Meine Damen und Herren, in Bayern, Hessen, Brandenburg oder in Sachsen-Anhalt hat man die Direktvermarktung und die entsprechenden Organisationen gefördert und ausgebaut. Hier in Niedersachsen ist es dringend erforderlich, überhaupt mal den Stand festzustellen. Mit Sicherheit liegen wir auf einem der hinteren Plätze - und das als Agrarland Nummer eins! Es wäre dringend notwendig, dass wir diese Nische, die aber eine größere werden kann, nutzen!
Sie sprechen in Ihrem Antrag sehr häufig von den kleineren Betrieben. Natürlich wollen wir die kleineren und mittleren Betriebe fördern; keine Frage! Das wird hier zumindest in den Reden häufig geäußert. Es ist aber eine Aufgabe für alle Betriebe. Da die Landwirtschaft der eine Bereich ist und Vermarktung ein ganz anderer, muss man sich durchaus spezialisieren. Da ist entsprechendes Know-how notwendig. Wir alle wissen, dass sowohl im Biolandbau wie auch im konventionellen Bereich gerade bei der Vermarktung einheitliche Partien Voraussetzung sind, um erfolgreich arbeiten zu können. Deswegen ist der Begriff „kleinere Betriebe“ nun nicht gerade zielführend, sondern
eher irreführend. Wir brauchen befähigte Betriebe. Deswegen ist es gerade so wichtig, dass wir z. B. die Marketinggesellschaft, die Sie in Ihrem Antrag zu Recht häufig nennen, mit einspannen, um entsprechendes Know-how in die Fläche zu bringen, um dieses Marktsegment erfolgreich wahrnehmen zu können.
Meine Damen und Herren, natürlich ist es in diesem Zusammenhang wichtig, überhaupt die Grundvoraussetzungen zu schaffen. Vollkommen richtig ist, dass gerade im Vertriebsbereich die Digitalisierung einen großen Vorteil bieten würde. Wir haben gerade die Ziele der Landesregierung zur Digitalisierung gehört. Deswegen ist auch hier Herr Minister Althusmann gefordert, überhaupt erst einmal die Grundvoraussetzungen zu schaffen, damit man die Vermarktungsstellen auf digitalem Wege überhaupt verorten kann und nicht im Funkloch landet. Das ist also eine Aufgabe, die - das will ich noch mal betonen - im Bio- und Ökobereich genauso wichtig ist wie im konventionellen Bereich.
Wir unterstützen das Ansinnen nicht nur, sondern wir werden ganz genau darauf achten, ob diese Regierung den Worten auch Taten folgen lässt und ob messbare Ergebnisse auf den Tisch kommen.
Danke schön, Herr Kollege Grupe. - Jetzt hat der Kollege Schönecke, CDU-Fraktion, das Wort. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe, verehrte Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist das erste Mal, das ist sozusagen Premiere, dass dieser Landtag über Direktvermarktung spricht, dass er dieses Thema an sich zieht.
Ich bin ganz glücklich darüber, dass ich die Möglichkeit habe, hier heute dazu zu reden. Man kann sich die Landtagsgeschichte anschauen und stellt dann fest, dass das zwar immer mal wieder eine Rolle gespielt hat. Aber SPD und CDU haben es jetzt erkannt und haben daraus einen Antrag gemacht.
Warum freut mich das ganz besonders? - Unsere Familie betreibt seit fünf Generationen Direktvermarktung. Seit 1914 betreiben wir diese Direktvermarktung aus Niedersachsen nach Hamburg.
Der Harburger Markt ist seit 400 Jahren am Ball und hat die Harburger City belebt. Ich habe als Sechsjähriger mein Taschengeld mit Rohrkolben, mit Blumen und mit selbst gepflückten Beeren aus der Feldmark verdient. Es hat mir nicht geschadet. Sie sehen also: Hier steht das Original und nicht die Kopie.
Früher fuhren die Kleinbauern zum Markt, was ein wichtiges Standbein für die Sicherung der Existenz ihrer Familien war. Aber wie ist es heute? - Trotz Amazon, trotz Factory Outlet, Aldi und Lidl sind in den Städten und in der City die Märkte und die regionalen Produkte immer noch ein wichtiger Anziehungspunkt. Es gibt zig Beispiele dafür in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, wie regionale Produkte die City beleben. Ich nenne mal zwei Namen: der Viktualienmarkt in München, aber natürlich auch der Hamburger Fischmarkt. Sie sind ja nicht wegzudenken.
