Protocol of the Session on June 22, 2018

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Frage kommt aus der SPD-Fraktion. Der Kollege Adomat möchte seine zweite Zusatzfrage stellen. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie eben dargestellt haben, dass es bei den Anlagen immer mehr Bürgerbeteiligung gibt und dass das ja auch immer mehr in der Fläche passiert, frage ich Sie, was die Landesregierung unternimmt, um den Netzausbau zu beschleunigen.

Danke schön. - Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Adomat, vorab: Der Netzausbau ist sicherlich entscheidend, aber man darf ihn nicht singulär betrachten. Wir haben schließlich auch noch Möglichkeiten, die Netze zu optimieren, und die darf man nicht unterschätzen. Ich nenne z. B. die Zubeseilung. Damit lässt sich die Kapazität der vorhandenen Infrastruktur erhöhen. Wir machen das gerade bei der Elbquerung. Das ist ein wirklich gutes Projekt, bei dem wir die Übertragungsleistung vervierfachen, ohne neue Infrastruktur bauen zu müssen. Oder: Wir nutzen unsere Strominfrastruktur noch nicht intelligent genug, weil wir z. B. nicht berücksichtigen, ob unsere Übertragungskapazitäten im Sommer nicht andere sind als im Winter.

Aber natürlich brauchen wir auch den Netzausbau, definitiv. Da müssen wir zwei Bereiche betrachten: die Bundeszuständigkeit und die Landeszuständigkeit.

In der Landeszuständigkeit haben wir bei einer großen Anzahl von Projekten das Verfahren abgeschlossen und können nun bauen. Wir erleben auch, dass diese Projekte nunmehr Schritt für Schritt umgesetzt oder zumindest zur Umsetzung vorbereitet werden. Es gibt aber auch noch eine Reihe von Projekten, bei denen der Dialog noch nicht abgeschlossen und die Entscheidung noch zu treffen ist. Wir gehen davon aus, dass die in niedersächsischer Verantwortung liegenden Projekte 2020 planfestgestellt sind. Das muss jedenfalls unser erklärtes Ziel sein.

Aber wir unterstützen auch die Projekte, für die der Bund allein zuständig ist, indem wir - und da will ich mich ganz herzlich beim Landwirtschaftsministerium bedanken, das ja für die Raumplanung zuständig ist -, den Übertragungsnetzbetreibern, die ja am Ende diejenigen sind, die diese Projekte

planen und umsetzen wollen, sozusagen in der gemeinsamen Struktur der Ressorts als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Wir treffen uns zweimonatlich und schauen uns den Sachstand an. Wir haben schon in der letzten Legislatur dafür gesorgt, dass in der Planfeststellungsbehörde, hier der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, mehr Personal vorhanden ist, damit die Projekte schneller umgesetzt werden können.

Aber was wir merken, ist, dass es mit der Akzeptanz vor Ort schwierig ist. Egal, was man macht - das kann ich auch aus meiner alten Ressortverantwortung sagen -: Vor Ort hätte man am liebsten kein Netz und wenn doch, dann nur Erdverkabelung - die aber technisch nicht immer umsetzbar ist. Ich sage ganz deutlich, auch denjenigen, die die Energiewende unterstützen: Wir können nicht darüber diskutieren, wie wir die Energiewende beschleunigen, wenn wir dann in der Debatte vor Ort feststellen müssen, dass sich das Netz dort nicht ausbauen lässt. Nein, wir haben die Gesamtverantwortung und müssen den Menschen vor Ort dann auch einmal erklären: Du hast jetzt in 500 m Entfernung eine Freileitung, die siehst du auch, aber wir brauchen diesen Netzausbau, um die Energiewende hinzubekommen. - Beides geht nicht, man kann nicht einmal so und einmal so sagen. Das müssen wir als Politik auch deutlich machen, wenn wir den Netzausbau wirklich vorantreiben wollen.

Auch dürfen wir es nicht damit übertreiben, dass das auch alles ganz anders gehen könnte. Ich erinnere mich an eine Diskussion, die wir zu Beginn der Legislatur zu der Frage alternative Verlegetechniken geführt haben. Dazu hatten Bernd Althusmann und ich ein wunderbares Gespräch mit den Planern. Das hatte zum Ergebnis: Das bringt uns heute nichts, weil wir heute damit noch nichts verändern können. Ich bitte um Verständnis, dass wir heute nur die Technologie einsetzen können, die auch heute verfügbar ist.

