Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/4138 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit wurde der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.
Tagesordnungspunkt 7: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gaststättengesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 17/4312 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 17/4782 - Schriftlicher Bericht - Drs. 17/4821 - dazu gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 GO LT: Toleranz fördern und Diskriminierung bei der Kontrolle des Einlasses in Diskotheken entgegenwirken! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/4834
Nach § 36 unserer Geschäftsordnung beschließt der Landtag über den Antrag der Fraktion der CDU nach der Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf.
Wir kommen nun zur Beratung. Zur Einbringung des Entschließungsantrages erteile ich für die CDU-Fraktion Herrn Kollegen Schünemann das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das ist das Grundrecht in unserer Verfassung, von dem alles abgeleitet wird. Insofern ist völlig klar: Menschen mit Behinderung, Menschen mit einer anderen Hautfarbe oder mit einer Religion, die nicht christlich-jüdisch ist, dürfen in unserem Land nicht diskriminiert werden. In diesem Ziel sind wir uns sicherlich völlig einig.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten viel erreicht. Vor neun Jahren ist das AGG, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, verabschiedet worden, das es ermöglicht, zivilrechtlich gegen Diskriminierung vorzugehen. Das ist richtig und wichtig.
Aber sehr viel mehr haben wir in unserem Land erreicht, weil es bürgerschaftliches Engagement gibt, zivilgesellschaftliches Engagement. Vor allen Dingen gibt es Zivilcourage: Menschen stehen auf, wenn andere Menschen diskriminiert werden. - Davor sollten wir Hochachtung haben, das sollten wir befördern. Wir sollten all denjenigen in unserer Gesellschaft danken, die sich so verhalten.
Leider müssen wir feststellen, dass in einigen Punkten auch heute noch Diskriminierung stattfindet. Vor diesem Hintergrund müssen wir die Gesetzesinitiative der Landesregierung bewerten. Es trifft durchaus zu, dass an der Diskothekentür Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder vielleicht auch aufgrund ihrer Religion abgewiesen werden. Dies dürfen wir nicht akzeptieren; das ist völlig unstrittig.
Aber, meine Damen und Herren, was werden wir damit erreichen, dass wir jetzt einen bußgeldbewehrten Diskriminierungstatbestand in das Gaststättengesetz aufnehmen? Wird dadurch die Beweislast tatsächlich umgekehrt?
Sowohl im Zivilrecht als auch im Ordnungswidrigkeitenrecht muss natürlich nachgewiesen werden, dass tatsächlich eine Diskriminierung stattfindet. Gerade bei der Diskothek ist das sicherlich nicht ganz einfach. Denn es gibt ein Hausrecht. Der Gastgeber kann einen Verhaltenskodex erlassen. Er kann natürlich auch einen Dresscode u. a. vorschreiben. Deshalb kann es durchaus schwierig sein, die Situation zu beurteilen.
Jetzt müssen die Gerichte darüber entscheiden. In der Zukunft muss die Ordnungsbehörde vor Ort entscheiden. Ob das zu mehr Verwaltungsaufwand, aber weniger Diskriminierung führt, müssen wir uns noch anschauen.
Aber viel wichtiger ist, dass wir durch gesetzgeberisches Handeln zivilgesellschaftliches Engagement nicht behindern. Das müssen wir uns in diesem Zusammenhang anschauen. Denn der DEHOGA hat gerade erst eine Branchenselbstver
pflichtung erlassen. Er hat ein Gütesiegel auf den Weg gebracht, das an der Diskothek angebracht wird: Wir unterstützen das AGG. Wir lehnen jede Form von Diskriminierung ab. - Man hat gerade die Türsteher geschult und sensibilisiert, damit keine Diskriminierung stattfindet.
Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund, dass man sich darauf mit dem Sozialdezernenten der Landeshauptstadt und der Antidiskriminierungsstelle geeinigt hat und das jetzt über das gesamte Land ausbreiten will, ist es doch fragwürdig, jetzt mit der Gesetzeskeule zu kommen und dieses Engagement in irgendeiner Weise vielleicht sogar zu behindern, statt es zu befördern. Das können wir nicht akzeptieren. Wir sollten vielmehr diese Branchenselbstverpflichtung unterstützen.
