Protocol of the Session on April 13, 2016

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schnell und wirksam kann manchmal gehen, aber oft ist die Eile der Feind der Sorgfalt. Im Falle von Hochwasserschutzplanungen ist schnell nicht immer auch gut und wirksam. Das liegt einerseits an der komplizierten Thematik, die viele Planungen benötigt, aber andererseits auch daran, dass ein Verfahren, wie es in einem Rechtsstaat vorgeschrieben ist, viel Zeit braucht.

Hochwasserschutzplanungen bringen es mit sich, dass viele Akteure und Betroffene einbezogen werden müssen. Deren Einwendungen müssen gehört und berücksichtigt werden, wenn denn daran gelegen ist, eine breite Akzeptanz für die Planungen zu schaffen.

Bei diesem Antrag erschließt sich mir nicht, worauf Sie eigentlich hinaus wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion. Die Planungen in Seesen sind auf einem guten Weg, und sie laufen derzeit noch. Hochwasserschutzmaßnahmen können vom Land gefördert werden, sofern ihre Wirksamkeit und Kosteneffizienz belegt sind.

Es gibt bislang gar keine Anhaltspunkte dafür, dass es für Seesen-Rhüden und für SeesenBornhausen nicht gelingen sollte, eine wirtschaftliche Planung vorzulegen.

Der NLWKN unterstützt die Planungen in Seesen fachlich, auch mit Blick auf die Förderfähigkeit der geplanten Maßnahmen. Hochwasserschutz ist für die Anwohnerinnen und Anwohner ein wichtiges Thema. Naturgemäß haben nicht alle dieselben Vorstellungen, was optimaler Hochwasserschutz denn sein soll und was er ist.

Diese Auseinandersetzungen sollten wir tunlichst dort lassen, wo sie stattfinden, nämlich vor Ort, wenn wir möchten, dass ein Einvernehmen hergestellt wird. Einfach ist es ohnehin nicht, alle an einen Tisch und darüber hinaus auch noch zu einer Einigung zu bringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion, wenn so viele unterschiedliche Interessen aufeinanderstoßen, erscheint es Ihnen scheinbar als reizvoll, diese politische Diskussion auszuschlachten - ein Selbstläufer sozusagen. Denn irgendeine Meinung lässt sich immer nehmen und aufheizen. Und schon wird der örtliche Findungsprozess aus den Fugen gehoben. Für die Betroffenen vor Ort ist damit rein gar nichts gewonnen; denn sie müssen sich am Schluss auf jeden Fall einigen.

Hierbei geht es Ihnen lediglich um eine kurzweilige politische Auseinandersetzung. Uns ist jedoch daran gelegen, eine im wahrsten Sinne des Wortes nachhaltige Lösung für den Hochwasserschutz in Seesen zu finden und dann auch zu unterstützen.

Der Hochwasserschutz muss im Sinne der Anwohnerinnen und Anwohner verbessert werden. Das Land unterstützt hierbei die laufenden Planungen des Ausbauverbandes Nette mit fachlicher Begleitung und mit finanziellen Mitteln, um das Einzugsgebiet von Schildau und Nette in Seesen, insbesondere die Stadtteile Rhüden, aber auch die Stadtteile Bornhausen, Bilderlahe und Engelade vor Überschwemmungen zu schützen. Aber die Hochwasserschutzplanung obliegt der Gemeinde und dem Ausbauverband Nette. Wir werden sicher nicht in die kommunalen Zuständigkeiten reingrätschen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Stadt Seesen hat mit Fördermitteln des Landes ein integriertes Hochwasserschutzkonzept erarbeitet. Die Planungen für ein Hochwasserrückhaltebecken bei Bornhausen wurden vom Land finanziell unterstützt.

(Unruhe)

- Meine Ausführungen führen zur Erheiterung.

(Zurufe von der CDU)

Die Hochwasserschutzplanung in Niedersachsen erfolgt nach fachlichen Kriterien. Das hat sich immer wieder bewährt. Dass dabei die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen eine Rolle spielt und die effizienteste Maßnahme gesucht wird, ist hinsichtlich des sinnvollen Gebrauchs von Steuergeldern eine Frage der Verantwortung. Der Versuch einer einseitigen politischen Einflussnahme ist hier völlig fehl am Platz. Beschlüsse zum Hochwasserschutz in Niedersachsen sind bislang fraktionsübergreifend getroffen worden, was sehr anerkennenswert ist und von dem Verantwortungsbewusstsein auf allen Seiten zeugt.

(Zuruf von der CDU: Dann machen Sie doch mit!)

