Meine Damen und Herren, unsere Auseinandersetzung mit dem Thema Ausführungen, also mit dem begleiteten Verlassen der Anstalten, und unsere Nachfragen im Ministerium haben ergeben, dass die derzeitige Praxis der monatlichen Ausführungen die ursprünglichen Erwartungen nicht erfüllt. Erhofft war, dass sich der Wille der Verwahrten verfestigt, wieder ein straffreies Leben in Freiheit zu führen. Viel Zeit der Verwahrten wird allerdings für die Planung der monatlichen Ausführungen aufgewendet. Die Mitwirkung an therapeutischen Angeboten in der Anstalt rückt dabei in den Hintergrund. Es fehlt schlicht der Anreiz.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich den personellen Aufwand, den eine begleitete Ausführung bei den Mitarbeitern der Anstalt auslöst. Für diese Arbeiten möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken.
Diese Ausführung muss vorbereitet und nachbereitet werden. Währenddessen muss zu jedem Zeitpunkt die Sicherheit der Allgemeinheit gewährleistet sein, und Entweichungen müssen verhindert werden. Wenn aber dieser Aufwand auf eine Maßnahme gerichtet ist, die dann wiederum ihrerseits dem Erfolg des Betreuungsangebotes entgegensteht, dann erscheint auch dies problematisch zu sein.
Meine Damen und Herren, nach alledem stehen die monatlichen Ausführungen dem Ziel der Wiedereingliederung und der therapeutischen Arbeit entgegen. Wir haben die Verwahrten, aber auch die Belastungen der Mitarbeiter und der Anstalten sowie die Belange der Allgemeinheit im Blick. Wir halten daher eine Veränderung des Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes für gut und richtig, allerdings weitergehend auch um die Erweiterung der therapeutischen Maßnahmen, und werben
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sicherungsverwahrung befindet sich in der Tat - das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner dargestellt - in einem Spannungsfeld. Sie soll nämlich zum einen die Sicherheit der Bevölkerung vor weiteren Straftaten gewährleisten, sie soll zum anderen aber gleichzeitig in ihrem Vollzug dafür sorgen, dass die Gefährlichkeit wegfällt, dass sie sozusagen selbst überflüssig wird, sich erledigt und die Personen in Freiheit entlassen werden können.
Wir müssen nach nunmehr rund sechs Jahren Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz in Niedersachsen feststellen, dass die eine Zielsetzung - Sicherheit der Bevölkerung - ganz überwiegend - nicht ganz komplett - gewährleistet wird, dass aber die andere Zielsetzung - Therapieerfolge, Behandlungen überflüssig machen - in der Sicherungsverwahrung selbst nur sehr minimal erreicht wird.
Ein Grund für dieses Missverhältnis sehen die Expertinnen und Experten des Justizministeriums in der Mindestanzahl gesetzlich garantierter Ausführungen, weil das sozusagen eine dauerhafte Therapie gefährdet.
Vor diesem Hintergrund hat es ja in der Tat in der ersten Beratung und in der Ausschussberatung eine große Einmütigkeit dabei gegeben, dass man an der Stelle nachsteuern muss, etwas machen muss.
In der ersten Beratung hatte ich kritisiert, dass sich in Ihrem Entschließungsantrag zu dem Aspekt der Therapie überhaupt nichts wiederfindet. Sie haben das schon in Ihren Reden aufgegriffen. Ich bin sehr froh, dass die Große Koalition auf diesen Aspekt dann noch intensiver eingegangen ist und dass in der Beschlussempfehlung des Ausschusses, die nun zur Abstimmung steht, in der Tat nicht nur die Sicherheit und die Belastungen der Justizbediensteten, sondern auch die Therapie ausdrücklich als Ziele dieser Maßnahme benannt wer
den. Das ist eindeutig eine große Verbesserung, die in den Ausschussberatungen erreicht wurde. Herzlichen Dank für diesen Vorschlag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schon zu Recht - auch gerade von Herrn Dr. Genthe - angesprochen worden: Diese Maßnahme ist richtig. Sie ist aber natürlich bei Weitem nicht ausreichend. Die personelle Ausstattung des Justizvollzuges muss insgesamt verbessert werden. Wir müssen auch über die Bezahlung, über die Entlohnung des Dienstes zu ungünstigen Zeiten und Ähnliches reden. In der Hinsicht erwarten Justizvollzugsbedienstete von uns mehr, als das bislang der Fall war. Ich finde, die Große Koalition sollte mit dem ersten richtigen Haushalt, den sie vorlegt, die Chance ergreifen, im Bereich des Justizvollzugs zu deutlichen Verbesserungen zu kommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch im Bereich der Therapie kann aus unserer Sicht die Reduzierung der Ausbildung natürlich nicht das Einzige sein. Das wollen Sie auch nicht. In Ihrem Antrag beschreiben Sie weitere Dinge. Ich finde es auch wichtig, dass wir beobachten, wie sich die Therapieerfolge in der Sicherungsverwahrung weiterentwickeln, und das als Ausschuss, als Gesetzgeber engmaschig mit begleiten und beobachten und prüfen, wo wir noch nachsteuern können und nachsteuern müssen.
