Protocol of the Session on February 27, 2019

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bratmann. - Jetzt ist die Fraktion der FDP dran. Kollege Björn Försterling, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Schönreden der Istsituation, das Bitten der Landesregierung, Dinge zu prüfen - all das

in Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von SPD und CDU, offenbart eigentlich schon, dass Sie nicht mehr handlungsfähig sind. Die Beitragsfreiheit hat Ihnen jegliche Handlungsfreiheit für Qualitätsverbesserungen genommen.

Es gab zwischendurch die Hoffnung, dass man mit dem Geld aus dem Gute-Kita-Gesetz nun endlich auch in Niedersachsen Qualitätsverbesserungen voranbringen kann. Wenn man es schon nicht aus eigener Kraft kann, hoffte man wenigstens auf das Gute-Kita-Gesetz. Aber auch hier zeigt sich, dass man das Geld eigentlich schon mit der Anschlussfinanzierung für auslaufende Bundesmittel sowie wegen der Frage des sowieso aufwachsenden Bedarfs der Kinderbetreuung und der dadurch steigenden laufenden Kosten verbraucht hat.

All das führt dann zu dem Ergebnis, dass es eben nicht mehr Geld für die Kitas gibt, sodass man sagen kann: Für Qualität in Kindertagesstätten hat diese Landesregierung nichts übrig, auch nicht finanziell.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ein angekündigtes Kita-Gesetz entpuppt sich bereits jetzt im Anfangsstadium als Rohrkrepierer. In der Auftaktveranstaltung wurde deutlich, dass Sie, Herr Minister, scheinbar nur vorhaben, die Qualitätsanforderungen an das Personal abzusenken, um so den Personalmangel zu beheben. Eine wirkliche Qualitätsverbesserung kann es mit einer Novellierung des Kindertagesstättengesetzes gar nicht geben, weil Sie überhaupt kein Geld für Qualitätsverbesserungen in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen haben.

Das wird deutlich zu wenig sein, um Eltern, Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertagesstätten irgendwie ruhigzustellen. Da helfen auch nicht die Sonntagsreden des Kollegen Santjer und des Kollegen Bratmann weiter. Vielmehr hören wir, wenn wir in den Kindertagesstätten sind, immer wieder: Wir brauchen endlich vernünftige Qualitätsverbesserungen! - Die Zeiten der Sonntagsreden müssen vorbei sein!

Es braucht die dritte Kraft im Kindergarten. Wir benötigen qualifiziertes Personal in den Kindertagesstätten und eben kein Herabsetzen der Qualitätsanforderungen an das Personal. Wir brauchen mehr Vertretungs-, Vorbereitungs- und Verfügungszeiten für das Personal in den Kindertagesstätten. Wir brauchen eine entsprechende Unterstützung der Kommunen beim Ausbau der Zahl der

Kitaplätze. Auch dazu sei darauf hingewiesen, dass den ersten Kommunen schon jetzt gesagt wird, dass die Mittel wahrscheinlich nicht ausreichen werden, um sämtlichen Anforderungen im Hinblick auf den Ausbau der Zahl der Kitaplätze gerecht zu werden.

Eines ist doch klar: Für Verbesserungen in den Verfügungszeiten, für die dritte Kraft und auch für den quantitativen Ausbau in den Kindertagesstätten brauchen wir mehr qualifiziertes Personal.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Niemand verheimlicht, dass es aktuell schwierig ist, dieses Personal zu gewinnen. Aber was tut die Landesregierung eigentlich, um dieses Problem zu lösen? - In den letzten Monaten diskutierten SPD und CDU nur über die Frage, ob man die Ausbildung möglicherweise dualisieren sollte. Dann wurde die Schulgeldfreiheit als großer Wurf verkauft.

Ja, die Schulgeldfreiheit kann ein erster Schritt sein, junge Menschen für die Ausbildung zu begeistern! Aber wie ist es denn heute tatsächlich um die angekündigte Schulgeldfreiheit bestellt? - Die Schulen in freier Trägerschaft wissen immer noch nicht, wie viel Geld sie tatsächlich pro Schüler bekommen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ge- nau!)

Das heißt, die Situation ist heute so, dass die Schulen den jungen Menschen gar nicht garantieren können, dass ihre Ausbildung wirklich schulgeldfrei sein kann. Das führt dazu, dass Beschulungsverträge aktuell nicht abgeschlossen werden, weil auch die jungen Menschen sagen: Dann warte ich lieber mal ab. - In der Zeit orientieren sie sich anders oder starten erst ein Jahr später in die Ausbildung.

Sie reden seit mehreren Monaten über die Schulgeldfreiheit. Warum ist es dann bis zum heutigen Tag nicht gelungen, klare Regeln auch für die Schulen in freier Trägerschaft bezüglich der Schulgeldfreiheit herzustellen, damit junge Menschen schon heute wissen, dass es ab dem 1. August 2019 eine tatsächliche und nicht nur eine versprochene Schulgeldfreiheit gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren?

