Protocol of the Session on November 11, 2015

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nach der Debatte, die wir im Kultusausschuss geführt haben, will ich auch sagen: Es ist zu fragen, ob es tatsächlich verantwortungsvoll ist, sich heute zu überlegen, ob man nicht mitstimmt, also sich enthält, oder vielleicht dagegen ist - oder schnell noch einen Änderungsantrag einzureichen, von dem wir wissen, dass er rechtlich nicht haltbar ist. Alle, die im Kultusausschuss dabei waren, haben doch vom GBD sehr deutlich gehört, dass es unterschiedliche rechtliche, finanzielle Bedingungen für öffentliche und private Schulen gibt, und Sie haben doch sehr deutlich gehört, dass es nicht möglich ist, hier zu einer Vermischung zu kommen. Deshalb ist es richtig, jetzt erst einmal die öffentlichen Schulen zu unterstützen, und es ist richtig, dann den zweiten Schritt zu tun. Die Ministerin, Frauke Heiligenstadt, hat zugesagt, mit den freien

Trägern auf der Grundlage des heute zu verabschiedenden Gesetzes in Kontakt zu treten und die Finanzierung sicherzustellen. Wunderbar! Ich finde, besser kann man das kaum tun!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Kai Seefried [CDU]: Schön, dass wir danach miteinander reden! Danach redet man miteinan- der!)

Allen, die heute Misstrauen haben - wenn man sich selber nicht traut, hat man vielleicht auch Misstrauen anderen gegenüber -, sage ich: Deutlich ist doch, dass wir mit der kommunalen Familie eine gute Lösung gefunden haben! Im Jahr 2015 werden 17,5 Millionen Euro und ab 2016 insgesamt jährlich 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, damit sowohl sächliche als auch bauliche Voraussetzungen geschaffen werden können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, es ist sehr bedauerlich, dass Sie auf der Zielgeraden abgesprungen sind, wo Sie doch so gut auf dem Weg waren und wir das gemeinsam hätten schaffen können. Nun wollen Sie uns auf das Eis führen und kommen Sie mit merkwürdigen und rechtswidrigen Anträgen - auf dieses Eis werden wir uns nicht begeben!

(Christian Grascha [FDP]: Quatsch!)

Wir werden das vernünftig machen. Deshalb werden wir erst die Kommunen und dann die freien Träger entlasten. Ich freue mich jedenfalls darauf.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Santjer. - Als Nächster hat in der Debatte der Abgeordnete Kai Seefried für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es mir an der Stelle nicht ganz verkneifen: Es gab vorhin einen Zwischenruf des Innenministers in unsere Richtung. Er hat gesagt: Was hat der denn für Drogen genommen? Die würde ich auch gerne haben.

(Heiterkeit)

Das, was ich hier gerade erlebt habe, kam mir ein bisschen bekannt vor. Ich würde das an dieser Stelle gerne fragen.

(Minister Boris Pistorius: Ich habe ge- sagt, man soll die Dosis halbieren!)

- Man soll die Dosis halbieren, hat der Innenminister gesagt. Dann wollen wir auch ordnungsgemäß zitieren. Aber dafür, dass ich ihn zitiere, kriege ich hoffentlich keinen Ordnungsruf.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das, was der Kollege Santjer hier gerade dargestellt hat und was er versucht hat, entsprechend zu verkaufen, ist ein Paradebeispiel dafür, wie etwas, das auf den ersten Blick eigentlich gut aussieht, richtig falsch gemacht werden kann. Genau das hat die Landesregierung an dieser Stelle mit dem Entwurf eines Gesetzes über finanzielle Leistungen des Landes wegen der Einführung der inklusiven Schule wieder belegt.

