Tagesordnungspunkt 6: Abschließende Beratung: Europäische Stahlindustrie - vor unlauterem Wettbewerb schützen und für faire Handelsbedingungen im internationalen Stahlmarkt sorgen! - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/4972 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten, Medien und Regionalentwicklung - Drs. 17/5261 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 17/5289
Der gemeinsame Änderungsantrag aller Fraktionen in der Drucksache 17/5289 zielt auf eine Annahme des Antrags in einer geänderten Fassung.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank für die Einleitung. Wir können wohl sagen, dass die Stahlindustrie in Niedersachsen in den vergangenen Wochen und Monaten eher wenige wirklich gute Tage erlebt hat. Ein solcher war sicherlich vor einem Monat die Verhängung von Strafzöllen auf kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse, einer war sicherlich auch der Stahldialog vor genau einem Monat hier in Hannover, und schließlich haben wir einen solchen auch heute, der - das kann man, glaube ich, sagen - zumindest Hoffnung macht. Denn es ist ein starkes Signal, dass alle Fraktionen dieses Hauses einen gemeinsamen Antrag auf den Weg bringen, der heute einmütig beschlossen werden wird. Dafür schon einmal herzlichen Dank allen, die dazu beitragen, dass das hier heute der Fall ist!
Wir stellen uns damit an die Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber auch an die Seite der Unternehmen in Niedersachsen und darüber hinaus.
Der Antrag umfasst vier Punkte, die ich kurz benennen will - ich muss sie nicht im Detail ausführen; das haben wir hier schon vor etwa einem Monat debattiert -: Es geht einmal um die Gefahren durch die Vergabe des Marktwirtschaftsstatus an China eventuell noch im Laufe dieses Jahres.
Der zweite Punkt ist, dass wir fordern, dass die Antidumpingverfahren auf europäischer Ebene deutlich schneller und konsequenter durchgesetzt bzw. umgesetzt werden.
Der dritte Punkt ist, dass wir der Bedrohung aus Europa bezüglich der Vorgaben für unser EEG, aber auch - viertens - für den Emissionshandel in der vierten Handelsperiode ab 2021 entgegentreten wollen.
Herzlichen Dank dafür, dass wir das gemeinsam machen können! Herzlichen Dank auch dafür, dass wir zwei Anträge für die heutige Abstimmung zu
sammengeführt haben, nämlich unseren Ursprungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Stahlindustrie und den Antrag der CDUFraktion, den ich einmal mit „Schutz für energieintensive Unternehmen“ umschreiben möchte! Dass wir daraus einen gemeinsamen Antrag gemacht haben, ist, glaube ich, auch in diesem Haus ein gutes Zeichen.
Ich möchte deutlich machen, dass die Punkte in dem Antrag, die ich hier genannt habe, für die Stahlindustrie unheimlich wichtig sind, weil sie die vier Bedrohungslagen darstellen. Sie sind nicht nur am Rand bedrohend, sondern sie sind existenziell. Deswegen müssen wir auch gemeinsam entschieden dagegen vorgehen.
Das tun wir hier jetzt auch. Der Landtag - alle Fraktionen - und die Landesregierung sind sich hier völlig einig. Das hat auch der Stahldialog vor einem Monat gezeigt, und das zeigen die Gespräche, die Herr Ministerpräsident Weil, Herr Minister Wenzel und Herr Minister Lies sowohl in Brüssel als auch in Berlin zugunsten der niedersächsischen und damit der deutschen Stahlindustrie insgesamt führen. Ich glaube, dass wir hier heute einen guten Schritt in diese Richtung zur Hilfe der Stahlindustrie und der Grundstoffindustrie insgesamt machen.
In diesem Sinne noch einmal herzlichen Dank für die gemeinsame Arbeit an diesem Antrag und für das Zuhören sowie ein herzliches Glückauf!
Vielen Dank, Stefan Klein. - Für Bündnis 90/Die Grünen hat sich Maaret Westphely zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich finde, wir legen heute einen guten gemeinsamen Antrag zur abschließenden Beratung vor.
