Protocol of the Session on February 27, 2019

Es ist wichtig, dass nicht nur bestimmte Berufsgruppen für diese Aufgabe infrage kommen; denn auch Schöffinnen und Schöffen stellen einen Querschnitt der Bevölkerung dar. Dazu gehört es auch, die Arbeitgeber für die Einhaltung des gesetzlichen Freistellungsanspruches zu sensibilisieren. Wir müssen deutlich machen, dass Schöffinnen und Schöffen in unserem Land einen wichtigen Dienst für die Gesellschaft übernehmen und dass es auch im Interesse von Unternehmen sein

muss, dass unser Rechtsstaat gut funktioniert. Das haben wir mit der politischen Liste zum Haushalt 2019 so gemacht, und das werden wir in allen Bereichen auch zukünftig so handhaben.

Bitte stimmen Sie für unseren Antrag!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Scharrelmann. - Jetzt rufe ich für die Fraktion der FDP Herrn Dr. Marco Genthe auf. Bitte sehr, Herr Dr. Genthe!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Diskussion eben zwischen Herrn Prange und Herrn Limburg kann ich an dieser Stelle durchaus bestätigen, dass die Große Koalition die Unart entwickelt hat, weniger als einen Tag vor der abschließenden Mitberatung im Rechtsausschuss mit einem Änderungsantrag um die Ecke zu kommen.

Das kann man ja machen, wenn man denn organisieren möchte, dass der Landtag einem Antrag nicht geschlossen zustimmt.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Genau! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das bei ei- nem so wichtigen Thema!)

Und solche politischen Spielchen sind bei Nebensächlichkeiten vielleicht mal ganz nett, möglicherweise auch mal das Salz in der Suppe. Aber bitte schön nicht bei ernsthaften Angelegenheiten!

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Bei der Frage, um die es hier geht, nämlich bei der Frage der Schöffen, sowie übrigens auch bei dem Tagesordnungspunkt, den wir gleich behandeln, der die Anlaufstellen der Straffälligenhilfe thematisiert, haben wir nämlich genau dasselbe Problem, genau dieselbe Sachlage. Diese Angelegenheiten sind für solche politischen Spielchen wirklich nicht geeignet.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Schöffenverband ist mit ernsthaften Wünschen an uns herangetreten, und Politik sollte das nicht ignorieren. Wir alle haben ein Interesse - und so habe ich die Redebeiträge bis jetzt auch verstanden -, dass das System

der Schöffen auch weiterhin funktioniert. Schöffen sorgen dafür, dass ihre Berufs- und Lebenserfahrung mit in die Entscheidungen der Justiz einfließen können. Und sie sorgen dafür, dass Justiz transparent und auch demokratisch bleibt.

Die drei Punkte in dem Entschließungsantrag der Großen Koalition unterstützen wir daher. Sie sind richtig und wichtig, aber sie sind eben auch nicht abschließend. Der von den Grünen und von der FDP jetzt vorgelegte Änderungsantrag enthält die weiteren eben schon erwähnten Prüfaufträge, nämlich hinsichtlich einer Supervision, hinsichtlich einer Vereinfachung der Abrechnung bzw. des Nachweises von Verdienstausfall und hinsichtlich der Verbesserung der Vereinbarkeit der Betreuung von Kindern oder von zu pflegenden Angehörigen. Das ist übrigens nicht Bundessache, sondern kann durchaus auch auf Landesebene geregelt werden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ich hätte mich gefreut, wenn sich auch die CDU eben in ihrem Statement zu diesen drei zusätzlichen Punkten geäußert hätte. Meine Damen und Herren, diese können nicht ernsthaft abgelehnt werden. Der Rest unseres Änderungsantrages entspricht komplett dem wichtigen Antrag der Großen Koalition. Lassen Sie uns also entweder dem erweiterten Änderungsantrag der Grünen und der FDP zustimmen, oder stimmen Sie der Rücküberweisung in den Rechtsausschuss zu, damit wir die Chance haben, das dort noch einmal zu beraten und dann möglicherweise zu einem gemeinsamen und sehr starken Signal kommen könnten!

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Genthe. - Jetzt folgt Herr Abgeordneter Christopher Emden, Fraktion der AfD. Bitte sehr!

(Unruhe)

- Und Ruhe, bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Und da sind wir wieder beim schönen Beispiel für ehrenamtliche Aktivitäten, nämlich dem der Schöffinnen und Schöffen. Das ist ein sehr, sehr wichtiges Amt. Ich weiß aus meiner eigenen Be

rufserfahrung als Richter, wie sehr bedeutsam auch für die jeweiligen Schöffinnen und Schöffen, die mit einem Fall befasst sind, diese Aufgabe in ihrem Verständnis wiegt und wie aufmerksam und akkurat sie diese Aufgabe wahrnehmen wollen.

