Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass ich die Gelegenheit habe, zum Thema Unterrichtsversorgung Stellung
zu nehmen; denn die geschätzten Werte, die hier verbreitet werden, entsprechen schlicht und ergreifend nicht der Realität an den niedersächsischen Gymnasien.
Der Verband der Elternräte hat die Ergebnisse einer Online-Befragung veröffentlicht. Das wirft zahlreiche Fragen auf: Wie viele Schulen sind überhaupt befragt worden? Wie viele Rückmeldungen hat es gegeben? Welcher Stichtag wurde gewählt? Welcher Zeitraum wurde gewählt? Wie ist „Unterrichtsausfall“ definiert worden? - Ich könnte noch weitere Fragen nennen.
Letzten Endes ist das Ergebnis dieser Befragung nur das, was der Verband in seiner FacebookDarstellung selbst sagt. Es ist „eine ungenauere Hochrechnung über die Einschätzung unserer Elternvertreter.“ - Kurzum: Diese Zahlen sind nicht belastbar.
Deshalb, meine Damen und Herren, komme ich lieber zu den Fakten. Zum generellen Ausfall des Unterrichts in den Fächern Mathe, Physik und Musik hat auch mein Haus in Form einer Stichprobe eine Befragung an Gymnasien vorgenommen. Die Nachfragen des Kultusministeriums haben ergeben, dass an keinem der befragten Gymnasien der Unterricht in den genannten Fächern gekürzt wird.
(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Al- so auch nur eine Stichprobe! - Gegen- ruf von Johanne Modder [SPD]: Nun hören Sie doch mal zu! - Björn Förs- terling [FDP]: An welchen Gymnasien haben Sie das denn abgefragt?)
Einen Moment, bitte, Frau Ministerin! - Herr Kollege Försterling, wir haben hier keine Fragestunde. Ich bitte Sie, der Ministerin zuzuhören. Das gilt für alle hier im Plenarsaal.
Frau Ministerin, Sie haben eben im Blick auf den Verband der Elternräte kritisiert, dass Sie gar nicht wissen, an welchen Schulen abgefragt worden ist bzw. wer sich beteiligt hat. Von daher die Frage: Können Sie uns die Gymnasien nennen, bei denen Sie nach dem Unterrichtsausfall in Mathe, Physik und Musik gefragt haben?
Wir würden auch gerne den Zahlen des Verbandes nachgehen. Aber leider werden sie uns nicht zur Verfügung gestellt.
Ich betone: Es gibt in keinem Fach einen generellen Ausfall von Unterricht: in keinem Schuljahr und in keiner Klasse.
An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass die regionalen Servicestellen der Landesschulbehörde eine Hotline geschaltet haben. Diese ist, wie üblich, seit Schuljahresbeginn geöffnet. Bei dieser Hotline des Dezernates 3 sind bis ungefähr Ende Oktober ganze drei Hinweise auf eine mangelnde Unterrichtsversorgung eingegangen.
Ganze drei Hinweise! Das zeigt, wie die Stimmungslage ist. Nimmt man die Äußerungen der Vorsitzenden der Direktorenvereinigung und des Philologenverbandes hinzu, sind die Aussagen, die von dem Verband der Elternräte gemacht worden sind, schlicht und ergreifend nicht haltbar.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Fächer Mathe, Physik und Musik erwähnt. Unabhängig davon, dass für die Landesregierung und auch für mich persönlich jedes Fach im Fächerkanon wichtig ist, haben wir auch im Blick auf diese Fächer bei den Gymnasien nachgefragt. Ergebnis: In keinem Fach fällt der Unterricht generell aus, in keinem Schuljahrgang und in keiner Klasse.
Wir hätten sehr gern bei den Schulelternräten nachgefragt, nach deren Einschätzung die Unterrichtsversorgung in diesen Fächern ja unter 90 % liegt. Aber leider hat uns der Verband weder die Namen noch die Ergebnisse der Schulen gemeldet, die an der Online-Umfrage teilgenommen haben.
Natürlich gehen wir jedem Hinweis sofort nach, damit wir, sofern es Probleme geben sollte, nachsteuern können.