Wir wollen mit unserem Entschließungsantrag zum Ausdruck bringen, dass dieses Engagement des DEHOGA evaluiert werden sollte. Vor allen Dingen möchten wir dazu beitragen, dass dieses zivilgesellschaftliche Engagement unterstützt und nicht behindert wird. Das führt zum Erfolg.
Die Stellungnahmen, die wir bei der Gesetzesberatung bekommen haben, enthalten zum größten Teil durchaus Zustimmung, keine Frage. Aber man wusste damals nicht von der Selbstverpflichtung des DEHOGA. Insofern wäre es interessant, zu hören, wie sich jetzt alle Beteiligten dazu äußern würden.
Es gab auch eine Stellungnahme von der SCHURA. Die SCHURA erhebt den Anspruch, Sprachrohr der Muslime und natürlich auch der jungen Muslime zu sein. Ich darf aus dieser Stellungnahme zitieren: „Diskotheken (sind) jedoch nicht der anzustrebende abendliche Zeitvertreib für junge Muslime.“
Meine Damen und Herren, wir haben 157 Diskotheken im Land. Ohne Zweifel findet dort auch Diskriminierung statt. Dagegen muss man vorgehen. Es stimmt mich aber sehr nachdenklich, wenn ein Verband, der Sprachrohr der Muslime sein will, tatsächlich integrationsbehindernde Diskriminierung vornimmt, und jeder jugendliche Muslime, der in eine Diskothek geht, im Prinzip ein schlechtes Gewissen haben muss, weil er vielleicht nicht die Unterstützung der SCHURA u. a. bekommt. Das ist integrationsbehindernde Diskriminierung, die wir nicht akzeptieren.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Herr Schü- nemann, das ist Unsinn, was Sie da erzählen, und das wissen Sie! Das sollten Sie sich noch einmal überle- gen! - Anja Piel [GRÜNE]: Abenteuer- lich!)
Mit Ordnungswidrigkeitentatbeständen und Bußgeldern kann man zwar vielleicht das eine oder andere schaffen. Aber es bleibt ein gesellschaftliches Problem.
Deshalb ist es auf der einen Seite richtig, jetzt in einer Entschließung die Bemühungen des DEHOGA zu unterstützen, zu evaluieren, ob die Selbstverpflichtung zum Erfolg geführt hat; wenn nicht, können wir uns über eine Gesetzesinitiative noch in dieser Legislaturperiode unterhalten.
Auf der anderen Seite sollten wir der Schura aber auch sagen, dass muslimische Jugendliche nicht mehr und nicht weniger Rechte haben sollten und dass sie vor allen Dingen nicht in irgendeiner Weise ausgegrenzt werden. Sie haben genauso das Recht, mit Jugendlichen christlichen Glaubens und anderer Glaubensrichtungen Musik zu hören und natürlich auch in eine Diskothek zu gehen. Wenn wir ihnen das nicht auch als ein Recht darstellen, sondern ihnen ein schlechtes Gewissen machen, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Integration nicht zum Erfolg führt. Deshalb sollten wir der Entschließung zustimmen und in anderthalb Jahren über eine Gesetzesinitiative beraten, wenn es dann überhaupt noch notwendig ist.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank! Der Benachteiligung von Personen wegen ihrer ethnischen Herkunft oder Religion bei der Einlasskontrolle einer Diskothek entgegenzuwirken oder entgegenzutreten, ist richtig und verdient unsere volle Unterstützung.
Hierzu beinhaltet der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Gaststättengesetz die Möglichkeit der Sanktionierung, beispielsweise die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens inklusive Bußgeldandrohung, aber auch im Wiederholungsfall die Option der Gewerbeuntersagung.
Es mag keine empirischen Erhebungen geben, bzw. mir sind keine bekannt, die belegen, dass in Diskotheken Menschen bewusst beispielsweise wegen ihrer Nationalität oder Hautfarbe abgewiesen wurden. Aber es gibt diese Diskotheken, meine Damen und Herren. Tests oder Stichproben von Organisationen, beispielsweise auch des NDR, belegen das. Das gibt es auch in Niedersachsen. Das zeigen eigene Erfahrungen und Hinweise von Abgeordneten vor Ort. Auch die Fälle in Hannover von vor einigen Jahren belegen das.