Aber wir müssen entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Ein Punkt ist ganz besonders wichtig - er wurde hier schon andiskutiert -, und zwar den Arbeitgeber dafür zu sensibilisieren, dass es eben wirklich zu einer Freistellung kommt. Denn das ist auch das, was ich aus der Praxis kenne, dass es durchaus zu Konflikten kommen kann, wenn Schöffinnen und Schöffen ihren Aufgaben in dieser Form nachkommen wollen und der Arbeitgeber damit gewisse Probleme hat, weil es nicht so ganz in seinen geplanten Arbeitsablauf für die jeweilige Person passt.

Insofern ist es wichtig, hier Sensibilisierungsmaßnahmen vorzunehmen, auch wenn der Entschließungsantrag ein bisschen schwammig bleibt; das ist bei Entschließungsanträgen ja nicht ungewöhnlich.

Wir unterstützen diesen Antrag. Ich möchte mich an dem Geplänkel, was wir vorhin gehört haben, jetzt gar nicht beteiligen. Man hätte es vielleicht seitens der Großen Koalition ein bisschen anders machen können. Aber gut, die Große Koalition hat immer die Mehrheit. Und wenn sie meint, sie muss die Oppositionsfraktionen unmittelbar vor der maßgeblichen Ausschussberatung mit neuen Anträgen überfahren, dann ist das eben so. Wir müssen das hinnehmen.

Nichtsdestotrotz kann man den Antrag, meine ich, bedenkenlos unterstützen. Wir stimmen dem zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Emden.

Meine Damen und Herren, noch einmal: Es ist eine Geräuschkulisse im Saal, die nicht hinnehmbar ist. Ich darf darum bitten, den Gesprächszirkel hinter der CDU-Fraktion aufzulösen. Frau Kollegin Koch, auch Herr Dr. Pantazis, nehmen Sie bitte Platz! Und wer anderes vorhat, kann auch den Saal verlassen.

Das Wort für die Landesregierung hat jetzt die Ministerin Frau Barbara Havliza. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Urteile werden in Deutschland im Namen des Volkes gesprochen. Das wissen wir alle. Dies wird in besonderem Maße durch das Schöffenamt greifbar. Schöffinnen und Schöffen sind ehrenamtliche Richterinnen und Richter in der Strafgerichtsbarkeit. Sie wirken in Strafverfahren an den Amts- und Landgerichten mit, und sie sind neben den Berufsrichterinnen und Berufsrichtern mit dem gleichen Stimmrecht an der Urteilsfindung beteiligt.

Für die Justiz sind Schöffinnen und Schöffen ein Gewinn. Sie bringen ihre Lebenserfahrung, ihre beruflichen Kenntnisse, ihre Menschenkenntnis und ihr Gerechtigkeitsempfinden mit in das Strafverfahren ein. Gleichzeitig tragen sie zu einem gewissen Verständnis und zur Akzeptanz für die richterlichen Entscheidungen in der Öffentlichkeit bei. Damit stehen sie für Bürgernähe und für Transparenz in der Justiz, und darum ist das Schöffenamt, das in dieser Form schon seit über 140 Jahren in unserem Gerichtsverfassungsgesetz verankert ist, unverzichtbar.

Gerade am 1. Januar 2019 hat die neue fünf Jahre andauernde Amtsperiode der Schöffinnen und Schöffen begonnen. Über 5 400 Frauen und Männer sind in Niedersachsen vereidigt worden. Sie sind an den Schöffengerichten, Jugendschöffengerichten, Strafkammern, Jugendstrafkammern sowie am Schwurgericht insgesamt tätig. Für viele von ihnen ist es auch nicht die erste Amtsperiode. Es ist ein gutes Zeichen für Niedersachsen, dass sich das Schöffenamt nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, zeigt es doch, dass zahlreiche Bürgerinnen und Bürger aktiv für ihren Staat eintreten. Ich habe mich gerade noch mit dem Vorsitzenden des Schöffenverbandes kurz ausgetauscht. Irgendjemand hat vorhin gesagt, die Bereitschaft, Schöffe zu werden, ginge zurück. Das ist, jedenfalls in Niedersachsen, nicht so.

Gerade in Zeiten, in denen staatliche Institutionen und deren Entscheidungen zunehmend infrage gestellt werden, tragen, finde ich, unsere Schöffinnen und Schöffen ganz erheblich zur Akzeptanz unseres demokratischen Rechtsstaates bei. Daher will ich mich auch an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bei allen Schöffinnen und Schöffen ganz herzlich für ihre wichtige Arbeit, die sie als Ehrenamtler tun, bedanken. Ich habe immer sehr gern mit ihnen zusammengearbeitet.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Schöffinnen und Schöffen in Niedersachsen wie auch der niedersächsische Schöffenverband verdienen unsere volle Unterstützung. Dies ist, so denke ich, auch breiter parlamentarischer Konsens hier im Hause. So habe ich das jedenfalls wahrgenommen. Daher ist der Entschließungsantrag ein gutes Signal. Der Niedersächsische Landtag steht an der Seite der Schöffinnen und Schöffen. Das wird damit sehr deutlich nach außen getragen.

