Protocol of the Session on January 24, 2019

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Die Sonderausschreibungen - ich glaube, darin sind wir uns einig - sind wesentlich zu spät auf den Weg gebracht worden. Immerhin kommen sie jetzt. Dass wir die Bundesregierung deutlich an ihr selbstgestecktes Ziel erinnern wollen, bis zum Jahr 2030 65 % des Strombedarfs durch Erneuerbare zu decken, ist definitiv ein richtiger Anspruch. Auch bei der Umstellung von der Brutto- auf die NettoMengensteuerung oder bei Ihren Vorschlägen zur Sektorkopplung gehen wir d'accord.

Das Problem ist, dass die Bundesregierung offensichtlich nicht so richtig auf die Landesregierung hört.

(Jörg Bode [FDP]: Ach so!)

Wenn ich mir die letzten Monate und Jahre der Energiepolitik anschaue, kann ich für die BundesGroKo eigentlich nur das Resümee ziehen: heilloses Chaos, überhaupt keinen Plan, keine Planungssicherheit und die Gefahr, dass die Energiewende langsam komplett brachliegt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insofern freue ich mich, dass wir hier aus Niedersachsen wesentlich bessere Vorschläge verabschieden.

Ich würde mich aber noch mehr freuen, wenn wir alle möglichen Chancen, die auf Landesebene liegen, nutzen; denn auf die Bundesregierung können wir uns offensichtlich nicht verlassen.

Klar: Energiepolitik ist vorrangig Bundessache, aber es gibt Spielräume auf Landesebene. Ein paar interessante Ideen und gute Punkte stehen auch in diesem Antrag, u. a. das Forum Energiedialog aus dem Land Baden-Württemberg. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir dem Beispiel BadenWürttembergs hier folgen würden.

Ich denke, es kann auch sehr sinnvoll sein, das Ganze mit der KEAN, der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen, umzusetzen. Das ist ein noch in der letzten Legislaturperiode verwirklichtes Projekt.

Aber: Wir haben natürlich noch einen ganz großen Baustein vor uns. Auch da würde ich mich freuen, wenn Sie genauso schön anzuhörende Reden halten und es dann aber tatsächlich auch verwirklichen würden. Das Klimagesetz wäre genau so eine Chance auf Landesebene, unsere Verantwortung für die heute angesprochenen kommenden Generationen und auch für meine Generation wahrzunehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Daher kann ich nur sagen: Wir sind natürlich gerne bei der Verwirklichung und Umsetzung der Maßnahmen dabei.

Ich freue mich darauf, weiterhin gute Anträge zu lesen, die vielleicht ein wenig seltener das Wort „prüfen“ und mehr das Wort „machen“ beinhalten. Ich bin gespannt, was Sie auf Bundesebene erreichen werden. Wir werden Sie da unterstützen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Byl. - Für die FDPFraktion spricht nun der Kollege Kortlang. Bitte schön!

Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen, meine Herren! „Arbeitsplätze in der Windenergiebranche sichern - gesetzliche Rahmenbedingungen verbessern.“ Es ist ganz klar: Niedersachsen ist das Windenergieland Nummer eins, und die Windenergie ist der Jobmo

tor Nummer eins. Insofern haben wir die Verpflichtung, die Arbeitsplätze dort zu sichern.

Ich hatte schon bei der Einbringung des Antrags auf die Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme zur Elektrolyse hingewiesen. Die dortige Aussage war, dass bis 2050 mehrere Hundert Gigawatt Elektrolyseleistung benötigt werden. Die werden vorwiegend in windreichen Regionen, also hier bei uns in Niedersachsen, erzeugt. Sie müssen aber auch über Land weitergeleitet werden. Wie das geht, darüber müssen wir uns noch unterhalten.

Frau Janssen-Kucz hat recht gehabt mit der kritischen Analyse, die sie im letzten Plenarsitzungsabschnitt zur Haltung der Bundesregierung geäußert hat. Sie tue schlicht zu wenig, hat sie damals an die Leute adressiert. Wie wir bei der Unterrichtung im Ausschuss erfahren haben, sind die Windenergieländer, so auch Niedersachsen, gewillt, über den Bundesrat Druck auf die Regierung auszuüben, damit deutlich mehr unternommen wird. Das kann man nur gutheißen.

Wie ich weiß, muss Herr Minister Lies in der Kohlekommission ein außerordentlich dickes Brett bohren, um die Forderungen, die wir hier aufstellen, auch umsetzen zu können. Von der Defossilisierung, die wir brauchen, um die Vereinbarung von Paris zu erreichen - eigentlich wollen wir noch mehr erreichen -, sprechen aber leider nur wenige.

In dieser Woche tagen, wie wir alle vernommen haben, die bedeutenden Wirtschaftslenker in Davos. Nicht alle, aber die höchsten sind dort anwesend.

(Dragos Pancescu [GRÜNE]: Die wichtigsten!)

Im Vorfeld, in den letzten Wochen, wurden Prognosen vorgestellt, wohin die Reise nach der Umsetzung der Ziele durch die einzelnen Staaten geht. Inzwischen wird - hören Sie gut zu, Herr Wirtz! - geschätzt, dass sich die Temperatur um erschreckende 5 °C erhöht. Wenn wir nicht gegensteuern und das tatsächlich so kommt, dann wird es kein Weltnaturerbe Wattenmeer mehr geben. Weder die West-, die Ost- noch die Nordfriesischen Inseln werden den Meeresanstieg überstehen.

In Holland - die Holländer sind uns oftmals sehr weit voraus - gibt es schon Konzepte und Planungen, Häuser als schwimmfähige Boote auszubauen. Das klingt kurios, und man kann darüber lachen. Aber die Probleme werden leider nicht weni

ger, sondern sie werden weitaus größer, als wir uns das vorstellen können.

