Wir als Politik und Verwaltung müssen uns auch ankreiden lassen, dass wir es versäumt haben, hier frühzeitiger zu reagieren und angemessene Lösungen zu finden - die ja übrigens bereits im politischen Raum sind. Etwa die Verteilung von Ressourcen anhand eines Sozialindex, worüber wir gerade im Landtag diskutieren, wäre eine gute Möglichkeit, insbesondere Schulen mit besonderen Belastungen hier zu entlasten und ihnen Freiräume für pädagogische Möglichkeiten zu geben. Aber auch die von Herrn Försterling angesprochene Maßnahmen, wie etwa die Möglichkeit, Inklusionsassistenten zu poolen oder multiprofessionelle Teams auszubauen, müssen wir sicherlich dringend angehen.
Das Thema multiprofessionelle Teams verkommt ja mittlerweile fast zu einem geflügelten Wort. Wir alle sind dafür - allein der Inhalt der Ausgestaltung, was ein multiprofessionelles Team ist, lässt auf sich warten. Es kann nicht sein, dass wir nur sagen: „Multiprofessionelle Teams sind die Lösung“, uns hier aber nicht auch um die inhaltliche Ausgestaltung kümmern: Was heißt Multiprofessionalität an Schule? Wie stehen die einzelnen Berufsgruppen zueinander im Verhältnis? - Hier müssen wir auch inhaltliche Antworten liefern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Sie können hier natürlich sicherlich viele Wohltaten verkünden. Herr Försterling hat auch die Statistik angesprochen. Auch unter Rot-Grün ist viel pas
siert. Das will ich gar nicht in Abrede stellen. Trotzdem müssen wir feststellen, dass das allein nicht gereicht hat. Während Sie sagen, was Sie alles gemacht haben, muss ich auch sagen: 2018 haben Sie viele Stellen für pädagogische Fachkräfte gestrichen, die unter Rot-Grün mal auf den Weg gegeben wurden. Kein Mensch konnte das verstehen. Die 50 Stellen, die Sie jetzt geschaffen haben, reichen mitnichten aus, um diese aus dem System genommenen Stellen zu kompensieren. Das ist ungenügend, liebe Kolleginnen und Kollegen, ebenso wie die Streichung der Qualifizierungsmaßnahmen in diesem Jahr, die wirklich kein Mensch verstehen kann, gerade weil wir alle miteinander diesen Fachkräftemangel konstatieren.
Darüber hinaus gibt es sicherlich auch weitere Möglichkeiten, das Ganze zu entwickeln, etwa regionale Lösungen. Wir wissen, dass sich viele Kommunen schon weit vor dem Kompromiss 2012 auf den Weg gemacht haben, inklusive Schule umzusetzen. Hier von den regionalen Spezifika zu lernen, auch von den gewachsenen Strukturen der regionalen Integrationskonzepte zu profitieren, ist, denke ich, eine Aufgabe, die wir für die Akzeptanz der Inklusion dringend im Hinterkopf behalten müssen.
Zum Entschließungsantrag ist viel gesagt worden. Ich würde auch sagen: Je schneller wir Maßnahmen auf den Weg bringen, desto schneller werden wir Entlastung schaffen. Denn jede einzelne Maßnahme, die in unserem Entschließungsantrag angesprochen ist, würde sich konkret positiv und entlastend auf die Schulen auswirken. Deswegen freue ich mich sehr, wenn wir hier versuchen, noch einmal Tempo aufzunehmen.
Denn Inklusion braucht eine Richtung, und Inklusion braucht Entscheidungen. Vielfach sagen Schulen: Wir wollen ja gerne arbeiten; allein der Erlass gibt uns noch keine Rechtsgrundlage, so zu handeln, wie wir das tun müssten! - Daran hapert es einfach, und das ist absolut ungenügend.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass das Recht von Kindern auf Entscheidung nicht nur bedeutet, Förderschulen aufrechtzuerhalten. Eine Entscheidung kann ich erst dann treffen, wenn die inklusive Schule so ausgestattet ist, dass ich mein Kind guten Gewissens inklusiv beschulen lassen kann. Das ist etwas, was wir nicht aus dem Auge verlieren sollten, wenn wir über Wahlfreiheit reden, nämlich dass Wahlfreiheit nur dann besteht, wenn die inklusive Schule so ausgestattet ist, dass Eltern sich dafür entscheiden können.
Wir dürfen es uns tatsächlich in dieser Frage nicht so einfach machen und allein anhand von Strukturdebatten die Debatte vergiften. Denn Inklusion braucht unser aller Unterstützung. Ich freue mich, immer wieder feststellen zu können, dass diese Einschätzung hier auch breit getragen wird.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja! - Die FDP hat ihre Aktuelle Stunde mit der Frage überschrieben: „Scheitert die Inklusion?“ Die Antwort ist eindeutig: Ja! Die Inklusion ist gescheitert, und sie wird auch weiterhin scheitern, ganz egal, wie viel Geld und wie viel Personal wir zukünftig dafür investieren werden.
