Wir Grüne fordern das schon lange und stimmen dem Antrag von SPD und CDU daher gerne zu. Gestatten Sie mir dennoch zwei Anmerkungen.
Erstens. Dadurch, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden, ist aber weder der Rechtsanspruch von Kindern gewährleistet, noch ist sicher, dass er umgesetzt wird. Es kommt eben nicht nur darauf an, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden, sondern auch darauf, wie sie dort geregelt werden.
Konkrete Vorstellungen sind in diesem Antrag nicht festgeschrieben. Wir wissen aus der Unterrichtung im Sozialausschuss, dass es auch im Bund durchaus unterschiedliche Ansichten dazu gibt. Uns ist wichtig, dass dem Kindeswohl Vorrang eingeräumt wird und dass Kindern und Jugendlichen zukünftig das Recht auf Beteiligung zugeschrieben wird. Kinder und Jugendliche müssen auf allen Ebenen gehört und mit ihren Ansprüchen berücksichtigt werden, beispielsweise beim Bau von Kinder- und Jugendeinrichtungen und auch - das geht an die rechte Seite des Hauses - bei Gerichtsentscheidungen. Hat das Kindeswohl qua Verfassung Vorrang, ist es höher zu bewerten als andere Rechte und Interessen. Und das fordern wir!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das muss sich auch im Handeln von Landes- und Bundesregierung widerspiegeln. Was nicht geht, meine Damen und Herren, ist, auf der einen Seite mehr Kinderrechte zu fordern und auf der anderen Seite gegen den Familiennachzug, gegen eine Absenkung des Wahlalters und gegen eine Kindergrundsicherung zu sein. Bei aller Wertschätzung für Ihren Antrag: Lassen Sie ihn bitte nicht zu einem bloßen Lippenbekenntnis verkommen!
fraktionell aufgenommen, aber der Vorrang des Kindeswohls und das Recht auf Beteiligung fehlen auch dort. Kinder und Jugendliche verdienen mehr. Dafür werden wir uns auch weiter einsetzen.
Zweitens. Auch die Große Koalition im Bund hat in ihrem Koalitionsvertrag die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz angekündigt. Zweifellos ist es richtig, eine gute Idee in Berlin aus den Ländern zu flankieren. Aber ich hoffe, dass es nicht Routine wird, dass wir hier Dinge, die in Berlin sowieso auf der Agenda und der Vorhabensliste stehen, durch Anträge nachvollziehen. Wir haben hier genug eigene Arbeit zu tun.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon bei der ersten Lesung des Entschließungsantrags im Januar-Plenum haben fast alle Fraktionen ihre Unterstützung für die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz erklärt. Diese breite Zustimmung konnten wir auch bei den Ausschussberatungen erkennen und beobachten. Die Abgeordnete Glosemeyer hat die konstruktive Beratung schon erwähnt. Über die Zustimmung freue ich mich sehr. Denn ich bin seit Langem dieser Auffassung, und das ist auch meine Position.
Liebe Abgeordnete, nur die AfD-Fraktion hat sich gegen den Antrag ausgesprochen. Sie führen an, dass die Rechte der Kinder durch die Eltern vertreten und wahrgenommen werden. Dem will ich ganz klar widersprechen, und ich werde diesen Widerspruch ganz deutlich machen. Kinder haben eigene, von den Eltern losgelöste Rechte und sollten diese auch erhalten.