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ferner muss man sich mit der Frage beschäftigen: Reicht es für junge Menschen aus, eine Ausbil

dung zu beginnen und zu wissen, dass sie kein Schulgeld mehr bezahlen müssen? - Das reicht eben nicht aus, weil die jungen Menschen heute auch die Frage beantworten müssen, wovon sie während der Ausbildung leben sollen. Die Ausbildung zum Erzieher bzw. zur Erzieherin dauert nun einmal vier Jahre - zwei Jahre Sozialassistenz- und dann zwei Jahre Erzieherausbildung. Deswegen ist es richtig, eine Ausbildungsvergütung einzuführen. Dann kann man darüber diskutieren, ob man dafür eine dualisierte Ausbildung wählen will.

Aber - ganz ehrlich! - diese Diskussion dauert viel zu lange und hilft den jungen Menschen nicht weiter. Sie brauchen eine Ausbildungsvergütung ab dem 1. August 2019. Am Ende ist es doch egal, wie Sie das Kind nennen! Es gibt keine Kommune, es gibt keinen freien Träger, der sagt: Ich habe so viel Geld auf der hohen Kante und weiß nicht, wohin damit, dass ich künftig die Ausbildungsvergütung selbst zahle. - Kommunen und freie Träger werden sich das alles eh über das Land refinanzieren lassen. Also kann das Land auch bereit sein und heute sagen: Wir wollen positiv und aktiv eine Ausbildungsvergütung für die vollzeitschulischen Auszubildenden in den entsprechenden Fachschulen herbeiführen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Man kann das schon heute auf den Weg bringen. Man braucht dafür keine dualisierte oder duale Ausbildung.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen eines: Sie werden den Fachkräftemangel auch mit einer dualen Ausbildung nicht beseitigen. Azubis sind nun einmal noch keine Fachkräfte. Deswegen sind sie ja noch Auszubildende. Diese Auszubildenden brauchen während der Ausbildung zudem eine besondere Betreuung. Wenn Sie also eine dualisierte Ausbildung einführen, dann erhöhen Sie bitte auch die Zahl der Verfügungsstunden für die Fachkräfte in den Einrichtungen, damit sie die Auszubildenden entsprechend begleiten können! Aber kompensieren Sie nicht den Fachkräftemangel mit Azubis, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Dann muss die Frage beantwortet werden, warum so viele Auszubildende gerade nicht in den Erzieherberuf einsteigen. Da sind wir wieder bei der Frage der Arbeitsbedingungen. Da sind wir wieder bei der Frage der Gruppengrößen. Da sind wir wieder bei der Frage der Verfügungs- und Entlastungsstunden in den Einrichtungen. Dann sind wir

bei der Frage, ob sie sich zu zweit oder zu dritt um 25 Kinder kümmern muss. Das sind die Rahmenbedingungen.

Das ist dieser Teufelskreis, den Sie endlich einmal durchbrechen müssen: Wenn Sie an den Rahmenbedingungen nichts ändern, dann werden Sie auch keine Nachwuchskräfte finden. Argumentieren Sie nicht, dass Sie die Arbeitsbedingungen nicht ändern können, weil Sie zu wenige Nachwuchskräfte haben. Das wird nicht funktionieren. Dann durchbrechen Sie diesen Teufelskreis nicht.

Haben Sie den Mut, heute den Gesetzentwurf der Grünen anzunehmen, um Qualitätsverbesserungen im Kitabereich zu erreichen! Haben Sie den Mut, den Antrag auf Ausbildungsvergütung der FDP anzunehmen, um mehr junge Menschen für die Ausbildung zu begeistern! Nur so werden Sie den Teufelskreis durchbrechen, aber nicht mit Ihren Sonntagsreden.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Jetzt ist noch die CDU an der Reihe. Der Abgeordnete Kai Seefried hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort.

(Beifall bei der CDU - Finanzminister Reinhold Hilbers [CDU] spricht mit Christian Grascha [FDP])

- Moment, Herr Kollege, ich darf um Ruhe bitten! Herr Finanzminister, würden Sie uns Ihre Aufmerksamkeit schenken?

Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sicherlich - das hat die Debatte gerade eben gezeigt - kann man über die Weiterentwicklung der frühkindlichen Bildung intensiv und auch kontrovers diskutieren. Ich möchte an dieser Stelle der Debatte aber doch einmal hervorheben, dass ich sehr dankbar bin - das zeigen auch die fünf Punkte, die wir jetzt gemeinsam beraten -, dass wir uns so intensiv mit der Weiterentwicklung und dem Voranbringen der frühkindlichen Bildung in Niedersachsen auseinandersetzen, die Diskussion im Fachausschuss so intensiv geführt haben und sie heute hier im Niedersächsischen Landtag abschließen werden.