Ich fasse zusammen: Eine starke Koordinierung auf Landesebene, dafür zu sorgen, dass die Planfeststellungsbehörden zügig und vernünftig arbeiten können, die Projektierer und die Betreiber zu unterstützen und vor Ort dafür zu werben, dass der Netzausbau notwendig ist, um die Energiewende erfolgreich zu gestalten - das ist unsere gemeinsame Aufgabe, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage kommt aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Abgeordnete Meta Janssen-Kucz, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Herrn Umweltministers, dass die Landesregierung zumindest bis 2050 keinen Ausstieg aus den fossilen Energieträgern plant, frage ich: Wie steht die Landesregierung eigentlich zur CO2-Abgabe?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Herr Minister Lies wird für die Landesregierung antworten. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Janssen Kucz, ich habe nicht gesagt, dass wir keinen Ausstieg planen, sondern ich habe gesagt, dass wir nicht in einer Struktur leben, in der wir als Land singulär bestimmen können, wie sich die Welt dreht. Das alles muss eingebettet sein in ein System dessen, was technisch machbar ist.

Ich habe gesagt, dass wir noch für eine längere Zeit fossile Kraftwerke brauchen. Natürlich tun wir das! Es geht darum, dass diese fossilen Kraftwerke den Strom so effektiv wie möglich erzeugen und dass wir sie dann so wenig wie möglich brauchen. Das muss die Aufgabe der Politik sein. Aber noch einmal: Wir brauchen sie. Deswegen haben wir seinerzeit ja auch die Debatte über einen Kapazitätsmarkt geführt. Ich glaube übrigens, dass es klug gewesen wäre, das zu machen.

Ich will keine Anreize dafür setzen, dass Kohlekraftwerksbetreiber Strom erzeugen und verkaufen, um damit Geld zu verdienen. Das wäre der völlig falsche Ansatz. Mir geht es darum, dass wir die vorhandenen Kraftwerke nur dann nutzen, wenn wir sie tatsächlich brauchen, nämlich um die Versorgungssicherheit herzustellen. Das muss dabei doch die Botschaft sein.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Wir dürfen es uns nicht zu einfach machen. Es ist nicht so, dass der, der die Kohlekraftwerke sofort abschalten will, immer der Gute und der, der sie

noch laufen lassen will, immer der Böse ist. So funktioniert die Welt nicht! Man muss eine technische Lösung finden, die umsetzbar ist.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Das muss wirklich gelingen. Denn wir machen die Menschen draußen doch wahnsinnig mit dieser dogmatischen Debatte: Das eine ist gut, das andere ist böse. Davon müssen wir wegkommen. Wir gehen konsequent den Weg des Ausstiegs - das ist genau das Ziel der Klimakommission -, aber wir müssen nun einmal sehen, dass wir die fossilen Kraftwerke noch brauchen.

Jetzt kommt der entscheidende Punkt, der in Ihrer Frage ja eigentlich steckt: Wie sorgen wir dafür, dass die erneuerbaren Energien im Wettbewerb eine Chance haben, weil sie in ihrer Produktion natürlich alle strombasiert sind? - Dazu habe ich vorhin das Beispiel Wasserstoff genannt. Also: Wie will ich einer Raffinerie erklären, den aus erneuerbaren Energien hergestellten Wasserstoff zu nutzen, wenn der aus Erdgas hergestellte Wasserstoff ein Drittel billiger ist? Da haben die Erneuerbaren doch keine Chance. Oder kennen Sie jemanden, der seinen Sprit 20 % teurer kauft, nur weil er das Gefühl hat, dass er ein paar Prozent CO2 spart? - Das macht doch keiner, so funktioniert die Welt doch nicht. Da kann man höchstens Auflagen machen.

