Protocol of the Session on May 18, 2018

(Dr. Thela Wernstedt [SPD]: Kommu- nale Aufgabe!)

Womit rechtfertigen Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete der Grünen-Fraktion, die bloße Hoffnung, dass sich aufgrund Ihres Entschließungsantrags in den nächsten zehn Jahren in dieser Hinsicht auf Bundesebene etwas ändern wird?

Dass in Niedersachsen akuter Handlungsbedarf herrscht, können Sie außerdem der mittelfristigen Finanzplanung der Landesregierung für die Jahre 2017 bis 2021 entnehmen. Dort ist zu lesen - ich zitiere -:

„Auch angesichts der hohen Zugangszahlen von Flüchtlingen wird in den Frauenunterstützungseinrichtungen ein erheblicher zusätzlicher Beratungs- und Unterkunftsbedarf ausgelöst werden.“

Das ist völlig nachvollziehbar.

Auch die Frauenhauskoordinierung e. V. wies im September des letzten Jahres darauf hin, dass der Anteil von Migrantinnen, die in Schutzeinrichtungen Zuflucht suchen, in den letzten Jahren gestiegen ist und in Frauenhäusern, vor allen Dingen in Westdeutschland, je nach Bevölkerungsstruktur in der jeweiligen Region teilweise 62,5 % beträgt. Deshalb: Schluss mit dem Kompetenzgerangel.

Wir brauchen ein eigenes Gesetz hier im Land Niedersachsen. Die AfD hat bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf erarbeitet. Wir werden das Niedersächsische Frauenschutzgesetz im nächsten Tagungsabschnitt, im Juni-Plenum, einbringen. Unser Gesetz umfasst für Frauen und ihre minderjährigen Kinder einen Rechtsanspruch auf sofortige Zufluchtsmaßnahme in eine Schutzeinrichtung sowie auf Inanspruchnahme eines umfassenden Unterstützungssystems zur Bewältigung von Gewalterfahrung und Wiedereingliederung in ein eigenständiges Leben. Auch für die Finanzierung gibt es Lösungsansätze im Land.

Wo ein politischer Wille ist - und der ist hier im Landtag Niedersachsen zu sehen -, gibt es auch einen Weg.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die FDP-Fraktion spricht nun die Kollegin Bruns. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann den Beiträgen der Vorrednerinnen gar nicht so viel hinzufügen, möchte mich aber bei Bündnis 90/Die Grünen für den Antrag bedanken.

Mir ist es immer ein bisschen unheimlich, wenn Regierungsfraktionen sagen, sie machen das alles schon und man bräuchte das nicht mehr beantragen. - Ich finde es wichtig, einen eigenen Antrag zu stellen, um andere Möglichkeiten selbst gestalten zu können. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ich würde gerne noch zwei Punkte ansprechen, die ich von den Regierungsfraktionen heute nicht gehört habe, und zwar zum einen das Thema Schutzwohnungen. Dazu hatten wir uns in der Aktuellen Stunde eindeutig geäußert, nämlich dass

wir gerne Schutzwohnungen für die Frauen hätten, die zunächst keinen Platz haben. Der zweite Punkt ist: Frauen fallen z. B. durch das Raster, weil sie Söhne haben, die älter als zwölf Jahre sind oder weil Drogen- und Suchtprobleme vorliegen. Auch das ist in dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen angeführt. Ich finde es gut und richtig, dass wir uns im Ausschuss auch damit beschäftigen und den Frauen Zuflucht gewähren wollen.

Ich freue mich auf die Ausschussberatung. Auch ich hätte eine Anhörung beantragt, aber das haben schon alle Vorrednerinnen getan. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Bruns. - Das Wort für die Landesregierung hat die Sozialministerin Frau Dr. Reimann. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich zunächst bei der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für diesen sachlichen und ausgewogenen Antrag bedanken. Obwohl wir schon einiges umsetzen und ich anderes nicht 1 : 1 teile, arbeiten wir hier zusammen für die betroffenen Frauen in die richtige Richtung und in eine Richtung. Das begrüße ich sehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren - bei den Vorrednerinnen ist es schon angeklungen -, Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein schwerwiegendes Problem bundesweit - auch hier in Niedersachsen. Gewalt gegen Frauen ist kein individuelles Problem, sondern ein gesellschaftliches. Frauen und Kindern Hilfe und Schutz zu gewähren, ist deshalb ein Menschenrecht, und diesen Handlungsauftrag nimmt die Niedersächsische Landesregierung entschlossen an.