Sehr geehrte Abgeordnete, ich freue mich, dass die Koalitionspartner im Bundestag die Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen wollen. Über die genaue Ausgestaltung sollen Bund und Länder in
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Perspektive des Kindes steht in der UN-Kinderrechtskonvention auf zwei Säulen: dem Kindeswohlprinzip, das den Vorrang der besten Interessen des Kindes als Maßstab bestimmt, und - das ist schon angeklungen - dem Recht auf Beteiligung und Berücksichtigung. Das Ziel sollte also sein, dass überall dort, wo ein Ausgleich von Interessen erfolgt, das besondere Augenmerk auf die Bedürfnisse von Kindern gelegt wird. Und - das betone ich noch einmal - Kinder sind als eigenständige Persönlichkeiten mit eigenen Rechten zu achten. Sie sind ihrem Reifegrad entsprechend an den Entscheidungen zu beteiligen. Das Elternrecht wird dabei nicht angetastet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in den allermeisten Familien wachsen Kinder geborgen auf, und die Eltern versorgen und erziehen ihre Kinder ganz wunderbar. Aber auch diese Familien benötigen starke Kinderrechte, um die Interessen ihrer Kinder im Alltag wirksam durchsetzen zu können.
Neben der Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz ist es mir ein besonderes Anliegen, Kinder vor Vernachlässigung, Misshandlung und Gewalt zu schützen. Daher setze ich auf einen effektiven und wirksamen Kinderschutz in Niedersachsen. Die Förderung von Kinderschutzzentren hat in Niedersachsen lange Tradition. Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, dieses Erfolgsmodell auszubauen. Seit Januar übernimmt das bestehende Kinderschutzzentrum in Osnabrück nun auch überregionale Aufgaben im südlichen Weser-Ems-Bereich, und wir haben ein Kinderschutzzentrum in Nordostniedersachsen, das ganz aktuell, seit 1. April, seine Tätigkeit mit Standorten in Lüneburg und Stade aufgenommen hat.
Sehr geehrte Abgeordnete, ich möchte mich für den Auftrag des Landtages - so verstehe ich das - an die Landesregierung bedanken. Ich werde mich sehr gerne auf Bundesebene für die Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz einsetzen.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/158 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ich sehe keine. Damit ist der Antrag mit großer Mehrheit angenommen. Die Ministerin hat zugesagt, die Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz auf Bundesebene zu unterstützen und das zeitnah auf den Weg zu bringen.
Meine Damen und Herren, bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen: Wir haben einen Gast hier im Plenum. In der Loge auf der linken Seite, in der Loge der SPD, sitzt der italienische Generalkonsul Dr. Giorgio Tarborri. Wir begrüßen Sie sehr herzlich und freuen uns, dass Sie unserer Debatte und Diskussion hier im Hohen Haus folgen. Danke schön und herzlich willkommen!
Tagesordnungspunkt 11: Abschließende Beratung: Einführung eines europaweiten Behindertenausweises - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/361 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung - Drs. 18/460
Sie alle erinnern sich sicherlich: Wir haben heute Morgen beschlossen, den Fraktionen zu diesem Tagesordnungspunkt Redezeiten zur Verfügung zu stellen, und zwar den Fraktionen von SPD und CDU jeweils sechs Minuten, den Fraktionen von Grünen, FDP und AfD jeweils vier Minuten, und für die Landesregierung ist ebenfalls ein Zeitrahmen von vier Minuten vorgesehen.
Damit können wir in die Beratung einsteigen. Zur Einbringung liegt mir die Wortmeldung einer Kollegin von der SPD-Fraktion, nämlich von Frau Hanna Judith Naber, vor.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einiger Zeit hat eine Namensvetterin von mir in den sozialen Medien für Furore gesorgt: die 14-jährige Hannah aus Pinneberg. Sie mag Mathe, Zirkus und tritt mit dem Diabolo auf. Sie reitet gern, trifft ihre Freundinnen und schreibt Gedichte. Warum also steht „schwerbehindert“ in ihrem Ausweis? - Hannah fand das doof. Sie überklebte das Defizitwort auf dem Plastikkärtchen mit dem neuen Namen „Schwer-in-Ordnung-Ausweis“. Diese Bezeichnung, so Hannah, die am Downsyndrom erkrankt ist, passe einfach besser zu ihr.
