Protocol of the Session on June 18, 2013

Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Staatssekretärin Almut K o t t w i t z ,

Stefan W e n z e l (GRÜNE) Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz

IV

Beginn der Sitzung: 13.30 Uhr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie namens des Präsidiums und bitte Sie, die Plätze einzunehmen. Ich eröffne die 9. Sitzung im 5. Tagungsabschnitt des Landtages der 17. Wahlperiode.

Tagesordnungspunkt 1: Mitteilungen des Präsidenten

Meine Damen und Herren, heute ist der 18. Juni 2013. Gestern war der 17. Juni. Gestern jährte sich zum 60. Mal das Datum des Volksaufstandes in der DDR von 1953. Wie der 20. Juli 1944 zählt der 17. Juni trotz seines tragischen Scheiterns zu den Sternstunden der deutschen Geschichte.

Zunächst wehrten sich die Arbeiter in Ost-Berlin lediglich gegen die ständigen „Normerhöhungen“, die sie zu immer härterer Arbeit an dem Prestigeobjekt „Stalinallee“ zwingen sollten. Binnen Kurzem wandelte sich der lokale Unmut in einen Sturm des Protests gegen die SED-Diktatur, der schnell den Charakter eines Aufstandes, ja einer beginnenden Revolution annahm.

In zahlreichen Städten der DDR gingen die Menschen zu Zehntausenden auf die Straße, forderten freie Wahlen, das Ende der SED-Herrschaft und die Wiedervereinigung. Diese Forderungen zu erheben, erforderte ungeheuren Mut. Angefeuert wurde er u. a. vom Blick in den freien Westen Deutschlands, der damals noch einigermaßen zugänglich für die Bewohner der DDR war. In der Bundesrepublik begann sich gerade das Wirtschaftswunder zu entfalten, und eine stabile Demokratie hatte die ersten erfolgreichen Schritte gemacht.

Die Deutschen in Sachsen, Thüringen, SachsenAnhalt, Brandenburg, Berlin und MecklenburgVorpommern litten dagegen schon seit 20 Jahren unter zwei totalitären Gewaltherrschaften unterschiedlicher Couleur. Damit sollte endlich Schluss sein. In Görlitz wurde auf der Straße gerufen: „Die Stunde der Freiheit hat geschlagen“. Es sollte bei wenigen Stunden bleiben.

Die sowjetische Besatzungsmacht kam der wankenden SED-Führung zur Hilfe und schlug den Aufstand mit brutaler Waffengewalt nieder. Der

Westen konnte nur hilflos zuschauen. Alles andere hätte die unmittelbare Gefahr eines Krieges mit der Sowjetunion bedeutet. Die Folgen wären unausdenkbar gewesen, verfügten die einstigen Alliierten doch bereits jeweils über Atomwaffen.

Die Folgen sind bekannt: Nachdem sich das wahre Gesicht des „Arbeiter- und Bauernstaates“ gezeigt hatte, stimmten seine Bewohner mit den Füßen ab. Damit der Satellitenstaat nicht völlig ausblutete, verwandelten ihn die Machthaber 1961 in ein riesiges Gefängnis. Hunderte sind an der innerdeutschen Grenze ums Leben gekommen.

Unterdessen wurde der tragische Gedenktag an den Volksaufstand in der Bundesrepublik zum Tag der Deutschen Einheit. In den Jahrzehnten danach schien die Wiedervereinigung in immer weitere Ferne zu rücken, und der 17. Juni wurde mehr und mehr zu einem freien Tag im Sommer, den Politiker mit Sonntagsreden verbrachten, die immer weniger gehört wurden.

Erst 1989, meine Damen und Herren, schlug die Stunde der Freiheit wirklich. Die Friedliche Revolution konnte das morsche SED-Regime binnen Kurzem hinwegfegen. Dank gebührt auch den ehemaligen Alliierten, nicht zuletzt der damaligen Führung der UdSSR, die anders als 1953 keine Panzer rollen ließ, sondern den Deutschen nach 40 Jahren der Teilung freiwillig ihre Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit gestattete. Auch daran sollten wir denken, wenn wir uns an die tapferen Aufständischen von 1953 erinnern.

