Protocol of the Session on September 12, 2018

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Schlussabstimmung. Das geschieht durch das Erheben von den Plätzen.

Wer zustimmen möchte, den bitte ich, sich jetzt zu erheben! - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann darf ich feststellen: Das ist einstimmig so beschlossen. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 7: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag zwischen der Freien Hansestadt Bremen und dem Land Niedersachsen im Bereich der beiden EU-Fonds Europäischer Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) sowie nationaler Fördermaßnahmen - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 18/1422 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - Drs. 18/1547 - Schriftlicher Bericht - Drs. 18/1592

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.

Im Ältestenrat waren sich die Fraktionen einig, dass dieser Gesetzentwurf ohne allgemeine Aussprache verabschiedet werden soll. Ich höre auch jetzt keinen Widerspruch dagegen.

Wir kommen also gleich zur Einzelberatung. Ich rufe auf:

Artikel 1, einschließlich des Staatsvertrages. - Unverändert.

Artikel 2. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer zustimmen möchte, den bitte ich darum, sich zu erheben! - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe den, wie ich denke, letzten Punkt vor der Mittagspause auf

Tagesordnungspunkt 8: Erste Beratung: Entwurf eines Reformgesetzes zur Vergabe öffentlicher Aufträge in Niedersachsen - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 18/1524

Zur Einbringung hat sich der Kollege Bode gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der letzten Legislaturperiode hat die damalige Landesregierung das Vergaberecht für öffentliche Aufträge sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene grundlegend verändert. Seit dieser Veränderung im Jahr 2014 erleben wir, dass gerade Handwerksbetriebe und kleine mittelständische Unternehmen sagen, dass sie aufgrund der bürokratischen Anforderungen bei den Bewerbungen um öffentliche Aufträge schlicht und ergreifend überfordert sind und sich das für sie gar nicht mehr lohnen würde. Deshalb hören sie auf, Angebote abzugeben.

Diese Entwicklung war nicht überraschend, sie war zu erwarten. Der Landtag hat im Jahr 2013 zu der damaligen strukturellen Veränderung eine umfassende Anhörung gemacht. Ich darf einige Aussagen daraus in Erinnerung rufen. Praktiker haben damals gesagt: Der Gesetzentwurf benachteiligt kleine und mittlere Unternehmen, insbesondere aus der Region. - Ein anderer erklärte: Kleinere und mittlere Unternehmen haben den Verzicht von Angebotsabgaben bei diesem niedrigen Schwellenwert unmissverständlich signalisiert. - Und ein weiteres Zitat: Kleine und mittlere Unternehmen geraten durch höhere Zugangshürden ins Hintertreffen, werden sogar ausgeschlossen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Befürchtungen gingen damals in der Anhörung sogar noch weiter. Ein weiterer Angehörter sagte:

„Das Gesetz fördert durch die Komplexität der Vergaberegeln Korruption.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist in der letzten Legislaturperiode nicht nur so gekommen, wie es die Praktiker bezüglich der Bürokratie gesagt haben. Es ist auch so gekommen, wie es befürchtet worden war, dass Aufträge nicht mehr im freien und fairen Wettbewerb vergeben, sondern an begünstigte Unternehmen verteilt worden sind.

Der Landtag musste daher einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen, der sich mit der Auftragsvergabe der Landesregierung intensiv auseinandergesetzt hat. Dabei konnte man in den Akten nachvollziehen und sah man, dass es diese besondere Einflussnahme natürlich gegeben hat, wenn Vergaberegeln, die man als Landesregierung selber aufgestellt hat, nicht beachtet werden sollten, weil besondere Unternehmen Aufträge bekommen sollten. Weiter sah man, dass am Ende von allen Bietern, die man angefragt hatte, nur noch ein Bieter übrigblieb, weil man alle anderen aus scheinheiligen Gründen ausgeschlossen hat. Am Ende konnte man in den Akten sehen, dass man einen Lieblingsbieter hatte, diesen fragte, wen man sonst noch anfragen sollte, damit das Angebot vernünftig komme, und man sah sogar, dass ein SPD-naher Unternehmer selber Auftragsunterlagen mit der Idee für eine Auftragsvergabe einreichte, die dann so erfolgte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Missbrauch kann man als Gesetzgeber nie ausschließen. Deshalb müssen wir bei den rechtlichen Regelungen unser Augenmerk auch auf die anderen Punkte legen, die der Ausschuss ebenfalls gesehen hat und die ebenfalls den Akten zu entnehmen waren. Das Landesvergabegesetz mit seiner Komplexität auf der einen Seite und die Wirkung der Landeshaushaltsordnung mit ihren eigenen Regeln auf der anderen Seite führten nämlich dazu, dass Mitarbeiter sogar dann, wenn sie wirklich gutwillig Aufträge vergeben wollten, aufgrund dieser Vorgaben schlicht und ergreifend überfordert waren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt Schriftverkehr, dem man entnehmen konnte, dass der Mitarbeiter auf einmal Angst bekommen hatte, weil er gebeten wurde, eine Auftragsvergabe durchzuführen - nach dem Motto: „Warum hat es diesmal mich getroffen?“

