nicht, dass Sie damals die Hand für eine Intervention gehoben hätten. Hier ist aber Handeln gefragt.
Ich frage Sie: Was ist Ihnen wichtiger? Ist Ihnen Symbolpolitik wichtiger oder echtes Handeln? Was hilft der Menschheit mehr: ein Gefühl von Sicherheit oder ein echter Einsatz für mehr Sicherheit?
Ich denke an gestern, da habe ich gesehen, wie ernst Sie Sicherheit wirklich nehmen. Ich erinnere gern an Ihr Abstimmungsverhalten zum Polizeigesetz. Da ging es konkret um echte Maßnahmen zur Verbesserung der inneren Sicherheit in unserem Land.
Sie verschließen die Augen vor den Sorgen unserer Mitmenschen. Und warum? - Weil es nicht in Ihr Weltbild passt. Sie setzen lieber auf Symbolik und ein schönes Gefühl. Das, meine Damen und Herren, gehört aber auf Ihre Parteitage und nicht hier in den Landtag.
Die BRD, vertreten durch unsere Bundesregierung, sowie der Staatenbund der NATO haben ganz gewiss gute Gründe, warum sie diesen Vertrag nicht unterschrieben haben.
Meine Damen und Herren, die Frage der Unterschrift unter diesen Vertrag ist eine Frage für die ganze Welt und damit eine für die Vereinten Nationen. Als Landtag sind wir hier definitiv nicht gefragt.
In dem zweiten Teil Ihres Antrages fordern Sie den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland. Lieber Kollege Pancescu, ich habe bereits etwas zur Symbolpolitik gesagt. Meinen Sie ernsthaft, dass diese Entscheidung eine Frage Niedersachsens ist? Glauben Sie wirklich, dass ein solcher Schritt eines Landes dafür sorgt, dass die Weltgemeinschaft einlenkt? - Nein! Bei allem Verständnis: Sie wissen ganz genau, das funktioniert so nicht. Ich sage ausdrücklich „leider“. Den Kalten Krieg haben wir nicht durch Petting so gut überstanden, sondern wegen einer ausreichenden Zahl von Pershings in unserem Land.
Es bedarf hier keiner schönen Anträge, sondern es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten und eben auch der Unterschrift aller Beteiligten. Allein eine deutsche Unterschrift oder allein
Der Landtag in Niedersachsen hat viele Aufgaben. Wir kümmern uns jeden Tag darum, dass es den Menschen in diesem Land jeden Tag etwas besser geht. Den Weltfrieden können wir leider nicht beschließen, so gern ich das auch würde. Auch der Atomwaffenverbotsvertrag ist kein Thema Niedersachsens. Das ist und bleibt ein Thema der Vereinten Nationen, der gesamten Welt.
Widmen wir uns doch also gemeinsam den Themen unseres Landes Niedersachsen! Arbeiten wir gemeinsam für unser Land! Das Polizeigesetz hat die innere Sicherheit gestärkt. Mit der Schuldenbremse werden wir finanzpolitische Vernunft in die Verfassung schreiben. Mit Frau Ministerin OtteKinast, Herr Meyer, versöhnen wir Umwelt und Landwirtschaft, die Ballungsräume und den ländlichen Raum miteinander. So geht Politik für das Land. Arbeiten Sie dort mit! Lassen Sie solche Schönwetteranträge in der Schublade, und arbeiten Sie konkret hier vor Ort für unser schönes Land.
Vielen Dank, Herr Kollege Schepelmann. - Wir haben es richtig mitbekommen: Ihre Pettingassoziation hat hier einige wach gemacht.
Es folgt für die Fraktion der SPD Dr. Christos Pantazis. Herr Kollege, Sie haben das Wort. Bitte! - Sie dürfen sich selbstverständlich freuen, müssen jetzt aber reden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Pancescu, uns liegt heute ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, die Landesregierung darum zu bitten, sich auf Bundesebene sowohl für eine deutsche Unter
zeichnung als auch für eine Ratifizierung des UNVertrages über das Verbot von Atomwaffen einzusetzen. Weiterhin sollen sämtliche Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden.
Sie beziehen sich in der Begründung - Sie haben das gesagt - auf den Beschluss des Abgeordnetenhauses von Berlin, das vor ein paar Tagen eben dies beschlossen hat, nämlich den Einsatz des Senats auf Bundesebene für die deutsche Unterzeichnung und Ratifizierung des UNVertrages.
