Aber leider ist es in weiten Teilen der jungen Generation auch bei uns in Niedersachsen bisher noch die Ausnahme, eine Zeit in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu verbringen. Deswegen freue ich mich sehr, dass SPD und CDU heute gemeinsam die Initiative „Europa - Chancen für alle!“ einbringen. Ziel ist es, europäische Austauschprogramme für die gesamte junge Generation zugänglich zu machen. Die Chancen, die Europa schafft, müssen allen jungen Menschen offen stehen; sie dürfen nicht nur hauptsächlich denen aus sogenannten bildungsnahen Elternhäusern offen stehen.
Bis 2025 wollen wir mit allen Beteiligten in Niedersachsen gemeinsam entscheidende Schritte vorankommen. Junge Menschen sollen vor ihrem 25. Geburtstag die Chance bekommen, den Alltag in einem anderen europäischen Land mitzuerleben, und zwar mindestens einmal zwei Wochen oder länger während ihrer Schullaufbahn, ihres Studiums oder ihrer Berufsausbildung. Damit wir dieses Ziel erreichen, ist eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten notwendig.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir wollen, dass Niedersachsen stark ist in Europa. Deswegen ist es gut, wenn wir uns in Niedersachsen auch ehrgeizige Ziele setzen, wenn wir uns stark machen für eine Europäische Union, an deren Chancen alle teilhaben können.
Das Ziel, europäische Jugendaustauschprogramme für alle jungen Menschen zugänglich zu machen, ist nicht neu: Beim Jugendkonvent zu einer Verfassung für die Europäische Union 2002 habe ich mich dafür eingesetzt. 2007 hatten dann die Jugendorganisationen von FDP, Grünen, CDU und SPD auf Bundesebene gemeinsam mit der Bundesschülerkonferenz und den Jungen Europäischen Föderalisten im Zusammenhang mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gefordert, Jugendaustausch für alle zugänglich zu machen.
Wir haben dieses Ziel noch nicht erreicht. Aber dass der Weg zu „Europa - Chancen für alle!“ kein Kurzstreckenlauf, sondern eher ein Marathon wird, war von Anfang an klar.
Die gute Nachricht ist: Wir sind vorangekommen. Die Zahl derjenigen, die aus Niedersachsen während ihres Studiums ins Ausland gehen, ist in den vergangenen Jahren nach Angaben des Wissenschaftsministeriums angestiegen. Auch aus dem
Bereich des Handwerks wird von immer mehr Auszubildenden berichtet, die eine Zeit während ihrer Ausbildung im Ausland verbringen. Das EUProgramm Erasmus+ wird in Niedersachsen von den Schulen, aber auch von Jugendorganisationen aktiv genutzt.
Jetzt kommt es auf die nächsten Schritte an, und zwar auf allen Ebenen. Die Europäische Union hat die Mittel für Jugendaustauschprogramme zu Beginn der jetzt noch laufenden mehrjährigen EUHaushaltsperiode erhöht, und im Vorschlag der Europäischen Kommission für den nächsten EUFinanzrahmen ist wiederum eine deutliche Erhöhung vorgesehen. Bis 2025 soll ein europäischer Bildungsraum Wirklichkeit werden. Auch auf Bundesebene steht eine entsprechende Formulierung im Koalitionsvertrag.
Das alles ersetzt aber nicht, dass auch wir hier in Niedersachsen etwas tun können. Auch wir müssen aktiv werden. Genau hier setzt unsere Initiative von SPD und CDU an.
Es geht um viele weitere Schritte zu dem Ziel „Europa - Chancen für alle!“. Sehr geehrte Damen und Herren, die Europäische Union ist nicht nur ein Mittel zum Zweck, nicht nur eine abstrakte politische Ebene, die unser Leben hier in Niedersachsen beeinflusst. Sie ist viel mehr. Das Zusammenwachsen Europas, der enge Austausch, die Begegnung mit unseren europäischen Nachbarn - das ist auch ein Wert an sich.
Gerade jetzt, in diesen Zeiten von Fake News und Vorurteilen, die sich in den sogenannten sozialen Medien im Internet verselbstständigen, kommt es auf die persönliche Begegnung von Menschen an.
