Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Da weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Fraktionen gerade in dieser Sekunde eingetroffen sind, hat nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Janssen-Kucz das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Höntsch hat es schon einmal dargestellt: Wir haben vor einem Jahr gemeinsam für die Befristung der Neufassung des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung hier gestimmt. Damals haben wir gesagt: Wir gehen davon aus, dass wir bis dahin ein neues Verfassungsschutzgesetz und auch ein neues Gefahrenabwehrgesetz haben werden. Im Rahmen dieser Gesetzgebungsverfahren wollten wir auch die Evaluierung vornehmen.
Wie Sie alle wissen, sind wir nicht so weit. Sie wissen aber auch, dass wir vor anderen Herausforderungen im innenpolitischen Bereich standen und stehen. Aber die Novellierung steht an, und auch die Evaluierung wird stattfinden. Aber es ist einfach Fakt - dem sollten auch Sie sich nicht verweigern, liebe FDP -: Wir benötigen eine Ermächtigungsgrundlage für Polizei und Verfassungsschutz, um weiterhin Bestandsdaten der Telekommunikationsunternehmen abfragen zu können.
Ich gehe ein bisschen auf die Zahlen ein. Die Polizei hat davon sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht, nämlich 113-mal seit dem Inkrafttreten 2013 bis zum 1. Januar 2016. Auf der Basis dieser Auskünfte konnten Personenaufenthaltsorte ermittelt, Gefahrenanzeigen konkretisiert sowie Gefahrenorte und -quellen festgehalten werden.
Der Verfassungsschutz hat im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2015 - also in genau zwei Jahren - die Befugnis zur Bestandsdatenauskunft ca. 640-mal genutzt.
Jetzt muss ich Sie leider unterbrechen, Frau Kollegin, weil Herr Kollege Oetjen schon vor längerer Zeit darum gebeten hat, eine Frage stellen zu dürfen. Lassen Sie die Frage zu?
Frau Präsidentin! Frau Kollegin, wenn Sie an dieser Stelle zu Recht sagen, dass Sie noch nicht so weit sind, dann sage ich Ihnen: Lassen Sie sich Zeit mit dem neuen Gefahrenabwehrgesetz und dem neuen Verfassungsschutzgesetz! - Warum machen Sie nicht das, was Sie beim letzten Mal getan haben, als Sie die Frist einfach um ein Jahr verlängert haben, damit wir in den zuständigen Ausschüssen darüber fachlich weiterberaten können? Warum entscheiden Sie sich jetzt dafür, diese Regelungen zu entfristen, die Frist also komplett fallenzulassen, ohne dass die Evaluierung stattgefunden hat, wie Sie gerade gesagt haben?
Herr Kollege Oetjen, wir machen es diesmal unbefristet, weil wir uns sicher sind, dass wir bis zum nächsten Sommer ein neues Gefahrenabwehrgesetz und im Laufe dieses Jahres ein neues Verfassungsschutzgesetz haben werden. In diesem Kontext werden wir das ausreichend beraten, und Sie können sich ausreichend einbringen.
Mir war wichtig, dass auch deutlich wird, dass das auch im Verfassungsschutz ein wichtiges Instrument ist, das wir gerade angesichts der neuen Herausforderungen wirklich rechtssicher festlegen müssen.
(Christian Dürr [FDP]: Wo sind die Grünen als Bürgerrechtspartei geblie- ben? - Sie waren nie Bürgerrechtspar- tei; das ist mir schon klar! Es wäre schön, wenn ein bisschen etwas da- von übrig geblieben wäre!)
Wir haben schon 2013 - der Kollege Höntsch hat es auch gesagt - hohe Eingriffsschwellen festgelegt, vor allem mit dem Richtervorbehalt. Wir haben einen Entscheidungsvorbehalt für die G-10Kommission bei Belangen des Verfassungsschutzes und werden - da bin ich mir sicher - auch daran festhalten, dass diese Eingriffsschwellen so bleiben.
Klar ist aber auch, dass die Bestandsdaten immer der besonderen Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit unterliegen, lieber Kollege Dürr,
und auch so eingesetzt werden müssen. Dazu gehört auch der Schutz des Kernbereichs privater Lebensführung.
(Beifall bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Was Sie hier gerade ma- chen, Frau Kollegin, ist, die Bürger- rechte aufzugeben! - Gegenruf von Meta Janssen-Kucz [GRÜNE])
Vielen Dank, Frau Janssen-Kucz. Ich schlage vor, dass Sie mit dem Kollegen Dürr einen Kaffee trinken gehen und das dann weiter diskutieren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben eben gehört, wie lange wir schon auf eine Änderung zum Gefahrenabwehrgesetz warten. Seit Anfang der Wahlperiode haben Rot und Grün versprochen, dieses Gesetz zu ändern. Bis heute liegt uns diese Reform nicht vor. Wir haben gerade in der letzten Woche gehört, dass sich die Einbringung des Gesetzentwurfs immer noch verzögert. Insofern kann man schon sagen: Das ist ein Verschleppen. Nichtsdestotrotz wollen wir heute über
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist kein Verlust, dass das neue Gesetz noch nicht vorliegt. Die im Koalitionsvertrag angekündigten Änderungen laufen effektiv auf eine Schwächung der Bekämpfung der Kriminalität in Niedersachsen hinaus.