Das kann schlicht und ergreifend nicht die Situation hier sein! Wir brauchen einen fairen Wettbewerb, der handhabbar ist. Deshalb wollen wir alle Regelungen zur Auftragsvergabe an einer Stelle zusammenfassen, damit jeder Mitarbeiter genau weiß, wann er Aufträge vergeben kann. Wir wollen auch eine Entwicklung beenden, die man nach dem Vergabeskandal der letzten Landesregierung gesehen hat, dass nämlich Angst herrscht, Aufträge einfach und unbürokratisch zu vergeben, was dazu führte, dass Landeseinrichtungen jetzt jede Kugelschreiberbeschaffung ausschreiben und die Stifte nicht einfach einkaufen, weil sie Sorge haben, einen Fehler zu machen. Damit werden hohe unnötige Kosten und viel unnötige Bürokratie ausgelöst, anstatt dass man einfach mal Büromaterial einkauft. Auch damit soll man aufhören.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb sehen wir in § 8 unseres Gesetzentwurfs eine klare Kaskade vor, wie man vorgeht: Bis 1 000 Euro direkt einkaufen. Daran anschließend findet man die Möglichkeit zur freihändigen Vergabe auch bei - im Vergleich zu der bisherigen Regelung - hohen Auftragsvolumina vor, die sich allerdings an den Auftragsgrenzen für Vergaben orientieren, die anlässlich der Flüchtlingskrise und der Finanzmarktkrise eingeführt worden sind. Was in Zeiten der Flüchtlings- und Finanzkrisen richtig sein kann - alle, auch SPD und CDU, sagten, dass es möglich sein muss, Aufträge schnell auch an die heimische Wirtschaft zu vergeben -, kann ja wohl heute, wenn es um Aufträge z. B. für den Sportstättenbau geht, nicht falsch sein. Sprich: Wir sollten uns an diesen Erfahrungen orientieren!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen einen weiteren Schritt machen und nicht nur Bürokratieabbau betreiben, wie es auch Minister Althusmann immer wieder formuliert, der aber bezüglich des Landesvergabegesetzes darum streitet, ob die neue Grenze für Ausschreibungen von Aufträgen bei 20 000 oder 25 000 Euro liegt - das ist sicherlich sehr, sehr kurz gesprungen -, sondern wir wollen auch einen Rechtsschutz einführen. Heute ist es so, dass ein Bieter unterhalb der Grenzen des GWB bei Bauleistungen - also bei 5,5 Millionen Euro - nicht einmal mehr Rechtsschutz hat. Er kann nicht einmal überprüfen lassen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist oder ob es formale Fehler gegeben hat. Hier wollen wir mit der Vergabekammer einen unterschwelligen Rechtsschutz einführen, damit der unterlegene Bieter schlicht und ergreifend sagen kann: Guckt euch mal an, ob alles richtig war. Ich habe

das Gefühl, hierbei könnte etwas schiefgelaufen sein. - Das ist ein Unikat. Auch Sachsen-Anhalt hat versucht, diesen Weg zu beschreiten, indem man den Rechtsschutz nicht bei Gericht, aber mit einer einfachen Überprüfung durch die Vergabekammer einführt.

(Zustimmung bei der FDP)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen Sie sich den Gesetzentwurf bitte genau an. Lassen Sie uns eine Anhörung mit den Fachleuten durchführen, damit wir diese Punkte - Bürokratieabbau, Handhabbarkeit des Gesetzes, Rechtssicherheit und am Ende auch Rechtsschutz für unterlegene Bieter - auf den Weg bringen!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Für die SPDFraktion spricht nun der Kollege Frank Henning. Bitte schön!

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wenn ich das gewusst hätte! - Christian Grascha [FDP]: Wir ziehen unseren Antrag zurück!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion lässt heute mal wieder die Katze aus dem Sack.

