Protocol of the Session on June 21, 2018

Meine Damen und Herren, die Mitarbeiter in den Gerichten - insbesondere auch die Richterschaft - wünschen sich seit Langem durchgängige Einlasskontrollen, wie sie in anderen Bundesländern schon sehr, sehr lange üblich sind. Lediglich 54 % der Gerichte und Staatsanwaltschaften können solche Kontrollen täglich durchführen. Das heißt: Fast die Hälfte kann das nicht. - An 40 % der Standorte gibt es nicht einmal die Möglichkeit, den Zustrom des Publikums irgendwie zu kanalisieren. Die Leute können also von der Eingangshalle einfach in die Flure gehen. An sieben Standorten gibt es nicht einmal Metalldetektorrahmen.

Dass es an solch vergleichsweise einfachen technischen Möglichkeiten fehlt, ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Doch es fehlt nicht nur an Technik, sondern auch an Personal. Das Justizministerium teilte im Ausschuss mit, dass beim Finanzministerium pro Jahr zusätzlich 77 Wachtmeisterstellen angemeldet worden sind. Das ist lobenswert. Ich hoffe aber, dass das nicht nur gemacht wurde, um sich im Falle einer Ablehnung durch das Finanzministerium der Verantwortung zu entledigen.

Notwendig, meine Damen und Herren, sind zudem sicherlich auch diverse bauliche Maßnahmen; auch das wurde schon angesprochen. Es ist nicht einzusehen, warum beispielsweise die Arbeitszimmer der Richter auch für Besucher eines Gerichtes zugänglich sein sollen, wenn diese erst einmal das Gerichtsgebäude betreten haben. Hier sind Umbaumaßnahmen nötig. An 76 Standorten aber gibt es, was die baulichen Maßnahmen betrifft, Grenzen durch den Denkmalschutz. Jedoch ist in der Abwägung zwischen der Sicherheit der Menschen in den Gerichten und dem Denkmalschutz am Ende ganz sicher der Sicherheit der Vorrang zu geben.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion wird den Entschließungsantrag unterstützen, erwartet aber, dass er nicht nur irgendein Papier bleibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr. - Wir kommen jetzt zu dem Beitrag von Herrn Helge Limburg für Bündnis 90/Die Grünen.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mit der Mär aufräumen, die hier von der CDU-Fraktion erneut erzählt wurde, dass nämlich der vorherigen Landesregierung, der Grünen-Justizministerin die Sicherheit an Gerichten und Staatsanwaltschaften gleichgültig gewesen sei. Herr Prange hat ja darauf hingewiesen. Das Sicherheitskonzept, über das wir hier reden und das weiterentwickelt werden soll, stammt aus dem Jahr 2014, also aus der Zeit der rot-grünen Regierung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Hören Sie also auf, solch einen Unfug zu verbreiten!

Der Unterschied zwischen dem rot-grünen Ansatz aus dem Jahr 2014 und dem Ansatz, den jetzt die Große Koalition verfolgt, ist in der Tat entscheidend. Der Unterschied besteht darin, dass das damalige Sicherheitskonzept ein ausgewogenes Konzept mit Augenmaß war, das sowohl die Sicherheitsbedürfnisse als auch den Wunsch nach Offenheit, Zugänglichkeit und Bürgernähe von Gerichten berücksichtigt hat. Sie wollen jetzt aber einseitige Verschiebungen vornehmen und unsere Justiz sozusagen festungsähnlich abriegeln. Das aber lehnen wir Grünen selbstverständlich ab. Das kann nicht richtig sein.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es bleibt dabei, dass wir in dieser Debatte letztendlich nur an Symptomen herumdoktern. Sicherheitskontrollen an Gerichten sind in vielen Fällen sicherlich richtig und notwendig und müssen dort, wo es angezeigt ist oder wo es Hinweise gibt etc., ganz ohne Frage durchgeführt werden. Überhaupt gar keine Frage! Am Ende können diese Kontrollen aber nur verhindern, dass Straftaten in Gerichten passieren. Draußen bleiben diese Straftaten

