Die Haushaltsberatungen finden aber in der Tat in einem ziemlich frostigen Umfeld statt. Frostige Haushaltszeiten drohen, wenn man an die konjunkturelle Entwicklung denkt, wenn man an den Brexit und an die Risiken denkt, die damit verbunden sind, wenn man an mögliche Zinserhöhungen denkt, wenn man an die verfassungswidrige Besoldung denkt oder wenn man an die Milliardenrisiken bei der NORD/LB denkt. Sie haben für kein einziges dieser Probleme Vorsorge getroffen. Eine Menge Geld auszugeben, Herr Finanzminister, ist noch keine gute Politik.
Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es wurde nicht nur Geld ausgegeben, sondern auch noch eine Menge Ankündigungen gemacht. So hat der Finanzminister im Laufe dieses Jahres mehrmals angekündigt, dass eine Vorlage für die Schuldenbremse noch in diesem Jahr komme. Meine Damen und Herren, 20 Tage haben Sie dafür noch Zeit! - Übrigens noch der Hinweis: Diese Zeit enthält auch noch ein paar Feiertage und die Wochenenden, sodass es in Wahrheit keine 20 Arbeitstage bis zum Jahresende mehr sind. Das nur als nett gemeinter Hinweise, wie wenig von diesem Jahr tatsächlich noch übrig bleibt.
Ganz klar ist doch: Die Schuldenbremse reicht doch bei Weitem nicht mehr aus. Wir müssen bei den Schulden endlich in den Rückwärtsgang schalten. Wir müssen von dem Schuldenberg herunter, meine Damen und Herren.
Deswegen haben wir Freie Demokraten dazu einen Vorschlag unterbreitet, wie wir das in der Verfassung verankern können. Schuldenabbau muss in diesem Land endlich Verfassungsrang haben. Wir müssen das Prinzip umdrehen. Wir haben früher in schlechten Zeiten immer neue Schulden gemacht. Jetzt müssen wir in guten Zeiten endlich alte Schulden abbauen. Dieses Prinzip muss in der Verfassung verankert werden. Wir, meine Damen und Herren, haben sowohl mit dem Haushalt 2019 als auch mit unserem Nachtragshaushalt 2018 dazu einen Vorschlag gemacht, dass es geht. Wenn man es will, dann funktioniert das auch. Aber Sie wollen das offensichtlich nicht.
Ich komme nun zu einer weiteren Ankündigung, nämlich dass das zusätzliche Personal wieder abgebaut und eine Aufgabenkritik durchgeführt werden soll. Herr Minister, auch dazu haben Sie sich in diesem historischen Interview vorgestern in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung eingelassen. Ich zitiere:
„Ich erwarte auch, dass wir signifikant Personal abbauen können, um in schlechteren Zeiten handlungsfähig zu bleiben.“
Meine Damen und Herren, heißt das im Umkehrschluss, dass wir bis dahin, bis das alles feststeht, erst einmal ordentlich Personal aufbauen können? - Das kann es ja wohl nicht sein! Seit 2014 sind 300 zusätzliche Stellen in der Ministerialverwaltung geschaffen worden. Statt die Regierungskommission endlich einzurichten, haben Sie den Titel „Verwaltungsmodernisierung“ sogar im Haushalt reduziert, und zwar mit dem Hinweis: hat kaum Aufgaben. - Das schreiben Sie sogar noch auf die politische Liste. Das ist ein klares politisches Statement, dass Sie in Wahrheit weder die Verwaltungsmodernisierung noch den Stellenabbau wollen.
Sie sprechen ja sehr gerne vom Stellenabbau und von Einsparungen durch den Stellenabbau. Bei Ihren Stellenplananträgen bzw. bei Ihren Haushaltsanträgen zum Einzelplan 04 ist mir aufgefallen, dass Sie in Zeiten von Panama Papers und groß umgreifender Steuerhinterziehung gerade im Bereich der Steuerverwaltung Stellen einsparen bzw. abbauen wollen. Ist das Ihr geforderter Beitrag zum Bürokratieabbau, indem Sie Stellen aus
Vielen Dank, Herr Henning, für die Frage. Sie hätten sich unsere Änderungsanträge genauer ansehen müssen. Denn wir streichen nicht in der Steuerverwaltung, sondern wir streichen im Ministerbüro des Ministers Hilbers, der mit dem Nachtragshaushalt 2018 einen Stellenaufwuchs hatte.
