Auf den Vorschlag der Grünen in NRW hat der Landtag gemeinsam mit allen Fraktionen die Einsetzung dieser Kommission beschlossen. - Auch wir werden diesbezüglich einen Antrag auf dem Weg bringen. - Sie soll in Bereichen, die vom Brexit betroffen sind - wie Wirtschaft, Verbraucherschutz, Wissenschaft, Kultur -, rechtliche Fragestellungen schnell bearbeiten und Lösungen entwickeln.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine der kompetentesten und engagiertesten Zwölfer-Fraktionen hier im Landtag steht der Landesregierung gern mit Rat und Tat zur Verfügung.
Es geht schließlich um Niedersachen, es geht um Europa. Kommen Sie auf uns zu, wir helfen Ihnen gerne! - Übrigens, Herr Althusmann, die Telefonnummer von Downing Street habe ich hier, falls Sie sie brauchen. Kümmern Sie sich bitte!
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Dragos Pancescu [GRÜNE] überreicht Minister Dr. Bernd Althus- mann einen Zettel - Heiterkeit und Beifall)
Vielen Dank. Ich hoffe, der Austausch ist nun erfolgt, sodass wir fortfahren können. - Nun hat das Wort für die CDU-Fraktion Herr Kollege Dr. Siemer. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bis gestern wusste ich nicht genau, wozu dieser Antrag zur Aktuellen Stunde dienen sollte. Die FDP müsste eigentlich aus der Arbeit des Ausschusses wissen, dass die Landesregierung einen Plan hat, dass wir von den Regierungsfraktionen Anträge eingereicht haben und dass wir an dem Thema Brexit ganz eng dran sind.
Als dann Jan-Christoph Oetjen als Sprecher nominiert wurde, wusste ich: Aha, es hat mit der Europaliste der FDP zu tun, dass er hier spricht. - Ich hätte gerne ein persönliches Empfehlungsschreiben für ihn gegeben, dann hätte es dieser Aktuellen Stunde nicht bedurft.
(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Das hätte aber eher ge- schadet als genutzt! - Anja Piel [GRÜNE]: Der braucht keine Empfeh- lungsschreiben!)
Der Sprecher der FDP hat gemeint, hier sei nicht viel passiert. Kollege Pantazis von der SPD hingegen hat sehr deutlich aufgezeigt, was die Landesregierung alles unternommen hat. Ich nenne unsere Europaministerin Birgit Honé, die die Vorsitzende der Europaministerkonferenz war, die den Arbeitskreis Brexit überhaupt erst initiiert hat und laufend Gespräche in Brüssel führt. Ich nenne auch unseren Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, der dafür sorgt, dass die niedersächsischen Seehäfen auch bei einem harten Brexit mit der Situation zurechtkommen. Auch unsere Landwirtschafts- und Ernährungsministerin Barbara OtteKinast ist in Brüssel unterwegs. Insofern setzen wir uns voll ein.
Bevor die Frage des Kollegen Bode kommt, möchte ich aber sagen, dass ich die Rede der Grünen nun gar nicht verstanden habe. Wir sind noch nicht beim 11. November! Das hatte schon etwas von Karneval, denn inhaltlich wurde auf die Aktivitäten der Landesregierung gar nicht eingegangen. Und was die Verhandlungen mit Brüssel angeht, müsste jedem im Europaausschuss klar sein, dass Großbritannien mit der EU verhandelt und mit niemandem sonst. Das sind die primären Ansprechpartner. Für Niedersachsen ist aus Gesprächen in London nichts zu holen.
Damit wir uns noch über einige Fakten klar werden - insofern bin ich der FDP trotzdem dankbar, dass sie den Antrag zur Aktuellen Stunde gestellt hat -: In der Tat ist Großbritannien der drittwichtigste Handelspartner Niedersachsens. Das Handelsvolumen zwischen Niedersachsen und Großbritannien beträgt 10 Milliarden Euro. Wir exportieren Waren im Wert von etwa 6,5 Milliarden und importieren Waren im Wert von 3,5 Milliarden. Das heißt: Mehrere 10 000 Arbeitsplätze in Niedersachsen hängen von der guten Zusammenarbeit mit Großbritannien ab.
Wir haben im Ausschuss auf Antrag der Regierungsfraktionen - nicht auf Antrag der FDP, nicht auf Antrag der Grünen - eine Anhörung zu diesem Thema veranstaltet, die neuralgischen Punkte identifiziert und Anträge eingereicht. - Vielleicht könnte der Kollege Pancescu von den Grünen ja noch einmal nachreichen, welche Anträge seine Fraktion dazu gestellt hat.
Wir sind also eng an den Themen dran. Weitere Anträge werden entwickelt, auch für das nächste Plenum. Wir haben im Blick, welche Auswirkungen der Austritt von Großbritannien als Nettozahler - Großbritannien trägt netto 10 Milliarden Euro zum EU-Haushalt bei - auf Niedersachsen hat. Die genannten Ministerinnen und Minister, Frau OtteKinast, Herr Althusmann, Frau Honé und andere, sind in Brüssel tätig, damit sich die womöglich negativen Auswirkungen für Niedersachsen in Grenzen halten.
Herr Kollege Dr. Siemer, Sie hatten signalisiert, dass Sie die Frage des Kollegen Bode zulassen wollten.
Sie haben berichtet, dass Herr Wirtschaftsminister Althusmann im Zusammenhang mit den Seehäfen besondere Aktivitäten zur Vorbereitung des Brexit
initiiert hat. Das überrascht mich ein bisschen. Weil: Mein Kollege Kortlang und ich haben eine schriftliche Anfrage an die Landesregierung gestellt, in der wir hinsichtlich der unterschiedlichen Szenarien „harter Brexit, weicher Brexit oder Übergangsregelung“ gefragt haben, was bei den Landeseinrichtungen in Sachen Personal, Infrastruktur und Bau zu tun ist und wann man damit beginnen müsste, damit man rechtzeitig fertig ist. Hinsichtlich der Seehäfen wurde geantwortet, dass man dazu noch nichts sagen kann und dass man abwarten muss, wie sich das Ganze entwickelt.
Jetzt stellt sich mir natürlich die Frage: Wissen Sie mehr über die Aktivitäten von Minister Althusmann, als die Landesregierung bei ihrer Antwort wusste?
Es geht um die Frage: Gibt es einen harten Brexit - welche Auswirkungen hätte es, wenn plötzlich Zölle eingeführt würden, und welche personellen Vorkehrungen müssten dann getroffen werden? -, oder gibt es einen weichen Brexit? Wenn die Landesregierung jetzt schon Leute einstellen würde - was sich in den Personalkosten niederschlagen würde -, und es dann nicht zu einem harten Brexit kommt - wofür wir wohl alle sind -, dann sehe ich schon die nächste Anfrage der FDP vor mir, die lautet: Wie konntet ihr das schon machen?
Inhaltlich sind wir auf die verschiedenen Varianten des Brexit für die Seehäfen vorbereitet. Das macht das Wirtschaftsministerium. Die werden dann so umgesetzt, wie es für die Notfallpläne notwendig ist.
- Wir müssen doch erst einmal wissen, wie der Brexit abläuft. Darüber wird doch jetzt ständig verhandelt. 5 % der Verhandlungspunkte sind ja noch offen.
(Jörg Bode [FDP]: Aber wie genau? - Dragos Pancescu [GRÜNE]: Deswe- gen muss Herr Weil nach London fah- ren!)
Ich habe versucht, deutlich zu machen, dass Großbritannien für uns ein wichtiger Partner ist, nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch in historischer Hinsicht.
Die FDP hätte ja einen Vorschlag machen können - damit knüpfe ich an Herrn Pancescu an -, wie wir den Austritt Großbritanniens noch verhindern können - nämlich indem wir die erfolgreiche Personalunion zwischen Hannover und Großbritannien wiederbeleben! Dann bliebe Großbritannien Partner in der EU. Und wer dann die Position besetzt, um beide Länder zu regieren, dafür hätte die CDU auch schon einen Personalvorschlag.
(Beifall bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Schlagen Sie Stephan Weil als britischen König vor? Das ist ja mal ein Vorschlag! - Heiterkeit)
Vielen Dank, Herr Kollege Siemer. - Wir fahren jetzt in der Debatte fort. Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Henze das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir reden jetzt darüber, dass Niedersachsen einen Notfallplan für einen harten Brexit benötigt. Die AfD hat bereits im Mai 2017 gefordert, dass die Brexit-Verhandlungsführung als oberste Priorität die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Volkswirtschaften und die Wohlfahrt ihrer Bürger im Blick haben muss. Eine harte Abtrennung Großbritanniens von seinen gewachsenen Wirtschaftsbeziehungen zu Europa liege dabei in niemandes Interesse. Besonders die deutsche Wirtschaft müsse bei einem harten Brexit mit erheblichen Einbußen rechnen. - Genauso scheint es jetzt zu kommen.
Um das zu verhindern, hätte eine umfangreiche Freihandelsregelung mit Großbritannien getroffen werden müssen. Bereits unmittelbar nach dem Brexit-Referendum haben wir als AfD gefordert, den EWR-Vertrag für Großbritannien zu öffnen und es wie die EFTA-Staaten Island, Norwegen und die Schweiz im europäischen Wirtschaftsraum zu hal
ten. Übrigens: Fast ein Jahr später empfahl auch der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums diese Variante.
Die Politik wäre gut beraten gewesen, diesen Expertenrat - Sie müssen ja nicht auf die AfD hören - zu beherzigen. Der freie Handel und damit der Wohlstand der Menschen in Europa wurde aber leider zur Geisel gescheiterter EU-Ideologen, bei denen Bestrafung und Abschreckung anderer gegenüber Brüssel ungehorsamer Mitgliedstaaten massiv im Vordergrund stehen, nicht aber die Interessen der Bevölkerung.
Nun also ein Notfallplan, wo doch eigentlich grundsätzlich eine neue Vorstellung von Europa nach dem Prinzip „Staatenbund statt Bundesstaat“ notwendig wäre. Europa, meine Damen und Herren, hat nur eine Zukunft als Einheit in der Vielfalt, als Staatenbund mit gleichberechtigten Mitgliedern, die untereinander einen freien Handel organisieren, ohne Haftungsübernahmen und ohne Drohkulissen. Europa muss sich wieder auf die Grundprinzipien der Subsidiarität und der demokratischen Rechte nationaler Parlamente besinnen. Darum müssen der EU-Kommission im ersten Schritt die legislativen Hoheitsrechte entzogen werden.
Die gewählten nationalen Parlamente brauchen ein klares Vetorecht gegenüber Brüsseler Vorgaben. Mitgliedstaaten müssen im Zweifel von EUVorgaben abweichen dürfen. Und ganz klar: Den nationalen, demokratisch gewählten Parlamenten gehört die Hoheit über die EU-Institutionen und nicht umgekehrt.
Zurück zum niedersächsischen Notfallplan. Unsere niedersächsischen Häfen sind sehr stark auf den Seehandel mit Großbritannien ausgerichtet und werden sicherlich Ladungsmengenverluste hinnehmen müssen. Das ist so. Die administrativen Abläufe in den Häfen müssen massiv geändert werden, wenn man vom freien Handel wieder zur Verzollung zurückkehrt.
Eines sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Bekommen wir dies nicht in den Griff, werden diese Warenströme zukünftig über Häfen abgewickelt, die nicht in unserem Niedersachsen liegen. Wie soll dies gerade bei den Fahrzeugexporten nach Großbritannien geregelt werden, die zum Großteil über niedersächsische Häfen laufen? Was passiert mit unserer Fischerei, deren Fanggründe zum
großen Teil in der Wirtschaftszone Großbritanniens liegen? Wird es auch mithilfe anderer EU-Staaten hier Ausgleichsgebiete geben? - Fragen über Fragen, um nur einige unmittelbare Auswirkungen für Niedersachsen zu nennen. Wir sind daher gespannt, was im Notfallplan Niedersachsens enthalten ist.
Jetzt gehe ich noch kurz auf meinen Vorredner, Herrn Oetjen, ein. Herr Oetjen, Sie haben gesagt, das Vorgaukeln von falschen Tatsachen habe dazu geführt, dass Großbritannien im Wahlkampf gewählt hat, wie es gewählt hat.