(Zustimmung bei der FDP)

Auch die momentanen Deichlinien wären dann nicht mehr zu halten. Das heißt, wir müssten weiter in das Landesinnere gehen.

Den Kopf in den Sand zu stecken, ist aber nicht die Lösung. Es gibt eine Reihe von guten Lösungsvorschlägen, auch in diesem Antrag. Sie brauchen aber Kapital und den Willen, sie auch umzusetzen. Wir sollten nicht darauf warten, dass andere Bundesländer, die weit von uns entfernt sind, die Initiative übernehmen, damit sie uns davor retten. Die sitzen noch im Trockenen, wenn wir hier schon am Schwimmen sind.

Sie hören aus meinen Worten: Obwohl ich jetzt schon einige Zeit hier im Plenum tätig bin, brenne ich immer noch dafür, dass wir als Weltgemeinschaft und gerade aus Niedersachsen heraus die uns gesteckten Ziele erreichen.

Ich wurde gerade dafür gelobt, dass wir dem Antrag zustimmen, muss nun aber leider auf Enthaltung gehen. Ich persönlich hätte den Antrag gutgeheißen und habe im Ausschuss ja auch zugestimmt. Aber wir haben in der Fraktion noch einmal darüber beraten, und die Nr. 8 ist uns dann doch ein bisschen aufgestoßen. Somit sind wir der Meinung, dass wir uns enthalten sollten. Eine Verdopplung der Leistung auf 20 GW halten wir noch nicht für das Richtige. Auch die Sektorenkopplung, die von der AfD angesprochen wurde, ist unserer Meinung nach noch zu wenig behandelt worden. Aber was das Repowering und alles andere angeht, das können wir mittragen.

Also: Wir werden auf Enthaltung gehen - das heißt ja nicht, dass wir ablehnen - und das nächste Mal wieder tatkräftig mit angreifen.

Danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Kortlang. - Für die Landesregierung hat sich der Wirtschaftsminister - Entschuldigung: Wirtschaftsminister a. D.! -, der Umweltminister gemeldet.

(Heiterkeit - Björn Försterling [FDP]: Das ist im Land noch nicht so ange- kommen!)

Herr Minister Lies, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zwei Zitate aus den Redebeiträgen aufgreifen, die mich sehr positiv stimmen. Das eine ist: „dafür brennen“. Wenn Sie dafür brennen, ist eine Enthaltung besser als eine Ablehnung. Das finde ich schon okay, lieber Horst Kortlang. Das andere ist: „machen statt prüfen“. Das stimmt, da müssen wir hinkommen.

Ich will das auch aufgreifen, um einem der destruktivsten Beiträge zu entgegnen, die ich in den vergangenen Monaten immer wieder von dieser Seite gehört habe. Es ist der Inbegriff der Verweigerung von Zukunft und Energiewende, wenn man glaubt, man könnte an der Vergangenheit festhalten und ignorieren, was die Sachverhalte in der Wirtschaft aufzeigen. Das ist - ich will es einmal so offen sagen - irgendwann schon nicht mehr zu ertragen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Ich fange einmal mit dem Thema Sektorenkopplung an. 1870 ließ Jules Verne in einem seiner Romane einen Ingenieur sagen: „Wasser ist die Kohle der Zukunft.“ Das hat lange gedauert. Warum haben wir eigentlich keine Sektorenkopplung?

(Zuruf)

- Natürlich geht das. Das geht in Massen; das ist überhaupt kein Problem.

Es gibt einen einfachen Grund, warum wir noch keine Sektorenkopplung haben: Weil es natürlich keinen Sinn macht, Braunkohlestrom durch Elektrolyse in Wasserstoff zu verwandeln. Dann kann man lieber gleich einen Diesel fahren. Diese Debatte hatten wir schon heute Morgen.

Was Sinn macht, ist die Innovation. Dadurch, dass wir den Ausbau der Erneuerbaren vorantreiben, haben wir genau die grüne Energie, die zu grünem Wasserstoff führt. Es ist nicht so, dass wir die Technik nicht hätten. Wir müssen nur das, was wir technisch können, auch im großen Maßstab umsetzen. Wenn wir es wollen, funktioniert das morgen absolut. Also, darum brauchen wir den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien; denn sonst macht das keinen Sinn.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Dazu gehört auch die Frage, ob man die Energie genau dann haben muss, wenn man sie braucht.

Nein! Wir werden neue, intelligente Geschäftsmodelle haben - ohne die Digitalisierung würde die Energiewende übrigens gar nicht so funktionieren, wie wir uns das vorstellen -, über die die Unternehmen und die Industrie die Energie genau zu dem Zeitpunkt intensiver nutzen können, zu dem sie zur Verfügung steht.

Genauso flexibel muss man im Produktionsprozess sein. Wenn man Energie zurückfahren kann, dann sollte man das auch tun. Das rechnet sich wirtschaftlich, und man ist damit nicht nur in der Lage, Energie zu verbrauchen, sondern hat auch eine Systemrelevanz in der Frage der Netzstabilität.

Dies alles gehört dazu und ist technisch möglich. Es macht aber nur dann Sinn, wenn es gelingt, erneuerbare Energien im Netz zu halten. Es macht keinen Sinn, das Ganze mit Kohle oder Kernkraft zu machen. Man müsste hier einen Schritt weiterdenken. Aber als Klimawandelverweigerer will man das wahrscheinlich nicht. Ich glaube, dann reicht auch dieser eine Satz. Dann müssen die falschen Argumente nicht noch dazukommen.