Bereits jetzt erhalten übrigens alle Schöffinnen und Schöffen zu Beginn der Amtsperiode in einer Veranstaltung eine Einführung durch die Gerichte. Zur Mitte der Amtsperiode bieten die Gerichte eine Halbzeitveranstaltung in Form eines Erfahrungsaustauschs an. Hier ist zu beachten, dass die Schöffinnen und Schöffen dabei kein Jura-lightStudium erhalten sollen. Gleichwohl ist ein Überblick über den Ablauf eines Verfahrens, über die Rechte von Verfahrensbeteiligten und auch über mögliche Strafzumessungserwägungen für ihre Tätigkeit als Laienrichterinnen und Laienrichter immer von Vorteil.

Der niedersächsische Schöffenverband plant zur Ergänzung des gerichtlichen Angebots im Zusammenhang mit den Volkshochschulen weitere Fortbildungsangebote zur Einführung in das Schöffenamt. Ich freue mich auch sehr, dass - Herr Prange hat es auch schon angesprochen - dem niedersächsischen Schöffenverband auf Initiative der Regierungsfraktionen über die politische Liste für das Jahr 2019 ein Betrag von 20 000 Euro für diese Fortbildungsangebote zur Verfügung gestellt wurde. Den beiden Fraktionen gebührt daher nochmals mein ausdrücklicher Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Vorsitzenden der Schöffengerichte und Strafkammern wie auch die Verwaltung in den Gerichten - auch für diesen wertvollen Beitrag bedanke ich mich ganz herzlich - sind die zentralen Ansprechpartner für die Schöffinnen und Schöffen vor Ort. Fragen und Anliegen, die an mein Haus herangetragen werden, werden seitens des Fachreferats zuverlässig und auch kurzfristig bearbeitet. Der Entschließungsantrag gibt uns gleichwohl Anstoß, unsere Leistungen für die Schöffinnen und Schöffen weiter kritisch zu überprüfen und so gegebenenfalls den Erfordernissen anzupassen. Gerade wurde ein zentraler Ansprechpartner angeregt. Das alles muss geprüft werden.

Nicht nur die Gerichte und die Justizverwaltung sind in ihrer Einsatzbereitschaft in Bezug auf das

Schöffenamt gefragt. Das Deutsche Richtergesetz regelt in § 45 ganz unmissverständlich, dass keine Schöffin und kein Schöffe wegen der Übernahme oder der Ausübung des Amts benachteiligt werden darf. Finden Gerichtstermine während der Arbeitszeit statt, dann sind alle Arbeitgeber - ob private oder öffentliche - verpflichtet, die Schöffinnen und Schöffen für ihren Dienst bei Gericht ohne Wenn und Aber freizustellen. Andere Entscheidungen können nicht akzeptiert werden.

Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich allerdings, dass sich Arbeitgeber, häufig kleinere Unternehmen - Einzelhandel usw. -, vor allen Dingen zu bestimmten Zeiten - z. B. zur Vorweihnachtszeit - besonders schwer damit tun. Das eine oder andere Mal musste ich doch sehr massive Überzeugungsarbeit - bei den Arbeitgebern, nicht bei den Schöffen - leisten.

Ich will versuchen, ganz kurz auf die drei Punkte einzugehen, die ich jetzt gerade quasi als Erweiterungsantrag zur Kenntnis bekommen habe.

Dabei geht es einmal um die Frage der Supervision. Herr Prange hat schon etwas dazu gesagt. Supervision ist bei Schöffinnen und Schöffen als Hilfestellung genauso wenig möglich wie bei Richterinnen und Richtern. Während eines laufenden Verfahrens können Sie keinen Richter - ob ehrenamtlich oder beruflich - unter Wahrung der Neutralität und Unabhängigkeit beratend begleiten. Das geht nicht.

Was wir in unserem Hause derzeit ausarbeiten, ist die Möglichkeit, das Angebot, über anschließende Belastungen, die ein Strafverfahren Schöffinnen und Schöffen auferlegt hat, zu sprechen und Ansprechpartner zu finden, um sich im Gespräch zu entlasten oder auch Rat zu holen, um mit manchen Grausamkeiten, die man erfahren hat, fertigzuwerden.

Der Verdienstausfall ist geregelt. Für Selbstständige ist das zugegebenermaßen häufig nicht ganz befriedigend. Das ergibt sich aus dem Entschädigungsgesetz. Das ist Bundesrecht. Darauf muss man eventuell einmal schauen. Andererseits glaube ich, dass es wichtiger ist - darauf will ich gerne hinwirken -, dass unsere Gerichte und deren Zahlstellen noch einmal dafür sensibilisiert werden, dass man das Ganze vielleicht manchmal etwas unbürokratischer handhaben kann. Denn man hört immer wieder, es dauere alles zu lange und sei zu bürokratisch.