Manche sagen auch heute wieder - das war auch beim Kollegen Försterling eben wieder zu hören -: Ja, ihr kündigt etwas an, aber kommt es denn auch? - Es kommen immer sofort das Aber und das Fragezeichen dahinter.

Doch bei allen Punkten, die angesprochen werden, die sicherlich zu Recht als Herausforderungen vor uns stehen, die diskutiert werden müssen und auf die wir auch Antworten finden müssen, ist es meines Erachtens auch richtig, durchaus einmal zu erwähnen und darauf zu schauen, was wir allein in den letzten Jahren in diesem Bereich bewegt haben. Vielleicht können wir auch einmal sagen, was für ein Kraftakt dieser Ausbau an Betreuungsplätzen in unseren Kindergärten, in den Bereichen der Krippen, in den Ganztagsangeboten in den letzten zehn Jahren gewesen ist. Was für einen Kraftakt haben an dieser Stelle Bund, Land und Kommunen gemeinsam bewältigt! Ich glaube, man darf an einem Tag wie heute auch einmal feststellen, dass es gut ist, dass wir diesen Weg in Niedersachsen beschritten haben.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Man kann immer alles kritisieren. Aber dazu gehört eben auch - das darf man einmal festhalten -, dass es 2007 die CDU-geführte Landesregierung gewesen ist, die die Beitragsfreiheit im dritten Kindergartenjahr eingeführt hat und damit den ersten Schritt in Richtung Beitragsfreiheit gegangen ist.

(Beifall bei der CDU)

Und ich finde, dass wir heute im Frühjahr 2019 auch einmal feststellen dürfen, dass wir es als Große Koalition in Niedersachsen geschafft haben, dass seit dem 1. August des letzten Jahres Eltern in Niedersachsen keine Beiträge mehr zahlen. Das ist die größte familienpolitische Errungenschaft in den letzten Jahrzehnten in unserem Land. Darauf können wir zu Recht stolz sein.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Aber natürlich ist es so - das zeigt die Debatte -, dass es nicht reicht, sich auf dem Erreichten auszuruhen, sondern dass es darum gehen muss, die weiteren Aufgaben anzugehen. Es geht natürlich um Qualität. Es geht natürlich darum, dass wir auch zukünftig ausreichend Plätze schaffen müssen. Es geht natürlich darum, wie wir die aktuelle Fachkräftesituation aufgreifen und dafür sorgen, dass wir zukünftig ausreichend Fachkräfte haben.

Aber bei jeder Diskussion, die wir führen - ich finde, das muss der Anspruch der regierungstragen

den Fraktionen sein, das wird auch in unserem gemeinsamen Entschließungsantrag deutlich -, muss in unserer Position klar sein, dass wir nicht nur über Positionen reden, in denen wir uns wer weiß was wünschen und wer weiß wen auf diesem Weg überfordern, sondern dass wir als CDU und SPD in dieser Großen Koalition den Anspruch haben, Antworten für das Hier und Heute und für die jetzige Situation zu finden. Darauf sind unsere Politik und auch unser Entschließungsantrag ausgerichtet.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Die Diskussion und insbesondere die Positionierung der grünen Landespolitik zeigen, dass man immer noch nicht richtig beurteilen kann, wo eigentlich die Zuständigkeiten liegen. Wer ist auf welcher Ebene für dieses Thema zuständig? - Als wir hier im Parlament im vergangenen Jahr die Debatte über die Einführung der Beitragsfreiheit in den Kindergärten geführt haben, war es Frau Piel von den Grünen, die unserer Kollegin Mareike Wulf vorgeworfen hat, dass sie nicht genügend kommunalpolitisch denken könne. Ich möchte heute hier an dieser Stelle einmal sagen: Es ist unbestritten, dass wir, Landespolitik und Kommunalpolitik, gerade bei diesem Thema eine gemeinsame Aufgabe haben. Ich glaube auch, deutlich sagen zu können, dass gerade wir als CDU, als die Kommunalpartei, und gerade auch unsere schulpolitische Sprecherin Mareike Wulf genau diesen Blick der Kommunen immer wieder in den Fokus gestellt haben. Ich selbst bin im Ehrenamt stellvertretender Bürgermeister einer Gemeinde.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Und Frau Wulf?)

Wir sind dort auch Träger der Kindergärten. Deswegen ist es richtig, dass wir das an dieser Stelle gemeinsam denken. Aber wir sollten bei der Diskussion schon einmal klarmachen: Hier im Niedersächsischen Landtag ist es unsere Aufgabe, für einheitliche Rahmenbedingungen, für ein einheitliches Konzept, das landesweit umsetzbar ist, zu sorgen. Das ist Landespolitik, und das ist auch unsere Aufgabe, um die es hier geht.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Björn Försterling [FDP]: Dann ma- chen Sie das doch mal!)

Das zeigt sich auch bei den verschiedenen Anträgen, die uns vorliegen, auch mit Blick auf die Tarifautonomie, und deswegen kann ich auch dazu nur sagen: Wir wissen, dass das Land, dass wir die