Man braucht vielleicht weniger die Rede des Kollegen Santjer zu beachten, sondern man muss eigentlich nur den schriftlichen Bericht lesen, der als Vorlage zu diesem Gesetzentwurf erarbeitet worden ist. In diesem Bericht steht wirklich schwarz auf weiß, dass diese Landesregierung es nicht kann und dass diese Kultusministerin es nicht kann. - Ein weiterer Beleg dafür, nicht der erste am heutigen Tag!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will dem Kollegen Santjer ganz deutlich sagen: Ja, es ist richtig, die finanziellen Auswirkungen der Inklusion heute höher anzuerkennen und auch den Trägern gegenüber auszugleichen. Man kann sicherlich darüber streiten - anhand des Beispiels, das der Kollege Santjer genannt hat -, ob das alles denn auskömmlich ist und das alles damit finanziert werden kann. Das ist mit Sicherheit die zweite ganz entscheidende Frage.

Dennoch haben wir als CDU-Landtagsfraktion gesagt: Ja, wir wollen die Kommunen dabei unterstützen. Ja, wir wollen auch, dass dieses Gesetz zügig durch den Landtag gebracht wird. - Denn man muss auch feststellen, dass sich die Landesregierung bereits letztes Jahr vor Weihnachten hingestellt und verkauft hat: Jetzt gibt es den großen Durchbruch mit den kommunalen Spitzenverbänden. Wir haben uns darauf geeinigt, wie Inklusion finanziell abgegolten werden soll.

Das war letztes Jahr vor Weihnachten. Und heute, im November 2015, fast ein Jahr später, können

wir feststellen: Eigentlich sind Sie bis heute nicht fertig, und Sie wollen hier ein Gesetz beschließen, von dem Sie wissen, dass es schon morgen keine Gültigkeit mehr hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir als CDU-Fraktion haben den Fehler gemacht, daran zu glauben, dass das durch das Kultusministerium tatsächlich gut vorbereitet worden ist. Das war der Fehler, den wir von Anfang an gemacht haben, und es ärgert uns wahnsinnig, dass wir darauf hereingefallen sind und zugestimmt haben, dieses Gesetz im beschleunigten Verfahren durch den Landtag zu bringen.

Wir haben uns im Vorwege von der Landesregierung weismachen lassen, dass das alles gut vorbereitet ist, dass die verschiedenen Bildungsverbände beteiligt worden sind, dass es eine breite Unterstützung für diesen Gesetzentwurf gibt und dass er von der Mehrheit getragen wird. Erst im Rahmen der Anhörung, die wir dann im Ausschuss durchgeführt haben - wir als CDU-Fraktion haben gemeinsam mit der FDP überhaupt erst durchgesetzt, dass alle Bildungsverbände an einer Anhörung beteiligt werden -, haben wir anhand der Stellungnahmen erfahren, dass es im Vorwege diese Beteiligung eben nicht gegeben hat. Das Katholische Büro hat uns mitgeteilt, dass es von diesem Gesetzentwurf im Rahmen unserer Anhörung zum allerersten Mal gehört hat und es null Beteiligung seitens der Landesregierung an der Stelle gegeben hat.

Es ärgert uns, dass Sie uns mit Ihrem Vorgehen in diese Situation gebracht haben. Deswegen ist ja die Frage: Gibt die Kultusministerin jetzt gleich zu, dass sie die freien Träger und die Schulen in freier Trägerschaft und damit auch die Kirchen einfach vergessen hat? Haben Sie die einfach vergessen? Oder ist das Ganze ein System, das mit einer gewissen Strategie versehen worden ist?

Ich kann nur sagen: Es steckt Absicht hinter diesem System. - Natürlich steckt Absicht dahinter. Es ist nämlich nicht das erste Mal, dass wir einen Beleg dafür haben, dass die Schulen in freier Trägerschaft und damit auch die Kirchen bewusst schlechtergestellt werden als andere Träger.

(Renate Geuter [SPD]: Das ist über- haupt nicht wahr!)

- Natürlich, Frau Geuter.

Wie sieht es mit der besseren Ausstattung für Ganztagsschulen aus? - Öffentliche Schulen: ja. Freie Schulen: nein, nichts.

Wie sieht es mit der Beschulung von Flüchtlingskindern aus? - Bessere Unterstützung für öffentliche Schulen: ja. Freie Schulen: nein.

Wie sieht es mit dem SPRINT-Projekt für berufsbildende Schulen aus? - Öffentliche Schulen: ja. Freie Schulen: nein.

