Protocol of the Session on May 17, 2018

Uns wird also erzählt, dass wir ein Riesenproblem in der Flüchtlingspolitik haben und dass man CSU wählen sollte. Was aber tatsächlich passiert, ist, dass Extremisten gewählt werden. Wer gestern die Rede von Frau Weidel im Deutschen Bundestag gesehen hat, der sieht das Ergebnis dieser Politik. Das sind die Geister, die man rief.

Tatsächlich hatten wir 2015 und 2016 Zustände in diesem Land, die wir als chaotisch bezeichnen können und die vielen Menschen das Vertrauen in den Staat genommen haben. Aber wie ist die Situation denn heute? - Man kann sich das in den Ankunftszentren z. B. im schönen Heidekreis in Bad Fallingbostel angucken. Die Innenpolitiker der SPD haben das vor einigen Wochen getan.

Dort können wir sehen, wie heute die Aufnahme und Registrierung von Flüchtlingen abläuft, dass das funktioniert, dass Bund und Land dort Hand in Hand arbeiten und dass die Abläufe und - wie Dr. Birkner gesagt hat - die schnelle Abwicklung dort funktionieren.

Das muss klargestellt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir brauchen keine Ängs

te, sondern wir müssen zeigen, dass es läuft und dass wir die Situation nunmehr im Griff haben.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt sicherlich auch noch Verbesserungsbedarf bei der Frage, wie wir es hinbekommen, dass diejenigen, die nicht bleiben können, in ihre Länder zurückkehren können. Dort hat in erster Linie der Bund die Aufgabe, mit den Herkunftsstaaten zu vereinbaren, dass die ihre Leute in einer ordentlichen Zeit und sozusagen in ordentlicher Stückzahl zurücknehmen. Wir als Land müssen uns anschauen, ob die Abläufe so, wie sie sind, ausreichend sind, ob wir zusätzliches Personal brauchen oder ob wir die Abläufe verändern müssen.

Was wir aber nicht brauchen, meine Damen und Herren, ist eine Überschriftenpolitik à la Bayern, à la Söder.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Und à la Schünemann und à la Pistorius! Schünemann macht doch das Glei- che!)

Wir gehören als bodenständige Niedersachsenpartei nicht zu denjenigen, die hellseherische Fähigkeiten haben, und wir gehören auch nicht zu denjenigen, die an Hellseher glauben.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Landesregierung hat nun das Wort Herr Innenminister Pistorius. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Welchen Sender gucken Sie denn?)

- Minister haben noch weniger Zeit, Fernsehen zu gucken, als Abgeordnete.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Würde aber bilden!)

Astro TV kenne ich auch nicht, aber ich bin dankbar für den Hinweis. Man kann ja mal reinschauen, wenn man nicht mehr weiter weiß. Aber bei dieser Landesregierung kommt das bekanntermaßen ja nicht vor.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe an dieser und an vielen anderen Stellen schon mehrfach erklärt: Es gibt zum Thema Ankerzentren bislang nicht mehr als Äußerungen in Interviews und Presseerklärungen. Es gibt Mutmaßungen. Es gibt aus Arbeitsbesprechungen plötzlich den Hinweis, dass sich das BAMF Gedanken darüber gemacht hat, welche heutigen Standorte von Aufnahmezentren geeignet sein könnten usw. Mehr ist nicht bekannt.

Und über den Wahrheitsgehalt aktueller Berichterstattung, meine sehr geehrte Damen und Herren, können wir alle nur spekulieren, weil wir als Länder bislang nicht ausreichend informiert worden sind und weil offenbar - einen anderen Schluss gibt es gar nicht - die Pläne des Bundesinnenministers noch gar nicht so weit gediehen sind.

Herr Minister, darf ich Sie kurz unterbrechen? Herr Kollege Birkner bittet darum, eine Zwischenfrage stellen zu dürfen.

Aber immer doch. Gern, Herr Dr. Birkner.

Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Ich frage mich vor dem Hintergrund, dass Sie ja selbst in Berlin mitverhandelt haben und auch in Niedersachsen mitverhandelt haben, ob Sie sich denn in die weitere Diskussion persönlich, aber auch seitens der Landesregierung mit konkreten, eigenen Vorstellungen einbringen und nicht nur auf den Bundesinnenminister warten wollen. Das ist ja auch eine von Ihnen getragene Idee. Da wäre es ja denkbar, dass man sich ganz selbstständig Gedanken macht, um dann die Ausgestaltung dieser Ankerzenten zu beschreiten.

(Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

Manchmal ist es hilfreich, öffentliche Erklärungen, die jemand abgibt, zu lesen oder auch zuzuhören, wenn ich im Landtag etwas sage - und auch bis zu

Ende zuzuhören. Aber ich beantworte Ihre Frage trotzdem gern vorab.

Ich habe in den Sondierungsgesprächen - nur damit die Chronologie passt - Migration und Flucht verhandelt. In diesen Sondierungsgesprächen ist das Thema Ankerzentren geboren worden - eine Bezeichnung, die übrigens Joachim Herrmann gewissermaßen erfunden hat. Ich habe schon damals auf die Probleme, die mit diesen Ankerzentren verbunden sein würden, hingewiesen: Trägerschaft, Aufenthaltsdauer und dergleichen, also auf alle Rahmenbedingungen, über die wir heute immer noch - so wie Sie vorhin ja auch - als Problembeschreibung reden, für die es aber noch keine Antworten gibt. Auf alles das habe ich hingewiesen. Dann habe ich im weiteren Fortgang der Koalitionsverhandlungen Innen und Recht verhandelt und war an dem Thema nicht mehr beteiligt.

Ich sage Ihnen sehr deutlich: Wenn im Koalitionsvertrag auf Berliner Ebene steht - dazu stehe ich inhaltlich -, dass wir Zentren entwickeln wollen, die die Verfahren beschleunigen, aber gleichzeitig natürlich rechtsstaatlichen Ansprüchen gerecht bleiben - darauf habe ich immer allergrößten Wert gelegt; übrigens der Koalitionspartner auch; das ist selbstverständlich -, dann ist klar, dass der Bundesinnenminister als der Verantwortliche in dieser Regierungskoalition in Berlin dann auch Vorschläge macht, und zwar konkrete, über die wir reden können. Was macht es für einen Sinn, wenn sich 16 Landesinnenminister - so viele gibt es nämlich in Deutschland - hinstellen und eigene Konzepte entwickeln, die sich dann auch noch widersprechen. Der Bund muss einen Vorschlag machen, über den wir dann auf der IMK und in den anderen Gremien sachgerecht und seriös diskutieren können. Alles andere ist Kakophonie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann nur so viel sagen: Aus dem kurzen Telefonat mit Herrn Seehofer und Gesprächen, die es auf Arbeitsebene gegeben hat, wird klar: Nichts ist klar! Wir sind aus keinem Gespräch schlauer herausgekommen, als wir hineingegangen sind. Keine Lösung, keine Lösungsansätze, nur Problembeschreibungen, und zwar von Problemen, die wir alle kennen! Momentan scheinen lose Ideensammlungen beim BAMF und auch beim BMI erstellt zu werden - die kennt aber niemand, und die werden uns auch nicht gezeigt - bis hin zu einer Liste möglicher Standorte, an denen sich das BAMF angeblich gerade abarbeitet.

Um das noch einmal ganz klar zu sagen: Ich habe mich immer - auch schon seit 2013 - für zügige, aber auch sorgfältig geführte Asylverfahren eingesetzt. Asylsuchende müssen schnell Klarheit haben, ob sie in Deutschland bleiben können oder nicht. Und wenn Ankerzentren, wie auch immer sie am Ende auch aussehen mögen, eine schnellere Bearbeitung der Verfahren rechts- und verfassungskonform leisten können, dann sind wir natürlich bereit, über die Ausgestaltung zu sprechen.

