Protocol of the Session on April 18, 2018

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen auch hier zur Schlussabstimmung. Wer dem so folgen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch hier

wurde die Beschlussempfehlung mit sehr großer Mehrheit angenommen.

Meine Damen und Herren, ich rufe den letzten Punkt vor der Mittagspause auf, den

Tagesordnungspunkt 9: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 18/110 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 18/658 - Schriftlicher Bericht - Drs. 18/674 - Änderungsantrag der Fraktion der AfD - Drs. 18/707

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen.

Der Änderungsantrag der Fraktion der AfD zielt auf verschiedene Abweichungen von der Beschlussempfehlung zu Artikel 1 des Gesetzentwurfs.

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Beratung. Der erste Meldezettel ist eingetroffen. Der Kollege Siebels von der SPD-Fraktion hat das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Änderung des Abgeordnetengesetzes, die uns heute zur Beschlussfassung vorliegt, geht auf verschiedene Fragen zu den Oppositionsrechten, über die wir heute schon an anderer Stelle diskutiert haben, und auf die allgemeine Notwendigkeit zurück, bestimmte Dinge zu Beginn einer Wahlperiode möglichst für die Dauer einer Wahlperiode zu regeln.

Ich darf mich zunächst bei CDU, Grünen und FDP, insbesondere bei den Parlamentarischen Geschäftsführern, für die konstruktiven Beratungen, die guten Kompromisse, die wir miteinander geschlossen haben, und die große Einigkeit bedanken.

Ich beginne - wenngleich das im Rahmen dieser Änderung des Abgeordnetengesetzes eigentlich eher ein nachrangiger Teil ist - mit dem umstrittenen Thema der Diäten. Damit muss sich der Landtag befassen; es geht gar nicht anders. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass man es in den Augen der Öffentlichkeit fast nur falsch machen kann, wie

auch immer man dieses Thema regelt. Erlauben Sie mir deshalb einige Bemerkungen dazu.

Erstens weise ich darauf hin, dass nur der Landtag selbst diese Frage regeln kann. Es steht immer der Vorwurf im Raum, dass die Abgeordneten das Privileg genießen, selbst über die Höhe ihrer Einkünfte beraten und beschließen zu dürfen. Es geht aber schlichtweg nicht anders. Das hat das Bundesverfassungsgericht an verschiedenen Stellen immer wieder deutlich gemacht. Der Landtag kann diese Entscheidung eben nicht an andere Gremien delegieren.

Zweitens. Der Landtag hat in der Vergangenheit ein Leitbild entwickelt, das sich an den Bezügen der Besoldungsgruppe A 16 orientierte. Natürlich, meine Damen und Herren, kann man solche Bezüge zum öffentlichen Dienst kritisieren. Man kann Vergleiche mit verschiedenen Berufsgruppen anstellen, und man kann dann immer zu dem Schluss kommen, dass es eine Ungleichbehandlung gebe, eine Bevorzugung der Abgeordneten usw. Aber wer hier ein anderes Leitbild zur Grundlage machen möchte, der müsste es definieren. Der müsste sagen, welches Leitbild es sein und inwiefern es die Kriterien erfüllen soll.

Vor dem Hintergrund dieser Debatte finden wir eine regelmäßige Anpassung an die Lohnentwicklung richtig. Die Kopplung an den Bruttonominallohnindex - dieses Wort habe ich der Vorlage entnommen - bedeutet nicht, dass die Diäten immer weiter steigen; vielmehr kann sie im Zweifel auch bedeuten, dass sie sinken. Es ist absolut fair und vernünftig, sich an die allgemeine Lohnentwicklung anzupassen, wie sie quer durch die Gesellschaft stattfindet - nicht nur nach oben, sondern, wie gesagt, im Zweifel auch nach unten. Ich begrüße, dass die Diätenkommission - eine zusätzliche Hürde, die wir an dieser Stelle eingebaut haben - diesen Vorschlag ausdrücklich für gut befunden hat.

Die Diätenkommission hat allerdings - anders als wir - aus Gründen der Transparenz vorgeschlagen, keine automatische Anpassung vorzusehen, sondern eine ausdrückliche Beschlussfassung, die jährlich hier im Landtag stattfinden soll. Diesem Vorschlag, diesem Begehren der Diätenkommission wollen wir uns anschließen. Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf entsprechend abgeändert.