weiter möglich. Der Revolverfund, den Sie, Herr Kollege Röhler, angesprochen haben, zeigt ja, dass es richtig wäre, endlich das Waffenrecht zu verschärfen, um zu mehr Sicherheit in und außerhalb von Gerichten zu kommen. Gegen solche Initiativen sperren sich CDU und SPD aber seit Jahren immer wieder. Sie doktern nur an Symptomen herum und verlagern die Probleme, statt sie wirklich zu lösen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Interessant ist auch, was in Ihrem Antrag nicht steht, auch wenn Sie in Ihren Reden hier anderes darzustellen versuchen. Herr Prange, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, wie wichtig für die Sicherheit die Bediensteten sind. Ihr Antrag enthält aber weder Forderungen nach mehr Personal noch Forderungen nach Stellenhebungen für Justizwachtmeisterinnen und -wachtmeister.

Was nicht geht, ist, dass die Große Koalition mehr Aus- und Fortbildung für Wachtmeisterinnen und Wachtmeister organisiert, ihnen mehr Aufgaben aufbürdet, dann aber finanziell überhaupt nichts tut und keinen Ausgleich dafür schafft. Das kann nicht richtig sein. Es ist bezeichnend, dass Sie in Ihrem Antrag kein Wort zum Thema „mehr Stellen und Stellenhebungen“ verlieren. Wir fordern eine angemessene Bezahlung und angemessene Berufsperspektiven für unsere Wachtmeisterinnen und Wachtmeister, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Was in Ihrem Antrag völlig fehlt, ist der Aspekt baulicher Maßnahmen. Auch darüber ist schon in der letzten Legislatur gesprochen worden. Man muss schauen, wo es in Gerichten einen öffentlich zugänglichen Teil geben muss und wo darauf verzichtet werden kann. Da sollte man besser trennen, statt pauschal alles mit Eingangskontrollen zu belegen.

Jetzt noch ein letzter Punkt. Herr Kollege Röhler, ich halte es für wichtig, wie wir in dieser Debatte argumentieren und nach welcher Bestandsaufnahme. Ich finde es geradezu perfide, wenn Sie hier den tragischen Fall des Richters, der 2016 Opfer einer Messerattacke in einem Park in Hildesheim geworden ist, heranziehen. Ich bin sehr froh, dass der Täter gefunden werden konnte. Ich hoffe, dass es dem Richter mittlerweile besser geht und er auch die psychischen Folgen überwunden hat. Aber klar ist: Es wurde festgestellt, dass er ein Zufallsopfer war. Er ist weit außerhalb eines Gerichtes Opfer geworden. Dass Sie diesen Fall heranziehen, um Kontrollen in und an Gerichten zu begründen, zeigt, dass Ihre Bestandsaufnahme mit

Ihren Maßnahmen überhaupt nichts zu tun hat. Das ist eine Simulation von Politik. So fördern Sie Politikverdrossenheit, wenn Sie die Tatsachen hier in dieser Debatte auf diese Art verdrehen. So sollten wir in den kommenden Jahren wirklich nicht über Justizpolitik diskutieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Limburg. - Wir kommen jetzt zur Justizministerin, Frau Barbara Havliza.

(Zustimmung bei der CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde mich bemühen, die Diskussion wieder auf die sachliche Ebene herunterzubrechen, die sie verdient. Zunächst einmal möchte ich mich ausdrücklich bedanken bei den beiden Koalitionsfraktionen, aber auch beim Abgeordneten Dr. Genthe, die meine Herzensangelegenheit, nämlich sichere Gerichte zu schaffen, ausdrücklich unterstützen und mit guten Argumenten und berechtigten Forderungen untermauern. Diese Forderungen sind - das kann ich versichern - auch die Forderungen des Justizministeriums. Ich glaube aber, dass dies hier allgemein bekannt ist.

Ich habe schon am 14. Dezember dargestellt, was ich mir vorstelle und was wir uns wünschen. Ich möchte an diese Rede anknüpfen und einmal darlegen, was seither passiert ist.

Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass Bürgerinnen und Bürger, aber natürlich auch die Angehörigen der Justiz einen Anspruch auf einen sicheren Aufenthalt in Gerichtsgebäuden haben und eine sichere Arbeitsumgebung ihr Eigen nennen dürfen. Von daher sind wir meiner Auffassung nach verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen.

Wie wir diese Sicherheit gewährleisten können, haben wir in den letzten Monaten untersuchen lassen. Wir haben eine Bestandsaufnahme bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften durchführen lassen. Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus den Mitarbeitern meines Hauses, der Gerichte und der Staatsanwaltschaften sowie den Personalvertretungen, hat eine erste Beantwortung dieser Bestandsaufnahme vorgenommen und das Ganze ausgewertet.

Wie vorhin schon einmal angesprochen, haben wir das ganze Sicherheitskonzept in drei Handlungsfelder aufgeteilt: Mensch, Technik und Kontrolle. - Ich möchte Ihnen jetzt ganz kurz nur die Ergebnisse vorstellen:

Das Handlungsfeld „Mensch“ umfasst insbesondere die Aus- und regelmäßige Fortbildung der Justizwachtmeister. Herr Limburg, Sie sagen, das sei alles nur so dahergesagt.

(Helge Limburg [GRÜNE] unterhält sich mit Julia Willie Hamburg [GRÜ- NE])

- Sie brauchen mir nicht zuzuhören; aber das ist egal.

Die Aus- und Fortbildung der Justizwachtmeister ist ganz besonders wichtig. Das gilt insbesondere auch für das Gebiet der Deeskalation. Das ist in bestimmten Situationen das erste Handlungsfeld. Die Bediensteten müssen so fortgebildet werden, dass sie auch in spannenden Situationen in der Lage sind, ruhig und sachlich mit den Dingen umzugehen; das ist zumeist die erste Hilfe. Aber auch die Sensibilisierung aller übrigen Beschäftigten muss vorangetrieben werden. Hier sind wir auf einem sehr guten Weg, und das Aus- und Fortbildungskonzept hat sich bewährt. Für die Sensibilisierung der Beschäftigten gibt es vielfältige Angebote. Wir sind auf diesem Gebiet unterwegs.

Das Handlungsfeld „Technik“ umfasst zum einen die baulichen Rahmenbedingungen und zum anderen die Ausstattung mit der nötigen Sicherheitstechnik. Nach dem Ergebnis der Bestandsaufnahme unterliegen 76 Gerichtstandorte - und damit etwas mehr als die Hälfte aller Standorte in Niedersachsen - zumindest mit einem Gebäudeteil den Vorgaben des Denkmalschutzes. Das stellt uns vor nicht geringe Probleme.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Auch der Denkmalschutz verfolgt natürlich ein völlig berechtigtes Anliegen; ich stehe aber nach wie vor dafür ein, dass Sicherheit in diesem Zusammenhang immer den Schutz des Lebens und der Gesundheit bedeutet und daher dem Denkmalschutz vorgehen muss.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Bei fast einem Viertel der Standorte gibt es bereits heute voll ausgestattete Schleusen. Bei 36 % der Standorte kann zumindest eine schleusenähnliche Kanalisation der Besucherströme erfolgen, und bei

40 % der Standorte besteht im Moment keine Schleuse oder schleusenähnliche Situation.

Da, wo bauliche Neu-, Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen geplant sind, werden wir gleichzeitig natürlich auch sicherungsrelevante Maßnahmen umsetzen. Das versteht sich von selbst; es wäre ja auch verrückt, wenn nicht. Das gilt insbesondere für die Eingangsbereiche. Dort, wo bauliche Maßnahmen aus haushalterischen oder baulichen Gründen nicht möglich sind, hat sich die Arbeitsgruppe zumindest für zunächst niedrigschwellige Lösungen wie beispielsweise die Nutzung von Rollschließfachcontainern und eine Kanalisierung der Besucherströme mit Absperrbändern ausgesprochen. Dieser Arbeitsgruppe gehören wohlgemerkt auch Wachtmeister an, die mit praktischen Beiträgen durchaus ihren Beitrag dazu leisten.