Aber vielleicht ist da ja auch gar keine Schule zu benennen. Mir liegen jedenfalls die vorläufigen Erkenntnisse meines Hauses zur Unterrichtsversorgung an den Gymnasien vor. Wohlgemerkt: die vorläufigen. Die endgültigen Ergebnisse können wir Mitte Dezember veröffentlichen - so wie immer, so wie das auch bei allen anderen Landesregierungen zuvor der Fall gewesen ist.
Die vorläufigen Werte zeigen eine Schwankungsbreite von 0,2 % bis 0,3 % nach oben bzw. nach unten. Und kein einziges Gymnasium liegt danach unter 90 %. Insofern ist die Feststellung, die aufgrund der Online-Befragung getroffen wurde, schlicht und ergreifend falsch. - Sie merken, es gibt hier unterschiedliche Einschätzungen. Deshalb halte ich es lieber mit den Fakten.
Wir haben die Einschätzung des Verbandes der Elternräte an Gymnasien mit unseren vorläufigen Werten aus der Erhebung der Unterrichtsversorgung zum Stichtag 15. September abgeglichen. Wie gesagt, die Werte sind noch vorläufig. Aber
eines ist jetzt schon klar, meine Damen und Herren: Laut Statistikerhebung 2015/2016 wird die durchschnittliche Unterrichtsversorgung an den niedersächsischen öffentlichen Gymnasien bei rund 99,5 % liegen - und eben nicht bei 97 %, wie der Verband irrtümlich behauptet und wie Sie, meine Damen und Herren von FDP und CDU, es schlicht und einfach aufgenommen haben.
Folglich wird die tatsächliche durchschnittliche Unterrichtsversorgung ganze 2,5 Prozentpunkte höher und damit auch nur knapp unter 100 % liegen.
Für die Opposition mag die Qualität der Hochrechnung, die jetzt online gestellt worden ist, ausreichend sein. Aus meiner Sicht ist das Ganze aber nur eine sehr ungenaue Einschätzung.
Deshalb sage ich zur FDP-Fraktion - nicht zu den Eltern; die können das gerne abfragen und auch mit Schätzungen argumentieren -: Sie - wie gesagt, gemeint ist die FDP, aber die CDU trägt das ja mit - betreiben hier nichts anderes als Panikmache auf der Grundlage einer unzureichenden Datenlage. Das hat mit der Realität an den Gymnasien in Niedersachsen nichts zu tun.
(Beifall bei der SPD - Lachen bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Was ist das denn für ein Angriff? Sie kennen die Realität doch gar nicht mehr! So weit sind Sie weg, Frau Ministerin!)
Das titelt im Grunde genommen auch Herr Audritz, wenn er sagt: Das seien singuläre Eindrücke; ein Gesamtbild könnten nur die Daten des Ministeriums liefern.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen auch gern noch einige konkretere Daten nennen: Eine Unterrichtsversorgung von 100 % oder höher werden nach den vorläufigen Werten meines zuständigen Fachreferats ungefähr 47 % der öffentlichen Gymnasien erreichen. Bei der Online-Befragung hingegen ist die Rede von 28 %. Hier gibt es also eine Abweichung von fast 20 Prozentpunkten. Ich frage Sie: Was ist daran noch valide, meine sehr verehrten Damen und Herren? - Noch einmal: Fast die Hälfte der niedersächsischen Gymnasien wird
eine Unterrichtsversorgung von 100 oder mehr Prozent haben. - So weit zu den Fakten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Christian Dürr [FDP]: Herr Minister- präsident, es ist doch absurd, was Ih- re Ministerin hier macht!)
Wie ungenau die Hochrechnung des Verbandes der Elternräte ist, habe ich erläutert. In meinem Haus, sehr verehrte Damen und Herren, gibt es keine Einschätzungen - das Kultusministerium steht dafür, dass die Daten belastbar und verlässlich sind.
Wir sprechen die ganze Zeit über belastbare und valide Daten, und bei der Genauigkeit der Daten muss man eben entsprechende Überprüfungen vornehmen.