Wer den direkten Weg zum Erzeuger sucht, sucht diesen Weg nicht nur in den Städten, sondern eben auch auf dem flachen Land. Er sucht auch im Supermarkt diese regionalen Produkte nach. Häufig ist er auch bereit, dafür etwas mehr zu zahlen.
Wie fördert man nun diese Möglichkeit mit diesen regionalen Produkten, damit unsere Landwirte in diesem Konzert bestehen können? Wie fördert man den Landwirt, der sich entschließt, in den Betriebszweig der Direktvermarktung einzusteigen?
Dieser Antrag zeigt Wege auf, dies zu verbessern. Die niedersächsische Marketinggesellschaft soll zusätzliche Maßnahmen zur Stärkung des Absatzes regionaler Produkte, insbesondere im Rahmen der Direktvermarktung, entwickeln und diese dann verstärken, aber auch den neuen Betrieben interessante Wege öffnen, insbesondere im Hinblick auf Förderprogramme und bei Aufbau und Entwicklung regionaler Vermarktungsstrukturen.
Und dann - darüber freue ich mich ganz besonders - die Erwartung, bürokratische Hürden abzubauen! Das hört sich doch super an. Da ist nicht nur die Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin gefordert, sondern da fallen mir durchaus auch andere Häuser ein, z. B. der Verkehrsminister Althusmann. Er ist ja noch hier unter uns.
oder Landesstraße gestellt? Das ist für manche Landwirte, die sich für diesen Zweig entscheiden, ein Spießrutenlauf. Das kriegt nicht jeder hin! Am Ende landen diese Schilder auf Ackerwagen und ähnlichen Gestellen, damit es überhaupt zu einer Bewerbung kommt.
Ja, und dann diese Problematik - nein, Herr Hilbers ist nicht da, aber als alter Haushälter kann ich das nicht sein lassen -: Verkaufen Sie mal die Produkte des Nachbarn mit! Dann kommen Sie ganz schnell zu der Frage: Sind Sie gewerblich, oder betreiben Sie noch Landwirtschaft? Werden 19 % Mehrwertsteuer oder 7 % Mehrwertsteuer fällig? Und wenn Sie dann in Ihrem Hofladen noch eine heiße Bockwurst verkaufen, dann müssen Sie noch die Frage stellen: Wollen Sie sie hier essen, oder nehmen Sie sie mit nach Hause? - An der Stelle ergeben sich ganz neue Herausforderungen, die die Landwirte im Direktverkauf zu bestehen haben.
Wenn wir an der Stelle an den Reglungen drehen und helfend mit eingreifen und über die Struktur, die wir in Niedersachsen haben, den Weg sozusagen mit bereiten, dann haben wir eine Menge Steine aus dem Weg geräumt. Denn dass ein Landwirt natürlich alle Vermarktungsregeln einhalten muss, dass er sich Kontrolleure auf den Hof holt, wenn er eine Milchtankstelle einrichtet, wenn er einen Fleischautomaten aufbaut - das alles ist Fakt! Danach muss er sich heute richten. Deshalb ist es gut, dass wir diesen Antrag stellen.
Wir möchten, dass diese Landwirte diesen Erfolg haben. Ich glaube, die Opposition wird diesem Antrag mit Freude zustimmen; von Hermann Grupe habe ich eben schon gehört, dass er gar nicht mal so gegen den Antrag ist. Denn in der letzten Periode habe ich hinsichtlich eines Engagements für Direktvermarktung und regionale Produkte sehr wenig gehört. Das hätte etwas mehr sein können. Ich war teilweise sehr enttäuscht, wenn ich diesen Plenarsaal verlassen und darüber nachgedacht habe, was unsere Grünen-Freunde in der Frage eigentlich wollen.
Ich wünsche mir, dass wir mit diesem Antrag etwas für diese Spezies in der Landwirtschaft auf den Weg bringen.
