Frau Präsidentin! Lieber Frank Schmädeke, ich nehme einmal an, es sind die Landkreise Niedersachsens gemeint. Dafür liegen mir die Zahlen vor: Aus Aurich sind es 7 935, aus dem Emsland 6 055, aus Osnabrück 19, aus Rotenburg 215, aus Vechta 967. Das sind die Landkreise, in denen Rindertransporte abgefertigt wurden.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Zusatzfragen sind gestellt worden.
Ich eröffne nun die Aussprache. Das Wort hat Frau Kollegin Staudte für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Frau Kollegin!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Frau Ministerin, erst einmal müssen wir feststellen: Es ist seit Jahren bekannt, dass es unhaltbare Zustände auf diesen Tiertransporten gibt. Letztendlich wird seit 30 Jahren in Tierschutzkreisen darüber diskutiert.
Ich finde, es ist etwas schade, dass auch jetzt wieder eine Tierschutzorganisation den Beleg liefern musste, dass es Verstöße auch bei Transporten aus Niedersachsen gegeben hat, bevor es hier wirklich geglaubt wird.
Ansonsten mussten wir uns hier ewig lang anhören: Nein, Transporte aus Niedersachsen - das läuft alles vollkommen korrekt.
Ich glaube, die Grundsatzfrage, die wir uns hier stellen müssen, ist: Ist es wirklich zu rechtfertigen, dass Tiere über so lange Zeiträume, über acht Stunden hinaus, transportiert werden dürfen?
Es ist so, wie Herr Grupe es gesagt hat: Wo ist da der vernünftige Grund? Bei Schlachttieren kann schließlich auch genauso gut das Fleisch transportiert werden.
Ganz grundlegend ist natürlich auch die Frage, die aufgeworfen wurde: Wie unterscheiden wir - die Definition - eigentlich zwischen Schlachttier und Zuchttier? - Wir haben ja die Listen in unseren Anfragen abgefragt. Angeblich sind es alles Zuchttiere. Wo ist da aber eigentlich die Grenze? Wie lange muss das Tier im Zielland noch leben, damit es als Zuchttier und nicht als Schlachttier gilt?
Wenn wir hier zu wirklich tragfähigen Lösungen kommen wollen - und ich glaube, keiner hat eine komplette Patentlösung in der Schublade; wir müssen das in den Ausschüssen diskutieren -, müssen wir diese Grundsatzfrage klären: Was ist ein Zuchttier, und was ist ein Schlachttier? Wir sind sehr dafür, dass man diese Lebendtiertransporte insgesamt hinterfragt.
Wir finden es sehr bedauerlich, dass Sie sich bisher für diesen Zeitraum der Klärung, der Abstimmung mit den anderen Bundesländern, nicht darauf einlassen konnten, so wie in Bayern, in Schleswig-Holstein und in Hessen zu verfahren, wo ganz klar gesagt wurde: Nein! Moratorium! Es
darf unter diesen Umständen zunächst keine Transporte in diese Länder geben. - Das ist wirklich extrem bedauerlich.
Ich begrüße, dass es jetzt scheinbar Direktiven an die Kreise gibt, genauer hinzuschauen und diese Daten auch wirklich abzufragen. Es wurde in der Antwort auf unsere Anfrage auch deutlich, dass die allerwenigsten Fahrtenbücher eingesehen werden. Ich glaube, heute ist mit technischen Möglichkeiten sehr viel drin, Dinge zu überprüfen!
Es ist doch eine absurde Situation: Die Kreisveterinäre sitzen da und sollen Daten auf Plausibilität überprüfen, aber die zertifizierten Strecken, wie z. B. die AbL sie fordert, mit den Versorgungsstationen - Sie haben selber gerade gesagt, nach wie vielen Stunden theoretisch getränkt werden soll -, gibt es doch in Wirklichkeit gar nicht.
Insofern würde ich Ihnen widersprechen und sagen: Das ist kein Einzelfall, der hier aufgedeckt worden ist, sondern es ist die Regel, dass diese Transporte nicht funktionieren. Insofern brauchen wir dort wirklich eine große Lösung, und sie kann eigentlich nur heißen: Keine Lebendtiertransporte ins weit entfernte Ausland, also über acht Stunden. Ich hoffe, dass wir in den Ausschussberatungen da parteiübergreifend an einem Strang ziehen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Staudte. - Es hat nun für die SPD-Fraktion Herr Kollege Domeier das Wort. Bitte, Herr Kollege!
Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erst einmal herzlichen Dank an unseren Koalitionspartner für die Fragestunde und den Erkenntnisgewinn, den wir alle durch die verschiedenen Argumente daraus erzielen konnten.
Ich glaube, von diesem Hohen Haus geht heute eine ganz besonders wichtige Mitteilung an unsere Amtstierärzte - denn unsere Amtstierärzte sind nicht allein in ihrer Entscheidung -: Die Einhaltung von Tierschutzstandards ist ein hohes Gut. Ihre Verantwortung, die Sie gerade in der Frage des Tierwohls haben, muss nicht nur menschlich nachvollziehbar, sondern auch rechtssicher und durchsetzbar sein. - Wir danken allen Tierärzten ganz herzlich für ihre vertrauensvolle Arbeit.
