Protocol of the Session on October 14, 2015

Innerhalb des Js-Verfahrens hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 152 Abs. 2 der Strafprozessord

nung zu prüfen, ob hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte einen Anfangsverdacht gegen die beschuldigte Person begründen, der die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens rechtfertigen würde. So ist auch nach der Strafanzeige des Herrn Rechtsanwalts Dr. Fritz gegen Herrn Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig verfahren worden, wie die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig berichtet hat.

In dem Verfahren gegen Bundespräsident a. D. Christian Wulff wurde durch die zuständige Staatsanwaltschaft ab Dezember 2011 eine Vielzahl von Eingaben je nach Gehalt entweder als ARVorgang - etwa bei Unmutsäußerungen, Kommentaren und Ähnlichem - oder als Js-Sache betreffend Christian Wulff - da handelte es sich um Strafanzeigen - eingetragen. Das spätere Ermittlungsverfahren ist aus einem als Js-Sache geführten Vorgang - Strafanzeigen gegen Bundespräsident Christian Wulff wegen Vorteilsannahme - hervorgegangen.

Eine Auswertung aller zur Prüfung eines strafprozessualen Anfangsverdachts eingeleiteten Verfahren der niedersächsischen Staatsanwaltschaften - wenn die Frage in dieser Allgemeinheit gestellt worden sein sollte - war zur Beantwortung dieser Anfrage nicht möglich und würde eine Überprüfung des gesamten Aktenbestandes erforderlich machen, was nicht leistbar wäre.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die erste Zusatzfrage stellt Kollege Limburg, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wann hat das Justizministerium erfahren, dass die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Braunschweig, um die es eben ging, in Bezug auf Herrn Prof. Dr. Martin Winterkorn unzutreffend formuliert war?

Danke schön. - Frau Ministerin!

(Unruhe)

- Ich darf um Ruhe bitten. - Frau Ministerin Niewisch-Lennartz, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Generalstaatsanwalt in Braunschweig hatte sich berichten lassen. Danach lag kein Anfangsverdacht gegen Herrn Winterkorn vor. Dann sah er die Presseinformation, in der ein Anfangsverdacht - scheinbar jedenfalls - bestätigt wurde, und veranlasste deren Korrektur.

(Mechthild Ross-Luttmann [CDU]: Das war doch nicht die Frage!)

Vielen Dank. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Toepffer, CDU-Fraktion. Bitte!

(Unruhe)

- Ich bitte um Ruhe. Jeder hat hier eine gewisse Chance, Fragen zu stellen. Wir brauchen dafür aber Ruhe und Aufmerksamkeit. Hier wird nicht quer diskutiert und auch nicht kommentiert. Herr Toepffer ist jetzt dran.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die Frage des Kollegen Limburg offensichtlich nicht beantwortet worden ist, stelle ich die Frage noch einmal. Frau Ministerin, Sie hatten in Ihren einleitenden Ausführungen gesagt, Ihr Haus habe durch Medienberichte von der falschen Pressemitteilung erfahren. Ist das so zu verstehen, dass Sie in dem Verteiler für Pressemitteilungen Ihrer eigenen Staatsanwaltschaften nicht aufgeführt werden?

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Frau Ministerin, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Presseverteiler der Staatsanwaltschaft Braunschweig ist mir nicht bekannt.

(Ulf Thiele [CDU]: Sie müssen doch wissen, ob Sie die Pressemitteilungen kriegen!)

Wir haben das durch die Reflexe auf die Tagesschau-Push-Meldungen usw. unverzüglich erfahren.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP - Ulf Thiele [CDU]: Ja, was denn jetzt? Präsident Bernd Busemann: Danke schön. (Christian Dürr [FDP]: Also das MJ ist nicht auf dem Presseverteiler der Staatsanwaltschaft Braunschweig? - Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich darf um Ruhe bitten! Dann kann es auch weitergehen. - Herr Dr. Birkner, die nächste Zusatzfrage bitte!

(Christian Dürr [FDP]: Das ist ja ab- surd! - Jens Nacke [CDU]: Das kann doch nicht wahr sein!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, beruht das als Js-Sache offensichtlich gegen Herrn Winterkorn eingetragene Verfahren auf einem entsprechenden Einleitungsvermerk der Staatsanwaltschaft Braunschweig, und, wenn ja, welchen wesentlichen Inhalt hat dieser Vermerk?

Danke schön. Ich werte das als eine Frage. - Frau Ministerin, bitte sehr!

