Protocol of the Session on August 23, 2018

- Schulz-Hendel, genau. Ich habe dreimal überlegt.

Herr Schulz-Hendel, Sie haben eben in Ihren Ausführungen noch einmal deutlich gemacht, dass Sie die Fakten und auch das, was als Grundlage für den Bundesverkehrswegeplan zur Verfügung steht, nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Ich höre immer wieder die Argumentation - das steht auch in Ihrem Antrag -: 18 000 Fahrzeuge. Die Realität ist: Das, was derzeit Grundlage für die A 20 in allen Prognosen ist, sind 29 000 Fahrzeuge.

Dann sprechen Sie davon, das Kosten-NutzenVerhältnis liege unter 1. Das Kosten-NutzenVerhältnis wird derzeit mit 1,9 angegeben. Dementsprechend ist es eine ganz andere Situation als Sie sie hier darstellen.

(Beifall bei der CDU - Detlev Schulz- Hendel [GRÜNE]: Schöngerechnet!)

Wer sich hier etwas hinrechnet, möchte ich einmal dahingestellt sein lassen. Sie rechnen sich doch die Zahlen hin, wie Sie sie gern hätten.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat der Abgeordnete Stefan Henze für die AfD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für Niedersachsen als Wirtschaftsstandort und Transitland sind leistungsfähige und sichere Verkehrswege sowie eine gute Infrastruktur von

größter Bedeutung. Der reibungslose Gütertransport, gerade auch zu und von den Häfen in Emden, Wilhelmshaven, Bremen und Hamburg, ist für die Ex- und Importeure ein wesentlicher Standortfaktor in unserem Land.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Die A 20 wird mit einer weiteren Elbquerung die Trennung zwischen Schleswig-Holstein und Niedersachsen, gerade im Unterelbebereich, überwinden und beiden Regionen neue wirtschaftliche Perspektiven bieten. Sie reden immer wieder über Arbeitsplätze. Hier entstehen dann welche. Über die wirtschaftliche Bedeutung hinaus entlastet die A 20 auch die stauanfällige A 1 gerade im Bereich Bremen erheblich.

Liebe Grüne, wenn ein Antrag von Ihnen im Bereich Verkehr kommt, dürfen Ihre Schlagworte „Verkehrswende“, „auf die Schiene verlagern“ oder „Verhinderung von Individualverkehr“ nicht fehlen. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut schreibt:

„Der Wunsch, den Gütertransport von der Straße wegzulenken, wird Wunschdenken bleiben und nur partiell gelingen.“

Darüber sollten Sie einmal nachdenken.

Aber auch Sie selber geben ja Studien in Auftrag. 2013 hat Ihre Heinrich-Böll-Stiftung beim Institut für Automobiltechnik der TU Dresden eine Studie über den Güterverkehr von morgen - also unser Heute - in Auftrag gegeben. Einen Kernsatz dieser Studie haben Sie anscheinend überlesen: „Der Lkw bleibt das“ ökologische Rückgrat - Entschuldigung, das „logistische Rückgrat“ - das war ein freudscher Versprecher - „der täglichen Versorgung von Bevölkerung und Industrie“.

Liebe Grüne, zum Thema A 20 oder Küstenautobahn hält das Dokumentationszentrum des Landtages knapp 400 Einträge bereit. Dieses Thema ist gerade hier mehr als hinreichend diskutiert worden. Daher ist Ihr Antrag dem Sommerloch geschuldet. Er erinnert an Filme wie „Die unendliche Geschichte“ oder „Täglich grüßt das Murmeltier“.

Liebe Grüne, ich weiß, Individualverkehr ist für Sie nur schwer zu ertragen, und Infrastruktur scheint für Sie so etwas wie Blasphemie zu sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann können wir die Beratungen zu diesem Tagesordnungspunkt abschließen.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Vorgesehen ist der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung. Wer möchte dem so folgen? - Gegenprobe! - Enthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 19: Erste Beratung: Regionale und direkte Vermarktung unterstützen und fördern - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/1403

Zur Einbringung hat sich Thordies Hanisch, SPDFraktion, gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin!