Auch deshalb freue ich mich auf die Ausschussberatungen und Anregungen, wie unsere Initiative „Europa - Chancen für alle!“ noch besser werden kann.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Liebetruth hat in ihren Ausführungen ihre eigenen Erfahrungen in Europa sehr beeindruckend dargestellt. Ich denke, an solchen Erfahrungen müssen wir junge Menschen teilhaben lassen.
Der Antrag hat das vorrangige Ziel, eine sehr starke Initiative zu starten, um bis zum Jahre 2025 möglichst vielen jungen Menschen, die Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens sind, die Chance zu eröffnen, mindestens einmal vor ihrem 25. Geburtstag zwei Wochen lang den Alltag in einem europäischen Land kennenzulernen, und ihnen auch weitere neue Chancen zu eröffnen.
Ich sage Ihnen ganz klar: Der Antrag ist, genau genommen, eine Fortsetzung der vielen Initiativen aus der 16. und der 17. Wahlperiode. Diese Initiativen müssen fortgeführt und weiterentwickelt werden. Frau Dr. Liebetruth hat es schon erwähnt.
Wir wissen es sehr zu schätzen, dass die bestehenden Initiativen dieses Ziel unterstützen. Ob es die Kammern sind, ob es die Betriebe sind, ob es die Schulen sind, ob es das Europäische Informations-Zentrum ist, ob es Eurodesk ist: Es gibt viele gute, positive Beispiele. Denn sie alle haben erkannt, dass Jugendaustauschmaßnahmen die Persönlichkeitsentwicklung und die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen fördern und dass Begegnungen mit anderen Europäerinnen und Europäern Europa erlebbar machen.
Bei kritischer Betrachtung fällt natürlich auch auf - auch das hat Frau Dr. Liebetruth erwähnt -, dass es hier noch die sprichwörtliche Luft nach oben gibt. Trotz aller positiven Initiativen der vergangenen Jahre ist festzustellen, dass nicht alle jungen Menschen diese Chance ergreifen können. Wir brauchen hierzu detaillierte Kenntnisse. Daher hat unser Antrag auch zum Ziel, die bestehenden komplexen Strukturen, die sich mit europäischen Austauschprogrammen befassen, zu überprüfen. Natürlich macht es Sinn, im zuständigen Fachausschuss eine intensive Beratung durchzuführen. Denn das Ziel soll dabei sein: Wo erforderlich, wollen wir noch besser werden. Wir wollen noch besser werden in der Vernetzung. Wir wollen noch besser werden in der Unterstützung. Wir wollen
ergebnisoffen ergänzen und eventuell noch mehr verstetigen. Also auf gut Deutsch: Wir in Niedersachsen wollen besser werden.
Wir wollen deutlich zum Ausdruck bringen, dass es sich hier um eine Bestandsaufnahme und eine Weiterentwicklung handelt, ob nun im schulischen Bereich oder im beruflichen Bereich. Alles ist erwähnt worden.
Ich möchte Ihnen hierzu auch ein ganz praktisches Beispiel geben - Frau Dr. Liebetruth hat es schon kurz genannt -: das Programm Erasmus+, das eine über 30-jährige Erfolgsgeschichte hat. Die EU hat bereits im Oktober 2016 das Fördervolumen um 13 % angehoben und 2017 noch einmal um 8 % erhöht, sodass bis 2020 insgesamt 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen. Denn die Erhöhung des Budgets von Erasmus+ stellt eine Anerkennung der positiven Wirkung dar, die das Bildungsprogramm der Europäischen Union auf das Leben der Menschen in Europa hat.
Welch große Bedeutung das hat und wie das in der Praxis gelebt wird, das konnten mein Kollege Frank Schmädeke und ich uns am 25. Mai dieses Jahres an den Berufsbildenden Schulen in Nienburg anschauen. Sie glauben gar nicht, wie positiv die Berichte der Lehrlinge, der Schüler, der Ausbilder waren! Es war wirklich beeindruckend, welche Erfahrungen sie gesammelt haben.