Wenn wir uns heute, meine Damen und Herren - wie selbstverständlich und auch hier in diesem Landtag -, unserer rechtstaatlichen Demokratie und eines lebhaften, von Meinungsfreiheit getragenen Parlamentarismus erfreuen, sollten wir nie vergessen, dass 1953 unsere Landsleute für diese Ziele Kopf und Kragen riskiert haben. Damals mussten die Menschen - wie es leider auch heute Menschen in vielen Teilen der Welt müssen - Leib und Leben riskieren, um das zu erreichen, was für uns selbstverständlich ist.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall)

Meine Damen und Herren, die Präsenz ist hervorragend. Ich darf damit auch die Beschlussfähigkeit des Hauses feststellen.

Zur Tagesordnung: Die Einladung, die Tagesordnung und der Nachtrag zur Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen vor. Außerdem

haben Sie eine Übersicht erhalten, aus der Sie ersehen können, wie die Fraktionen die ihnen zustehenden Zeitkontingente verteilt haben. - Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit diesen Redezeiten fest. Die heutige Sitzung soll demnach gegen 19.25 Uhr enden.

Ergänzend weise ich auf folgende Ausstellungen hin: In der Wandelhalle ist die Ausstellung „Dimensionen des Welterbes“ zu sehen, die die Stiftung Bergwerk Rammelsberg, Altstadt von Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft konzipiert hat. In der Portikushalle ist auf der Garderobenseite die Präsentation der Grundschule Mühlenberg zum Thema „Schülerinnen und Schüler der Grundschule Mühlenberg treffen auf Frank Stella und das Niedersachsenross“ zu sehen. Die Veranstalter freuen sich über Ihr Interesse.

Für die Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden Tagen Schülerinnen und Schüler der Alexander-von-Humboldt-KGS aus Wittmund wieder mit einer Onlineredaktion live aus dem Landtag berichten. Die Patenschaft dafür hat die Abgeordnete Meta Janssen-Kucz übernommen.

(Beifall)

Sendungen, die das „Modellprojekt Landtagsfernsehen“ der Multi-Media Berufsbildende Schule erstellt, stehen im Internet auf der Homepage der Schule - www.mmbbs.de - zum Abruf bereit und sollen auch über den Regionalsender LeineHertz 106einhalb gesendet werden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr der Schriftführer, Herr Klein, mit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Ihnen die Entschuldigungen für heute mitteilen. Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Finanzminister Schneider und von der CDUFraktion Herr Kollege Dammann-Tamke sowie Herr Kollege Lammerskitten.

Danke schön. - Meine Damen und Herren, nun gehen wir über zu

Tagesordnungspunkt 2: Abgabe einer Regierungserklärung mit dem Titel „Hochwasserschutz und Hochwasserhilfe

- Niedersachsen steht zusammen!“ - Unterrichtung durch den Ministerpräsidenten - Drs. 17/277

Tagesordnungspunkt 3: Erste Beratung: Hochwasserschutz - Mittel erhöhen, Konzepte mit den Menschen erarbeiten - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/272

Ich weise zur Rednerfolge auf Folgendes hin: Hier besteht der Brauch, dass zunächst die Regierungserklärung vorgetragen wird, dann der Redner der größten Oppositionsfraktion das Wort erhält und danach ein - sage ich - munterer Wechsel stattfindet. In diesem Fall wurde aber seitens der FDP-Fraktion auch die erste Beratung zu einem Antrag angemeldet. Die FDP-Fraktion hat natürlich das Recht, ihren Antrag nach der Regierungserklärung einzubringen und zu begründen. Ich denke, dass von diesem Recht auch Gebrauch gemacht wird.

(Dr. Gero Hocker [FDP] nickt)

- Ich sehe das Nicken. Dann haben wir das Prozedere insofern geklärt.

Wir steigen jetzt in die Debatte zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 ein. Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie viele Hochwasserrekorde, wie viele Pegelrekorde haben wir in den letzten etwas mehr als zehn Jahren erlebt? - Wer an der neuen Hochwasserschutzwand in Hitzacker an der Elbe steht, bekommt ein Gefühl dafür. Dort sind die jeweiligen Höchststände mit kleinen Messingplatten verzeichnet, beginnend mit dem sogenannten Jahrhunderthochwasser 2002. Seitdem sind es schon einige und immer höhere Pegelstände, die hinzugekommen sind.

