Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ein wenig erinnert die Debatte, die wir gerade führen, an den heutigen Vormittag. Da haben wir viel über Framing gehört und durften darüber debattieren. Ich glaube, vieles von dem, was in diesem Gesetzentwurf zu finden ist und was wir auch umsetzen wollen - der Kollege Birkner hat das eben eigentlich auch schon gesagt -, ist richtig. Hier aber wird versucht, Definitionen und Sichtweisen durch Wortbeiträge und geschriebene Begründungen in ein Licht zu rücken, in das sie nicht gehören.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht jüdische Einzelpersonen und/oder gegen deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen und religiöse Einrichtungen.
Das ist die von der Bundesregierung seit dem Jahr 2017 anerkannte Definition von Antisemitismus, die auf Basis von Arbeiten der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken erarbeitet wurde.
Nun legt uns die AfD-Fraktion heute diesen Gesetzentwurf vor. Wenn man die Überschrift liest, muss man eigentlich sagen - das haben die Vorredner auch getan -: Mensch, überraschend! Eigentlich eine gute Sache! Da kann man nur dafür sein!
Es wurde schon darauf hingewiesen: Im Bund gibt es einen Antisemitismusbeauftragten; auch einige Bundesländer haben mittlerweile einen solchen Beauftragten eingeführt. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch Niedersachsen einen solchen Beauftragten braucht.
Wenn man sich aber den Gesetzentwurf und vor allem die Begründung anschaut, dann muss man sich doch fragen, ob die Kollegen der AfD-Fraktion die Definition, die ich gerade genannt habe, überhaupt kennen, ob sie sie nicht kennen wollen oder ob sich damit gar nicht auseinandersetzen wollen. Ich befürchte, von beidem wird etwas zutreffen.
Der Kollege Emden hat in seinem Wortbeitrag gerade versucht, ein wenig abzurüsten. Die Kurzinterventionen haben die Maske dann aber doch wieder fallenlassen.
Es geht letztlich doch nur darum, den Gesetzentwurf mit dem Thema Zuwanderung aus afrikanischen Ländern usw. zu vergiften. Es ist schade, dass immer versucht wird, das eine gegen das andere auszuspielen. Das wird es hier aber nicht geben!
Wer versucht, diese Definition in irgendeiner Weise verbal zu verschieben und in ein anderes Licht zu rücken - z. B. dadurch, dass so getan wird, als sei man selber das Opfer von Diskriminierung oder dergleichen -, der vertut sich in dieser Angelegenheit. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir alle immer wieder daran denken, dass derartige Gräueltaten, die der Nationalsozialismus in Deutschland hervorgebracht hat, nie wieder geschehen dürfen und dass wir alle gemeinsam alles dafür tun, dass das nicht wieder vorkommt.
Werte Kolleginnen und Kollegen, der Antisemitismusbeauftragte des Bundes ist seit einiger Zeit im Amt. Er ist eigentlich dafür da, Antisemitismus zu bekämpfen und ressortübergreifend Aufgaben zusammenzuführen, um gegen Antisemitismus vorzugehen. Vor einiger Zeit hat er etwas gesagt, das uns alle nachdenklich stimmen sollte. Er hat gesagt - ich zitiere -: Der Antisemitismus ist in Deutschland wieder angekommen. Es liegt eine alarmierende Geschichtsvergessenheit in Deutschland vor. Daher ist er wieder salonfähig geworden.
Es gibt ja noch den einen oder anderen Überlebenden des Holocausts. Zum Glück, muss man sagen; es werden leider immer weniger. Wenn Sie die Gelegenheit haben, mit einem von ihnen zu sprechen, dann werden Sie in einer sehr, sehr berührenden Art und Weise spüren und erfahren, um was es geht. Und sicherlich gilt für jeden, der bei der Veranstaltung zum Thema 70 Jahre Israel oder im Januar bei der Veranstaltung zum Gedenken an die Holocaust-Opfer hier in der Synagoge in Hannover zugegen war: Alles, was Sie da hören, macht Sie traurig und berührt Sie.
Von daher kann ich nur jeden auffordern: Sprechen Sie mit den Überlebenden! Einer von diesen ist hier in Hannover Salomon Finkelstein, der seit vielen Jahren durch die niedersächsischen Schulen gereist ist und immer wieder von dem Erlebten berichtet hat. Dieser erzählt, dass er sich mittlerweile wieder aus den Telefonbüchern hat löschen lassen. Dieser wird Ihnen erzählen, dass er Angst davor hat, dass Geschichte sich in Deutschland wiederholen wird. Dieser wird Ihnen auch erzählen, dass es jüdische Gemeinden und jüdische Menschen in Niedersachsen und in ganz Deutschland gibt, die jetzt schon darüber nachdenken, wohin sie flüchten könnten, wenn es wirklich wieder so weit kommt, wovor sie Angst haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin ebenso traurig und bestürzt wie auch die Kollegen, die vor mir gesprochen haben. Die AfD hat gerade wirklich viel und lange geredet, auch mithilfe des Modells der Kurzintervention. Wenn Sie dann in Ihren Wortbeiträgen nicht ein einziges Wort der Distanzierung von all diesen Gräueltaten hinbekommen, dann ist das nicht nur traurig, sondern auch beschämend.
Sie sind aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Erinnerungskultur in Deutschland weiterhin Bestand hat, und sollten aufhören, diese anzugreifen. Von daher hätte auch ich mir gewünscht, dass Sie hier das eine oder andere distanzierende Wort zu den Aussagen Ihres Kollegen Höcke finden. Es ist entlarvend, dass Sie das nicht tun.
(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sie laden ihn jetzt ein!)
Ich komme zum Schluss. Ich glaube, wir werden spannende Debatten in den Ausschüssen haben. Ich will es noch einmal sagen: Wir brauchen einen Beauftragten. Das ist in der Sache richtig. Ich weiß aber auch, dass die Landesregierung das nicht nur prüft, sondern sicherlich auch alsbald einen Vorschlag zur Umsetzung machen wird.
Vielen Dank, Kollege Röhler. - Für die AfD-Fraktion hat sich nun Herr Christopher Emden noch einmal zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Würden Sie mir mehr zuhören, dann wüssten Sie, dass ich das längst gemacht habe. Wir kriegen nämlich bei jedem dritten Antrag, den wir einbringen, Höcke und Gauland aufs Brot geschmiert.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Einer von denen ist doch Ihr Bundesvorsitzen- der! - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist doch kein Hinterbänkler!)
Ich weiß ganz genau, dass ich mich hier im Plenum schon mindestens zweimal von den Äußerungen distanziert habe, die Sie Herrn Höcke und Herrn Gauland teilweise in den Mund legen.
Würden Sie ein bisschen weniger Angriffe gegen uns fahren, dann hätte ich auch nicht ganz so viel auf dem Papier stehen bzw. im Kopf, was ich in 90 Sekunden Kurzintervention unterbringen müsste,
und müsste auch nicht ganz so schnell reden. Aber so ist es eben, weil Sie, wie gesagt, nicht lockerlassen, sondern immer neue Angriffe fahren. Selbst die opulenten neun Minuten, die ich mir zunächst habe geben lassen, reichen kaum dafür aus, hier generell zu replizieren.
und ich hatte einfach aufgrund meiner fehlenden Kompetenz als Fußballspieler keinerlei Interesse, beim FC Landtag mitzumachen.
(Christian Meyer [GRÜNE]: Da kann man auch ohne Talent mitspielen! Das habe ich auch schon gemacht!)