Herr Dr. Birkner, Sie schreiben in Ihrem Antrag: „Das Standortauswahlgesetz ist gut“. Ich sage: Es ist nicht gut.
Werden Sie sich darüber klar: Es ist nicht gut! Es wird für Niedersachsen gut sein, wenn es uns gelingt, dass keine Castoren mehr nach Niedersachsen gebracht werden. Dann wird es ein Erfolg sein.
Dieses Gesetz hat ganz viele Lücken, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich kann hier noch nicht bewerten, ob das Gesetz für Niedersachsen gut sein wird. Wir hoffen es jedenfalls.
Es ist eine historische Chance - so hatte es der Bundesumweltminister gesagt. Diese Möglichkeit hat Niedersachsen mit einem Kompromiss eröffnet. Bayern und Hessen sind aber nicht dazu bereit.
Meine Damen und Herren, wir setzen die Debatte fort. Jetzt hat für die CDU-Fraktion der Kollege Martin Bäumer das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist heute in der Tat ein erkenntnisreicher Tag. So manch einer scheint nach 100 Tagen des Regierens mittlerweile in der Realpolitik angekommen zu sein. Nachdem Herr Wenzel das heute Morgen erkennen musste, muss nun auch Herr Bosse die Realitäten zur Kenntnis nehmen, wie man sieht. Manches Wort, das er noch vor Monaten geschwungen hat, hört sich mittlerweile doch ganz anders an.
Wir schreiben das Jahr 2013, und das Standortauswahlgesetz ist da. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist gut für Deutschland und auch gut für Niedersachsen. Denn das, was seit einigen Jahren in Gorleben herumsteht, soll dort doch nicht für die Ewigkeit stehen. Und wenn Sie, Herr Bosse, anfangen, davon zu reden, dass die Zeit doch so knapp ist, dann muss man ganz deutlich entgegnen: Wir haben doch schon so viel Zeit gehabt. - Ich komme im Laufe meiner Rede noch darauf zurück. - Aber das Zeitargument ist das schwächste Argument, das man heute bringen konnte.
Niedersachsen hat in der Tat in der Vergangenheit in Sachen Kernenergie einen großen Beitrag geleistet. Wir haben bei uns die Asse, Schacht Konrad und Gorleben, und Morsleben ist gewissermaßen ein Vorort von Niedersachsen.
Trotzdem bin ich froh, dass es nun gelungen ist, mit einer weißen Deutschlandkarte neu zu starten, und dass Gorleben mit im Topf ist. Über diese Frage haben wir in diesem Plenum in den vergangenen Jahren mehrfach gestritten. Mir war immer klar, dass man niemandem in anderen Teilen der Republik vermitteln kann, dass man in ganz Deutschland sucht, aber Gorleben dabei außen
vor bleibt. Insofern ist es gut, dass Gorleben mit im Topf ist. Ich muss sagen: An der Stelle haben Ministerpräsident Weil und Minister Wenzel gut verhandelt.
Die Kernfrage, um die es im Zusammenhang mit der Frage, wohin das Endlager soll, einzig und allein gehen wird, ist, wie gelagert werden soll. Diese Frage muss entschieden werden. Ich erzähle sicherlich den Atom- und Kernenergieexperten nichts Neues, wenn ich sage: Ob man Salz, Granit oder Ton braucht, hängt davon ab, wie man lagern will. Deswegen ist es dringend, diese Frage zu entscheiden. Davor sollte sich unsere Generation auch nicht drücken.
Ich glaube, wir - lieber Kollege Bosse, uns trennt ja altersmäßig wenig - sollten dafür sorgen, dass wir nicht eines Tages mit dieser Frage in Pension gehen. Ich für meinen Teil habe das jedenfalls nicht vor. Wir beide haben noch ungefähr 20 Jahre politisches Leben vor uns.
Es muss doch möglich sein, das in dieser Zeit zu entscheiden! Man darf das nicht auf die lange Bank schieben.