In der vergangenen Woche hatten es die Menschen an der Elbe dann mit einer neuen, verheerenden Flutkatastrophe zu tun, mit einem neuen, vorher kaum denkbaren Höchststand der Elbe und mit einem über Tage anhaltenden Druck gewaltiger Wassermassen auf die Deiche, die ebenfalls vorher kaum vorstellbar waren.

Heute, etwa eine Woche nachdem die Scheitelwelle Niedersachsen erreicht hat, können wir mit einem Seufzer der Erleichterung miteinander feststellen: Niedersachsen ist mit einem blauen Auge

davongekommen. Die Deiche und Notdeiche konnten größtenteils standhalten und verteidigt werden. Die verheerenden Schäden dieser Flutkatastrophe, die wir aus anderen Bundesländern längs der Elbe Tag für Tag im Fernsehen sehen können, haben wir zum Glück in Niedersachsen nicht zu verzeichnen.

Dass wir dieses Fazit heute ziehen können, ist alles andere als selbstverständlich. Es ist das Ergebnis einer mich tief beeindruckenden Gemeinschaftsleistung, die Niedersachsen vor einer Flutkatastrophe geschützt hat.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir alle können uns nur ganz, ganz herzlich bedanken für das Engagement, die Solidarität, die Professionalität und den Gemeinschaftsgeist, der an der Elbe und den anderen vom Hochwasser betroffenen Orten in den letzten Tagen zum Ausdruck gekommen ist.

Lassen Sie mich an erster Stelle diejenigen Menschen erwähnen, die nicht von Berufs wegen, sondern freiwillig Hand angelegt haben und die das Rückgrat des Deichschutzes der zurückliegenden zwei Wochen gewesen sind. Cirka 10 000 Einsatzkräfte waren in den Landkreisen Lüneburg und Lüchow-Dannenberg im Einsatz. Die größte Gruppe bildeten 35 Kreisfeuerwehrbereitschaften aus ganz Niedersachsen mit über 4 200 Einsatzkräften. Diese Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen haben für ganz Niedersachsen ihren Dienst an der Elbe getan, und wir sind ihnen allen dankbar dafür.

(Starker Beifall)

Das gilt nicht weniger für die Einsatzzüge der Hilfsorganisationen, die den Sanitäts- und Betreuungsdienst im großen Stil aufgebaut haben. Es waren über 500 Helferinnen und Helfer des Arbeiter-Samariter-Bundes, des Deutschen Roten Kreuzes, der Johanniter-Unfall-Hilfe und des Malteser Hilfsdienstes, die die Deichverteidigungskräfte unterstützt und zahlreiche in Not geratene Menschen versorgt haben.

Eine besondere Erwähnung verdienen die über 500 eingesetzten Angehörigen der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft sowie die ebenfalls über 500 Helferinnen und Helfer des THW, die überaus wichtige Beiträge zur Deichsicherung geleistet haben.

Das alles waren niedersächsische Bürgerinnen und Bürger, ohne die heute größere Teile der Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg unter Wasser ständen. Vergessen wir dabei aber nicht die weiteren etwa 1 200 Helferinnen und Helfer aus Niedersachsen, die länderübergreifend in Sachsen-Anhalt mit angefasst und dort einen unendlich schweren Dienst geleistet haben. Niedersachsen hat auch in unserem Nachbarland Sachsen-Anhalt Solidarität gezeigt, und wir danken allen Beteiligten dafür ganz besonders herzlich.

(Lebhafter Beifall)

Dieses Engagement von Bürgerinnen und Bürgern in Organisationen ist eindrucksvoll. Die spontane Hilfsbereitschaft vieler anderer Bürgerinnen und Bürger ist es nicht minder. Ältere und jüngere Menschen, Schülerinnen und Schüler haben stundenlang bis zur totalen Erschöpfung gearbeitet, um Sandsäcke zu füllen und Material zur Sicherung der Deiche bereitzustellen. Die Facebook-Gruppe „Hochwasser Niedersachsen“ hatte in kürzester Zeit 40 000 Unterstützerinnen und Unterstützer und hat in vielen Fällen für eine schnelle Unterstützung gesorgt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, es sind buchstäblich Millionen von Sandsäcken, die in diesen Tagen in Niedersachsen längs der Elbe gefüllt, transportiert und auf die Deiche verbracht worden sind. Das haben wir all jenen Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken, die ich erwähnt habe. Ihnen gebührt der herzliche Dank unserer ganzen Gemeinschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall)