Protocol of the Session on December 11, 2018

Die Redezeit?

Die Redezeitanzeige wurde für die Beantwortung der Frage gestoppt. Jetzt läuft sie wieder. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank.

Unseren Antrag auf Einführung eines Erziehungsgelds für Eltern, die keinen Krippenplatz in Anspruch nehmen, haben Sie ja abgelehnt.

Passend zu dieser Strategie haben Sie die Beitragsfreiheit für Kindergärten umgesetzt. Zumindest in diesem Punkt sind wir einmal bei Ihnen. Schließlich kommt hier die Neuerung endlich einmal der stark belasteten, Steuern zahlenden Mittelschicht zugute. Hier hätten Sie tatsächlich einmal eine Baustelle abgeschlossen, wenn sie denn ausreichend finanziert worden wäre. So aber haben Sie den Kommunen ein Kuckucksei ins Nest gelegt, worunter diese noch jahrelang zu leiden haben werden.

Mit Beginn der Schulzeit wird dann der Ansatz der Entfremdung der Kinder von ihren Eltern weiterverfolgt mit der im Übrigen ebenfalls unterfinanzierten Ganztagsschule. Da stellt sich doch die Frage: Wann sollen die Eltern ihre Kinder überhaupt erziehen können? Sie sehen diese doch kaum noch!

Ein weiterer Pflock ist die Abschaffung des gegliederten Schulsystems. Ein wichtiger Baustein dafür ist die Umsetzung der Inklusion an Regelschulen. Da hat Ihnen von der SPD der Koalitionspartner von der CDU zum Glück erst einmal einen Strich durch die Rechnung gemacht: Viele Förderschulen Lernen bleiben in dieser Legislaturperiode bestehen. Wie es danach weitergeht, wird man sehen.

In der Öffentlichkeit ist das Projekt ohnehin höchst umstritten. Die Inklusion in Niedersachsen steht moralisch, rechtlich, finanziell und organisatorisch auf bestenfalls tönernen Füßen. Es ist bereits jetzt das Scheitern dieser Unternehmung zu beobachten. Ich sage Ihnen hier und heute voraus: Inklusion an Regelschulen ist nicht gelungen, und sie wird auch niemals gelingen können, weil der Denkansatz utopischer Natur ist und in der Realität nicht realisiert werden kann.

Eine weitere konsequente Unterstützung der Förderschulen wäre nicht nur viel besser für die betroffenen Schüler mit Förderbedarf, sie würde auch viele Millionen Euro an Steuergeld einsparen und dringend benötigte Lehrer für andere Baustellen freimachen.

Eine weitere Baustelle ist das Gymnasium, das als erfolgreiche Schulform eine starke Elternlobby hinter sich weiß und somit nicht einfach abgeschafft werden kann. Also versuchen Sie es durch die Hintertür, indem Gymnasiallehrer über Gebühr belastet werden und indem den Gymnasien immer neue Lasten auferlegt werden. Es gibt keine Schullaufbahnempfehlungen mehr. Der 30-%-Erlass bewirkt, dass Anforderungen regelmäßig nach unten nivelliert werden. Mit Macht wird versucht, die Inklusion auch am Gymnasium durchzudrücken, und, und, und.

Der neueste Streich ist nun die Berufsorientierung. Selbstverständlich ist es schon seit Jahren eine Tatsache, dass viele Abiturienten, statt an die Uni zu gehen, es vorziehen, eine duale Berufsausbildung zu wählen. Vielleicht ist dieser Anteil sogar zu gering; da sind wir ja ganz bei Ihnen. Unser weltweit einzigartiges Erfolgsmodell „duale Berufsausbildung“ gehört gestärkt und unterstützt, aber doch nicht so! Seit Beginn des Schuljahres gilt ein neuer Erlass, gegen den der Philologenverband sowie die Direktorenvereinigung aufs Schärfste protestiert haben - vergeblich! Darin werden den Gymnasien umfangreiche Maßnahmen verbindlich vorgeschrieben, die zwangsläufig zulasten des Fachunterrichts gehen werden, der ohnehin von Ausfällen durch die nicht ausreichende Lehrerversorgung gekennzeichnet ist.