Drittens. Die steuerfreie Aufwandspauschale ist immer wieder umstritten, weil der Eindruck besteht, hier bekämen Abgeordneten Teile ihres Einkommens steuerfrei; das sei eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die steuerfreie Aufwandspauschale ein Ersatz für die Möglichkeit ist, Aufwand von der Steuer abzusetzen. Abgeordnete haben in der Tat eine Sonderrolle inne. Abgeordneter zu sein, ist eben nicht damit vergleichbar, Angestellter oder beispielsweise Selbstständiger zu sein.

Die Höhe dieser steuerfreien Aufwandspauschale ist in der vorvergangenen Legislaturperiode ausführlich untersucht worden. Wir haben vorgeschlagen, sie zur Berücksichtigung des Inflationsausgleichs auf die krumme Summe zu erhöhen, die in der Beschlussempfehlung steht. Die AfD hat in ihrem Änderungsantrag vorgeschlagen, die Pauschale auf die runde Summe von 1 200 Euro festzusetzen. Das aber ist Willkür. Unser Vorschlag hingegen orientiert sich an den Untersuchungen aus der 16. Wahlperiode. Das halte ich für richtig.

Viertens. Die Anforderungen an die Abgeordneten sind gestiegen. Damit sind auch die Anforderungen an die Mitarbeiter der Abgeordneten gestiegen. Teilweise brauchen wir schon wissenschaftliche Zuarbeit. Auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit sind die Anforderungen gestiegen; man denke nur an die Anfragen aus dem Internet, über Facebook und andere Instrumente. Der Bedarf ist also gestiegen. Die vorgesehene Erhöhung der Zahl erstattungsfähiger Mitarbeiterstunden halte ich für maßvoll und vertretbar.

Fünftens. Was heute Vormittag an anderer Stelle zum Thema Große Koalition und Minderheitenrechte gesagt wurde, brauche ich nicht alles zu wiederholen. Ich erwähne hier nur die bessere finanzielle Ausstattung der Oppositionsfraktionen und die Unterstützung beispielsweise bei Untersuchungsausschüssen und Enquetekommissionen.

Alles in allem ist der Vorschlag ausgewogen und vernünftig. Ich freue mich sehr, dass auch die Diätenkommission zu dem Schluss gekommen ist, dass es denkbar ist, es so zu machen, wie wir es vorschlagen - mit der einen beschriebenen Ausnahme, bei der wir ihr gefolgt sind. Ich würde mich über eine breite Unterstützung hier im Parlament sehr freuen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Siebels. - Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Kollege Lilienthal. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine funktionierende Demokratie ist wertvoll. Deshalb kostet eine funktionierende Demokratie auch Geld.

Der vorliegende Entwurf soll - hier zitiere ich aus der Begründung - „die Arbeitsfähigkeit des Niedersächsischen Landtags, seiner Fraktionen und seiner Abgeordneten sowohl am Dienstort Hannover als auch in den Wahlkreisen … verbessern“.

Um diese Arbeitsfähigkeit zu verbessern, enthält der Entwurf zunächst einmal den Vorschlag, über die Höhe der Grundentschädigung, also die sogenannte Diät, nicht mehr regelmäßig zu beraten, sondern dem Landtag lediglich ein - dann aktiv wahrzunehmendes - Widerspruchsrecht einzuräumen. Gerade die Diskussion um die Diät muss aber aus unserer Sicht immer wieder breit und öffentlich - hier im Plenum - geführt werden. Wir freuen uns, dass die Diätenkommission hier mäßigend auf SPD, CDU, Grüne und FDP eingewirkt hat. Wo übrigens verbessert diese Regelung die Arbeitsfähigkeit? - Natürlich an keiner Stelle.

Herr Siebels, Sie haben - völlig richtig - gesagt, dass die Grundentschädigung an die Preisentwicklung gekoppelt ist. Das ist sinnvoll. Denn trotz aller Unterschiedlichkeit, die zwischen uns liegt, haben alle Abgeordneten Energiekosten, Wohnkosten, Mobilitätskosten zu tragen. An dieser Stelle führt eine Indexierung also zu näherungsweise richtigen Ergebnissen.

Was bei der Grundentschädigung der Fall ist, kann auf die steuerfreie Pauschale allerdings nicht übertragen werden. Mit der steuerfreien Pauschale hat der Gesetzgeber im Grunde genommen eine Arbeitserleichterung geschaffen. Er hat uns nämlich das Privileg eingeräumt, keine Werbungskosten oder Betriebsausgaben belegen zu müssen, um sie absetzen zu können.

(Wiard Siebels [SPD]: Wir dürfen auch nicht!)