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Regionale und direkte Vermarktung unterstützen und fördern! Hofläden, Kartoffelkisten, Hofcafés, Milchtankstellen, Wurstautomaten und Gemüsekisten - diese Formen der Direktvermarktung bieten die Möglichkeit für landwirtschaftliche Betriebe, eine weitere Einkommensquelle zu erschließen - dazu komme ich gleich.

Gerade für kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe sind heutige Marktstrukturen nicht einfach zu bewältigen. Der Wettbewerb besteht nicht zu dem Landwirt aus dem Nachbarort oder aus dem anderen Landkreis oder aus einem anderen Bundesland, sondern zu dem aus Polen oder Kanada. Bei uns gibt es keinen Regen. Das muss aber nicht heißen, dass der Preis für Kartoffeln oder Gerste steigt. Die Kartoffeln könnten aus der Erde, aber erst einmal stehen beim Zwischenhändler die Laster aus Spanien.

Dazu kommt das Verbraucherinteresse an der perfekten Kartoffel, das der Lebensmitteleinzelhandel an die Landwirte weitergibt. Ein wenig Schorf an ein paar Knollen und - schwupps! - sinkt der Preis, obwohl der Schorf weder schlecht schmeckt, anfängt zu gammeln noch irgendwelche gesundheitlichen Auswirkungen haben könnte.

Nährwertkennzeichnung, Qualitätssicherung, Hygiene, Sicherheit usw. usf.!

Dazu kommen die Entwicklungen hin zu mehr Umweltverträglichkeit und Tierwohl. Neonicotinoide sind verboten. Lassen sich im nächsten Jahr noch Gewinne mit Rüben erzielen? Es muss weniger Nitrat ins Grundwasser, und eine Mistplatte muss her. Rindern und Schweinen soll es besser gehen, und ein neuer Stall muss gebaut werden. Gerade Letzteres ist alles richtig und wichtig. Wir müssen alle Verantwortung für unseren Planeten und die Tiere, die für uns gehalten werden, übernehmen. Ganz ohne Frage!

Ebenso fraglos ist aber, dass diese Entwicklungen Betriebe vor Herausforderungen stellen und ein Teil des Grundes sind, warum manche Landwirte den Laden dicht machen. In den letzten 17 Jahren hat dann auch die Hälfte der landwirtschaftlichen Betriebe mit einer Fläche von unter 100 ha geschlossen. Das ist aber nicht nur für den einzelnen Landwirt ein herber Schlag, sondern immer auch ein Verlust für den ländlichen Raum in seiner kleinsten Einheit, dem Dorf.

In dem Antrag fordern wir, grob gesagt, die Unterstützung von Landwirten, wenn diese sich für eine Möglichkeit der Direktvermarktung interessieren, sowie die Unterstützung von bestehenden Direktvermarktern. Dabei legen wir ein besonderes Augenmerk auf die regionale Vermarktung.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Wenn sich ein Landwirt überlegt, in die Direktvermarktung einzusteigen, ist das erst einmal ein neues Themenfeld. Wie gehe ich das Ganze an? Was muss ich beachten? Wo bekomme ich Unterstützung?

Hier setzt der vorliegende Antrag an: Beratung bei Buchführung, Vermarktung, Lebensmittelrecht, Nährwertkennzeichnung, Unterstützung bei Automaten-Direktvertrieb. Und für diejenigen, die bereits in die Direktvermarktung eingestiegen sind, fordern wir eine Unterstützung im Bereich der digitalen Vermarktung. Es gehen gerade verschiedene Plattformen an den Start, aber damit das funktionieren kann, müssen die Landwirte über diese Möglichkeit Kenntnis erhalten und die Verbraucher auch.

Einige Landwirte sind den Schritt der Direktvermarktung erfolgreich gegangen. Ich fahre täglich an funktionierenden Beispielen vorbei und kaufe dann auch dort ein. Meine Milch bekomme ich vom

Direktvermarkter, und das zweimal in der Woche vor die Tür.

