Am Beispiel des Landkreises Aurich zeigt sich sehr eindrucksvoll, zu welchem - und ich sage das ganz ausdrücklich so - Filz es führt, wenn Jahr für Jahr Milliarden und Abermilliarden Euro durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz und quasi klammheimlich am Parlament vorbei, ohne dass irgendein Abgeordneter für diesen Betrag die Hand heben müsste, umverteilt werden und sich dieser Automatismus fortsetzt.
Der Landkreis Aurich ist über verschiedene Gesellschaften Betreiber von Windkraftanlagen und gleichzeitig die diese Parks genehmigende Behörde. Er profitiert finanziell unmittelbar davon, dass er möglichst viele Anlagen genehmigt. Meine Damen und Herren, das wäre ungefähr so, als würden wir hier in diesem Hohen Hause die Gewaltenteilung auflösen, als würden ausführende und gesetzgebende Gewalt, Landesregierung und Parlament, sozusagen miteinander verschmolzen. Das wäre so, als würden in Aktiengesellschaften, Kapitalgesellschaften Aufsichtsrat und Vorstand miteinander verschmolzen oder als würden am kommenden Sonntag die Fußballnationalmannschaft nicht gegen, sondern mit der Ukraine spielen, und die Schiedsrichter gleich noch mitmachen, sodass nicht mehr kontrolliert würde, ob Regeln tatsächlich noch eingehalten werden. Das ist die Situation im Landkreis Aurich. Das ist nicht mehr hinnehmbar, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das alles ist keine Verschwörungstheorie. Das alles findet nicht in irgendeiner Bananenrepublik statt, nicht in Somalia, nicht in einem Failed State, nicht in Nordkorea oder sonst wo, sondern im Nordwesten Niedersachsens, in Aurich, wo wir davon ausgegangen sind, dass Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und parlamentarische Kontrolle keine Worthülsen sind.
Und damit nicht genug. Gewählte Ratsmitglieder nutzen ihr Mandat, um Plänen zur Errichtung von Windkraftanlagen zuzustimmen, an denen sie wiederum selbst beteiligt sind. Windparks werden erweitert, aber Umweltverträglichkeitsprüfungen werden nicht vorgenommen, obwohl das sogar nach Auffassung der Landesregierung nötig wäre, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deswegen fordere ich den Herrn Innenminister Pistorius auf, seiner Verantwortung als oberste Aufsicht für unsere Landkreise nachzukommen und diesen unhaltbaren Praktiken, die es in Aurich und anderswo in Deutschland gibt, Einhalt zu gebieten.
Vor diesem Hintergrund auch noch Windkrafterlasse zu verabschieden, die auf noch mehr Anlagen setzen, die die Abstände zur Wohnbebauung reduzieren und die noch mehr Geld in dieses System spülen, meine Damen und Herren, ist unverantwortlich. Deswegen sollen keine neuen Anlagen gebaut werden, die dann elegant sozusagen als „Repowering“ beschrieben werden, aber am Ende doch nur zu mehr Windkraftanlagen führen.
Herr Kollege Janßen, Sie sind ja am vergangenen Freitag mit dabei gewesen, als wir mit den Bürgerinitiativen diskutiert haben. Ich habe Ihnen angesehen, wie sehr auch Sie das betroffen gemacht hat - das nehme ich Ihnen sehr wohl ab -, als wir dort mit dem Blick auf die 200 Anlagen gestanden haben. Ihre Worte waren: Das macht mich sehr betroffen.
Ich finde das auf der einen Seite ehrenwert. Aber auf der anderen Seite reicht Betroffenheitsrhetorik nicht aus, um diese Situation aus der Welt zu schaffen. Machen Sie Ihrer Landesregierung Beine, damit sie ihren Windkrafterlass ersatzlos streicht!
Vielen Dank, Herr Dr. Hocker. - Das Wort hat nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Bajus. Bitte!
In diesen Tagen wird die Novelle zum Erneuerbare-Energien-Gesetz verhandelt - heute im Übrigen im Bundeskabinett. In schwierigen Verhandlungen hat sich Niedersachsen gegen die ursprünglich drohende Vollbremsung bei der Energiewende gewehrt. Ich möchte mich dafür insbesondere bei Ministerpräsident Stephan Weil und unserem Umweltminister Stefan Wenzel bedanken. Ihrem hartnäckigen Einsatz ist es zu verdanken, dass die
Auch wenn die grün- und rot-geführten Länder insgesamt Schlimmeres verhindert haben, bleiben angesichts der weiter bestehenden, willkürlichen Obergrenze für Ökostrom die Pläne des Bundeskabinetts ein herber Rückschlag für die Energiewende - und übrigens auch für den Klimaschutz. Denn dieser Kurs steht im Gegensatz zu dem, was nach den Pariser UN-Klimabeschlüssen eigentlich erforderlich ist.
Was hat Bundeskanzlerin Merkel eigentlich gemeint, als sie die Teilnehmer des Klimagipfels begrüßte und sagte: „Wir müssen handeln!“? - Ökostrom-Bremsen? Die Verkleinerung der 2014 zugesagten Ausbaukorridore? Eine politische Flaute für die Beschäftigten in der Windenergiebranche?
Nein, meine Damen und Herren, mit dem EEG 2016 können wir so nicht zufrieden sein, wenn wir Energiewende und Klimaschutz ernst nehmen.
Herr Kollege Bajus, könnten Sie dem Hohen Hause vielleicht auch erzählen, welcher Minister denn in Berlin in der Hauptsache die Vollbremsung beim EEG durchführen wollte?