Wir werden für die Gesetzesberatungen, die folgen werden - das möchte ich hier schon ankündigen -, auch eine Anfrage stellen. Wir wollen insgesamt einen Überblick kriegen, wie sich jährlich seit Inkrafttreten des Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes die Ausführungen, Rückfälle und Ähnliches entwickelt haben, damit wir belastbare, ganz konkrete Zahlen haben und nicht mit Vermutungen, wie es teilweise in der Öffentlichkeit passiert, agieren und diskutieren müssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich für die konstruktiven Beratungen in der ersten Debatte und im Ausschuss. Wir Grüne werden diesen Entschließungsantrag in dieser Form mittragen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wundere mich im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Anzahl der Sicherungsverwahrten schon, wie sehr sich hier gewunden wird, um das Auf-die-Bremse-Treten und das Im-Endeffekt-nicht-viel-Machen, außer einen Entschließungsantrag einzubringen und dann erst einmal zu evaluieren und zu betrachten und zu überlegen und sich noch wahnsinnig viel Aufschub zu geben, zu rechtfertigen im Vergleich zu dem, was die AfD fordert, nämlich Nägel mit Köpfen zu machen. Das ist schon interessant. Es kommen immer neue, abstrusere - das muss man wirklich so sagen: abstrusere - Erklärungsbemühungen seitens aller anderen Parteien, nur um etwas, was Sie eigentlich auch wollen und was nur die AfD konstruktiv anfasst, nämlich mit einer Gesetzesänderung, statt es beim Entschließungsantrag zu belassen, zu rechtfertigen.
Wenn ich dann von der Kollegin von der Union höre, wir hätten beim letzten Mal keinen Resozialisierungsgedanken angesprochen, dann weise ich darauf hin - ich schließe mich insoweit der Kritik des Herrn Limburg an; das kommt also nicht nur von mir, sondern auch von Herrn Limburg; insofern schenken Sie ihm vielleicht mehr Beachtung, als wenn ich von der AfD das sage -, dass in Ihrem ursprünglichen Entschließungsantrag nichts von Resozialisierung gestanden hat. Im Ursprungsantrag ging es nur um die Senkung der Anzahl von Ausführungen. Die Resozialisierung haben Sie erst - das möchte ich wagen - im Hinblick auf unseren Antrag und im Hinblick auf die von mir und von unserer Fraktion geäußerte Kritik noch ganz schnell aufgenommen, um nicht ganz so lächerlich dazustehen.
Das ist nicht besonders mit Lorbeeren behaftet. Wenn ich dann noch hören muss, wir hätten nicht den Gedanken der Resozialisierung im Blick und hätten das bisher nicht erwähnt, dann darf ich aus meiner Rede vom 19. April 2018 zitieren. Da habe ich nämlich gesagt - ich habe es eben noch einmal nachgeschlagen -: Ich finde es sehr gut, wenn wir weitere Änderungen, die einer Resozialisierung förderlich sein können, diskutieren und angehen.
Dann zu behaupten, wir wollten nicht resozialisieren und hätten hier irgendetwas anderes im Sinn, ist wieder das Übliche, was wir immer wieder hören: Man meint bei den anderen Parteien, unsere hehren Absichten einfach mal in eine falsche Richtung interpretieren zu können. Das wird dann hier mal eben so behauptet. Das behaupten alle anderen auch nach dem Motto: Wenn alle das sagen, wird es schon irgendwann stimmen!
So geht es nicht! Sie sind hier in der Pflicht zu leisten, und Sie verweigern diese Leistung. Denn - noch einmal -: Es tut der Resozialisierung keinen Abbruch, es tut in keinster Weise allen weiteren Bemühungen, das Gesetz insgesamt zu novellieren, einen Abbruch, wenn wir sagen: Wir machen jetzt Nägel mit Köpfen! Wir beenden jetzt die hohe Anzahl an Ausführungen und reduzieren sie auf eine Ausführung im Quartal! Das tut der Resozialisierung keinen Abbruch. Im Gegenteil, wir haben heute sogar hören dürfen, es könnte der Resozialisierung sogar förderlich sein, die Ausführungszahlen zu reduzieren. In der Tat, das wurde auch im Ausschuss so debattiert. Es ist aber definitiv auf jeden Fall förderlich. Das wissen eigentlich Sie alle. Insofern finde ich es bedauerlich, dass Sie in dieser Situation nicht über Ihren Schatten springen konnten -
Sofort, wenn ich den Satz zu Ende führen darf, selbstverständlich - und in der Ausschussberatung unserem inzwischen eingebrachten Gesetzentwurf die Zustimmung verweigert haben, obgleich wir genau diesen Schritt gehen wollen, weil wir eben sagen: Es ist nicht hinderlich für die Resozialisierung - im Gegenteil, auch ich sehe es so, es könnte sogar förderlich sein -, die Anzahl der Ausführungen zu reduzieren. Vor allen Dingen bedeutet es eine effektive Entlastung, die für die Anstalten, die diese Ausführungen durchführen, dringend notwendig ist. Dabei geht es auch um die Bediensteten, die wegen der hohen und im Vergleich zu anderen Bundesländern weit überhöhten Anzahl an Ausführungen unter hoher Belastung und unter hoher personeller Beanspruchung stehen.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich habe eine Frage. Sie sprechen immer von Resozialisierung und Therapie. Aber wo ist denn in Ihrem Gesetzentwurf davon die Rede? Sie beschränken sich - jedenfalls nach meinem Kenntnisstand - einzig und allein auf die Reduzierung der Anzahl der Ausführungen. Dazu gehört aber ein bisschen mehr. Das fehlt doch in Ihrem Gesetzentwurf. Oder habe ich das falsch gelesen?