Die Inklusion scheitert, weil sie eine Utopie ist. Das Problem bei Utopien ist nun mal, dass sie sich schön anhören, aber dass sie niemals verwirklicht werden können.
Und schlimmer noch: Ein weiteres Merkmal von Utopien ist, dass es bei dem Versuch, sie Wirklichkeit werden zu lassen, regelmäßig zu großen Katastrophen kommt. Eine solche Katastrophe erleben wir gerade.
Trotz immer weiterer Bemühungen der Schulbehörden, trotz immer weiterer Mittel, die in das System fließen, reißen die Beschwerden nicht ab. Im Gegenteil, die Front der Beschwerdeführer weitet sich immer mehr aus. In der vergangenen Woche meldeten sich sogar Schulleiter der Integrierten Gesamtschulen - eigentlich treue Befürworter des Systems Inklusion.
„Die Integrierten Gesamtschulen Hannovers laufen Sturm dagegen, weiter die Hauptlast bei der Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu tragen.“
Wie bitte? „Hauptlast“? Der Öffentlichkeit wurde doch immer wieder erzählt und aus der Wissenschaft auch eingetrichtert, wie bereichernd sich die Inklusion auf den Schulalltag auswirken würde, dass nicht nur die Förderschüler profitieren würden, nein, auch die Regelschüler hätten einen großen Nutzen von der Inklusion. Und nun das: Inklusion ist eine Belastung! Wer hätte das gedacht? Ich sage Ihnen etwas: Wir von der AfD.
Liebe Kollegen, Sie bemerken den unhaltbaren Zustand, doch Sie wollen noch mehr Geld zur Rettung des schlingernden Kahns in die Hand nehmen. Dabei ist das Projekt bereits jetzt ein Milliardengrab. Knapp 2 Milliarden Euro sollten dafür in dem Zeitraum von 2012 bis 2020 zusätzlich investiert werden. Wir schreiben mittlerweile das Jahr 2019. Man kann also davon ausgehen, dass bereits jetzt mehr als 1,5 Milliarden Euro zusätzlich in dieses System geflossen sind. Und wir hören: Die Inklusion scheitert trotzdem - nach 1,5 Milliarden Euro zusätzlicher Investition! - Wie viele Euro wollen Sie denn noch in dieses Fass ohne Boden schütten?
Pädagogen, die es sehr gut mit der Inklusion meinen und immer wieder betonen „Inklusion kann gelingen“, sagen: Die Inklusion würde funktionieren, aber nur bei konsequenter Doppelbesetzung mit Förderschullehrern in der Klasse. - Das hört sich hoffnungsvoll an. Aber ist es das wirklich?
Der Kultushaushalt ist bereits jetzt mit 7 Milliarden Euro nach der Allgemeinen Finanzverwaltung der größte Einzelposten im Haushalt.
Wenn man nun in allen Klassen, in denen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden, eine grundsätzliche Doppelbesetzung einführen wollte und wenn dabei - wie ebenfalls gefordert - keine Schulform außen vor bleiben dürfte, auf wie viele Milliarden wollen Sie dann den Haushalt aufblähen? Wie viele zusätzliche Milliar
den sollen das werden, wenn jedes Jahr dafür etwas bereitgestellt werden muss? Jedes Jahr 2 Milliarden oder 4 Milliarden zusätzlich zu dem Jetzigen? Das wird dann für eine konsequente Doppelbesetzung ausreichen? Gibt es überhaupt so viele Förderschullehrer am Markt? - Nein.
Ich sage Ihnen: Das alles sind unrealistische Träumereien. Die Inklusion ist gescheitert. Das merken auch immer mehr Menschen. Nur rotgrüne Realitätsverweigerer wollen das nicht wahrhaben. Und Sie, liebe Kollegen von FDP und CDU, eiern gelegentlich noch immer herum mit Sprüchen wie „mehr Zeit geben“ oder, wie ich gerade eben hören musste, „ein realistischer Weg“ - leider zur Inklusion.