All das gibt es nicht. Es ist ein System dieser Landesregierung, Schulen in freier Trägerschaft und in kirchlicher Trägerschaft schlechterzustellen als die anderen Schulen. Das ist das System dieser Landesregierung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

Dann bleibt die Frage: Was ist mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung? - Frau Modder, Sie können es ja dann beantworten.

(Zuruf von Renate Geuter [SPD])

Wir müssen doch feststellen: Natürlich wird von allen das Gleiche erwartet, Frau Geuter. Von den freien Schulen wird genau das Gleiche erwartet wie von den öffentlichen Schulen. Sie sollen Inklusion machen, sie sollen Kinder mit Förderbedarf aufnehmen, sie sollen natürlich auch Flüchtlingskinder entsprechend im Unterricht integrieren.

Mir ist berichtet worden, dass Herr Politze letzte Woche an der kirchlichen Schule in Wunstorf war und komplett darüber erstaunt gewesen ist, wie viele Kinder mit Inklusionsbedarf und wie viele Flüchtlingskinder an dieser kirchlichen Schule betreut werden. Aber ich möchte einmal die Debatte erleben, wenn eine Schule in kirchlicher Trägerschaft ein Kind mit Inklusionsbedarf oder ein Flüchtlingskind ablehnen würde, weil sie sagt, das Land gibt ihr ja nicht die gleichen Voraussetzungen wie den staatlichen Schulen. Ich möchte einmal erleben, was dann los ist. Dann wären Sie doch diejenigen, die diese Schule dafür verurteilen würden. Sie erwarten doch das Gleiche von diesen Schulen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Von den Abgeordneten von SPD und Grünen wird dann gesagt - Herr Santjer hat das auch gerade eben versucht -: Na ja, das geht ja gar nicht. Wir können die alle ja gar nicht gleich behandeln, und dieses Gesetz soll ja auch nur einen Ausgleich

dafür schaffen, dass die Konnexitätsfolgen des Schulgesetzes von 2012 ausgeglichen werden.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Was Sie nicht berücksichtigt haben!)

- Frau Hamburg, das machen Sie jetzt auch wieder. Aber in der Überschrift Ihres Gesetzes steht etwas ganz anderes. Die Überschrift lautet: Gesetz über finanzielle Leistungen des Landes wegen der Einführung der inklusiven Schule. - Ich kann da nicht erkennen, dass das nur die Konnexitätsfolgen ausgleichen soll. Sie haben mit Ihrer Überschrift etwas ganz anderes auf den Weg gebracht.

Noch deutlicher wird es, um das noch zu unterstreichen, wenn man die Begründung ihres eigenen Gesetzentwurfs liest. Dort steht unter „Allgemeiner Teil“ im Abschnitt I:

„Die schrittweise Umgestaltung aller öffentlichen und privaten Schulen, in denen Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderung gemeinsam unterrichtet und erzogen werden…“

Es soll doch für alle gemeinsam gelten.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zurück zu den Ausführungen vom Kollegen Santjer, die ich im Grundsatz schon bewertet habe. Da wird so viel von Gemeinsamkeit geredet: Alles gemeinsam! Wir müssen die Aufgaben gemeinsam annehmen. - Da bin ich ja bei Ihnen. Wir sind auf eine gemeinsame Zusammenarbeit zur Umsetzung der Inklusion angewiesen, also die Schulen in freier Trägerschaft und die staatlichen Schulen. Aber dann müssen wir doch dieses Gesetz so auf den Weg bringen, dass es für alle gleichermaßen gilt.

Es wäre so einfach gewesen: wenige Textveränderungen, wenige finanzielle Auswirkungen.

Deswegen möchte ich Sie ermuntern: Folgen Sie unserem Änderungsantrag, den wir hier gleich einbringen werden, zur Gleichbehandlung der Schulen in freier Trägerschaft und damit auch der kirchlichen Schulen! Wenn Sie dem nicht zustimmen, wird nämlich einfach deutlich, dass es doch ein System hat und dass es eine Strategie ist, dass diese Schulen bei dieser Landesregierung bewusst schlechtergestellt werden.