Protocol of the Session on September 13, 2018

(Heiterkeit)

Hinreichend.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wichmann hat in seinen Ausführungen gerade dargelegt, dass er sich durch mich beleidigt fühlte, weil ich ihm zu Unrecht vorgeworfen hätte, er würde das Grundgesetz nicht kennen

und nicht einhalten. - Diesen Vorhalt möchte ich deutlich zurückweisen.

Zum einen, Herr Wichmann, ist bemerkenswert, dass Sie sagen: Nur Artikel 1 und Artikel 19, alles andere ist disponibel.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Meinungs- freiheit! - Zurufe von der AfD: Artikel 1 und Artikel 20!)

- Artikel 1 und Artikel 20, pardon, da haben Sie recht.

Ich kenne eine andere Rechtsprechung, die sagt, der Kerngehalt aller Grundrechte ist nicht disponibel. - Das scheint für Sie also nicht unantastbar zu sein.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Hel- ge Limburg [GRÜNE]: Richtig! - Klaus Wichmann [AfD]: Das ist Debatte!)

Im Übrigen bleibe ich bei dem Vorhalt: Das, was Sie in diesem Schriftsatz geschrieben haben - was Ihre Fraktionsvorsitzende für Ihre Fraktion und nicht für Sie persönlich geschrieben hat -, nämlich dass Sie den Volkswillen über alles stellen - das sind übrigens Terminologien, die wir aus den 30erJahren kennen - - -

Auch Sie, Herr Birkner, verlassen jetzt den § 76. Sie kommen bitte zum Schluss!

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.

Das kennen wir alles, und das bestätigt mich sozusagen. Ich weise das, wie ich eingangs gesagt habe, zurück.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Ebenfalls nach § 76 unserer Geschäftsordnung hat nun Herr Kollege Nacke das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zu einer persönlichen Erklärung gemeldet, weil der Kollege Wichmann hier gerade ausgeführt hat, dass er sich durch meinen Vorhalt,

dass sich die AfD nicht inhaltlich positionieren würde, dass sie lediglich Probleme beschreiben, aber keine Lösungen präsentieren würde, persönlich beleidigt fühlt. - Damit hatte ich so nicht gerechnet. Ich habe hier ja schon ganz andere Sachen gesagt.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Aber ich will gerne einräumen, dass es natürlich mein Anspruch ist, nie jemanden persönlich zu beleidigen. Deswegen will ich ausdrücklich sagen: Wenn das so bei Ihnen angekommen ist, bitte ich dafür um Nachsicht.

Ich will allerdings anmerken, dass mir das ein bisschen so vorkommt wie bei einem Dreijährigen, der mit den Füßen aufstampft und sagt: Ich will das nicht! - Belegen Sie doch einmal durch die Darstellung von Positionen, dass ich Unrecht habe, und kommen Sie nicht mit solchen Opferinszenierungen nach dem Motto: Ach, wir werden hier von allen misshandelt. - Das stimmt einfach nicht, und je öfter Sie das hier wiederholen, umso weniger wird es am Ende irgendwo verfangen, weder bei Journalisten noch bei Zuhörern und in diesem Parlament schon gar nicht.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Nacke. Sie haben mit Ihren Ausführungen eine weitere Wortmeldung nach § 76 unserer Geschäftsordnung von Herrn Wichmann ausgelöst. - Bitte, Herr Wichmann, Sie haben das Wort! Ihre Zurückweisung kann sich jetzt aber nur auf die Ausführungen von Herrn Nacke beziehen.

So ist das beabsichtigt. Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Nacke. Ich fühle mich in der Tat von Ihnen beleidigt, und das jetzt noch mehr als zuvor.

(Zurufe: Oh!)

Sie haben die Beleidigung zurückgenommen und dann gesagt, ich erinnere Sie an einen Dreijährigen, der trotzig auftritt.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Jens Nacke [CDU]: Ja, allerdings! - Wiard Siebels [SPD]: Das ist keine Beleidigung, sondern eine Feststel- lung! - Glocke der Präsidentin)

Entschuldigung, Herr Nacke! Die geistige Reife eines dreijährigen Kindes dürfte Ihnen als Vater bekannt sein. Wenn Sie mir das unterstellen, ist es in der Tat eine Beleidigung.