Tatsächlich wäre es an der Zeit, das Scheitern der Inklusion endlich zu akzeptieren und das weltweit einzigartige und vorbildliche deutsche Förderschulsystem nicht weiter herunterzuwirtschaften. Stattdessen sollte man die Förderschulen wieder stärken und mit ausreichend Lehrerstunden versorgen. Schüler, Eltern und auch Lehrer würden es Ihnen danken, und das Land hätte auf einen Schlag dringend benötigte Ressourcen frei und könnte endlich die zahlreichen Löcher an anderen Stellen im niedersächsischen Bildungssystem flicken. Diese Löcher gibt es zuhauf.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte den Fraktionen von SPD, Grünen, FDP und CDU recht herzlich für die sehr gute inhaltliche Debatte danken, die nicht beschönt, aber die auch nicht verteufelt und skandalisiert. Ich empfinde das als sehr wohltuend und möchte allen vier Fraktionen auch ganz ausdrücklich für die sehr intensiven Bemühungen danken, zu einem gemeinsam getragenen Entschließungsantrag zu kommen. Auch das ist, finde ich, ein gutes Signal bei diesem wichtigen Thema, das miteinander zu betonen und auch zu sagen, wie wir Gelingensbe
Die Umsetzung der inklusiven Schule - ich glaube, darin sind wir uns sehr einig - ist ein Großprojekt, politisch, pädagogisch wie auch organisatorisch, ein Weg, den wir gemeinsam gegangen sind und den wir auch gemeinsam weiter beschreiten sollten.
Was dieser Prozess ganz sicher nicht braucht, ist eine Polarisierung, was er ganz sicher nicht braucht, sind Leerformeln, die da lauten „ist gescheitert“ oder „ist in ihrer bisherigen Form gescheitert“. Herr Rykena, die Art und Weise, in der Sie hier fünf Minuten über Kinder geredet haben, empfinde ich als zutiefst beschämend.
Das gemeinsame Lernen und das Miteinander in der Schule müssen uns als Grundlage leiten. Genau das nämlich ist auch der Anspruch aus der UN-Behindertenrechtskonvention für jeden Schüler und für jede Schülerin. Von daher darf sich die Frage, ob die Inklusion gescheitert ist, gar nicht stellen, sondern es gilt - ich sage es noch einmal -, Gelingensbedingungen zu formulieren.
Seit der Einführung der Inklusion haben Schulen vielerorts positive und auch für alle Beteiligten gewinnbringende Entwicklungen durchlaufen. Es haben sich Lehrerteams gebildet. Es fanden Tausende gemeinsame Fortbildungen statt. Selbstverständlich gehört dazu auch, dass noch lange nicht alles gut ist und dass Schulen und Lehrkräfte eine klare Erwartungshaltung an uns haben, was zukünftige Entwicklungen anbetrifft.
Ich erlebe genauso, mit welchem Engagement Lehrkräfte und Schulen den alltäglichen Herausforderungen durch die Inklusion begegnen, verschließe aber keineswegs die Augen vor den Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, und nehme auch diese sehr ernst.
In den letzten Tagen hat besonders ein Aspekt die öffentliche Diskussion um die Inklusion bestimmt, nämlich welche Schulen von den Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf angewählt werden. Es ist an uns, weiterhin die Voraussetzungen zu schaffen, dass alle Schulen in der Lage sind, Inklusion in Niedersachsen umzusetzen.
Ich verstehe es daher als meinen und unseren Auftrag, Rahmenbedingungen für eine gelingende Inklusion weiterzuentwickeln. Das ist nicht zu einem Jahr X möglich. Die Weiterentwicklung hat 2018 stattgefunden - durch Entfristung von Stellen für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, durch Bereitstellung zusätzlicher Stellen. Es wird niemals das, was in einem Jahr geleistet wird, für sich genommen ausreichend sein, sondern das bedarf einer stetigen Weiterentwicklung auch in den folgenden Jahren.
Herr Försterling, Sie haben davon gesprochen, Geld dürfe an der Stelle keine Rolle spielen. Wir müssen aber auch bedenken, dass Geld und Ressource übereinanderzulegen sind. Uns hilft noch so viel Geld nicht, wenn die Köpfe nicht da sind. Auch das muss vernünftig miteinander in Einklang gebracht werden.
Frau Hamburg, ich möchte an einer Stelle auf eine Kleinigkeit hinweisen - darauf lege ich nämlich großen Wert -: Wir haben keine Stellen gestrichen. Die Stellen, die bereitgestellt worden sind, waren befristete Stellen. Und die Stellen davon, die besetzt worden sind, haben wir entfristen können. Wir sind beieinander, dass die Stellen unter dem Strich insgesamt nicht ausreichend sind. Aber ich lege großen Wert darauf, dass wir keine Stellenstreichungen vorgenommen haben.
2019 wird dazugehören, dass wir die Arbeit von multiprofessionellen Teams in den Schulen fördern - wieder durch zusätzliches Personal und auch dadurch, dass wir den pädagogischen Fachkräften mit 80-%-Verträgen nun eine Aufstockung auf 100-%-Verträge anbieten.
Dazu gehört auch, dass Förderschullehrkräfte ab dem nächsten Schuljahr an allgemeinbildenden Schulen eingestellt bzw. dorthin versetzt werden können. Das findet erstmals statt. Über 450 Lehrkräfte haben in Niedersachsen einen solchen Antrag gestellt. Ich finde, das ist eine gute Zahl und ein richtiger weiterer Schritt.