Sie hoffen sicherlich, dass Niedersachsen nun dem Berliner Beispiel folgt und sich ebenfalls dafür einsetzt.
Erlauben Sie mir, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, zunächst einmal eine Frage, bevor ich auf den Inhalt des Antrages eingehe. Wäre es denn nicht sinnvoller, den direkten Weg zu wählen und einen solchen Antrag durch Ihre Fraktion im Bundestag einzubringen?
Diese Parlamentsinitiative vom Landtag beschließen zu lassen, wirkt ein wenig so, als wolle man von hinten durch die Brust ins Auge.
Inhaltlich gehen wir d‘accord. Wir wollen ebenso wie Sie eine nuklearwaffenfreie Welt - ohne Wenn und Aber.
Aber, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir halten diesen von Ihnen vorgeschlagenen Weg nicht für sinnvoll. Die Unterzeichnung des UNVertrages wird nicht dazu führen, dass auch nur ein einziger nuklearer Sprengkopf aus der Welt geschaffen wird. Solange keine der offiziellen und der De-facto-Atommächte diesen Vertrag unterschreibt und solange es keine effektive und transparente Kontrolle gibt, werden wir unserem gemeinsamen Ziel nicht näher kommen können.
Natürlich ist es nicht sinnvoll, deswegen zu resignieren, die Hände in den Schoß zu legen und nichts zu tun. Unserer Meinung nach braucht es jedoch einen anderen Ansatz. Wir können praktische Fortschritte bei der Abrüstung nur im Dialog erzielen. Dabei müssen insbesondere die Ständi
gen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats unbedingt ins Boot geholt werden. Tatsache ist und bleibt, dass die USA und Russland über 90 % der Nuklearwaffen besitzen und sich weder an den Verhandlungen über diesen Vertrag beteiligt haben noch auch nur im Entferntesten daran denken, diesen Vertrag zu unterschreiben. Ohne die aktive Mitwirkung der Nuklearwaffenstaaten wird es jedoch keine Fortschritte in der Abrüstung geben können. Dem werden Sie sicherlich zustimmen, Herr Kollege Pancescu.
In einer Zeit, in der die USA mühsam ausgehandelte Atomabkommen aufkündigen und die Fronten eher verhärten, denn zum Gespräch bereit zu sein scheinen, halten wir es nicht für zielführend, ein sofortiges Verbot von Atomwaffen zu fordern. Wir befürchten, dass dies der Situation nicht nützt, sondern im Gegenteil sogar den Atomwaffensperrvertrag schwächen könnte. Dieser ist für uns aber die Grundlage für sämtliche weiteren Maßnahmen, die schrittweise die erforderlichen Rahmenbedingungen für die nukleare Abrüstung schaffen und damit auch zu Vertrauensbildung, Verifikation und Transparenz beitragen können. Ohne Transparenz und effektive Kontrolle kann nicht sichergestellt werden, dass das Verbot eingehalten wird. Dies könnte in letzter Konsequenz zur Folge haben, dass die Unsicherheit bezüglich der tatsächlichen Intention mancher Staaten eher wächst als abnimmt.
Auch die in Deutschland stationierten taktischen Nuklearwaffen können nur im Rahmen erfolgreicher Abrüstungsgespräche abgezogen werden. Der ehemalige Außenminister Gabriel hat seinerzeit eine Beteiligung Deutschlands mit der Begründung abgelehnt, es sei - ich zitiere - nicht ehrlich, die Verhandlungen der UN zu begrüßen, selbst aber innerhalb der NATO das nukleare Gleichgewicht zu befürworten.
Wir setzen uns also bereits seit vielen Jahren gegenüber den Nuklearwaffenstaaten und in den internationalen Abrüstungsgremien für konkrete Fortschritte und deren Verifikation ein. Dies ist auch im aktuellen Koalitionsvertrag auf Bundesebene so festgehalten; das ist ja auch ein Bundesthema. Deutschland hat ein Interesse daran, an den strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben, solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung eine Rolle spielen.
Wir sollten nun nicht eine völlig neue Richtung einschlagen, sondern den bisherigen Weg weiterhin entschieden weiterverfolgen. Dann - davon bin
ich überzeugt - werden wir unser Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt zügiger und effektiver erreichen als mit dem Unterzeichnen neuer Verträge, bei deren Aushandlung weder wir noch die Atommächte teilgenommen haben.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatungen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.