Von 2006 - seit Beginn des AGG - bis 2014 wurden bei der Antidiskriminierungsstelle immerhin über 150 Fälle möglicher Diskriminierung beim Diskoeinlass bekannt. Das mag auf den ersten Blick vielleicht nicht so gravierend wirken. Aber ich sage: Erst einmal ist schon jeder einzelne Fall ein Problem, und die Dunkelziffer ist hier sicherlich nicht unbeträchtlich.
Das Gefühl, bei der abendlichen Freizeitgestaltung, beim Besuch einer Diskothek abgewiesen zu werden, möchte man sicherlich persönlich nicht erleben, manchmal mit dem mindestens ebenso unangenehmen Nebeneffekt, dass dadurch Begleitpersonen, die mit unterwegs sind, keinen Eintritt erhalten. Diese erlebte Ablehnung, diese Ausgrenzungserfahrung hinterlässt ganz gewiss Spuren: nicht dazuzugehören, in der Würde verletzt zu werden und ein Gefühl der Ohnmacht. - Ganz sicher trägt das nicht zur Integration in die Gesellschaft bei. Es geht bei der Intention dieses Gesetzentwurfs auch um Respekt, so wie es der Integrationsrat, finde ich, sehr treffend betont.
Dass es dieses Problem gibt, zog im Rahmen der Anhörung zu dem Gesetzentwurf niemand ernsthaft in Zweifel. Sechs von sieben Angehörten
stimmten dem Gesetzentwurf zu. Das ist ein klares Signal. Es macht deutlich, dass Handlungsbedarf besteht. Die Frage in der Debatte war vielmehr - auch Ihrerseits -, ob mittels einer Gesetzesregelung darauf reagiert werden sollte oder ob wir es der freiwilligen Selbstverpflichtung der Betreiber oder Eigentümer überlassen.
Nun bezieht sich der DEHOGA in seiner Stellungnahme auf das Projekt „Pro AGG!“, das mit der Stadt Hannover und der Antidiskriminierungsstelle - Sie haben es eben erwähnt, Herr Schünemann - Anfang 2014 auf den Weg gebracht wurde. Dieses Projekt wird von unserer Fraktion ausdrücklich begrüßt. Man mag sich natürlich schon fragen dürfen, warum es erst im letzten Jahr initiiert wurde, obwohl solche Fälle doch schon seit vielen Jahren bekannt geworden und aufgedeckt worden sind. Hinzu kommt, dass hier meines Wissens die Stadt Hannover die treibende Kraft war und nicht der DEHOGA. Da bleibt die Frage, warum nicht schon früher vonseiten des Verbandes reagiert worden ist.
Leider gibt der Verband auch nicht an, welche Verbreitung dieses Siegel nach mittlerweile fast zwei Jahren hat und ob es Initiativen zur räumlichen Ausdehnung in andere Teile unseres schönen Bundeslandes gegeben hat. Hier wurde nur optional angedeutet, vielleicht aufgrund des vorliegenden Gesetzentwurfs.
Unabhängig davon, meine Damen und Herren, ergänzen sich beide Maßnahmen ganz hervorragend. Sollte „Pro AGG!“ auf alle Diskotheken Anwendung oder Ausdehnung finden und auch in der Praxis konsequent - darum geht es ja primär - umgesetzt werden, haben die Diskothekenbetreiber ja nichts zu befürchten. Sollte sich in der Praxis aber etwas anderes herausstellen, kann es nur im Sinne des Verbandes sein, dass hier ordnungspolitische Maßnahmen auf dem Fuß folgen.
Gerade die bisher fehlenden ordnungspolitischen Optionen und Spielräume sind von einigen betroffenen Kommunen schon länger kritisiert worden. Daher begrüßen und unterstützen wir den Gesetzentwurf der Landesregierung und werden ihm heute unsere Zustimmung geben. Es ist ein deutliches Signal an diejenigen, die bisher solche nicht zu tolerierenden Verfahrensweisen praktiziert haben. In diesem Rahmen unser Dank allen Diskothekenbetreibern, die sich bisher schon vorbildlich, aber eben auch gesetzeskonform verhalten haben!
dass Sie mit diesem Antrag das Gesetzgebungsverfahren nicht nur verschieben, sondern auch verhindern wollen.