(Ulf Thiele [CDU]: Was haben Sie denn mit dem Haus gemacht?)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Akte wird bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig geführt und liegt dem Justizministerium nicht vor. Deswegen liegt mir auch der Eingangsvermerk nicht vor.

(Jörg Bode [FDP]: Aber es gibt ihn?)

Danke schön. - Meine Damen und Herren, weitere Zusatzfragen sind im Anmarsch.

(Jörg Bode [FDP]: Also, was war das denn jetzt? - Jens Nacke [CDU]: Das zieht zwangsläufig Akteneinsicht und Fragenkataloge nach sich, wenn Sie hier nichts beantworten, Frau Ministe- rin!)

- Herr Kollege Nacke, ich darf um Ruhe bitten! - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Dr. Birkner. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass Sie ausgeführt hatten und auch die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat, dass man zwar quasi ganz viele Strafanzeigen bekommen habe, dass man aber noch nicht einen konkreten Beschuldigten habe ausmachen können, weil der Anfangsverdacht noch nicht gegeben sei, frage ich Sie, ob es dann nicht der richtige Weg gewesen wäre, die Sache als UJs-Sache einzutragen, so wie es - anders, als Sie es hier darstellen - nach meinem Wissen auch in der Sache Lüttig gewesen war, bei eine UJs-Sache in eine Js-Sache umgewandelt wurde, während hier offensichtlich anders verfahren wird und eine Js-Sache schon gegeben ist.

(Beifall bei der FDP - Christian Grascha [FDP]: Sehr richtig!)

Danke schön. - Frau Ministerin, bitte sehr!

Her Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, wann etwas mit Js-Aktenzeichen oder mit UJsAktenzeichen geführt wird, hängt damit zusammen, ob gegen Unbekannt ermittelt wird oder nicht. Im Bereich von VW gibt es auch Verfahren gegen Unbekannt. Deswegen gibt es auch UJsAktenzeichen.

(Jörg Bode [FDP]: Aha! - Christian Dürr [FDP]: Also es gibt welche?)

Das Verfahren gegen Herrn Winterkorn aber ist aufgrund einer Strafanzeige eingetragen worden, und ein solches Verfahren - nach Eingang einer Strafanzeige - ist nach der Aktenordnung als JsSache einzutragen.

(Jörg Bode [FDP]: Und warum war es bei Herrn Lüttig anders? - Christian Dürr [FDP]: Das ist nicht sehr glaub- würdig, dass es so gewesen ist! - Jens Nacke [CDU]: Das ist nach Gutsherrenart!)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage kommt vom Kollegen Toepffer. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie sprachen in Ihren Ausführungen davon, dass im Zusammenhang mit der VWAbgasaffäre einige Ermittlungsverfahren bei niedersächsischen Staatsanwaltschaften anhängig seien. Ich frage Sie: Wie viele Vorermittlungs- und Ermittlungsverfahren sind es genau, und gegen wen richten sich diese Verfahren? Namentlich bitte!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Frau Ministerin bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit den Software-Manipulationen führt die Staatsanwaltschaft Braunschweig derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Beschuldigte. Am 8. Oktober 2015 sind auf dieser Grundlage Durchsuchungen in Wolfsburg und anderen Orten durchgeführt worden. Ziel der Durchsuchungen war es, Beweismittel sicherzustellen, die Auskunft über die genaue Vorgehensweise der an der Manipulation der Abgaswerte beteiligten Firmenmitarbeiter und auch deren Identität geben können. Mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen können hierzu keine weiteren Auskünfte erteilt werden.

In einem weiteren Vorgang wird, wie bereits erläutert, aufgrund diverser Strafanzeigen gegen Herrn Prof. Dr. Winterkorn gemäß § 152 Abs. 2 StPO geprüft, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen, die die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Herrn Prof. Dr. Winterkorn persönlich rechtfertigen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Meine Damen und Herren, die nächste Zusatzfrage stellt für die CDU-Fraktion Frau Mechthild Ross-Luttmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund Ihrer Aussage, Frau Ministerin, dass Sie über die Tagesschau von dem Ermittlungsverfahren erfahren haben, frage ich Sie: Werden Sie künftig sicherstellen, dass Sie bei so wichtigen Verfahren von der Staatsanwaltschaft,

einer von Ihnen weisungsabhängigen Behörde, also nicht über die Presse, sondern unmittelbar von der Staatsanwaltschaft, informiert werden? - Vielleicht können Sie hierzu auch Ihre Fortbildungsveranstaltungen nutzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)