Deswegen müssen wir - wie Frau Dr. Liebetruth schon erwähnt hat - im Rahmen unserer Überprüfung jetzt auch schauen: Gibt es Hemmnisse? Gibt es Hürden? Muss man irgendwo noch nachsteuern? Werden die Mittel nicht ausgeschöpft? Wenn die Mittel nicht abgeschöpft würden, wäre das ein Drama.
Deswegen wollen wir im Fachausschuss genau diese Dinge überprüfen. Denn im Moment ist sehr viel in Bewegung im europäischen Raum. Die Förderkulisse wird neu geordnet. Wir erwarten eine Anhebung der Fördergelder. Wir von CDU und SPD meinen, dass jetzt die Chance ergriffen werden muss, die Leuchtturmfunktion, die wir in Niedersachsen bisher schon ausfüllen, noch auszubauen. Wir müssen jungen Menschen Europa mit
Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss und hoffe, dass wir dann gemeinsam zu einem guten Ergebnis kommen werden. Wir sind es unseren jungen Menschen schuldig, dass sie diese Erfahrung machen können. Europa hat mehr zu bieten! Daran sollen so viele wie möglich teilhaben.
(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Jan-Christoph Oetjen [FDP])
Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun der Kollege Dragos Pancescu. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident Oesterhelweg! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute die erste Beratung über den vorliegenden Antrag von SPD und CDU. Es wird deutlich: Das Spektrum der Möglichkeiten und Ansätze ist breit. Die Nachfrage ist groß, der Koordinierungs- und Beratungsbedarf riesig.
Aber um in Europa „Chancen für alle“ zu gewährleisten, wie der Antrag betitelt ist, reichen eine Bestandsaufnahme und eine Zusammenfassung des Status quo nicht aus. Und als selbstbewusste Parlamentarier, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitten wir nicht die Landesregierung darum, zu handeln, sondern wir fordern sie auf. Nicht wahr, Herr Thiele?
Die zentrale Forderung dieses Antrages ist im Wesentlichen darauf gerichtet, allen unter 25jährigen Bürgerinnen und Bürgern Niedersachsens mindestens einen zweiwöchigen Aufenthalt im EUAusland zu ermöglichen. Das Anliegen und die Vorschläge der beiden Fraktionen unterstützen wir sehr. Aber ihre Aussagen müssen konkreter und europäischer formuliert werden.
Wir möchten vorerst, dass alle europäischen Einwohner Niedersachsens diese Möglichkeit bekommen: sei es der Grieche, der in Hannover Medizin, der Italiener, der in Lüneburg Sozialpädagogik, oder der Franzose, der in Oldenburg Informatik
Europa muss für junge Menschen aus Niedersachsen erfahrbar sein. Von Oslo bis nach Athen, von Lissabon bis nach Bukarest sollen sich alle Europäer, alle Menschen in Niedersachsen zu Hause fühlen.
Ein weiterer Baustein des Antrages ist das Erasmus-Programm. Sein Name kommt nicht von ungefähr. Erasmus von Rotterdam kam während seiner Studienzeit viel herum: Paris, Hertfordshire, Turin, Venedig, Cambridge und Basel waren Stationen, die ihn prägten und sowohl seine Studien als auch sein Leben bereicherten. Wenn wir allen jungen Menschen heute davon ein kleines oder auch ein größeres Stück vermitteln können, wäre das ein großer Erfolg für Niedersachsen, ein großer Erfolg für Europa.
Wir begrüßen, dass der Antrag nicht nur Austauschprogramme in der Universität und der Schule erwähnt, sondern auch verstärkt gute Programme in Ausbildungen fördern möchte. Denn genau dort müssen diese Programme noch mehr beworben werden und zum Zuge kommen.
Keine gesellschaftlichen Gruppen dürfen vernachlässigt werden. Gesellschaftliche und finanzielle Benachteiligungen müssen wir stoppen. Der europäische Austausch muss in der Jugendarbeit eine Selbstverständlichkeit werden, damit die Begeisterung der jungen Menschen konstruktiv für internationale Begegnungen genutzt werden kann. Und zuletzt brauchen wir mehr europäisches Geld und weniger Bürokratie. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.