Danke, Herr Kollege Schönecke. - Für die AfDFraktion hat nun das Wort die Kollegin Guth. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Regierungsfraktionen adressiert ein sehr richtiges und großes Problem, mit dem sich der landwirtschaftliche Bereich konfrontiert sieht: den zahlenmäßigen Rückgang von kleinen landwirtschaftlichen Betrieben. Gleichzeitig wird ebenfalls richtigerweise darauf hingewiesen, dass ein stetig wachsendes Verbraucherinteresse an regional produzierten Lebensmitteln besteht. So weit, so gut.
Um nun regionale Strukturstärkung und Bildung im Bereich der Produktion sowie der Vermarktung zu erreichen, werden eine Reihe von durchaus richtigen Maßnahmen und Allgemeinplätzen gefordert. Letztlich soll alles auf eine Unterstützung bzw. Stärkung der Regionalvermarktung hinauslaufen. Man könnte bei der Durchsicht Ihres Antrages fast auf die Idee kommen, Sie würden etwas Innovatives, gar etwas Neues fordern. Dabei ist das, worauf Sie hinaus wollen, nichts weiter als die Wiederherstellung der Zustände, die wir in Deutschland und Niedersachsen vor Jahrzehnten schon hatten. Allerdings ist es Ihrem Unvermögen, in nationalen Kategorien und stark regional geprägten Wirtschaftsstrukturen zu denken, geschuldet, dass Sie aktiv dabei mitgeholfen haben, einen seelenlosen Bürokratiemoloch namens EU zu schaffen. Dieser zeichnet sich durch absolute Bürgerferne, Ignoranz und Arroganz aus.
Im Rahmen dieser EU - im Übrigen nicht zu verwechseln mit Europa - sind nicht nur immer irrwitzigere Verwaltungsvorschriften, sondern auch einseitig eine Agenda der schrankenlosen Globalisierung durchgesetzt worden, die eben diese, nun wieder angestrebten regionalen Strukturen vernichtet hat. Durch diesen beinahe schrankenlosen Handel - das Ganze noch verschärft durch diverse Freihandelsabkommen - ist letztlich ein immer stärkerer Preisdruck entstanden, der eine Konzentration hin zu immer größeren Einheiten und einer Zentralisierung der Vermarktungsstrukturen geführt hat. Nur ein Beispiel ist, dass Schlachthöfe meistens nicht mehr vor Ort zu finden sind. Dies führt auch dazu, dass eine große Zahl von Tiertransporten über immer weitere Strecken vonnöten ist.
Warum ist alles so geworden, wie es ist? - Weil es sich praxisferne Bürokraten in den Kopf gesetzt haben. Auch das Argument einer besseren Kontrolle von größeren Einheiten verfängt hier nicht, was nicht nur die Lebensmittelskandale in den letzten Jahren überdeutlich zeigen. Gerade wenn dort die Regeln nicht eingehalten werden, sind gleich riesige Mengen an Lebensmitteln betroffen.
Im selben Maße sehen wir uns mit einer immer stärkeren Konzentration im Einzelhandel konfrontiert. Einige wenige Konzerne haben fast den gesamten Markt unter sich aufgeteilt. Sie bestimmen die Vertriebswege und diktieren letztlich die Preise. Es gibt kaum noch Dorfmetzger oder Bäcker. Zum Teil müssen weiter Wege zurückgelegt werden, um eine Einkaufsmöglichkeit zu finden. Dies stellt gerade ältere Menschen vor große Probleme.
Nun sollen Hofläden, in denen Landwirte ihre Erzeugnisse anbieten können, gefördert werden. Dies ist sicherlich ein sehr guter Ansatz, um kleinteiligere Strukturen zu schaffen und der Marktmacht der großen Einzelhändler etwas entgegenzusetzen. Gleichzeitig kommt dies auch der wachsenden Nachfrage der Verbraucher entgegen, die sich regional produzierte Lebensmitteln und kurze, umweltfreundliche Transportwege wünschen.
Um die Betreiber solcher Hofläden zu unterstützen, wäre es wichtig, z. B. mitunter völlig absurde Hygienevorschriften zu entschärfen. So ist es beispielsweise nicht erlaubt, in einer Kühltruhe Lebensmittel, die zum Verkauf bestimmt sind, zusammen mit solchen, die für den Eigenverbrauch vorgehalten werden, zu lagern. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Regelung erschließt sich wohl keinem normal denkenden Menschen.