Der definitiv wichtigste Punkt ist unserer Auffassung nach die Aufforderung an Brüssel, für den schnelleren Einsatz der EU-Handelsschutzinstrumente zu sorgen. Die Anerkennung des Marktwirtschaftsstatus für China würde den Einsatz dieser Schutzinstrumente erschweren. Beides kann daher im Moment nicht unser Ziel sein; denn klar ist,
dass selbst die effizientesten und die wettbewerbsstärksten Unternehmen nicht auf die Dauer gegen Anbieter konkurrieren können, die mit staatlicher Unterstützung und wider marktwirtschaftlicher Prinzipien agieren und so im Prinzip jeden Preis unterbieten können.
Wenn in dieser entscheidenden Frage nicht gegengesteuert wird, würde auch der vollständige, aber unverantwortliche Verzicht auf ökologische und soziale Standards die Stahlindustrie in Europa nicht retten. Nur mit einem klaren ordnungspolitischen Rahmen sowohl für den Wettbewerb als auch für soziale und ökologische Standards werden sich die Unternehmen in Europa weiterentwickeln können.
Unbestritten ist auch, dass die Stahlindustrie in Europa nur dann eine Zukunft haben wird, wenn sie weiterhin und verstärkt auf Nachhaltigkeit, Innovation, Effizienz, Spezialisierung und Hochwertigkeit aufbaut.
Diese strategische Ausrichtung muss auch politisch unterstützt werden. Wir begrüßen es daher sehr, dass wir uns hier in einem parteiübergreifenden Antrag für einen funktionierenden Emissionshandel und für ambitionierte Emissionsminderungsziele aussprechen und dass wir parteiübergreifend die Initiative der Landesregierung unterstützen, mit der sie sich gegenüber der Kommission dafür eingesetzt hat, eine kostenfreie Zuteilung von Zertifikaten entsprechend dem Bedarf der effizientesten Unternehmen zu begrenzen. Damit fordern wir das technisch und wirtschaftlich maximal Machbare für den Klimaschutz ein, ohne die Branche zu überfordern.
Allen Unkenrufe heute - oder spätestens morgen, wenn wir zu dem Antrag zur Grundstoffindustrie sprechen - zum Trotz, dokumentieren wir damit unserer Meinung nach einvernehmlich, dass das Gegeneinander von Industriepolitik und einer Politik für mehr Klima- und Umweltschutz der Vergangenheit angehören kann, sofern alle Beteiligten bereit sind, sich zu bewegen und sich auf tragfähige Kompromisse zu verständigen.
Vielen Dank, Frau Westphely. - Jetzt hat sich Dirk Toepffer, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat, das ist ein erfreuliches Bekenntnis zur niedersächsischen und deutschen Stahlindustrie. Darin bin ich mir mit allen Vorrednern einig: Das ist ein wichtiges Zeichen für Unternehmen und Beschäftigte.
Frau Westphely, vielleicht unke ich tatsächlich jetzt schon: In der Tat freut es uns ganz besonders, dass die Grünen dabei sind. Das ist angesichts der Stimmen, die wir z. B. aus Nordrhein-Westfalen und aus dem EU-Parlament von dem einen oder anderen gehört haben, nicht selbstverständlich.
Uns hat das überrascht. Es gibt wenig, was mich mehr überraschen könnte: Frau Menge, wenn Sie morgen bei Tagesordnungspunkt 20 auch noch für den Neubau von Autobahnen sprächen, wäre ich wirklich überrascht.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Nun tun Sie mal nicht so, als wäre Frau Menge das al- lein!)
Wie dem auch sei: Wir haben zusammengefunden. Wir haben einen gemeinsamen Antragstext erarbeitet. Der Text ist zuweilen, wie das bei solchen Anträgen ist, etwas sperrig. Darin steht viel Gutes und Richtiges. Manches ist nicht unbedingt eine sprachliche Glanzleistung. Mein Lieblingssatz findet sich auf Seite 2 unter dem vorvorletzten Spiegelstrich:
„Der Landtag stellt fest, dass die Landesregierung Anfang Februar Arbeitgeber, Gewerkschaften und Verbände zu einem Stahlgipfel eingeladen hat.“