Warum sage ich das? - Ich sage das, weil wir heute über eine sehr kleine Änderung des Gesetzes sprechen. Es geht um den Abruf bestimmter Daten von Telekommunikationsunternehmen durch die niedersächsische Polizei und den Verfassungsschutz.
Aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 2013 war hierzu eine Neuregelung notwendig. Die Neuregelung haben wir fraktionsübergreifend begrüßt. Allerdings wurde diese Möglichkeit zeitlich begrenzt. Zunächst sollte die Möglichkeit nur bis 2015 bestehen und dann evaluiert werden. Die Frist wurde dann um ein Jahr verlängert. SPD, Grüne und Innenminister kündigten an, dass bis dahin der Gesetzentwurf zur großen Reform des niedersächsischen Polizeirechts vorliegen würde. Tatsächlich haben Sie es aber bis heute nicht geschafft, diesen zentralen Punkt Ihres Koalitionsvertrages hier als Gesetzentwurf einzubringen.
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass Ihnen diese Regelung zur Datenabfrage am Herzen liegt und insbesondere die Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen ihre Augen nicht vor der Wirklichkeit verschließen.
Tatsächlich handelt es sich hier um einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, wie er von den Grünen zumeist abgelehnt wird. Ich bin mir gar nicht so sicher, ob Sie auf dem Grünen-Landesparteitag hierfür eine Mehrheit hätten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz vor knapp ist im Innenministerium aufgefallen, dass diese Regelung nun verlängert werden muss. Hierbei helfen wir gerne mit; denn beispielsweise in den Fällen, in denen Menschen in großer Not ihren Selbstmord telefonisch ankündigen, müssen wir auf diese Telekommunikationsdaten, hier auf die Standortdaten, zugreifen können, um Men
schenleben zu retten. Wir haben im Innenausschuss sehr ausführlich darüber gesprochen. Ich denke, es ist gut, dass wir diese Möglichkeit behalten. Ich gehe auch davon aus, dass wir hierfür heute eine große Mehrheit im Landtag bekommen.
Ich hoffe, dass die Landesregierung und die Fraktionen von SPD und Grünen erkennen, dass die übrigen von ihnen angestrebten Änderungen im Polizeirecht nicht überflüssig, sondern falsch sind. Die von ihnen angestrebte Einschränkung der polizeilichen Möglichkeiten in diesen Zeiten schwächt die innere Sicherheit. Insbesondere die Abschaffung des Begriffs der öffentlichen Ordnung entspricht einer ideologisch verblendeten Weltsicht und wird völlig zu Recht von den kommunalen Hauptverwaltungsbeamten mehrheitlich abgelehnt.
Auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landrätinnen und Landräte der SPD wollen diese Änderungen nicht.
Herr Minister Pistorius, am Anfang der Wahlperiode stellten Sie sich in den Landtag und sagten: Höre auf die Kommunen, und du tust gut daran! - Ich erinnere Sie daran, Herr Minister. Hören Sie auf die niedersächsischen Kommunen! Hören Sie auch auf die sozialdemokratischen Bürgermeister und Landräte, und schaffen Sie die öffentliche Ordnung nicht ab! Streichen Sie das aus Ihren Entwürfen und helfen Sie Niedersachsens Polizei, die öffentliche Sicherheit aufrechtzuerhalten!
Ich darf an dieser Stelle eine kurze Information geben, die vor einigen Stunden über den niedersächsischen Ticker gelaufen ist. Ich weiß nicht, ob Sie sie gelesen haben. Die Staatsanwaltschaft und das LKA geben bekannt, dass die drei RAFTerroristen Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette nach jüngsten Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden acht Raubüberfälle begangen haben, darunter in Niedersachsen. Man weiß nicht, wo sie sich zurzeit aufhalten, hat aber Erkenntnisse bekannt gegeben, dass sie schwer bewaffnet sind.
Ich denke, es wäre gerade an dieser Stelle, wo wir auch über Informationsrechte des Verfassungsschutzes und der Polizeibehörden diskutieren, empfehlenswert, dass Sie die Gelegenheit nutzen, im Rahmen dieser Plenarwoche den Niedersächsi
schen Landtag, aber auch die Bevölkerung über derartige Sicherheitsprobleme zu informieren, um der Bevölkerung die Unsicherheit zu nehmen. Das ist eine gute Chance, die Sie nicht vergehen lassen sollten.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es gibt eine Kurzintervention zu Ihrem Beitrag, und zwar von der Kollegin Janssen-Kucz von Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht können wir doch wieder zu dem Gesetz zurückkommen, bei dem es um Befugnisse zum Abrufen von Bestandsdaten ging, und nicht schon ganz andere Debatten führen. - Das ist das eine.
Wenn hier jemand Scheuklappen hat, dann Sie, wenn Sie Sicherheit so definieren, wie Sie es machen. Bei uns gehen Sicherheit und Gefahrenabwehr vor. - Das dazu.