(Lachen bei der FDP)

Interessant, Herr Bode, ist nämlich, worüber Sie nicht gesprochen haben. Sie haben sehr viel über Bürokratie gesprochen. Aber worüber Sie nicht gesprochen haben, ist der Punkt, auf den ich gleich eingehen werde. Sie versuchen, die bestehenden Vergaberegelungen zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier in Niedersachsen unter dem Deckmantel eines scheinbaren Bürokratieabbaus zu verändern und vor allen Dingen das Tariftreuegesetz zu schleifen, meine Damen und Herren. Das werden wir von SPDFraktion Ihnen nicht durchgehen lassen!

(Zustimmung von Ulf Prange [SPD])

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Grascha?

Nein, das wird Herr Grascha jetzt erst einmal ertragen müssen. Die „Fragestunde Grascha“ hatten wir beim letzten Plenarsitzungsabschnitt.

Das fängt schon an mit dem Titel. Ich habe Ihren Gesetzentwurf mal mitgebracht, Drucksache 18/1524.

(Christian Grascha [FDP] und Dr. Stefan Birkner [FDP] unterhalten sich)

- Es wäre gut, wenn Sie zuhören würden!

(Christian Grascha [FDP]: Nein! So weit kommt es noch!)

„Entwurf eines Reformgesetzes zur Vergabe öffentlicher Aufträge in Niedersachsen“! Das bestehende, noch aus rot-grünen Zeiten stammende Gesetz vom 31. Oktober 2013 heißt „Niedersächsisches Gesetz zur Sicherung von Tariftreue und Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“. Das ist der entscheidende Unterschied. Uns geht es nicht nur um Vergaben. Uns geht es auch darum, ein Tariftreuegesetz zu haben, das der Tarifhoheit und den Tarifvertragsparteien gerecht wird. Konsequenterweise haben Sie in § 1 formuliert: „Dieses Gesetz soll einen fairen Wettbewerb bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gewährleisten.“ Damit wollen Sie den zweiten Halbsatz des bestehenden Gesetzes streichen, in dem es heißt: „sowie die umwelt- und sozialverträgliche Beschaffung durch die öffentliche Hand fördern.“

Auf Deutsch: Wenn man sich das Gesetz vor Augen führt, wird deutlich, dass Sie den § 10 - Umweltverträgliche Beschaffung -, den § 11 - Berücksichtigung sozialer Kriterien - und § 12 - Beachtung von ILO-Mindestanforderungen - für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen ersatzlos streichen wollen. Diese Regelungen kommen in Ihrem Gesetzentwurf gar nicht mehr vor.

Ich frage mich ernsthaft - über das Thema Klimaschutz haben wir schon häufiger gesprochen; ich gucke mal in Richtung der Grünen-Fraktion -: Warum wollen Sie den § 10 streichen? Warum wollen Sie den Kommunen die Möglichkeit nehmen, für eine umweltverträgliche Beschaffung zu sorgen? Das ist eine Kannregelung, die wir damals geschaffen haben. Keine Kommune wird dazu gezwungen.

Noch viel wichtiger aus unserer Sicht als Sozialdemokraten ist der § 11: Öffentliche Auftraggeber können nach derzeitiger Rechtslage soziale Krite

rien als Anforderungen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen formulieren. - Das gilt übrigens nur für größere Unternehmen ab 20 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das heißt, auch hier haben wir das von Ihnen gesehene Bürokratieproblem im Ansatz bekämpft, weil wir die Regelung nur für größere Unternehmen vorgesehen haben.

Was steht in § 11 Abs. 2, den Sie so gerne streichen möchten? Warum sind Sie eigentlich dagegen, es den Kommunen zu ermöglichen, Vorgaben zu machen und die Unternehmen zu begünstigen, die z. B. schwerbehinderte Menschen beschäftigen? Oder warum sind Sie dagegen, Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu begünstigen, die sich für Chancengleichheit und Gleichstellung von Frauen und Männern einsetzen, die Gleichstellungsaktionspläne aufsetzen? Warum sind Sie dagegen, Unternehmen zu begünstigen, die über Bedarf ausbilden? Ich frage mich: Was haben Sie eigentlich gegen die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen? All das wollen Sie kurzerhand aus dem Gesetz herausstreichen. Wir sind der Auffassung, dass man diese Punkte drinstehen lassen muss, um Unternehmen zu begünstigen, die diese Kriterien erfüllen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Und was hat das in der Praxis gebracht?)