Die Frauen brauchen Beratung, sie brauchen Zuwendung, und sie brauchen einen sicheren Ort. Als zentrale Anlaufstelle und Einrichtung für Opfer von häuslicher Gewalt sind Frauenhäuser seit 40 Jahren - so lange gibt es sie - unverzichtbar geworden. Schutz und Unterstützung ist eine kommunale Aufgabe der örtlichen Daseinsvorsorge, und zusammen mit den Kommunen haben wir auch in Niedersachsen ein ausdifferenziertes Hilfesystem für von Gewalt betroffene Frauen aufge

baut. Die Kollegin Pieper hatte darauf hingewiesen.

Die Auslastungsquote der Frauenhäuser hierzulande liegt zwischen 40 und 100 %, durchschnittlich bei rund 70 %. Frau Byl, das sind die Zahlen, die die Frauenhäuser uns gemeldet haben. Jährlich suchen in den 41 niedersächsischen Häusern, die wir haben, im Durchschnitt 2 200 Frauen mit 2 000 Kindern Schutz und Unterstützung. Seit 2012 haben wir die Haushaltsmittel kontinuierlich auf jetzt 8,65 Millionen Euro in 2018 erhöht. Davon entfallen 4,3 Millionen Euro auf die Frauenhäuser. Damit konnte die Zahl der Belegungsplätze von 352 auf 370 gesteigert werden. Und wir werden - das darf ich hier ankündigen - die Haushaltsmittel in diesem Bereich in den nächsten Jahren verstetigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aktuell planen wir weitere Maßnahmen, um die Frauenhäuser in ihrer Arbeit zu unterstützen. Wir wollen den barrierefreien Ausbau der Frauenhäuser anregen und haben dafür 1 Million Euro zusätzlich im Nachtragshaushalt zur Verfügung gestellt.

Noch in diesem Monat werden wir mit den Frauenhäusern über die praktische Umsetzung des Programms sprechen. Das ist eine besondere Herausforderung; denn viele der Immobilien sind nur gemietet. Gleichzeitig prüfen wir - das kann ich hier auch sagen - in diesem Rahmen die Einrichtung einer barrierefreien Website in einfacher Sprache.

Wir wollen die Istanbul-Konvention umsetzen und das bestehende Hilfesystem bedarfsgerecht gestalten und weiterentwickeln. Frau Wernstedt hat dazu schon einiges gesagt. Dazu entwickeln wir aktuell gemeinsam mit dem Bund und anderen Ländern in einem Modellprojekt Instrumente, mit denen unser Hilfesystem künftig noch besser auf die Bedarfe der von Gewalt betroffenen Frauen zugeschnitten und angepasst ist. Dabei spielen die Frauenhäuser eine besondere und wichtige Rolle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen, dass ich mit der Verstetigung der Haushaltsmittel, dem barrierefreien Umbau der Frauenhäuser und der Arbeit an der Umsetzung der IstanbulKonvention einen besonderen Schwerpunkt im Bereich „Schutz von Frauen vor Gewalt“ lege.

In diesem Sinne wünsche ich diesem Antrag eine gute Beratung. Die Anhörung ist schon beantragt. Ich bedanke mich für die gemeinsame Arbeit an diesem wichtigen Thema.

Danke.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU sowie Zustimmung von den GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll der Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein. Wer möchte dem so folgen? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung: Zukunft für die NORD/LB ohne frisches Steuergeld - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/831

Zur Einbringung hat sich der Kollege Grascha für die FDP-Fraktion gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Finanzkrise hat gezeigt, dass Handeln und Haften zusammengehören. Dabei geht es insbesondere um das Eigenkapital. Das Eigenkapital muss entsprechend erhöht werden. Hier sind natürlich insbesondere die Banken betroffen. Die erhöhten Eigenkapitalanforderungen bei den Banken sind richtig; denn hier haben wir in der Vergangenheit zu wenig Eigenkapital gehabt, aber auch in der Gegenwart ist das immer noch zu wenig.

Wenn man einmal die „normalen“ Eigenkapitalvorstellungen der „normalen“ Wirtschaft als Beispiel heranzieht, dann wird man feststellen, dass das auch bei der NORD/LB im Moment noch der Fall ist. Die NORD/LB hat eine Bilanzsumme von 165 Milliarden Euro. Das Eigenkapital beträgt 6 Milliarden Euro. Das bedeutet unter „normalen“ wirtschaftlichen Betrachtungen eine Eigenkapitalquote von 3,7 %. Wenn man das mit der Normalwirtschaft, dem deutschen Mittelstand beispielsweise, vergleicht, wo wir Eigenkapitalquoten von über 50 % haben, dann sieht man schon, dass wir hier immer noch ein Problem haben.