(Zurufe: Oh! - Miriam Staudte [GRÜ- NE]: Das war eine Tatsachenbe- schreibung! - Ulrich Watermann [SPD]: Wenn man sich so verhält, muss man damit rechnen!)

Einen Moment, bitte! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bringen diese Debatte hier ordnungsgemäß zu Ende. Herr Wichmann hat das zurückgewiesen. Das ist sein gutes Recht.

Damit ist die Debatte zu Punkt a der Aktuellen Stunde - mit persönlichen Erklärungen - beendet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich rufe auf

b) Wehrhafte Demokratie in einer wachsamen Gesellschaft stärken - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 18/1577

Das Wort hat Frau Fraktionsvorsitzende Modder. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorfälle der letzten Woche machen deutlich, wie wichtig es ist, dass die Zivilgesellschaft, dass aber auch wir als Abgeordnete des Niedersächsischen Landtages Haltung zeigen und uns den Feinden unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung entschieden entgegenstellen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Eigentlich, meine Damen und Herren, ist es eine Selbstverständlichkeit, sich zu den Grundsätzen unserer Demokratie und unserer Rechtsstaatlichkeit zu bekennen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Aber in den letzten Wochen ist sehr deutlich geworden, dass wir, die große Mehrheit in unserem Land, nicht länger schweigen dürfen, dass wir aktiv für unsere Demokratie einstehen und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken müssen.

Ich will an dieser Stelle den Artikel 1 unserer Verfassung in Erinnerung rufen, den die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes sehr bewusst aus unserer Geschichte heraus zuerst genannt haben: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

Meine Damen und Herren, Gewalt, die Aufforderung zu Gewalt, Ausländerfeindlichkeit, Hitlergrüße, Nazisymbole, Angriffe auf jüdische Einrichtungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens und anderer Herkunft oder auch der Versuch, Hass auf unseren Straßen zu verbreiten, nehmen wir nicht hin. Das hat in unserem Land keinen Platz!

(Beifall)

Was mich sehr berührt, sind die spontanen Gegenreaktionen auf diese furchtbaren Ereignisse. Sie zeigen: Die Mehrheit in unserem Land ist für ein weltoffenes, friedvolles Miteinander. Nehmen Sie das „Wir sind mehr“-Konzert in Chemnitz mit 65 000 Menschen, um ein deutliches Zeichen gegen rechts zu setzen, oder die Demonstration in Hannover, als innerhalb weniger Stunden über 3 000 Menschen dem Aufruf „Bunt statt braun“ folgten! Oder nehmen Sie auch die Menschenkette in Dangast, wo mehr als 2 000 Menschen zusammenkamen! Das sind ermutigende Zeichen für eine wehrhafte Demokratie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Aber ich will hier auch ansprechen: Wovor wir nicht die Augen verschließen dürfen, ist die große Verunsicherung in Teilen unserer Bevölkerung. Mit dieser Verunsicherung wächst leider auch die Spaltung in unserer Gesellschaft. In einer streitbaren und wehrhaften Demokratie muss es möglich sein, auch die Problemlagen und die Sorgen der Menschen anzusprechen - Sorgen, weil man Zukunftsängste hat, weil man sich vor zu viel Zuwanderung fürchtet oder weil man sich nicht mehr verstanden fühlt, weil man sich in einer anderen Lebenswirklichkeit wiederfinden.

Meine Damen und Herren, wir müssen diese Verunsicherung ernst nehmen. Wir müssen Diskussionen führen, dabei auch Meinungsverschiedenhei

ten zulassen und Auseinandersetzungen suchen. Die eigentliche Frage, die wir zu beantworten haben, lautet: Was hält diese Gesellschaft zusammen, was verbindet uns, und wie wollen wir in Zukunft leben?

Wir dürfen mit Stolz auf eine aktive Zivilgesellschaft schauen, auf Menschen, die sich tagtäglich für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft einsetzen, und das ehrenamtlich. Dies gilt es zu stärken. Viele Menschen in unserem Land engagieren sich in Bündnissen für Demokratie und Toleranz. Schulen stehen auf und vernetzen sich im Bündnis „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“. Besuchen Sie mal eine solche Schule, und Sie werden staunen, was diese jungen Leute auf die Beine stellen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)