Die Direktvermarktung bietet Landwirten eine zusätzliche Einnahmemöglichkeit, unabhängig von Zwischenhändlern, im direkten Verkauf an Bürgerinnen und Bürger oder an den Einzelhandel. Dazu sollen auch Kooperationen zwischen regional ansässigen Landwirten und Einzelhändlern gestärkt werden.

Schauen wir aber auf das große Ganze! Es geht dabei nicht nur darum, die Landwirte zu unterstützen. Es geht darum, die kleinteilige Wirtschaft auf dem Land, die regionale Wertschöpfung und die wohnortnahe Versorgung auch in dünn besiedelten Gebieten zu unterstützen. Es geht darum, dem Verbraucherinteresse nach regionalen Produkten nachzukommen. Regionaler Vertrieb kann durch die kürzeren Transportwege zu einer positiven Klimabilanz beitragen.

Daneben kommen viele der aufgezählten Direktvermarktungswege dem Wunsch nach flexiblen Öffnungszeiten nach: Im Wurstautomaten am Samstagabend bei schönem Wetter noch schnell die Bratwurst für den Grill besorgen oder noch schnell Eier, Zwiebeln, Kartoffeln aus der Kartoffelkiste holen, wenn man festgestellt hat, dass der aktuelle Bestand geringer ist als vermutet.

Hofläden, Milchtankstellen, Wurstautomaten, Gemüsekisten - all diese Angebote tragen aber auch zum Austausch bei. Ich sehe die Hühner auf dem Hof, oder ich fahre am Hühnermobil vorbei, von dem ich meine Eier bekomme. Ich fahre an dem Acker vorbei, auf dem die Kartoffeln wachsen, die auf meinem Teller landen, und treffe die Landwirtin im Hofladen. Ich weiß, von welchen Kühen ich meine Milch bekomme und wie diese gehalten werden. Ich kenne den Landwirt und kann ihm auch mal Fragen zur Haltung stellen. Das prägt mein Bild von landwirtschaftlichen Produkten und von Landwirtschaft auf eine Art und Weise, wie kein Politiker, keine Medien und kein Supermarkt es auch nur im Ansatz könnten.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Die Entfernung zwischen gesellschaftlichen Gruppen, egal welche, ist heute größer denn je. Das gilt auch für Landwirte. In Zeiten von Bauern-Bashing ist das wohl der größte Effekt, den ich mir von dem vorliegenden Antrag erhoffe: mehr Gespräche an der Theke und weniger Hetze auf der Straße oder im Netz. Verbraucherinteresse, Tierwohl, Umweltverträglichkeit - das ist alles richtig und wichtig.

Wichtig ist es aber auch, dafür Sorge zu tragen, dass unsere Landwirte die Möglichkeit haben, auskömmlich zu wirtschaften.

Dieser Antrag bietet keine Universallösungen, keine riesige Innovation und auch kein Allheilmittel. Aber das wird es auch nicht geben. Deswegen sind die Forderungen in diesem Antrag ein wichtiger Baustein für unsere Landwirte, für die Verbraucher und für einen starken ländlichen Raum bei uns in Niedersachsen.

Ich freue mich auf die Beratungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin. - Für die FDPFraktion spricht nun der Kollege Grupe. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr begrüßenswert, dass die regierungstragenden Fraktionen etwas unternehmen wollen; denn in den vergangenen Jahren hat die letzte Landesregierung, Rot-Grün, hierbei teilweise sehr drastisch gestrichen. Die Marketinggesellschaft, die in diesem Bereich ja unser Aushängeschild ist, weiß ein Lied davon zu singen.

Meine Damen und Herren, in Bayern, Hessen, Brandenburg oder in Sachsen-Anhalt hat man die Direktvermarktung und die entsprechenden Organisationen gefördert und ausgebaut. Hier in Niedersachsen ist es dringend erforderlich, überhaupt mal den Stand festzustellen. Mit Sicherheit liegen wir auf einem der hinteren Plätze - und das als Agrarland Nummer eins! Es wäre dringend notwendig, dass wir diese Nische, die aber eine größere werden kann, nutzen!