Lieber Kollege Schönecke, wer in Berlin regiert, wissen wir alle, wer die zuständigen Minister sind, auch.
Das liegt doch auf der Hand. Dafür brauchen wir hier doch nicht ernsthaft ein Weiterbildungsprogramm.
Aber zu der Frage, welche Fraktion hierbei welche Rolle spielt und sich wie eingesetzt hat, kommen wir noch. Und dass es dabei verschiedene Länderinteressen gibt, wissen Sie doch auch.
Wo Ihr Schwur geblieben ist, frage ich mich angesichts Ihres Antrags heute auch. Dazu kommen wir aber gleich noch.
Meine Damen und Herren, wir sollten dringend Energiewende und Klimaschutz ernster nehmen. In diesen Tage erleben wir ja einmal mehr, was Klimakrise heißt: eine besorgniserregende Zunahme von Wetterextremen, lokale Katastrophen, ganze Dörfer unter Wasser, Straßenzüge verwüstet und erstmals in der Geschichte der Wetteraufzeichnung ein zerstörerischer Tornado nördlich der Elbe, mitten durch Hamburg. Meine Damen und Herren, das gab es noch nie.
Deswegen halten wir an unseren Forderungen fest; denn sie sind in der Sache vernünftig und klimapolitisch dringend geboten.
Meine Damen und Herren, die EEG-Reform wirkt auch kontraproduktiv, wenn es um das Repowering von Windkraftanlagen geht. Rund ein Viertel aller aktuell genutzten Windkraftstandorte in Niedersachsen wäre nach heutigem Recht - vor allem wegen der Abstände - nicht mehr genehmigungsfähig. Es wäre gut für die Akzeptanz, wenn diese bald verschwänden.
Auch brauchen wir mehr Gerechtigkeit, was die Verteilung im Land angeht. Es kann doch nicht sein - ich hatte das Gefühl, da waren sich die Vertreter des Umweltausschusses in Aurich und Wittmund mit Blick auf diese Region einig -, dass in einigen Regionen eine Vielzahl von Anlagen gebaut wird und mancherorts keine einzige Anlage steht. Das kann nicht gerecht sein; hier brauchen wir eine gerechtere Lastenverteilung.
Gerade dafür ist der niedersächsische Windkrafterlass wichtig; denn er gibt mit seinem regionalisierten Flächenansatz - Herr Dr. Hocker, den müssten Sie endlich zur Kenntnis nehmen - hierzu wichtige Hinweise und sorgt damit für rechtssichere, weil menschen- und umweltgerechte, Abwägungen bei der Standortwahl.
Saubere, belastbare Planverfahren in kommunaler Hoheit - das muss doch unsere Antwort auf die Bedenken von Anwohnerinnen und Anwohnern
sein, und nicht eine Desinformation und AntiKampagnen, wie sie hier einmal mehr von der FDP betrieben werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, gut, dass Sie hier ein Bekenntnis gegen die EEG-Pläne ablegen, gegen die entsprechenden Minister und die Bundeskanzlerin Merkel, die in Berlin das Sagen haben, wie Herr Schönecke gerade betont hat. Schade, dass Sie unserem Angebot einer gemeinsamen Initiative aber nicht nachkommen wollten. Denn ein gemeinsames Signal aus Niedersachsen könnte vielleicht auch den Blockierern vom wirtschaftspolitischen Flügel der CDU in Berlin etwas entgegensetzen.
Vorneweg sind es doch die CDU-MdBs Fuchs oder Pfeiffer, die keine Gelegenheit auslassen, um gegen die Erneuerbaren Stimmung zu machen, z. B. mit dem Kostenargument, mit dem ausgerechnet gegen die Windkraft an Land Kampagne gemacht wird, die inzwischen bekanntermaßen kostengünstigste Energiequelle.
Und wer die kleinen Akteure, die Bürgerenergiegesellschaften und die Stadtwerke, vom Markt drängt - davon gibt es übrigens in Niedersachsen überdurchschnittlich viele -, der behindert damit den Wettbewerb, um den es hier gerade gehen soll, mit kostentreibenden Folgen. Meine Damen und Herren, das ist doch absurd, und das betreibt Ihre Fraktion mit. Sie müssten aufstehen und denen einmal kräftig die Meinung sagen. Ich kann nicht verstehen, warum das nicht passiert.
Und dann die Netzthese: Der Norden würde mit dem Netzausbau nicht hinterherkommen. - Hier wird mit dem Getöse um vermeintliche Netzengpässe nur von den eigenen Versäumnissen abgelenkt. Tatsächlich hat Niedersachsen die Hälfte der Leitungen in seiner Hoheit bereits genehmigt. Alle weiteren Projekte sind auf dem Weg. Die Bilanz des Bundes dagegen ist beim Netzausbau gleich null.
Zugleich werden die Hürden für Energiespeicher und flexibles Lastmanagement erhöht statt abgebaut. Und die alten Kohlemeiler dürfen weiter fleißig die Netze verstopfen.
Meine Damen und Herren - ich komme zum Schluss -, so werden doch vermeintliche Netzengpassgebiete überhaupt erst geschaffen. Es gibt in Berlin offensichtlich einige, deren Ziel ist es, die Energiewende abzuwürgen - vermutlich, um die alten, schwächelnden Stromkonzerne wieder an den Topf zu bringen.
Das aber ist Politik von gestern und mit uns nicht zu machen. Niedersachsen steht für die Energiewelt der Zukunft - für 100 % Klimaschutz mit 100 % erneuerbaren Energien.