Was die Sicherheitstechnik betrifft: Inzwischen stehen bei fast allen Standorten Metalldetektorrahmen zur Verfügung. Bei Bedarf können insbesondere bei größeren Standorten Gepäckscanner zum Einsatz kommen. Insgesamt stellen wir unseren Gerichten und Staatsanwaltschaften jährlich 750 000 Euro für die Sicherheitsausstattung zur Verfügung. Das ist eine beachtliche Summe. Wir sind da auf einem guten Weg.

Der größte Handlungsbedarf scheint mir insbesondere auf dem Handlungsfeld der Kontrolle zu bestehen. Nach dem zurzeit gültigen Sicherheitskonzept werden anlassunabhängige Einlasskontrollen flexibel nach Weisung der Behördenleitung vor Ort durchgeführt. Sie stellen eine Ergänzung zu den anlassabhängigen, verpflichtend durchzuführenden Einlasskontrollen dar und dienen der Prävention und Abschreckung.

Unser Ziel ist es - ich hatte es damals schon dargestellt -, die anlassunabhängigen Kontrollen täglich als Vollkontrolle bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften zur Regel zu machen, solange sie geöffnet sind. Nach der Bestandsaufnahme kann ich feststellen, dass bei der Hälfte der Standorte tägliche anlassunabhängige Einlasskontrollen in unterschiedlicher Kontrolltiefe durchgeführt werden. Das ist, wie ich finde, schon mal ziemlich erfreulich.

Lassen Sie mich aber auch ganz klar sagen: 50 % sind immer noch 50 % zu wenig, wenn man von unserem Ziel ausgeht. Es darf keine Sicherheit erster und zweiter Klasse geben; dazu stehe ich. Nicht nur die Kontrolldichte, sondern auch die Kontrolltiefe ist ganz entscheidend. Wir wollen ein gleichmäßig hohes Sicherheitsniveau an allen

Gerichten und Staatsanwaltschaften dieses Landes erreichen.

Sie haben vorhin schon vernommen, wie viele Gerichtsstandorte und Standorte für Staatsanwaltschaften wir in diesem Land haben: über 137. Bis Ende 2019 möchte ich sie alle besucht haben. Ich mache mir jeweils ein Bild von den baulichen Gegebenheiten vor Ort. Das ist alles nicht einfach.

Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der einzelnen Gerichte sowie bei den Behördenleitungen bedanken. Sie alle haben sehr dankbar unsere Konzeption angenommen, die bereits 2014 aufgrund von Sicherheitsbedenken begonnen hat - da gebe ich Herrn Kollegen Limburg recht -, und die von uns fortentwickelt wurde. So kann man es wohl nennen, da wird man allen gerecht. Sie alle bemühen sich nach Kräften, trotz ihrer personellen Unterausstattung unser Konzept bereits jetzt so gut wie möglich umzusetzen. Dafür bin ich wirklich dankbar. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen. Wir finden da eine ganz breite Unterstützung.

Ich möchte kurz auf den Einwand des Abgeordneten der AfD zurückkommen. Tipps aus der Praxis - ich weiß nicht, ob ich die wirklich brauche. Das scheint bei Ihnen so angekommen zu sein. Wachtmeister zu gewinnen, ist nicht einfach, das gestehe ich zu; aber es ist auch nicht unmöglich. Wir merken das immer wieder.

Wir brauchen die Stellen. Sie sind angemeldet. Ich bin guten Mutes, dass das Finanzministerium diesen Missstand erkennt. Wir werden darum kämpfen, das kann ich Ihnen versichern. Mit der personellen Stärkung des Justizwachtmeisterdienstes steht und fällt für uns ganz viel. Ich bin Ihnen allen sehr dankbar, sämtlichen Beiträgen hier entnehmen zu können, dass die Landesregierung bei diesem Konzept Ihre volle Unterstützung findet.

Ich bedanke mich an dieser Stelle für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass ich alsbald weitere positive Nachrichten übermitteln kann.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Ministerin. Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass wir zur Abstimmung kommen können.