Deswegen beschäftigt uns dieses Thema seit dem Jahr 2011 laufend. Ich möchte nur einmal schlaglichtartig die Ereignisse nennen, die hier durchaus eine Rolle gespielt haben:

Im Jahr 2011 haben wir eine Kapitalmaßnahme von 1,6 Milliarden Euro durch das Land Niedersachsen gehabt. Das Eigenkapital ist immer noch zu niedrig. Die NORD/LB ist das Schlusslicht aller Landesbanken. Die Bremer Landesbank wurde überteuert gerettet. Wir hatten zwar im Jahr 2017 nach dem Verlustjahr 2016 ein positives Ergebnis, aber nach der Einschätzung der Ratingagentur Moody‘s war dieses positive Ergebnis durch Einmaleffekte herbeigeführt worden. In Wahrheit lag der Verlust nach deren Berechnungen bei 333 Millionen Euro. Moody‘s stuft in bestimmten Segmenten das Rating der NORD/LB nur noch auf knapp über Ramschniveau ein.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, was heißt das für die Zukunft? Wir müssen uns doch die Frage stellen: Wenn wir heute entscheiden würden, ob wir eine Landesbank brauchen, wie würden wir uns dann verhalten? - Ich glaube, wir würden die Frage, ob wir eine Landesbank brauchen, mit Nein beantworten. Das Risiko einer Bank, die sich im Prinzip wie eine Geschäftsbank verhält, können wir nicht dem Steuerzahler übertragen. Es geht jetzt darum, die Risiken nicht zu erhöhen, sondern sie zu reduzieren.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen geht es nach unserer festen Überzeugung jetzt darum, die Situation, die wir bei der Norddeutschen Landesbank haben, als Chance zu begreifen und die Bank neu aufzustellen. Deswegen ist die Landesregierung, deswegen ist der Finanzminister als Aufsichtsratsvorsitzender gefordert, jetzt strategische Entscheidungen zu treffen. Wir haben in unserem Entschließungsantrag einige Vorschläge gemacht.

Es geht darum, die Kapitalausstattung zu verbessern, ohne die Risiken zu erhöhen. Es geht darum, ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Es geht darum, das Schiffskreditportfolio auszugliedern oder zumindest darüber zu diskutieren, hier die Risiken weiter zu reduzieren. Es geht darum, Gespräche über eine Ausgliederung der Braunschweigischen Landessparkasse zu führen.

Über all dem steht nach unserer festen Überzeugung allerdings, dass es für die Rettung einer Bank, die Rettung der Norddeutschen Landesbank, kein weiteres Steuergeld geben darf. Die Zeiten von Bankenrettungen sind aus unserer Sicht definitiv vorbei.

(Beifall bei der FDP)

Die Spekulationen, die wir in den letzten Monaten dazu erlebt haben, müssen endlich beendet werden. Die Spekulationen sind zum Schaden der Kunden, sie sind zum Schaden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sie sind zum Schaden der gesamten Bank. Deswegen ist der Finanzminister gefordert, hier endlich Klarheit zu schaffen.

Seit dem Sommer 2017 kursieren mittlerweile die Gerüchte. Es werden immer mal wieder unterschiedliche Zahlen genannt: eine Milliarde, zwei, drei oder vier Milliarden Euro benötigt die Bank möglicherweise. Das sind für Otto Normalverbraucher unvorstellbare Zahlen: 4 Milliarden Euro!

Ich möchte deswegen einmal deutlich machen, was man ansonsten mit 4 Milliarden Euro machen könnte. Man könnte z. B. dauerhaft so viele Lehrerinnen und Lehrer einstellen, dass nicht eine einzige Unterrichtsstunde im ganzen Land mehr ausfallen würde. Das ist die Summe, mit der wir im Grunde den Unterrichtsausfall abschaffen könnten. Das macht die Dramatik deutlich und über welche Beträge wir hier tatsächlich reden.

Uns wird oft entgegengehalten: Das darf man alles nicht diskutieren, das ist doch zum Schaden der Bank usw. - Nein, man muss es diskutieren, weil es hier um die öffentlichen Interessen geht. Es geht um das Geld der Steuerzahler, und deswegen muss es eine öffentliche Debatte geben.