Und damit ich beim zweiten Punkt, nämlich bei der Frage CO2-Zertifikate: Gibt es nicht Vergünstigungen, wenn man dafür sorgt, dass in der Produktion die CO2-Bilanz besser wird? - Also, solche Wege müssen wir gehen. Wir müssen Anreize schaffen, und ein Anreiz ist eine CO2-Steuer. Wenn wir eine Angleichung schaffen wollen, damit auf dem Markt der Strom aus erneuerbaren Energien nicht teurer ist als der aus fossilen Energien, werden wir an einer Stromsteuer im Grundsatz nicht vorbeikommen. Es sei denn, jemand weiß einen klügeren Weg. Vielleicht gibt es den ja sogar.

Dabei müssen wir auf zwei Dinge achten. Wir müssen auf der einen Seite darauf achten, dass sich daraus für unser Land mit einer starken Grundstoffindustrie und einer starken Wirtschaft kein Nachteil ergibt. Denn dann hätten wir, dann hätte die Gesellschaft nichts davon. Und auf der anderen Seite müssen wir darauf achten, dass nicht Einzelne die Leidtragenden dieser Entwicklung sind.

Also, das ist schon ein recht komplizierter Prozess. Deswegen bin ich froh, dass wir eine ganz offene Debatte über die CO2-Besteuerung führen und uns intensiv darüber austauschen, wie sie klug gelingt - um eben den Einsatz der Erneuerbaren attraktiver zu machen, ohne dass nachteilige Effekte eintreten bzw. indem man sie abmildert. Das ist, finde ich, der richtige Weg. Diese Debatte trägt übrigens insgesamt dazu bei, das gesamte Thema Umstieg klug zu lösen.

Jetzt einmal ganz offen: Diese Klima- oder Strukturwandelkommission kann sich unmöglich nur mit einem Datum beschäftigen. Sie muss sich mit der Frage beschäftigen, wie die Energiewende, wie Versorgung dauerhaft funktioniert. Das ist mein Anspruch, und diesen Anspruch werde ich in diese Kommission auch einbringen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren, es kommen noch einige wenige Zusatzfragen.

(Unruhe)

Aber das alles macht wenig Sinn, wenn der Aufmerksamkeitsregel hier im Haus sehr schwach ausgeprägt ist, aber der Geräuschpegel recht hoch.

Die nächste Zusatzfrage kommt aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Wenzel, bitte!

Sehr geehrter Herr Minister Lies, ich habe zwei Fragen. Erste Frage: Gehen Sie mit einem eigenen Konzept in die Kohlekommission und, wenn ja, wie sieht es aus? Zweite Frage zu den Verhandlungen mit der Bundesregierung über Sonderausschreibungen im Bereich Onshorewindkraft: Wie ist der Verhandlungsstand zu Menge und Zeitpunkt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. In der Tat sind das zwei Fragen. - Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Wenzel, ich beginne mit dem letzten Punkt. Die Botschaft war: 1,4 GW nachho

len, jeweils zwei Jahre lang jeweils 2 GW, um die Klimaziele zu erreichen. - Wenn ich anhand der Liste, die ich dabei habe, darstelle, wie quasi die Möglichkeiten des Ausbaus sind, ist festzustellen, dass ich nur genehmigte Projekte einbringen kann - die BImSchG-Genehmigung fällt nicht mehr weg - oder Projekte, die in Kürze genehmigt werden, habe. Das zeigt, dass es möglicherweise zu einer sinnvollen Streckung kommen könnte. Das kann man mit Industrie und Gewerkschaften klug besprechen.

Was uns fehlt, ist die Entscheidung der Bundesregierung, das auf den Weg zu bringen. Das muss man an der Stelle ganz offen sagen. Nächste Woche Dienstag tagt die Klimakommission. Ich habe dann auch ein Gespräch mit Herrn Altmaier, in dem ich noch einmal mit sehr viel Nachdruck auf das drängen werde, was ich im Bundesrat und auch an anderer Stelle mehrfach vorgetragen habe: Wir brauchen jetzt - kurzfristig - die Entscheidung der nachholenden Ausschreibung, und wir brauchen einen klaren Fahrplan.

