Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass im Zuge solcher Debatten auch immer wieder laut wird, die Allgemeinbildung im Zuge von Ausbildungen vielleicht zurückzufahren, ob die Landesregierung plant, im Zuge der Überarbeitung der curricularen Vorgaben solchen Rufen nach Kürzung der Allgemeinbildung Rechnung zu tragen.
Damit beenden wir die Behandlung dieser Dringlichen Anfrage der Fraktion der FDP und kommen zu dem Punkt
c) Instrumentalisiert die Landesregierung den Verfassungsschutz zur Bekämpfung von politischen Gegnern? - Anfrage der Fraktion der AfD - Drs. 18/1581
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Montag, dem 3. September 2018, verkündete der niedersächsische Innenminister Pistorius, dass die Junge Alternative Niedersachsen (JA), die Jugendorganisation der AfD, nun vom Niedersächsischen Verfassungsschutz überwacht werde. Begründet wird dies u. a. damit, dass die JA ein Weltbild vertrete, in dem Minderheiten wie Einwanderer, Asylbewerber, Muslime, politische Gegner oder Homosexuelle pauschal abgewertet und diffamiert würden - so die Pressemitteilung des MI vom 3. September 2018. Dabei wurden auf der entsprechenden Pressekonferenz Dinge benannt, die Einzelpersonen und nicht der Gesamtorganisation zugeordnet werden können.
Aufgrund der Folgen, die eine Beobachtung für den Einzelnen hat, wirft die AfD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag die Frage nach der Verhältnismäßigkeit einer flächendeckenden Beobachtung der niedersächsischen JA auf. In diesem Zusammenhang sei an die Erwähnung der Wochenzeitung Junge Freiheit im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen erinnert, welche schließlich vom Bundesverfassungsgericht als unzulässiger Eingriff in die Pressefreiheit gewertet wurde.
Der hessische Innenminister Beuth hat in der FAZ vom 4. September 2018 darauf hingewiesen, dass Verfassungsschutzämter nicht zum politischen Kampf missbraucht werden dürfen.
Die AfD möchte mit ihrer Anfrage aufgeklärt wissen, ob es eine parteipolitische Motivation für die Beobachtung der JA in Niedersachsen gibt. Diese Frage stellt sich vor dem Hintergrund, dass der Verfassungsschutz keine eigenständige Behörde darstellt, sondern eine Abteilung innerhalb des Innenministeriums ist. Dieser kann ohne jedweden Richtervorbehalt auf Anordnung des Innenministers nachrichtendienstlich tätig werden.
1. Inwiefern rechtfertigen die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über die Meinungsäußerung von Einzelpersonen Rückschlüsse auf eine Verfassungsfeindlichkeit der Gesamtorganisation?
2. Wie trägt die Landesregierung dafür Sorge, dass das Instrument der Verfassungsschutzbeobachtung nicht im Sinne von Parteiinteressen missbräuchlich verwendet werden kann?
3. In welchem Umfang werden auch über andere Jugendorganisationen von Parteien nachrichtendienstliche Erkenntnisse erhoben?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Dringliche Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Nach der einschlägigen Rechtsprechung ergibt sich die Einschätzung, ob ein Personenzusammenschluss oder eine Einzelperson extremistische Bestrebungen verfolgt, aus einer Gesamtbetrachtung von Äußerungen und Aktivitäten, d. h. von Worten, Schriften, Taten und Aktionen sowie durch den Kontakt mit anderen extremistischen Organisationen.
Zur planmäßigen Beobachtung und Aufklärung gehört aber auch die Berücksichtigung derjenigen Informationen, die gegen eine Bestimmung als Beobachtungsobjekt sprechen können. Für die Bewertung eines Beobachtungsobjekts ist somit dessen gesamtes Auftreten in der Öffentlichkeit, insbesondere deren programmatische Aussagen und Einstellungen zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, maßgeblich.
Ferner können nicht nur Äußerungen des betroffenen Landesverbandes verwertet werden, sondern auch solche anderer Landesverbände und der Organisation auf der Bundesebene, weil der jeweilige Landesverband lediglich Teil der organisatorischen Gliederung der Bundesorganisation ist, die eine Differenzierung nicht zulässt.
Darüber hinaus gilt: Auch wenn jeder Anhaltspunkt für sich genommen nicht genügt, so reicht es aus, dass die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte den Verdacht von Bestrebungen rechtfertigt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind.
