Das aber ist mit uns nicht zu machen. Entweder ist es ein vernünftiger Vertrag, oder es gibt am Ende gar keinen Vertrag, meine Damen und Herren. Das muss der Maßstab sein.
Ganz sinnvoll wäre im Übrigen auch, wenn sich der Ministerpräsident hier einmal selbst dahin gehend erklären würde, welches Problem er mit Herrn Bilgen als Vorsitzendem von Schura hat. Es kann ja nicht der Umstand sein, dass Herr Altiner Mitglied der SPD gewesen ist.
Aber wenn das doch der Fall wäre, meine Damen und Herren, wäre das ein Trauerspiel für die Demokratie in diesem Land. Denn Verträge schließt man ja mit Gruppen und Organisationen ab - weil man davon überzeugt ist, dass es richtig ist, mit ihnen Verträge abzuschließen - und bindet sie nicht an einzelne Personen; Herr Dr. Birkner hat auf die Papstwahl hingewiesen.
Frau Piel, lassen Sie mich jetzt noch einen Satz zu den Aleviten sagen. Ich bin in der Tat der Auffassung, dass wir mit der Alevitischen Gemeinde sehr schnell zu einem Vertragsabschluss kommen können - und zwar auch unter Berücksichtigung der von uns geforderten Punkte -, weil die Alevitischen Gemeinden nämlich all das akzeptieren. Die anderen beiden Verbände werden das aber nicht akzeptieren, weil sie das aus ihrem Selbstverständnis heraus nicht können.
Uns geht es darum, dass die Aleviten am Ende des Tages nicht darunter leiden müssen, dass Ihre Landesregierung plötzlich der Auffassung ist, dass bei Schura irgendetwas ganz Schlimmes vorgefallen ist. Das hätte man bitte schön schon vorher wissen können; denn es ist bekannt, wer sich bei Schura organisiert. Das ist nichts Neues.
Deswegen haben Sie in dieser Frage maximalen Schaden angerichtet. Das, was Sie gemacht haben, ist unseriös. Auch das, was Sie, lieber Herr Ministerpräsident, haben erklären lassen, ist unseriös. Das geht so überhaupt nicht. Das ist keine gute Grundlage für den Abschluss von Verträgen.
Vielen Dank, Herr Thümler. - Jetzt hat sich die Kultusministerin zu Wort gemeldet. Frau Ministerin Heiligenstadt, bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich als Erstes eines deutlich festhalten: Die Landesregierung steht weiterhin zu diesem für unserer Land so wichtigen Vorhaben, und sie erhofft sich eine Unterzeichnung der Verträge mit den muslimischen Verbänden und den Aleviten noch in diesem Jahr.
Wir haben transparent und mit zahlreichen Gesprächsangeboten das Unsrige dazu getan. Die Vertragsentwürfe wurden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und insbesondere auch den beiden großen christlichen Kirchen sowie den jüdischen Landesverbänden und den kommunalen Spitzenverbänden zur Stellungnahme zugeleitet. Hintergrund dieses Verfahrens, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Bestreben, möglichst belastbare und von einer - politisch wie gesellschaftlich - breiten Mehrheit getragene Regelungen zu finden. Mit dieser Zielsetzung sind die abgegebenen Stellungnahmen eingehend geprüft worden. Anregungen für eine Optimierung der Vertragstexte wurden aufgegriffen und mit Schura und DITIB erörtert.
Konkrete Änderungsvorschläge der Opposition zu dem Vertragsentwurf liegen auch weiterhin nicht vor, meine sehr verehrten Damen und Herren. Diese substanziellen Vorschläge gilt es nun zunächst abzuwarten und dann mit den Verhandlungspartnern zu erörtern. Die dafür erforderliche Zeit werden wir nutzen, um Gespräche mit dem neuen Vorstand von Schura Niedersachsen zu führen. Ein erster Gesprächstermin ist für die nächste Woche geplant. Die Landesregierung wird auch mit dem neuen Vorstand konstruktive Gespräche führen.
Dennoch, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es notwendig, im Rahmen von Vertragsverhandlungen bei umfangreichen personellen Änderungen im Vorstand auf Seiten eines Verhandlungspartners die gegenseitigen Positionen noch einmal zu beleuchten und sich der wechselseitigen Absichten zu versichern. Dies gilt mit Blick auf die bisherigen Verhandlungen.
So muss z. B. natürlich beleuchtet werden, ob der Vertragsentwurf möglicherweise bei einem nahezu vollständig neu besetzten Vorstand noch auf Zustimmung stößt. Vor diesem Hintergrund sind Gespräche auch über die weitere Zusammenarbeit notwendig. Dem neuen Vorstand muss Gelegenheit gegeben werden, sich zu den ausgehandelten Regelungen zu äußern. Dabei ist zu klären, ob die innerislamische Pluralität der in der Schura organisierten Moscheegemeinden weiterhin gewährleistet ist und nicht einseitig dominiert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Rahmen eines Gesprächs mit den Fraktionen, welches am letzten Donnerstag stattgefunden hat, hat die Landesregierung den Eindruck mitgenommen, dass alle Beteiligten gemeinsam den Abschluss entsprechender Verträge mit den islamischen Religionsgemeinschaften Schura und DITIB sowie mit der Religionsgemeinschaft der Alevitischen Gemeinde Deutschland anstreben. Lassen Sie uns dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren, und lassen Sie uns über die Inhalte des Vertrags sprechen!