Wenn wir heute darüber sprechen, müssen wir uns doch fragen: Warum eigentlich nicht? - Ausweise dienen der persönlichen Identifikation in Deutschland, in Europa und der Welt. Warum muss denn, für alle einsehbar, eine Klassifizierung, die die Zuschreibung von Defiziten noch verstärkt, dort prominent prangen? Warum bedarf es stigmatisierender Titel, um den berechtigten Anspruch auf Nachteilsausgleiche und damit Teilhabe einzulösen? - Ich glaube nicht, dass sich Hannah zuallererst als schwerbehindert sieht, sondern als Hannah, die schwer in Ordnung ist.
Ebendiese junge Frau regt uns mit ihrer Aktion dazu an, über unser Gesellschafts- und Menschenbild nachzudenken. Wir sprechen von „Behinderten“, statt uns zu fragen, wo wir Menschen mit Handicap behindern. Wir reden über Menschen mit Behinderungen, dabei müssen wir mit ihnen reden.
Das sind die Leitgedanken der UN-Behindertenrechtskonvention, der sich die Landesregierung mit dem Aktionsplan Inklusion verschrieben hat. Die Konferenz „Ich bin dabei! Wie können wir Inklusion in Niedersachsen noch besser umsetzen?“ Ende letzten Jahres hat dies eindrücklich unter Beweis gestellt. Frei nach dem Motto der Aktion Mensch „Schon viel erreicht. Noch viel mehr vor.“ sei allen Beteiligten, im Besonderen den Expertinnen und Experten in eigener Sache, nicht nur unser herzlicher Dank gewiss. Auch freuen wir uns auf die gemeinsame Erarbeitung des Aktionsplans 2019/2020, die parallel zur dritten Zwischenbilanz des derzeitigen Plans vorbereitet wird.
Der Ihnen vorliegende Entschließungsantrag bezieht sich vor allem auf den Europäischen Schwerbehindertenausweis, der in einem EU-Modell
Wo ist das Problem, und warum dieser Antrag? - Die Europäische Union endet für viele Bürgerinnen und Bürger an ihrer eigenen Staatsgrenze. Es gibt für Menschen, die einen deutschen Schwerbehindertenausweis besitzen, keine Sicherheit darüber, welche Arten von Nachteilsausgleichen und Vergünstigungen im europäischen Ausland für sie abrufbar sind. Sie sind also nach hiesiger Gesetzgebung schwerbehindert und werden im europäischen Ausland im wahrsten Sinne des Wortes schwer behindert.
Ein europaweiter Behindertenausweis kann mit Sicherheit nicht alle Probleme lösen, die sich z. B. aus der Unterschiedlichkeit nationaler Gesetzgebungen ergeben. Und er beseitigt schon gar nicht diejenigen Hürden, die aus einem beschränkten Menschenbild entstehen. Ein europaweiter Behindertenausweis ist aber mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung, wenn wir daran festhalten, dass es keine Menschen zweiter Klasse gibt.
Wir können nicht - zu Recht - die Freizügigkeit der Europäischen Union loben, wenn wir nicht gleichzeitig auch daran denken, dass wir keinen Menschen zurücklassen dürfen.
Inklusion ist keine Aufgabe, der wir uns stellen können oder nicht - je nachdem, ob wir gerade Lust, Zeit und Geld dazu haben. Inklusion ist ein Menschenrecht. Hierfür zu kämpfen, ist ein Gebot der Zeit.
Die Fraktion ganz rechts von mir ist ja beispielsweise mit dem Programm zur Landtagswahl angetreten, inklusive Maßnahmen der Kommunen, die das Land Niedersachsen ihnen übertragen hat, einzustampfen, um Kosten zu senken. Werte Abgeordnete der AfD, bei der kommunalen Haushaltskonsolidierung fällt Ihnen also als Erstes das Menschenrecht Inklusion ein - erbärmlich!
(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP - Wi- ard Siebels [SPD]: So ist es!)
Und mit Aussagen wie - ich zitiere -: „Inklusion ist ein weltfremder Blütentraum selbsternannter gesellschaftlicher Eliten‘“ oder - jüngst die Fraktionsvorsitzende im Interview mit der NWZ -: „Alle wissen, die Inklusion ist gescheitert“ treiben Sie einen