Dieser Schulterschluss war auch erfolgreich, als es darum ging, gegenüber dem Bund die nötigen Mittel einzufordern, um die Kommunen beim Hochwasserschutz zu unterstützen. Lassen Sie uns auf diesem konstruktiven Weg weiterarbeiten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich möchte zum Abschluss aus einem Leserbrief vor Ort, in Seesen, zitieren:

„Das Land handelt verantwortungsbewusst, wenn es das Projekt hinsichtlich seiner technischen Realisierbarkeit und unter Sicherheitsaspekten gründlich prüft. Es handelt wirtschaftlich, wenn es bei der Verwendung von Steuergeldern hinterfragt, ob es effizientere Lösungen gibt.“

Vielen Dank.

(Zurufe von der CDU: Nun klatscht doch mal, verdammt! Das könnt ihr wohl nicht allein! - Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Asendorf.

Meine Damen und Herren! Der nächste Redner hat jetzt das Wort. Dr. Gero Hocker, bitte schön!

(Unruhe)

- Eine Sekunde!

Meine Damen und Herren, ich gucke noch einmal in die Reihe der Abgeordneten Nacke, Schünemann, Winkelmann. Zwei andere haben sich hinter dem Pfeiler versteckt. Es wäre schön, wenn Sie wieder Platz nehmen würden. Es sieht wirklich so provokativ aus, als wenn Sie gar keine Lust mehr hätten. Das kann ich mir bei Ihnen gar nicht vorstellen.

(Zurufe und Heiterkeit bei der CDU)

Nunmehr hat Herr Dr. Hocker das Wort. Bitte schön!

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verlockung ist groß, bei diesem Tagesordnungspunkt vielleicht noch ein bisschen zu provozieren und dafür zu sorgen, dass keiner vergisst, zu klatschen. Aber das werde ich ausdrücklich nicht tun.

Ich finde, dass der Antrag, den der Kollege Götz eingebracht hat, sehr wohl Berechtigung hat. Denn die Deichabschnitte Seesen-Rhüden und SeesenBornhausen sind ja nur zwei Beispiele, stellvertretend für eine ganze Reihe von Hochwasserschutzmaßnahmen und -projekten, die von dieser Landesregierung unserer Meinung nach nicht mit dem Nachdruck verfolgt werden, wie es eigentlich der Fall sein müsste.

Frau Asendorf, wenn Sie sagen, neun Jahre seien bei einem so wichtigen Thema wie dem Hochwasserschutz ein Zeitraum, den man akzeptieren müsse, dann sage ich Ihnen ausdrücklich: Das ist zu lange. Der alten Landesregierung ist es sehr wohl gelungen, entsprechende Projekte sehr viel schneller auf den Weg zu bringen als innerhalb von neun Jahren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber das zeigt eines: Der Eindruck erhärtet sich, dass das Thema „Hochwasserschutz im Binnenland und an der Küste“ für die Landesregierung leider nicht mehr den Stellenwert besitzt, wie es in der Vergangenheit in den Jahren 2003 bis 2013 der Fall gewesen ist. Das ist übrigens auch bei Landesregierungen vor 2003 der Fall gewesen; das will ich ausdrücklich hervorheben. Das ist sozusagen Common Sense eigentlich fast aller Landesregierungen seit der Gründung dieses Bundeslandes gewesen. Ich habe den Eindruck, dass dieser Common Sense, dass Hochwasserschutz im Binnenland und Hochwasserschutz an der Küste die oberste Priorität in Niedersachsen haben müssen, bei dieser Landesregierung nicht mehr fortbesteht. Das empfinde ich nicht nur als bedauerlich, sondern ich finde, dass Sie, sehr verehrter Herr Minister, da Ihrer Verantwortung nicht gerecht werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Anstatt in Barbis und in Artlenburg - ich setze diese Reihe gerne fort -, in Gifhorn, Holle, Bad Salzdetfurth, Hildesheim, Braunschweig, in meinem eigenen Wahlkreis in Verden, in der Stadt Achim, wo der Corporalsdeich nach den letzten Hochwasserereignissen immer noch nicht wieder instand gesetzt ist, setzen Sie andere Prioritäten. Eine Priorität, die sehr viel Geld verschlingt, Herr Minister, sind die Klimaschutzagenturen, wo sie Millionen und Abermillionen Euro investieren. Ich glaube, dass Sie mit Ihren Klimaschutzagenturen für die Menschen hinter den Deichen nichts erreichen,

sondern dass die Priorisierung darin bestehen muss, dass Sie zunächst einmal für Hochwasserschutz im Binnenland und an der Küste sorgen müssen. Die existenziellen Dinge dürfen wegen Ihrer rot-grünen Lieblingsprojekte, wie den Klimaschutzagenturen, nicht liegenbleiben.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen sage ich Ihnen: Sorgen Sie dafür, dass der Hochwasserschutz in Niedersachsen in Seesen, in Hildesheim, in Braunschweig, in Bad Salzdetfurth, in Holle und letzten Endes auch in Achim wieder die Priorität gewinnt, wie er sie seit vielen Jahrzehnten bis zum Jahr 2013 genossen hat, und setzen Sie das Geld nicht für Postenschacherei in Klimaschutzagenturen ein!