Es geht z. B. darum, auf der einen Seite die Rechte und Bedürfnisse der Menschen islamischen bzw. alevitischen Glaubens in Niedersachsen zu benennen und zu bestätigen und auf der anderen Seite auch deren Beiträge und Verpflichtungen im Hinblick auf eine aktive Gestaltung des vielfältigen gesellschaftlichen und religiösen Lebens in Niedersachsen festzuhalten und auch einzufordern.
Die mit den Vertragspartnern angestrebten Regelungen beziehen sich auf eine Vielzahl von Regelungstatbeständen bzw. Themen, von religiösen Feiertagen über den Bau und Betrieb von Moscheen bis hin zu Cem-Häusern, zum Bildungswesen oder z. B. auch zum islamischen Religionsunterricht.
Es gibt eine ganze Menge zu erörtern. Vieles ist in den Vertragsentwürfen festgelegt. Die Landesregierung verhält sich weiterhin konstruktiv und hofft auf einen zügigen Abschluss der Gespräche.
Ich frage noch einmal, Frau Ministerin. Herr Birkner würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen. - Das hat sich aber wohl erledigt.
- Okay. Herr Kollege Birkner, FDP-Fraktion, Sie bekommen zusätzliche Redezeit: anderthalb Minuten. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, ich möchte von der Landesregierung gerne erfahren, wie sie das, was die Regierungssprecherin im Namen des Ministerpräsidenten ausgeführt hat, sieht. Da hieß es ja, man habe Sorge vor einer zu großen AKPNähe, man wolle sehen, wie sich Milli Görüs und Schura vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Türkei entwickeln und wie sie sich dazu positionieren.
Erstens. Wie sehen Sie das konkret? - Diese Äußerung seitens der Regierungssprecherin wurde ja in der Zeitung wiedergegeben.
Zweitens. Wo ist eigentlich der qualitative Unterschied zu dem, was wir bei DITIB beobachten? - Wenn dass das Kriterium ist, frage ich: Warum haben Sie gegenüber DITIB bisher anders agiert? - Diese Unterscheidung kriege ich bisher nicht zusammen. Es bleibt am Ende dabei, dass Sie hier nicht mit offenen Karten spielen. Frau Modder, ich muss auch deutlich sagen: Angesichts dieses widersprüchlichen Verhaltens, das der Ministerpräsident in den letzten zwei Wochen hier an den Tag
(Johanne Modder [SPD]: Herr Birkner, nein! Das wissen Sie doch! Das ist doch nicht Ihre Art, Politik zu machen! - Weitere Zurufe)
Ich verstehe auch nicht, warum Sie so eine Angst vor dem Wähler haben. Sie müssen Ihre Politik doch erklären können. Offensichtlich aber können Sie das nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Birkner, ich habe gerade ausgeführt, dass wir ein sehr großes Interesse daran haben, zu einem zügigen Abschluss der Verträge zu kommen. Wir haben die Vertragsentwürfe sehr transparent auf den Tisch gelegt, und wir haben Sie zu einem sehr frühen Zeitpunkt gebeten, entsprechende Vorschläge bzw. Hinweise zu geben. Sie sind weiterhin aufgefordert. Ich habe mehrfach Dialogbereitschaft signalisiert.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wir haben mehrfach gesagt, was wir wollen! Le- sen Sie die Protokolle nach! - Zuruf von Christian Grascha [FDP])
Wir warten gern darauf, dass konkrete Änderungsvorschläge eingereicht werden. Wir werden natürlich die Zwischenzeit nutzen - - -
- Wollen Sie, dass ich Ihre Frage beantworte? Ich mache das gern. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß gar nicht, warum Sie momentan so aufgeregt sind.
Wir reden auf der einen Seite mit den Fraktionen. Wir haben aber auf der anderen Seite die Vertragspartner auf gleicher Augenhöhe. Das sind die Alevitische Gemeinde Deutschland, die DITIB und die Schura Niedersachsen. Natürlich müssen wir die Änderungen, die die Fraktionen vorschlagen, mit den Vertragspartnern erörtern.
Wir haben die Ergebnisse der Anhörung ausgewertet und mit den Vertragspartnern erörtert. Ich denke, das ist eine gute Grundlage, auf der wir möglicherweise weitere Erörterungen vornehmen.
Ich habe ausgeführt, dass es nicht so einfach ist, wenn kurz vor dem Abschluss eines Vertragsprozesses ein doch großer Teil eines Vorstandsgremiums ausgetauscht wird. Dann muss man erst einmal miteinander reden und sich gegenseitig darüber versichern, ob es irgendwelche inhaltlichen Gründe gibt, und man muss diese Vertragsentwürfe besprechen.
Wir werden in der nächsten Woche ein Gespräch führen. Ich habe die Fraktionen so verstanden, dass auch sie Gespräche mit dem neuen Vorstand führen werden und entsprechende Signale senden werden.