Darüber hinaus beklagen viele Hofladenbetreiber aus ihrer Sicht schwammige Regelungen und daraus resultierend das Gefühl, einer gewissen Willkür ausgesetzt zu sein. Hier ist die Landesregierung gefordert, Abhilfe zu schaffen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die Politik die Übernahme von Höfen und kleinen landwirtschaftlichen Betrieben gezielt fördert. Häufig haben wir es mit der Situation zu tun, dass es keinen Hofnachfolger mehr gibt. Hier muss mit entsprechenden Fördermaßnahmen aktiv eingegriffen werden, sonst konterkarieren wir dort die diskutierten Bemühungen. Denkbar wäre z. B., ein Programm nach dem Motto „Jung kauft Alt“ aufzulegen, durch das junge Leute gezielt ermuntert und finanziell unterstützt werden, einen Hof samt Hofladen, für den es keine Nachfolge gibt, zu übernehmen.
Damit sich ein Hofladen überhaupt rechnet, müssen mögliche Konsumenten nicht nur bereit, sondern auch in der Lage sein, die dort angesetzten Preise zu zahlen. Dafür ist noch einiges an Änderungen notwendig. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.
Danke, Frau Kollegin Guth. - Nun hat sich Miriam Staudte von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe mich gefreut, als ich den vorliegenden Antrag gelesen habe, Frau Hanisch. Ich glaube, Sie greifen da wirklich ein sehr wichtiges Ziel auf und machen sehr viele konstruktive Vorschläge. Den Redebeitrag der AfD fand ich jetzt eher destruktiv und wenig konstruktiv.
Ich glaube, wir alle hier haben eine ähnliche Zielsetzung. Wir wollen die regionale Vermarktung stärken, der eine vielleicht etwas mehr als der andere. Aber ich denke, wir werden im Ausschuss wirklich gut beraten und den Antrag an der einen oder anderen Stelle vielleicht sogar noch etwas besser machen können.
Mir ist nichts aufgefallen, wozu ich sagen könnte: Das ist komplett falsch, das ist ein falscher Ansatz. Man kann sicherlich Punkte ergänzen, wie das Thema Solawi. Ich weiß nicht, ob alle hier davon gehört haben. „Solawi“ ist eine Abkürzung und steht für „Solidarische Landwirtschaft“. Ich würde behaupten, das ist sozusagen das Nonplusultra der Direktvermarktung. Ein landwirtschaftlicher Betrieb sagt sich: Wir wollen feste Kundschaft haben. Bei uns vor Ort haben sich z. B. 50 Kunden zusammengefunden, die gesagt haben: Wir werden in diesem Jahr die komplette Ernte dieses Betriebes kaufen und bezahlen pro Ernteanteil jeden Monat 80 Euro. Alles, was dann in diesem Betrieb geerntet wird, wird dann an diese Kundinnen und Kunden verteilt. Das bringt auch den Vorteil, dass, wenn es zu schlechten Ernten kommt, die Solidargemeinschaft der 50 Mitglieder die Problematik gemeinsam schultert.
Ansatz, der sehr im Kommen ist. Bei uns in der Region gibt es inzwischen schon neun Solawis. Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Aspekt hier auch aufgegriffen würde.
Ich denke, es wäre sehr sinnvoll, wenn wir vielleicht einmal analysieren würden, was eigentlich über welche Wege vermarktet wird, bzw. wenn wir uns die Analysen aus anderen Regionen anschauen würden. Die Stadt Freiburg hat das getan. Dort hat man geschaut, wie weit die Direktvermarktung bei Obst und Gemüse, Milchprodukten und Fleischprodukten ist.
Über welche Wege und zu welchen Anteilen eine Direktvermarktung tatsächlich schon gelingt, sieht sehr unterschiedlich aus. Richtig ist, dass wir gerade im Fleischbereich ein großes Problem haben, weil die Schlachthöfe tatsächlich konzentriert worden sind. Ich finde es ein bisschen unlauter, diesen Punkt zu nehmen, um hier ein allgemeines EU-Bashing zu betreiben, Frau Guth.