Zu den Fragen, die entschieden werden müssen, gehört auch die Frage: Wohin mit den weiteren Castoren, die uns aus La Hague oder Sellafield noch erreichen werden? - Da muss ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, dem Kollegen Birkner deutlich beipflichten und Ihnen, Herr Kollege Bosse, deutlich widersprechen. Man kann das doch nicht nach Parteipolitik entscheiden. Man muss das sachlich, faktisch lösen.
Wenn man auf die Karte schaut - das habe ich hier schon vor Monaten, vor Jahren gesagt -, dann ist es doch normal, dass man sagt: Die Castoren, die aus Frankreich kommen, parken wir in BadenWürttemberg, weil der Transportweg dann kurz ist und wir damit all diesen Menschen, die sich gerne auf Gleise setzen, kaum eine Chance bieten, das zu verhindern.
Und das, was über den Seeweg kommt - aus Großbritannien, über die Nordsee -, kann man doch wunderbarerweise nach Brokdorf bringen.
Was soll denn dieser völlige Quatsch, dass man versucht, die Castoren in Bundesländer zu verschieben, die heute konservativ regiert werden? - Ich glaube, wenn Baden-Württemberg noch schwarz-gelb regiert würde, dann würden Sie diese Frage nicht stellen. Aber Sie diskutieren das parteipolitisch. Das jedoch hat die Frage der Endlagerung überhaupt nicht verdient.
Herr Kollege Bäumer, ich warte noch den Beifall ab, und dann frage ich Sie, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Bosse zulassen. - Herr Kollege Bosse, Sie dürfen Ihre Frage stellen!
Herr Kollege Bäumer, Sie wissen, dass sich Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg angeboten haben. Sie wissen auch, dass immer noch die Frage ungeklärt ist, wohin die restlichen Castoren kommen. Wenn nämlich die Kapazitäten in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein ausgeschöpft sind, müssen die verbleibenden Castoren irgendwo anders hin;
(Björn Thümler [CDU]: Das sind doch keine Gummibärchen! - Miriam Staud- te [GRÜNE]: Sagen Sie das noch mal!)
das ist hier doch die existenzielle Frage. Und da bieten sich nur - das wissen Sie ganz genau - Hessen und Bayern an. Oder sehen Sie das anders?
Das ist genehmigt, da gibt es Platz, da gibt es eine heiße Zelle, da ist alles vorhanden, was man bräuchte, um Castoren zwischenzulagern.
Nur aus ideologischen Gründen haben sich diese beiden Herren da vorne feiern lassen. Sie sagen, es geht demnächst kein Transport mehr nach Gorleben, um damit im Wendland ein paar Menschen selig zu machen.
Ich glaube, wenn man die Frage sachlich, faktisch und nüchtern diskutiert - und dazu müssten auch Sie in der Lage sein; so habe ich Sie kennengelernt -, dann müsste es möglich sein, dass man jenseits der Ideologie eine Lösung findet, die erstens wenig kostet, die zweitens schnell umsetzbar ist und die drittens dafür sorgt, dass man nicht anderswo mit großem Aufwand bauen muss.
Sind wir doch mal Realisten: Ist es denn gut, wenn wir anderen Menschen Dinge vor die Tür setzen, die man so einfach regeln könnte? - Ich weiß, dass das in Gorleben, im Wendland nicht populär ist. Aber da stehen doch schon über 100 Castoren. Wenn da noch ein paar dazukommen, bricht dann deswegen die Welt zusammen?
(Widerspruch bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zuruf: Sie spinnen doch! - Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube nicht. - Ich weiß gar nicht, warum Sie so aufgeregt sind. Allein die Aufgeregtheit zeigt mir doch, dass Sie an dieser Stelle ein Problem haben.
Das wichtigste Wort - Herr Kollege Watermann, schützen Sie sich vor Bluthochdruck - im Antrag der FDP ist das Wort „zügig“. Ich bin Ihnen, lieber Herr Kollege Birkner, sehr dankbar, dass die FDP diesen Antrag vorgelegt hat. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie die sofortige Abstimmung beantragt haben. Ich kann Ihnen sagen: Wir als CDUFraktion hätten damit kein Problem. Denn dieser Antrag ist gut. Dieser Antrag sendet ein klares Signal nach Berlin. Dieser Antrag sagt, was wir wollen und was wir nicht wollen.