Auf den Fahrplan, wie diese zusätzlichen 4 GW installiert werden sollen - ob sie nicht in zwei, sondern in drei Jahren kommen -, kann man sich doch verständigen. Das alles kann man machen. Aber wir müssen das endlich feststellen, weil wir das Signal nicht nur für die Industrie, die produziert, sondern auch für die Planung brauchen. Denn irgendwann hört man damit auf, neue Projekte zu planen, wenn man weiß, dass wegen der begrenzten Kapazitäten im Ausschreibungsverfahren sowieso keine Chance besteht. Wir brauchen also dieses klare Signal. Deswegen drängen wir im Bundesrat sehr auf diesen Weg. Aber wir drängen natürlich auch in den politischen Gesprächen sehr auf diesen Weg. Es gibt aber noch nichts, was die Bundesregierung beschlossen hat. Ich hoffe aber, dass es etwas gibt, was sie in Kürze beschließen wird.

Zur Klimakommission. Selbstverständlich gibt es eine Vorstellung. Das ist völlig klar. Ich kann Ihnen erst Dienstag sagen, wie die Kommission überhaupt arbeiten wird. Das muss ich fairerweise dazu sagen. Am Dienstag ist die konstituierende Sitzung. Dann wird die Arbeitsweise festgelegt, etwa ob es Arbeitsgruppen gibt. Dann könnte ich berichten, wie die „Strukturwandel“-Kommission arbeitet.

Unser Weg aber ist natürlich völlig klar. Wir wollen raus aus der CO2-Energieproduktion, wir wollen raus aus dem fossilen Zeitalter. Ich betrachte es immer als kluge Lösung, dass man sich eine ver

lässliche Zeitspanne vorgibt, in der das funktioniert, das Vorhaben aber konsequent angeht.

Wir müssen dafür sorgen, dass wir in den Regionen, die heute in besonders starkem Maße vom Kohlebergbau profitieren, einen Strukturwandel ermöglichen, der nachhaltig funktioniert. Ich kann dazu allen nur sagen: Fangen wir lieber heute mit dem Strukturwandel und den dafür nötigen Prozessen an als in zehn Jahren, wenn möglicherweise der Ausstieg anstehen sollte! Denn dann ist keine Zeit mehr, um neue Technologien zu schaffen. Also dort, wo heute noch Kohle abgebaut wird und Kohlekraftwerke stehen, könnte morgen ein Standort sein, an dem wirklich sinnvoll Projekte vorangebracht werden. Warum sollte - auch wenn ich ihn lieber in Niedersachsen hätte - ein Standort für synthetisches Kerosin denn nicht in einem solchen Gebiet liegen, um dort neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze zu schaffen? Das ist für die Akzeptanz wichtig, weil sonst diese Strukturwandeldebatte intensiver ist als die CO2-Debatte, die wir führen sollen.

Wir brauchen also ein klares Konzept - das passt zu den Dingen, die ich vorhin beschrieben habe -: den intensiven Ausbau der Erneuerbaren, den notwendigen Ausbau der Netze, das Voranbringen der Technologien wie Speichertechnologie und Sektorenkopplung und damit einen ganzheitlichen Ansatz, wie Energiewende funktionieren kann und am Ende - das ist doch unser Ziel - auch die CO2Wende funktionieren kann, nämlich den CO2-Ausstoß in Deutschland zu reduzieren, und zwar als Vorbild für andere Länder, wie der CO2-Ausstoß deutlich reduziert werden kann.

Wir haben jetzt schon große Schwierigkeiten und werden das Klimaschutzziel 2020 wahrscheinlich nicht erreichen. Wir wollen und wir müssen das Klimaschutzziel 2030 erreichen. Die Aufgabe ist, dass 65 % des Bruttostromverbrauchs 2030 aus Erneuerbaren stammen. Ich glaube, es liegt noch eine riesige Aufgabe vor uns. Ich bin davon überzeugt, dass Niedersachsen zur Lösung der Aufgabe sowohl technisch, aber auch in der Frage der Konzepte eine Menge beitragen kann, und ich hoffe, dass das am Ende ein Ergebnis der Klimakommission sein wird.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Nächster Redner ist Herr Kollege Grascha von der FDP-Fraktion mit seiner Zusatzfrage. Bitte!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe eine Frage zum Windenergieerlass. Im Windenergieerlass ist das Ausbauziel von 20 GW bis in das Jahr 2050 festgeschrieben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)