Die heutige Fragestunde hat aber auch verdeutlicht, dass bei Weitem noch nicht alles geklärt ist und wichtige Antworten noch erarbeitet werden müssen. Ich gehe auch fest davon aus, dass es notwendig ist, dass wir Standards in Sachen Tierschutz verändern, ja, verbessern müssen. Deutlich wurde - zumindest für mich -, dass Unklarheit immer ein schlechter Begleiter ist. Beim Tierschutz und für unsere Amtstierärzte ist Unklarheit aber ein ganz besonders schlechter Begleiter, und daher ist nun eine Reihe von Maßnahmen notwendig.
Wir wissen: Bei den Tiertransporten in Nicht-EUStaaten kommt es immer wieder und viel zu oft zu eklatanten Verstößen. Uns alle eint - und dafür bin ich dankbar -: Die Verpflichtung zum Tierwohl hört nicht an Grenzen auf. Unser Niedersachsen ist Agrarland Nummer eins, und von der Nummer eins erwartet man auch eine hervorgehobene Rolle.
Meine SPD-Fraktion forderte bereits vor zwei Wochen, dass wir die Tiertransporte in Drittstaaten - auch aus Niedersachsen - so lange aussetzen, wie keine einheitliche Regelung hinsichtlich der Wahrung von tierschutzrechtlichen Mindeststandards getroffen ist. Für mich darf es nicht sein, dass Amtstierärzte Entscheidungen treffen, für die keine abschließende juristische Bewertung vorliegt.
Jetzt ist die Bundeslandwirtschaftsministerin ganz besonders dringend in der Pflicht, zeitnah eine tragfähige Lösung im Sinne des Tierschutzgesetzes und der Veterinäre vorzustellen. Weiterhin muss die Problematik auf europäischer Ebene so angegangen werden, wie das unsere Ministerin hier auch klargestellt hat. Wir als SPD-Fraktion wünschen uns daher die Aussetzung der Transporte. Ein „Weiter so!“ wollen wir alle nicht. Auch das ist ein gutes Zeichen aus der heutigen Fragestunde.
Vielen Dank, Herr Kollege Domeier. - Das Wort hat nun zur Aussprache für die AfD-Fraktion Frau Kollegin Guth. Bitte!
ist, wie die Einhaltung von Tierschutzstandards „besser“ gewährleistet werden kann. Ich finde diese Frage viel zu kurz gesprungen. Warum muss es darum gehen, wie wir etwas „besser“ einhalten können? Haben wir keinen Anspruch mehr, gesetzte Standards zu erfüllen?
Zur aktuellen Situation: Wir haben viel zu wenig Personal in den Veterinärämtern; es reicht noch nicht einmal für ausreichende Schlachthofkontrollen. Diese Veterinärämter werden jetzt mit der Verantwortung belastet, diese Tiertransporte und deren Bedingungen zu prüfen. Damit verlagert man die Entscheidungen komplett auf die regionalen Veterinärämter.
Es wurde eben nach Bußgeldern bei Verstößen gefragt. Dazu wurde ausgeführt, dass das Bundesrecht sei. Die europäische Tierschutztransportverordnung ist in Deutschland nicht bußgeldbewehrt. Das heißt, egal, was passiert: Es ist im Zweifel teurer, keine Parkscheibe ins Auto zu legen, als ein Tier auf einem Transport zu quälen, weil das schlicht und ergreifend nicht mit einem Bußgeld belegt ist.
Wir erleben hier wieder einmal ein Wegducken auf allen Ebenen. Niedersachsen schließt einen Alleingang pro Bundesland aus. Frau Klöckner schließt einen nationalen Alleingang aus mit Verweis darauf, dass die Tiere dann über andere EULänder in Drittländer transportiert würden. Dazu muss man sagen: Genau das passiert im Moment. Denn es kommen Tiere aus Hessen und Schleswig-Holstein nach Niedersachsen und werden von hier aus abgefertigt. Die Verantwortung wird zur Super-Nanny EU verschoben, und die Tiere leiden weiter.
Wir haben heute die Gelegenheit, hier ein starkes Zeichen zu setzen. Mir wurde gestern von Frau Staudte vorgeworfen, die AfD befasse sich nur mit dem Schächten. Interessant: Die Anfrage in der Fragestunde zu diesem Thema kommt von der CDU, und der Entschließungsantrag dazu, den wir nachher noch behandeln, kommt von der AfD. Was kommt von den Grünen?
Das Interview in der Elbe-Jeetzel-Zeitung, in dem darauf verwiesen wird, dass Niedersachsen das Hauptexportland von Schlachttieren in Drittländer sei, ist entweder fachlich falsch, oder das ML erteilt falsche Auskünfte. Denn natürlich sind fast alle Tiere, die aus Niedersachsen exportiert werden, Zuchttiere. Wo ist Ihr Antrag zu diesem Thema?
Und vor allen Dingen: Warum hat der grüne Minister Meyer in den letzten fünf Jahren nicht gehandelt? Sie hätten diese Transporte aussetzen können!
Die Tierschutzbeauftragte der SPD im Bundestag, Susanne Mittag, erklärte, dass Langstreckentransporte oft nicht tierschutzkonform ablaufen und dass in den Zielländern europäische Tierschutzstandards nicht eingehalten werden. Es gibt Berichte darüber, dass Tiere 118 Stunden keinen Auslauf haben, dass sie 48 Stunden ohne Wasser sind, dass EU-Standards an der Außengrenze enden.
Ich empfehle dazu auch diesen wunderbaren Artikel aus der Zeit von Ende Februar 2019 - also brandaktuell -, in dem ein Tiertransport beschrieben wird: „205 Stunden Tortur.“