Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Im Rahmen der Aussprache hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Marcus Bosse das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Dr. Birkner, als ich Ihren Antrag das erste Mal gesehen habe, habe ich gedacht: Ich traue meinen Augen nicht.
Bei genauerem Hinsehen und durch die Überschrift wurde dann ziemlich schnell deutlich, dass ich Ihre Meinung nicht teile.
Sie wollen beschließen, dass das Standortauswahlgesetz gut ist. Es ist aber nicht so gut, dass es daran nicht noch etwas zu verbessern gäbe.
(Christian Dürr [FDP]: Es ist nicht so gut, wie Herr Weil behauptet hat, oder was? - Zuruf: Da sagt der Ministerprä- sident aber etwas anderes!)
Ich möchte meine Kritik an diesem Gesetz auch begründen. Ich denke, im Vorfeld dieses Gesetzes hätte es eine deutlich größere Bürgerbeteiligung geben müssen. Das zeigt auch die sehr geringe Beteiligung an dem Bürgerforum, das an diesem Wochenende stattfinden wird. Nur wenige Umweltverbände und Bürgerinitiativen haben sich dort angemeldet. Man muss in der Tat schmunzeln, wenn man die Einzelheiten liest. Sich im Internet anzumelden, ist zwar kein Problem. Dann soll man aber auch noch wortgetreu aufschreiben, was man dort sagen will. Ich finde, das geht ein bisschen zu weit.
Auch sollte, wie ich finde, zunächst einmal die Besetzung der 24-köpfigen Kommission abgewartet werden, bevor wir hier in Lobeshymnen über dieses Gesetz ausbrechen. Für mich persönlich ist sie zu stark von der Politik besetzt.
Ich meine auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass der Zeitplan für die Arbeit der Kommission - zwei Jahre - sehr ambitioniert ist. Ich halte es für äußerst unrealistisch, dass es diese Kommission innerhalb von zwei Jahren schafft, Kriterien festzulegen. Ich würde es mir wünschen, aber ich habe relativ wenig Hoffnung, dass sie es schafft.
Auch muss geklärt werden, ob in dieser Kommission eine Minderheit die Möglichkeit hat - und ich denke, das muss sie -, Gutachten und Aufträge zu vergeben. Das stände dieser Kommission gut an; denn es geht um nichts Geringeres als um die Endlagerfrage in der Bundesrepublik Deutschland, die wir über Jahrzehnte strittig behandelt haben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb muss in dieser Kommission größtmögliche Transparenz herrschen und muss größtmögliche Bürgerbeteiligung stattfinden.
Ich komme zum zweiten Spiegelstrich Ihres Antrags. Diese Landesregierung ist einen schwierigen und harten Kompromiss eingegangen. Sie werden doch wohl nicht ernsthaft erwarten, dass die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen diesen schwierigen und harten Kompromiss auch noch begrüßen, meine Damen und Herren! Das kann doch nur ein schlechter Scherz sein!
Niedersachsen bzw. die Landesregierung hat die Tür aufgestoßen, damit die Endlagersuche in der Bundesrepublik Deutschland vorangetrieben werden kann.
Nur durch Niedersachsen, durch diese Landesregierung ist Bewegung in die völlig verfahrene Situation bei der Endlagersuche gekommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
und zwar Lösungen dafür, wohin die restlichen Castoren sollen. Sie sollen jedenfalls nicht, wie der Vorsitzende der CDU-Fraktion Thümler in der NWZ vorschlägt, gegebenenfalls nach Gorleben und auch nicht ins AKW Unterweser.
Niedersachsen hat bei der Beseitigung des Atommülls in der Bundesrepublik Deutschland die Hauptlast getragen. Nun - das sage ich Ihnen - sind andere dran!
Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg haben mittlerweile ihre Bereitschaft dazu signalisiert. Aus Bayern und Hessen kommt bisher allerdings nur großes Schweigen, was keine Solidarität ist. Damit fallen sie im Grunde genommen dem Bundesumweltminister in den Rücken.
Insofern kann ich Sie nur auffordern - das hat auch Herr Wenzel vorhin schon getan -: Greifen Sie zum Telefon! Rufen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen in Hessen und Bayern an! - Ich weiß, wahrscheinlich wird Ihr Einfluss nicht so weit reichen, aber
(Johanne Modder [SPD]: Habt ihr das noch nicht gemacht? - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Wir können doch nicht eure Arbeit machen!)
Bitten Sie sie, auch wenn Wahlen vor der Tür stehen, die Möglichkeit für einen Kompromiss zu eröffnen!
Die Krux ist doch: Diejenigen, die den Müll über Jahrzehnte produziert haben, wollen nun mit der Lagerung nichts zu tun haben. Ich nenne das schäbig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Auch die konservativ regierten Länder müssen nun Farbe bekennen, um den von Peter Altmaier verkündeten historischen Durchbruch Realität werden zu lassen. Sich an der Stelle um die Verantwortung zu drücken, ist äußerst verdorben. Aber gerade in dieser Frage ist von einem Konsens mit dem Bundesumweltminister nicht viel zu spüren, weder in Hessen noch in Bayern. Soll eine Einigung gelingen, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen aber alle Bundesländer gemeinsam Verantwortung tragen. Niedersachsen hat es vorgemacht. Niedersachsen hat die Tür aufgestoßen.
Diese Landesregierung war zu einem Kompromiss bereit. Und das Gebaren von Bayern und Hessen kann ich nur so beschreiben: Wasch’ mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass!
Auf die Rede des Kollegen Bosse liegt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention vor. Die FDPFraktion hat sich jetzt auf den Redner Dr. Birkner geeinigt, dem ich das Wort erteile.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bosse, der Ministerpräsident hat in der 5. Plenarsitzung - ich zitiere es gerne noch einmal - gesagt: „Die Einigung von Berlin ist der mit Abstand größte Erfolg, den das Wendland und alle seine Freunde“ - ich zähle die
Wie weit geht es denn mit der Tragweite dessen, was der Ministerpräsident gesagt hat? - Sie gehen den gleichen Weg wie die Grünen: Sie fangen an, sich von diesem Gesetzentwurf zu distanzieren. Nichts ist mehr von den Jubelarien zu verspüren, die wir vor einem Monat im Plenum gehört haben.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Wer ver- weigert sich denn gerade? - Johanne Modder [SPD]: Das sagt der Richtige!)
Sie können doch nicht sagen: Die Schwarzen, die Gelben, die Grünen und die Roten kriegen jeweils welche. - Da müssen sachliche Kriterien herangezogen werden, und dazu gehört insbesondere ein kurzer Transportweg.