Herr Meyer, dann haben Sie offensichtlich in der bisherigen Debatte und offensichtlich auch mir nicht so ganz zugehört. Ich habe gar nicht gesagt, dass wir das nicht wollen, sondern ich habe gesagt, das eine schließt das andere nicht aus.
Wenn wir die Anzahl der Ausführungen reduzieren, und zwar bereits jetzt - und nicht irgendwann nächstes Jahr, übernächstes Jahr oder wann auch immer, in 10, 20, 30 oder 50 Jahren -, dann führt das logischerweise dazu, dass wir einen ersten wichtigen Schritt gemacht haben. Das schließt aber nicht aus, dass wir begleitend - das benötigt länger; das kann man nicht mal so eben machen wie z. B. die Anzahl der Ausführungen zu ändern; dafür braucht man ein bisschen mehr Gehirnschmalz - überlegen und evaluieren, was wir an Resozialisierungsmaßnahmen durchführen können. Das eine schließt das andere nicht aus.
Wenn Sie dieser Debatte heute zugehört hätten, dann hätten Sie auch gehört, dass es im Ausschuss zu Recht anklang - ich habe das eben schon betont, bevor Sie Ihre Frage gestellt haben -, dass die Reduzierung der Anzahl der Ausführungen durchaus eine der Resozialisierung förderliche Komponente sein kann, weil diese ja - das wurde im Ausschuss festgestellt - kontraproduktiv sind. Das heißt, bereits unser Antrag, den wir wahrscheinlich im nächsten Plenum abschließend beraten werden, ist sogar ein Schritt zur Resozialisierung.
Ich weiß deshalb nicht, wie Sie das anders verstehen können, als es gemeint ist. Aber das liegt wahrscheinlich an den Bemühungen, immer alles anders verstehen zu wollen, als es die AfD meint. Das scheint hier ein hehres Prinzip zu sein. Ich bin
Herr Emden, Sie haben zwischendurch gesagt, dass die Kolleginnen und Kollegen einen Antrag geschrieben hätten, damit sie nicht gar so lächerlich wirkten. - Ich glaube, wir haben weder Kolleginnen noch Kollegen, noch Anträge, die hier in irgendeiner Weise lächerlich wirken - überhaupt nicht!
(Beifall bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Bei der Behauptung bin ich mir jetzt nicht ganz so sicher!)
Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Hier steht zwar etwas ganz anderes, aber ich sage am Anfang als ersten Satz: Ach, Herr Abgeordneter Emden, warum? - Sie sprechen davon, dass Evaluation zu diesem Thema nie stattgefunden habe. Das Einzige, was wir von Anfang an gesagt haben, ist - das steht hier gar nicht auf meinem Zettel; ich weiche jetzt ein bisschen von meinem Konzept ab -, dass wir das Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz mit einem ganzen Paket zum Justizvollzugsgesetz verknüpfen, bei dem einiges - zu dem komme ich gleich noch - mitgeregelt werden muss. - Das vorweg.
Das Bundesverfassungsgericht hat 2011 festgestellt - deshalb kommt das Ganze ja nur -, dass die Regelungen zur Sicherungsverwahrung mit dem Grundgesetz unvereinbar waren, und hat klargestellt, dass die Sicherungsverwahrung mit einem deutlichen Abstand zum Strafvollzug auszugestalten ist. Dabei ist die Freiheitsentziehung so zu regeln, „dass die Perspektive der Wiedererlangung der Freiheit sichtbar die Praxis der Unterbringung bestimmt“. Diesem Umstand soll „durch einen frei
heitsorientierten und therapiegerichteten Vollzug Rechnung getragen werden“. Im Ergebnis dient die Unterbringung natürlich dem Ziel, die Gefährlichkeit der betroffenen Person für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die weitere Vollstreckung der Maßregel entbehrlich wird.