Als Beispiel sei hier die Potenzialanalyse genannt, die ich an dieser Stelle kurz skizzieren möchte; und das ist nur ein Teil der zahlreichen Maßnahmen, wobei ich sogar zu dieser Potenzialanalyse circa drei Viertel der Ausführungen aus Zeitgründen weglasse; also nur ein ganz kleiner Ausschnitt! Die Potenzialanalyse wird in der siebten oder achten Klasse durchgeführt, findet in der Regel außerhalb der schulischen Unterrichtsräume statt und umfasst mindestens zehn Zeitstunden für Übungen mit Schülern, die auf zwei Tage verteilt werden. In der Zeit können die Schüler den normalen Unterricht also nicht besuchen. Dabei ist ein Beobachter für höchstens vier Schüler zuständig. Wenn man ausrechnet, wie viele Lehrer man hier für zehn Zeitstunden - zwei volle Tage - abstellen muss, um mit nur einer einzigen Klasse mit 25 Schülern dieses Kompetenzfeststellungsverfahren durchzufüh

ren, kann man sich vorstellen, dass so viele Lehrerstunden nur mit Unterrichtsausfall an anderen Stellen zu erwirtschaften sind. An dieser Stelle muss man hinzufügen: Es geht um weiteren Unterrichtsausfall; denn bei der aktuellen Unterrichtsversorgung von 97 % an Gymnasien muss es bei einem durchschnittlichen Krankenstand von 15 % zwangsläufig dazu kommen.

Das Ende vom Lied wird sein bzw., wie wir vermuten, soll sein, dass das Gymnasium sturmreif geschossen wird, sodass es seinem eigentlichen Auftrag, nämlich der Herstellung der Studierfähigkeit der Abiturienten, kaum noch nachkommen kann.

(Wiard Siebels [SPD]: Die sind kurz vor der Schließung, glaube ich!)

Die Beschwerden vonseiten der Hochschulen häufen sich bereits.

Für meine Rede bleibt nur noch das Anreißen einer letzten Baustelle, der Digitalisierung. Hier gibt es gleich mehrere Fallgruben:

Erstens. Es ist unklar, wann die Mittel des Bundes fließen werden.

Zweitens. Es ist unklar, ob und wie die Eltern mobile Endgeräte anschaffen werden und welche Geräte das sein werden.

Drittens. Es ist unklar, wie die mobilen Endgeräte an den Schulen dann überhaupt eingesetzt werden.

Viertens. Es ist unklar, wie dieser Hardware-Zoo in den Schulen administriert werden soll.

Gerade zu Punkt 4 kündigte Herr Minister Tonne an, da werde sich ein großes Einsparpotenzial ergeben, da durch das Mitbringen eigener Geräte hierfür keinerlei Systemadministration mehr erforderlich sei. Ich wage hierzu einmal die Behauptung, dass sich das nicht bewahrheiten wird.

Im Gegenteil, hier werden auf die Schulträger Kosten im mittleren zweistelligen Millionenbereich pro Jahr allein für die Administration zukommen.

Insgesamt hat man den Eindruck, Herr Minister Tonne, dass Sie von allen Seiten sehr unter Druck stehen. Ihre Bildungspolitik ist von Widersprüchlichkeiten gekennzeichnet, die sich auch im Haushalt widerspiegeln. Sie beklagen den Erziehermangel, aber durch Ihre Förderung des Ausbaus von Krippen und Kindergärten vergrößern Sie den Erzieherbedarf. Sie beklagen die Verlagerung von Verantwortung aus dem Elternhaus in die Schule,

tragen aber mit dem Ausbau von Ganztagsschulen und der Ausweitung der frühkindlichen Fremdbetreuung selbst dazu bei. Sie beklagen den Lehrermangel und die Überforderung von Schulen, verstärken aber diese Tendenzen, indem Sie den Ganztag weiter ausbauen, die Berufsorientierung massiv ausweiten und an der totalen Inklusion festhalten. Sie kündigen die Erarbeitung einer Streichliste „Dokumentationspflichten“ an, obwohl Sie gerade erst per Erlass sowohl den Kitas als auch den Gymnasien umfangreiche Dokumentationspflichten auferlegt haben usw. usf.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Mit dieser widersprüchlichen Politik werden Sie die Probleme im Kultusbereich nicht in den Griff bekommen. Weitere Kostensteigerungen in den kommenden Jahren sind abzusehen, zufriedenstellende Abschlüsse der zahlreichen Baustellen leider nicht.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Das Wort hat nun Herr Kollege Fühner, CDU-Fraktion. Insgesamt hat die CDUFraktion noch sieben Minuten Redezeit.

(Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den mittelalterlichen Ansichten von Herrn Rykena möchte ich wieder auf die positiven Zahlen eingehen, auf deren Basis wir moderne Bildungspolitik im Lande Niedersachsen veranstalten.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP - Widerspruch bei der AfD)

Wenn wir uns den Haushalt anschauen, dann sehen wir, dass der Kultusetat insgesamt um über 500 Millionen Euro auf 6,7 Milliarden Euro ansteigen wird und damit nach wie vor der größte Etat des gesamten Landeshaushaltes ist. Er ist so hoch wie nie zuvor.

(Beifall bei der CDU)

Den stärksten Anstieg in diesem Haushalt erleben wir im Bereich der frühkindlichen Bildung, für den wir mehr als 1,2 Milliarden Euro und mittelfristig - wenn wir das hochrechnen - mehr als 1,5 Milliar

den Euro ausgeben werden. Noch nie hat das Land so viel Geld in die Zukunft unserer Kinder investiert und Familien damit entlastet.

(Beifall bei der CDU)

Aber auch die Ausgaben für die Schulen erhöhen wir sehr deutlich. Neben den Mittelerhöhungen zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung - Frau Wulf hat dazu ausgeführt - gibt es weitere 3,2 Millionen Euro für beratende pädagogische Unterstützung im Bereich der Inklusion. Es stehen zusätzlich Mittelerhöhungen in Höhe von 14 Millionen Euro für weitere pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an unseren Schulen bereit.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Einzelplan des Kultusministeriums weist auch mittelfristig eine enorme Entwicklung auf. Wir reden von über 7,4 Milliarden Euro im Jahr 2022. Die Regierungskoalition von CDU und SPD in Niedersachsen zeigt damit aus finanzpolitischer und aus bildungspolitischer Sicht, wie wichtig ihr die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen ist.

(Beifall bei der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, im Haushalt des Kultusministeriums haben wir für das nächste Jahr jedoch nicht nur Mittel eingestellt, die direkt mit Schulen oder dem frühkindlichen Bildungsbereich zu tun haben. So stärken wir zusammen - das möchte ich an dieser Stelle besonders hervorheben - mit den Stimmen von FDP und Grünen die Erinnerungskultur in Niedersachsen. Neben der im Wissenschafts- und Kulturbereich umgesetzten Förderung für das Grenzlandmuseum Eichsfeld stärken wir die Arbeit der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten mit zusätzlichen 750 000 Euro. Ich glaube, damit setzen wir ein deutliches Signal, dass wir die NS-Vergangenheit in Niedersachsen auch weiterhin zukünftigen Generationen als mahnendes Beispiel näherbringen wollen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

An diesen Orten bewahren wir die Erinnerung und Zeugnisse dieser Zeit und machen sie erfahrbar. Schön, dass wir diese Forderung fraktionsübergreifend mit allen Fraktionen hier im Landtag auf den Weg bringen.

In Zeiten zunehmender Polarisierung wird es immer wichtiger, auch die Umstände näher zu beleuchten, die die politischen Entwicklungen damals zugelassen haben. Deshalb ist es auch sehr erfreulich, dass in der Diskussion um die Errichtung

des Dokumentations- und Lernortes Bückeberg ein Kompromiss gefunden werden konnte, den alle Beteiligten mittragen. Auch das Land sollte seine finanzielle Unterstützung hierfür dringend zusagen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, leider ist Extremismus kein Kind der Vergangenheit mehr. Immer häufiger hören wir auch im Schulalltag extremistische Äußerungen. Ich glaube, es ist dringend erforderlich und wichtig, dass wir unsere Lehrer im Umgang mit diesen Situationen besser schulen. Deswegen ist es zwar nur ein kleines, aber wichtiges Signal, 50 000 Euro für die Umsetzung von Extremismusprävention an unseren Schulen vorzusehen. Dass die Gedenkstättenarbeit zusätzlich noch als außerschulischer Lernort auf die Liste kommen sollte, ist, glaube ich, auch wichtig. Inhaltlich müssen wir noch daran arbeiten, dass die Gedenkstättenarbeit in den Schulen Eingang findet. Ich glaube, dass wir dann auch wichtige Signale setzen können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herr Kollege Fühner, Herr Kollege Bothe hatte sich noch rechtzeitig zu einer Frage gemeldet. Lassen Sie diese zu?