Maßgeblich für die in der Frage genannten Rückschlüsse ist somit die Bewertung, ob eine Aussage einer Einzelperson der Organisation zuzurechnen ist, sei es, weil diese sich als Funktionsträger äu
Die Junge Alternative Niedersachsen ist ein eigenständiger, dem Bundesverband der Jungen Alternative für Deutschland untergeordneter Verein. Die offene Bewertung der Jungen Alternative Niedersachsen durch die niedersächsische Verfassungsschutzbehörde erfolgt bis zur Bestimmung als Beobachtungsobjekt nach § 6 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes über die diversen Internetseiten des Landes und der Bezirksverbände sowie über die Internetpräsenz der einzelnen Funktionsträger und Mitglieder in den sozialen Netzwerken.
Diese zahlreichen Selbstdarstellungen liefern eindeutige Belege für eine antidemokratische, antipluralistische sowie islam-, einwanderungs- und asylfeindliche Zielsetzung der Organisation, meine Damen und Herren.
Die Junge Alternative Niedersachsen vertritt ein Weltbild, in dem Minderheiten wie Einwanderer, Asylbewerber, Muslime oder politische Gegner pauschal abgewertet und diffamiert werden.
Es gibt ideologische und personelle Überschneidungen mit der Identitären Bewegung Niedersachsen, die in Niedersachsen - das werden Sie wissen - bereits seit 2014 vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Nicht zuletzt dadurch wird eine strukturelle Nähe zum organisierten Rechtsextremismus erkennbar. Insgesamt offenbart die Junge Alternative Niedersachsen eine repressive, autoritäre und antipluralistische Zielsetzung, die sich unmissverständlich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet. So will sich die Junge Alternative Niedersachsen nicht am demokratischen Diskurs beteiligen, sondern will nach eigenem Bekunden „die BRD jagen“, wie der Bezirksverband Hannover auf der Facebook-Seite schreibt.
Die Junge Alternative Braunschweig sieht sich gar als „die letzte Generation …, welche mit dem linksgrün versifften Zeitgeist aufräumen“ müsse. Es sei „nun allerhöchste Zeit, den Mut wieder zu erlangen, sich zu wehren, zu rebellieren und uns unsere Identität zurückzuholen“.
Auf der Facebook-Seite des Landesverbands werden Einwanderer und Asylbewerber durchweg mit den Attributen „kriminell“, „rückständig“ und „unehr
Insbesondere in den sozialen Netzwerken werden derartige Inhalte geteilt oder selbst erstellt und provozieren dort menschenfeindliche Nutzerkommentare von teils erheblicher strafrechtlicher Relevanz.
In einem Eintrag auf der Facebook-Seite der Jungen Alternative Niedersachsen heißt es beispielsweise:
„Man muss festhalten, dass in einigen schwarzafrikanischen Ländern auch der tatsächlich menschenfressende Kannibalismus praktiziert wird. Es ist zu befürchten, dass er im Zuge der Masseneinwanderung auch in Europa Einzug gehalten hat.“
Auch zeigt sich in Teilen ein vordemokratisches und geschichtsrevisionistisches Geschichtsverständnis. Nach Ansicht der Jungen Alternative Niedersachsen treten „neben den ominösen zwölf Jahren deutscher Geschichte Hunderte Jahre weiterer deutscher Geschichte vollkommen in den Schatten“.
Der ehemalige Reichskanzler Otto von Bismarck wird zum Idol erhoben. Er sei „eine der wichtigsten Figuren und Vorbilder eines jeden stolzen Deutschen“.
Die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg wird von der Jungen Alternative Niedersachsen mit „purem angloamerikanischen Hass auf Deutschland“ begründet. So führe der „Hass auf alle Deutschen, der in weiten Teilen der westlichen Welt verbreitet ist“, dazu, dass Deutschland gegenwärtig durch die Flüchtlingskrise und die Europäische Union „ausgebeutet“ werde.
Meine Damen und Herren, der niedersächsische Landesverband steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Auch die Junge Alternative Bremen wird seit letzter Woche als Beobachtungsobjekt der dort zuständigen Verfassungsschutzbehörde geführt.
Im Bundesprogramm der Jungen Alternative, dem sogenannten Deutschlandplan, der erst kürzlich von der Gesamtorganisation beschlossen und mit dem Singen aller drei Strophen des Deutschlandliedes begleitet wurde,
findet sich u. a. die Forderung nach einer „Festung Europa mit hochsicheren Außengrenzen“, den „Sturm auf Europa mit Mauern, dem zügigen Rücktransport der Illegalen und dem Mut, Nein zu sagen, aufzuhalten“.
Die Nachwuchskräfte der AfD fordern darüber hinaus die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl bzw. dessen Umwandlung in ein sogenanntes Gnadenrecht, welches dann vor keinem Gericht eingeklagt werden darf.
Außerdem will die Junge Alternative Ausgangssperren für Flüchtlinge und Asylbewerber einrichten und diese Menschen gegebenenfalls abschieben, falls sie dagegen verstoßen.