Zur Entlastung von Hausärzten schlagen wir die weitere Förderung des Einsatzes von Versorgungsassistentinnen und -assistenten sowie eine Verbesserung der Zusammenarbeit mit Pflegediensten vor.
Zudem wollen wir die Telemedizin ausweiten. Dafür werden durch die Realisierung des von Wirtschaftsminister Bernd Althusmann vorgestellten Masterplans Digitalisierung die notwendigen Voraussetzungen geschaffen.
Weiterhin ist die Lockerung des Fernbehandlungsverbots erforderlich. Auf dem 121. Deutschen Ärztetag wurde dazu ein Beschluss gefasst, der nun durch die Landesärztekammer umgesetzt werden muss. Inzwischen ist bereits mehr als jeder zweite Bundesbürger bereit, statt eines regulären Arztbesuches eine Onlinevideokonferenz zu akzeptieren. Betonen möchte ich, dass digitale Techniken Ärzte unterstützen können, aber nicht die notwendige Zuwendung ersetzen sollen.
Ich bin der Überzeugung, dass unser Antrag wichtige Impulse gibt, um in Zukunft die hausärztliche Versorgung in Niedersachsen flächendeckend sicherzustellen.
Danke schön, Herr Kollege Jasper. - Wir würden jetzt gern den Beitrag von Herrn Bothe von der AfD-Fraktion hören.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben keinen Ärztemangel in Deutschland, und wir haben keinen Ärztemangel in Niedersachsen. Grundsätzlich verfügen wir in unserem Land über ein leistungsfähiges und weltweit führendes Gesundheitssystem - immer noch. Daran lässt sich nichts rütteln, auch wenn sich gerade die Versäumnisse der letzten zwei Jahrzehnte langsam, aber doch mit schleichender Vehemenz zu rächen drohen. Doch Grund zur Panik ist nicht geboten. Vielmehr gilt es, besonnen und wohlüberlegt Reformen anzustoßen - Reformen, die nur unter enger Einbindung der Ärzteschaft nachhaltig greifen können.
Ein Blick zu den Fachleuten lohnt, meine Damen und Herren. Vielleicht hätten Sie vor Ausformulierung Ihres Antrags einmal ein Gespräch mit Ärzten außerhalb der Fraktionen suchen sollen, statt nur Plattitüden von sich zu geben. Auf dem 70. Ordentlichen Medizinischen Fakultätentag in Mainz betonte jüngst Professor Ferdinand Gerlach als Vorsitzender des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, einer der maßgeblichen Fachmänner, dass die Gesamtzahl von 385 149 berufstätigen Ärzten in Deutschland einen internationalen Spitzenwert darstellt. Jährlich wächst diese Zahl um immerhin 6 500 Mediziner an. Die Probleme liegen also woanders.
Zum Beispiel liegen sie neben der überhöhten Facharztanerkennung auch bei der sehr hohen Krankenhausdichte in Deutschland. Eine Patentlösung hat auch Gerlach nicht genannt. Doch er hat klipp und klar zu verstehen gegeben, dass weder Geld noch mehr Ärzte allein ausreichen, um diese Mängel im Gesundheitssystem zu bekämpfen.
Doch, meine Damen und Herren, einen wesentlichen Aspekt greift Professor Gerlach aber auf. Er führt aus, dass vielmehr in Ballungsgebieten zunächst ein Abbau eklatanter Überversorgungen im stationären und ambulanten fachspezialistischen Bereich erforderlich ist. Und, werte Kollegen, im nächsten Schritt folgt mitnichten die Forderung nach blindwütigem Aktionismus, wie er in diesem Antrag leider zum Ausdruck kommt. Nein, der kopflose Ausbau von Medizinstudienplätzen ist keine Lösung. Vielmehr gilt es, so Gerlach, die dargelegten Strukturprobleme zu beseitigen. Erst dann kann darüber entschieden werden, ob überhaupt ein Mehr an Ärzten erforderlich ist.
Der konkrete Vorschlag im Hinblick auf eine flächendeckende Ärzteversorgung lautet: Fakultäten und Zweigfakultäten sollten vermehrt in ländlichen Regionen entstehen, um die regionalen Fachkräftepotenziale und -kapazitäten dort zu stärken. Genau hier, werte Kollegen, gilt es, fachpolitisch anzusetzen. Denn Sie sehen es ja in Niedersachsen, wo die deutliche Überversorgung in städtisch geprägten Regionen einer chronischen Unterversorgung in strukturschwachen ländlichen, aber auch sozial schwachen städtischen Gebieten gegenübersteht.