Er hat aber auch eine erhebliche Erleichterung für die Finanzverwaltung geschaffen, indem eine Trennung zwischen mandatsbezogenen Aufwendungen und Aufwendungen, die dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen sind, nicht vorgenommen werden muss. Eine solche Tren

nung wäre bei einem Politiker nämlich ausgesprochen schwierig.

Der Abgeordnete kann mit diesem Geld machen, was er möchte: Er kann ein Wahlkreisbüro betreiben, weitere Mitarbeiter beschäftigen, im Wahlkreis herumreisen, Veranstaltungen durchführen. Er könnte sogar einen Fesselballon kaufen, beispielsweise mit dem Branding „Die AfD ist toll“. Kurzum, der Abgeordnete kann mit dem Geld machen, was er möchte. Determiniert ist da gar nichts.

Eben weil er in der Verwendung dieses Geldes frei ist, kann eine indexierte Anwendung nur falsch sein. Der unrunde Betrag, den Sie ermittelt haben, ist letztendlich Augenwischerei. Bei einer Kohorte von Abgeordneten, die hier einfach endlich ist, ist das nicht zu indexieren. Wir lehnen die vorgesehene Erhöhung der monatlichen Pauschale - um über 300 Euro im Übrigen - ab.

Der Entwurf von FDP, CDU und Grünen enthält auch einen sogenannten Oppositionsbonus in Höhe von über 9 000 Euro monatlich. Das sind etwas mehr als 100 000 Euro pro Jahr pro Oppositionsfraktion. In der Begründung lesen wir dazu etwas von der Unterstützung der Arbeit der Oppositionsfraktionen.

Meine Damen und Herren, Opposition stärkt man durch Rechte, durch Einhalten parlamentarischer Gepflogenheiten, durch faire Behandlung und durch Umgang auf Augenhöhe!

(Beifall bei der AfD)

Wir brauchen nicht 100 000 Euro mehr pro Jahr. Wir brauchen wieder gelebten Parlamentarismus,

(Wiard Siebels [SPD]: Was heißt denn „wieder“?)

keine vorbereiteten Fragen in Fragestunden und ständige Wiederholungen von Transparenzversprechen, die nur leere Worthülsen sind.

(Beifall bei der AfD - Wiard Siebels [SPD]: Was heißt „wieder“? Wir haben gelebten Parlamentarismus!)

Lassen Sie mich an dieser Stelle ein paar persönliche Worte an die FDP-Fraktion richten. Sehr geehrter Herr Dr. Birkner, dass gerade Sie als FDPFraktion diesen Entwurf mit SPD, CDU und Grünen mittragen, wundert mich. Schließlich tritt Ihre Fraktion hier oft und zu Recht als Sparfuchs auf. Bisweilen - so auch vor fünf Tagen im Rahmen Ihres Landesparteitags - greifen Sie die regie

rungstragenden Fraktionen scharf an und werfen ihnen vor - ich zitiere sinngemäß aus dem „Rundblick“ vom Montag -, sich in den ersten Monaten vor allem selbst bedient zu haben. Sie haben das auch noch schärfer formuliert; das liegt allerdings weiter zurück.

Aber fünf Tage später beschließen Sie hier mit SPD, CDU und Grünen gemeinsam ein Gesetz, das den Steuerzahler Millionen Euro kostet! Sie haben sich als „Hollywood-Sparfüchse“ geoutet.

(Beifall bei der AfD - Widerspruch von Christian Grascha [FDP])

Aber es wird noch unangenehmer. Bisher enthielt das Abgeordnetengesetz keine Regelung zur Beschäftigung von Ehepartnern und Verwandten. Das war lediglich in den Ausführungsbestimmungen geregelt. Der GBD hat aus unserer Sicht zu Recht angemerkt, dass das Gesetzescharakter haben muss, und hat Ihnen dazu zwei Modelle vorgeschlagen -

(Wiard Siebels [SPD]: Drei!)

- drei, stimmt; im Kern zwei Modelle, die sich wesentlich unterscheiden, und noch ein drittes Modell als Zwischenlösung -, und zwar ein restriktives - ich nenne das einmal: an Bayern angelehnt - und ein eher legeres Modell, an Berlin angelehnt.

Sie haben sich natürlich für das legerere entschieden, was ganz plakativ gesprochen zu folgender Situation führt: In Zukunft kann Abgeordneter X den Bruder von Abgeordneten Y beschäftigen und umgekehrt. - Das ist nach unserem Verständnis das Einfallstor für Vetternwirtschaft. Das tragen wir auf keinen Fall mit.

(Beifall bei der AfD)