Ich habe gehört, dass die Bundeskanzlerin gestern im Bundestag gesagt hat, die SPD als Koalitionspartner möge doch endlich die Blockade bei den Ankerzentren aufgeben. Da muss ich mich schon einigermaßen wundern. Ich kann nur etwas blockieren, das in Bewegung ist, und hier ist nichts in Bewegung. Ich kann gar nicht blockieren, weil ich gar nicht weiß, worüber wir am Ende reden. Deshalb muss der Bundesinnenminister jetzt die Karten auf den Tisch legen. Er muss liefern, und er muss seine konkreten Pläne offenlegen; denn es gibt noch zahlreiche praktische und - nicht zuletzt - verfassungsrechtliche Unklarheiten.

Deswegen sage ich noch einmal: Derzeit wirkt es vielmehr so, als ob der Bundesinnenminister mit diesem Thema vor allem Wahlkampf in Bayern betreibt. Mit markigen Begriffen wie Ankerzentrum hier oder Masterplan Abschiebung da verbessert man aber noch nicht ansatzweise den Status quo, sondern erweckt man höchstens den Anschein, es zu tun. Aber darauf fallen die Wählerinnen und Wähler nicht rein - auch nicht in Bayern.

Im Übrigen wird aus einem Aufnahmezentrum kein Ankerzentrum, indem man ein Schild an die Tür hängt, auf dem „Ankerzentrum“ steht. Bislang ist nicht klar, was eigentlich der Mehrwert gegenüber den jetzigen Aufnahmeeinrichtungen wie Gießen, Fallingbostel, Bramsche, Mannheim, Heidelberg usw. sein soll. Ich bin gespannt darauf, und wenn es besser wird, werden wir mitarbeiten. Wenn die Einrichtung der Ankerzentren zu nachhaltigen Verbesserungen führen soll, muss das BMI den Ländern endlich substanzielle und belastbare Informationen geben. Ich erwarte, dass uns mehr Details zum weiteren Vorgehen mitgeteilt werden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, alle Problemlagen sind doch nicht neu. Frau Piel hat zu Recht darauf hingewiesen: Allein dadurch, dass ich eine größere Anzahl an Personen längere Zeit in einer Einrichtung belasse, beschleunige ich keine Abschiebungen. Darauf müssen Antworten gefunden werden.

Wenn sie im Zusammenhang mit Ankerzentren gefunden werden können, soll’s mir recht sein.

Es muss identifiziert werden, welche Rechtsänderungen notwendig sind und wie die konkreten Umsetzungsplanungen aussehen. Aus genau diesem Grund habe ich das Thema auf die Tagesordnung der kommenden Innenministerkonferenz in Sachsen-Anhalt setzen lassen - mit dem klaren Anspruch, mehr zu erfahren.

Ein Wort an die Fraktion der AfD: Ich mache mir langsam wirklich Sorgen um Sie.

(Zurufe von den AfD: Oh!)

Ihre Angstneurosen nehmen ein solches Ausmaß an, dass ich Ihnen dringend Angsttherapien empfehle.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen bei der AfD)

Die sind übrigens gar nicht so teuer; ich glaube, die zahlen sogar die Krankenkassen. Von daher sollten Sie sich das gönnen und das vielleicht sogar selber machen, weil es Ihnen dann besser geht. Es muss wirklich traurig sein, so auf diese Welt zu schauen und morgens schon mit Angstschweiß aufzuwachen.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich bin die letzten beiden Tage alleine gejoggt, und ich hatte nicht eine Sekunde lang Angst. Von daher: Diese Welt ist sicher, auch wenn Sie das in Ihrer vielleicht nicht so wahrnehmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Um abschließend auf Ihre Frage, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, einzugehen: Seien Sie versichert, solange es um Einrichtungen in Niedersachsen geht, um Behörden meines Geschäftsbereichs, die mit anderen Landes- und Bundesbehörden zusammenarbeiten sollen, wird es keine Entscheidungen gegen meinen Willen geben. Ich füge hinzu: Angesichts des - wie soll ich das sagen? - inflationären Anstiegs der Zahl von Personen, die auf Landes- und Bundesebene mit dem Titel Innenminister bezeichnet werden

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ich dachte, es gibt nur 16!)

- eben sprach jemand von Herrn Toepffer, von Herrn Schünemann, von mir und von Seehofer -,