Im Fokus steht definitiv aber der Mangel an niedergelassenen Hausärzten im ländlichen Bereich, der sich nach Schätzung der Kassenärztlichen
Werte Kollegen der Regierungskoalition, statt die Probleme an der Wurzel zu packen, legen Sie uns einen halbgaren Antrag vor, der Studienplätze, Praktika und ÖPNV als Lösungsvorschläge anpreist, womit er aber eher wie ein Abklatsch eines Universitätswerbeprospekts klingt. Nein, mit diesen Maßnahmen werden Sie niemals einen angehenden Arzt bewegen können, sich für ein Engagement in einer Landarztpraxis zu erwärmen.
Meine Damen und Herren, erinnern Sie sich bitte noch einmal an die Worte von Professor Gerlach zu Beginn! Wir brauchen nicht ein Mehr an Ärzten; wir brauchen vielmehr eine bessere Strukturierung und Organisation der bestehenden Hausarztsysteme. Strukturelle und grundlegende Reformen sind notwendig. Bürokratieabbau steht hier an vorderster Stelle.
Hier also muss eine verantwortungsbewusste Landespolitik ansetzen und mit der Ärzteschaft in einen Dialog treten.
Nur mit Expertenwissen und mit Expertisen können wir in den Ausschüssen einen mit so heißer Nadel gestrickten Antrag mit Leben füllen. Darauf freue ich mich und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man soll ja nicht immer nur kritisieren, sondern man soll auch sagen, wenn etwas gut gemacht worden ist. Im Gegensatz zum Kollegen Bothe finde ich in dem Antrag viele Punkte, die wir genauso formuliert hätten. Dementsprechend freue auch ich mich auf die Ausschussberatungen.
Herr Bothe, Sie haben von soundso vielen fehlenden Ärzten gesprochen. Vielleicht hätte es geholfen, wenn Sie einmal mit der KV Niedersachsen gesprochen hätten.
Die sagt nämlich: Bis 2030 fehlen 10 000 Mediziner. - Da hilft es nicht, wenn Sie auf einem bundesweiten Kongress gewesen sind. Stattdessen sollte man sich mit den Betroffenen vor Ort unterhalten. Wenn ich mir den Antrag angucke, dann meine ich, dass Sie das auch gemacht haben.
Ich möchte an dieser Stelle hauptsächlich auf den Ausbau der Medizinstudienplätze eingehen, was wir für richtig und gut halten. Das muss aber relativ schnell vonstattengehen. Wenn wir bedenken, dass die ungefähr 12 Jahre für die Ausbildung brauchen, muss das jetzt passieren. Laut Koalitionsvertrag sind rund 200 zusätzliche Studienplätze geplant; davon 60 in Göttingen und 140 in Oldenburg.
In Bezug auf den Studiengang in Oldenburg wissen Sie, dass es an der EMS eine Vereinbarung mit der Universität Groningen gibt, da die Studenten beider Hochschulen im Laufe des Studiums ausgetauscht werden. Momentan ist das Medizinstudium an der EMS noch ein Modellstudiengang und wird vom Wissenschaftsrat evaluiert. Man kann aber davon ausgehen, dass sich zukünftig daraus einige Forderungen ergeben werden. So etwas wie eigene Lehrsäle und Labore gibt es dort nämlich nicht. Das heißt, darauf muss man perspektivisch hinarbeiten.
Im Zusammenhang mit der Hausärzteversorgung finde ich es wichtig, darauf hinzuweisen, dass der Sicherstellungsauftrag bei der KVN liegt - weder beim Land noch bei den Kommunen. Wir können aber an den Rahmenbedingungen etwas drehen.
Zu dem Stichwort „Familie und Beruf“: Es gibt eine sehr schöne Broschüre - ich weiß nicht, ob Sie sie gelesen haben -, die sich wirklich lohnt: „Hausarzt gesucht!“. Darin finden sich auch Handlungsempfehlungen für die Kommunen. Das Ganze wird nur Hand in Hand klappen. Wenn das Land sagt: „Familie und Beruf sind vereinbar“, dann müssen wir darauf achten, dass auch die Kommunen das Ganze perspektivisch sehen. Es ist ein Standortvorteil, Hausärzte vor Ort zu haben. Sie müssen sich überlegen, wie sie die Ärzte vor Ort bekommen.
Auf die inhaltlichen Punkte möchte ich gerne im Ausschuss eingehen. Wir werden dort ausführlich über dieses Thema reden. Ich freue mich auf die Beratungen.