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Dr. Hocker. - Jetzt hat sich für die SPD-Fraktion Sigrid Rakow gemeldet. Bitte schön, Frau Rakow!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Götz, Sie fragten nach den Gründen unserer Ablehnung. Ich will versuchen, das zu erläutern.

Herr Dr. Hocker, diese wunderbare Mischung aus Küstenschutz, aus Hochwasserschutz für SeesenRhüden und ein bisschen Klimaschutz trifft in dieser Form den Kern der Sache nun wirklich nicht. Das zusammenzurühren, entspricht nicht dem, was eigentlich gemeint war. Das macht sich vielleicht hier als Rede ganz gut; aber inhaltlich müssen wir schon ein bisschen sorgfältiger unterscheiden.

Wir haben uns gefragt: Was soll dieser Antrag der CDU, diese plötzliche Form von Alarmismus? Hilfe suchen in der Region, weil man nicht weiterkommt? Was bedeutet das? - Schon seit 2007 ist bekannt, dass im Raum Seesen weitere Hochwasserschutzmaßnahmen nötig sein werden. Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, hätten zu Ihrer Regierungszeit schon viele, vielleicht sogar alle der geforderten Maßnahmen angeregt und auch finanziert haben können. Das haben Sie aber nicht gemacht. Die Frage ist: Warum eigentlich nicht?

Die Antwort darauf steht in der Antwort, die die Landesregierung im Jahre 2012 auf eine Anfrage eines Mitglieds der Linken gegeben hat. Sie erinnern sich: 2012 war Schwarz-Gelb an der Regie

rung. In dieser Antwort wurde dargelegt: Das Land hat keinen gesetzlichen Planungsauftrag für Hochwasserschutzmaßnahmen in Seesen-Rhüden. Das Land und damit der NLWKN nehmen lediglich eine moderierende Funktion wahr.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wenn Sie Ihre ehemalige Landesregierung wirklich ernst nehmen, dann müssten Sie den Antrag zurückziehen, weil Sie nämlich damals erklärt bekommen haben und sich auch haben erklären lassen, dass für den Hochwasserschutz in SeesenRhüden die Landesregierung nicht zuständig ist. Daran hat sich nichts geändert.

(Beifall bei der SPD)

Genau deshalb, meine Damen und Herren, wird die SPD den Antrag ablehnen, weil er erstens, wie eben ausgeführt, in kommunale Kompetenzen einzugreifen versucht, weil er zweitens - zwar nicht in den Forderungen, aber in der Begründung - einen unsoliden Umgang mit Steuermitteln fordert und weil er drittens inhaltlich überflüssig ist.

Inhaltlich hat Herr Götz alles richtig dargestellt. Im Grunde genommen können wir uns darauf berufen. Daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln. Die Situation vor Ort ist schwierig. Im Einzugsbereich von Nette und Schildau haben starke Regenereignisse immer wieder zu Überschwemmungen geführt. Damit die Bürger davor geschützt werden, ist 2002 ein Hochwasserrückhaltebecken gebaut worden. Man hat dann gesehen, dass weitere Hochwasserereignisse ein zweites erfordern. Auch die Planungen, die dann in Gang gesetzt wurden, sind vom Land unterstützt und auch vor Ort betrieben worden.

Es ist auch klar, dass die Situation vor Ort nicht unumstritten ist. Es gibt Bürger, die sagen: Da muss etwas anderes passieren. Es gibt Bürger, die lieber kein Rückhaltebecken haben wollen. Manche sind auch sehr ungeduldig und fordern, jetzt ganz schnell ein Rückhaltebecken zu schaffen. - Dort sind also viele verschiedene Meinungen unterwegs.

An dieser Stelle fühlt sich nun die CDU zu einer solchen Art Bepamperung aufgerufen. Sie möchte, dass die Landesregierung den Hochwasserschutz in Rhüden-Bornhausen gewährleistet, Maßnahmen mit Nachdruck vorantreibt und auch die notwendigen Mittel bereitstellt. Damit macht die CDU etwas, was man nicht tun sollte: Sie stellt nämlich die zuständige Stadt Seesen und den zuständigen Ausbauverband letztendlich als inkompetent dar,