In der Steuerverwaltung streichen wir nicht. Wir wollen, dass in der Ministerialbürokratie Stellen abgebaut werden. Das ist unser Punkt. Das geht im Übrigen auch aus unseren Anträgen hervor.
Vorgestern war in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung das schon mehrfach angesprochene Interview mit dem Finanzminister zu lesen. Da konnten wir ja sehen, dass der Finanzminister Reinhold Hilbers sich jetzt schon selbst zu einer Person der Zeitgeschichte erklärt hat. Meine Damen und Herren, ich glaube vielmehr, dass Sie in die Geschichte dieses Landes als derjenige Finanzminister eingehen werden, der die größten Chancen hatte und die wenigsten davon genutzt hat. Sie werden eher als derjenige in die Geschichte des Landes eingehen, der die Verwaltungsaufblähung zu verantworten hat, und Sie werden eher als derjenige in die Geschichte eingehen, der eine Landesbank mit einem Milliardenbetrag gerettet hat. Sie sollten, sehr geehrter Herr Finanzminister, endlich daran arbeiten, Ihre Geschichte umzuschreiben.
Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich nun Herr Kollege Wenzel zu Wort gemeldet. Bitte sehr!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Finanzminister, das war wirklich ein Interview, das in die Geschichte eingehen wird. Meine Güte, habe ich gedacht, großartig!
Eigentlich sagt man ja immer, Eigenlob stinkt, zumal dann, wenn man sich mit fremden Federn schmückt. Aber vielleicht kann man bei Ihnen da mal eine Ausnahme machen, Herr Hilbers.
Man denkt ja immer: Große Koalitionen - große Würfe. Aber weit gefehlt! Trotz bester Einnahmesituation ist das ein Haushalt, der auf Kante genäht ist. Strukturelle Reformen? - Fehlanzeige! Aufgabenanalyse? - Ebenfalls! Und die NORD/LB ist noch außen vor. Ihr Strategiewechsel, Herr Minister Hilbers, kann uns noch teuer zu stehen kommen. Ich habe Zweifel, ob es heute noch zeitgemäß ist, öffentliches Geld anzufassen und zugleich Nachranggläubiger zu schonen. Meine Damen und Herren, das wird in diesem Haus sicher noch intensiver diskutiert. Aber noch wissen wir nicht, was der Finanzminister abschließend vorschlagen wird.
Dann frage ich mich: Wer hat eigentlich die Grundgesetzänderung zu Artikel 104 c GG verhandelt? - Der Fachminister, Herr Tonne, war offensichtlich überrascht, dass dort plötzlich andere Vorschläge auf dem Tisch lagen, als er erwartet hatte. Eine Kofinanzierung von 50 % hatte er nämlich nicht in seinem Haushaltsplanentwurf verankert.
Das ist schon bemerkenswert; denn wir reden nicht über ein Haushaltsbegleitgesetz, das man jedes Jahr ändert, sondern wir reden über das Grundgesetz.
Aber auch vom MP und seinem Vize kein Ton zu dieser Sache! Ich sage Ihnen nur - das haben wir als Punkt 1 unseres Änderungsantrages in der Sache ausgeführt -: Wir müssen Artikel 106 Grundgesetz lebendig machen. Das heißt, die Länder haben genauso wie die Kommunen Anspruch auf ihren Anteil an der Umsatzsteuer, um ihre Aufgaben ordentlich und angemessen ausfüllen zu können, um Föderalismus und soziale und kommunale Selbstverwaltung tatsächlich auch lebendig zu erhalten, weil sie Grundfeste unseres Staates sind und sich über Jahrzehnte hinweg bewährt haben, meine Damen und Herren.
Angesprochen haben wir auch den Fachkräftemangel. Das ist ein Thema, das uns ebenfalls sehr ernsthaft beschäftigen wird, ob es in Krankenhäusern ist, ob es bei der Pflege im Altenheim ist, ob es bei den Erzieherinnen und Erziehern ist oder ob es die Eingangsbesoldung bei der Lehrerversorgung ist.
Überall müssen wir uns fragen: Stimmt hier eigentlich die angemessene Eingruppierung nach Tarifrecht und nach Besoldungsrecht?
Wir haben eine relativ gute Situation am Arbeitsmarkt. Da merkt man hier, wo die Schwachstellen sind. Die Menschen machen eine hervorragende Arbeit. Wir sollten sie auch angemessen bezahlen, meine Damen und Herren.