Vielen Dank. - Jetzt hat sich die Kollegin Meta Janssen-Kucz für Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich spreche für fast alle hier im Saal: Eine wohnortnahe, qualitativ hochwertige medizinische Versorgung ist unser wichtigstes Ziel. Das bedeutet eine Riesenherausforderung im Flächenland Niedersachsen.
Dieser Herausforderung haben wir uns schon in der vergangenen Legislaturperiode unter Rot-Grün gestellt. Dazu gehörte auch die Einrichtung der Gesundheitsregionen. Mittlerweile sind es 35 Landkreise und kreisfreie Städte, die vor Ort zusammen mit allen relevanten Akteuren in Gesundheitskonferenzen an regionalen Lösungen arbeiten. Ich bin fest davon überzeugt, dass dies der richtige Ansatz ist. Wir müssen langfristig alle Kommunen in Niedersachsen in die Gesundheitsregionen hineinbekommen; denn dann arbeiten wir tatsächlich mit den Menschen vor Ort.
Wir alle kennen die Diskussionen aus den Kreistagen und aus den Stadträten. Wir werden mit den Versorgungsproblemen konfrontiert und versuchen, Lösungsansätze zu entwickeln. In der vergangenen Legislatur haben wir einige Modellprojekte auf den Weg gebracht. Wir haben Anreize geschaffen, wie z. B. die Förderung in Höhe von 50 000 Euro bei der Niederlassung von Hausärzten. Wir haben Modellprojekte für die Telemedizin und das Patientenmobil auf den Weg gebracht. Wir haben wirklich einiges auf den Weg gebracht.
Diese Modellprojekte müssen jetzt aber verstetigt bzw. vergütet werden. Wir müssen Formalitäten aus dem Weg schaffen und rechtliche Hürden beseitigen. Manchmal fehlt es einfach nur an rechtlichen Grundlagen. Auch der Kollege hat das gerade ausgeführt. Da gibt es auf Bundes- und Landesebene noch viel zu tun.
Ich danke Ihnen an dieser Stelle noch einmal, dass Sie dieses Thema heute aufgegriffen haben. Ich bin sehr froh, dass ein Großteil der Punkte der rotgrünen Beschlusslage von Anfang 2017 entspricht. Ich kann Ihnen hier und heute versprechen, dass Sie bei diesen Punkten weiterhin zu 100 % unsere vollste Unterstützung haben.
Kurz noch ein Wort zum Masterplan Medizinstudium 2020. Darin sind sehr viele verschiedene Maßnahmen vorgesehen, um die Situation im Bereich der Allgemeinmedizin zu stärken. Ich bin allerdings ein bisschen darüber erstaunt, dass wir das überhaupt noch beschließen sollen. Denn eigentlich sind wir auch ohne Beschluss an die Umsetzung des Masterplans 2020 gebunden. Ich bin immer davon ausgegangen, dass alles schon in Arbeit ist. Wenn das aber notwendig ist, machen wir das hier und stimmen Ihren Forderungen unter den Nrn. 1 bis 4 gerne noch einmal zu. Beim nächsten Mal würde ich an Ihrer Stelle aber auf ein Copy and Paste der Vorgaben auf der Bundesebene verzichten und das stattdessen mit eigenen Worten formulieren.
Eines ist jedenfalls klar: Wir brauchen mindestens 20 % mehr Studienplätze. Herr Kollege Bothe, das ist nicht kopflos, sondern das sind sehr solide Berechnungen. So sind nun einmal die Bedarfe, wenn man den demografischen Wandel und andere unterschiedliche Faktoren zusammennimmt. Das sollte man nicht so negieren, wie Sie das getan haben. Frau Dr. Gabriele Heinen-Kljajić hat seinerzeit schon vieles auf den Weg gebracht, und Herr Thümler als Wissenschaftsminister setzt das jetzt fort.
Fakt ist: Wenn die Studienplätze in 2019 zur Verfügung stehen und die Medizinausbildung insgesamt elf Jahre dauert, werden uns erst im Jahr 2030 die zusätzlichen Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung stehen. Deshalb ist es aktuell obsolet, über die Landarztquote zu streiten. Wir müssen erst einmal zusehen, dass wir die Studienplätze auf den Weg bringen.
Ich möchte noch eine Zahl nennen, damit deutlich wird, welch dringender Handlungsbedarf besteht: Heute sind bereits 364 Hausarztsitze in Niedersachsen nicht besetzt. Zukünftig werden 1 000 der gegenwärtig 5 100 Hausärzte in den Ruhestand gehen. Deshalb müssen wir einen großen Instrumentenkasten in Sachen Ausbildung usw. zusam