Wir wollen, wie das Verfassungsgericht es uns aufgegeben hat, eine verfassungskonforme Neuregelung erreichen, die die nächsten Jahre endlich einmal Bestand hat.
Wir wollen die Erbschaftsteuer als Ländersteuer erhalten, weil uns das Aufkommen wichtig ist. Wir erhalten allein aus dem bisherigen Erbschaftsteueraufkommen 300 Millionen Euro jährlich. Daraus
können wir - ich weiß nicht, wo Herr Försterling im Augenblick sitzt - 6 000 Lehrerstellen finanzieren.
Die Anträge von CDU und FDP stehen übrigens schon von ihrer Grundausrichtung her im Widerspruch zu der Intention des Bundesverfassungsgerichts. Herr Bode, Herr Siemer, Sie betonen in Ihren Anträgen stets - man muss sie nur einmal genau lesen -, dass Sie die Unternehmen entlasten wollen. Aber schon dieses Ansinnen, nämlich die Unternehmen zu entlasten, widerspricht der Haltung des höchsten deutschen Gerichts. Das Bundesverfassungsgericht hat klar gesagt, dass nicht die Unternehmen, sondern die Erben zu entlasten sind - denn die zahlen die Steuer.
Das Gericht hat eindeutig ausgeführt, dass die Verschonungsregelungen und die damit verbundene Privilegierung dem Schutz und dem Erhalt von Arbeitsplätzen zu dienen hat. Dem Verfassungsgericht geht es also um den Schutz der Arbeitsplätze - während es Ihnen offensichtlich nur darum geht, dass die Erben keine Erbschaftsteuer zahlen sollen. Das macht deutlich: Sie betreiben hier eine knallharte Lobbyarbeit.
- Wir könnten uns ja gelegentlich draußen unterhalten. Wenn Sie weiter Zwischenrufe machen, Herr Grascha, dann können wir ja mal über Ihre Lobbyarbeit sprechen.
Jetzt ist es kein Zwischenruf von Herrn Grascha, sondern der Wunsch auf eine Zwischenfrage. Herr Kollege Henning?
Herr Grascha, das, was Sie hier erzählen, ist und bleibt ein Ammenmärchen. Es ist nämlich überhaupt kein Fall bekannt geworden, in dem jemals ein Unternehmen an der Erbschaftsteuerlast zugrunde gegangen wäre.
nau dazu hat es nämlich entsprechende Parlamentsanfragen gegeben: Welches Unternehmen ist an der Erbschaftsteuer zugrunde gegangen? - Ergebnis: Keines - in der Vergangenheit. Es ist also einfach nicht wahr, was Sie hier erzählen.
Die CDU geht mit ihrem Änderungsantrag in die völlig falsche Richtung - und widerspricht damit den Grundsätzen des Verfassungsgerichtsurteils -, weil sie insbesondere weitergehende Ratenzahlungs- und Stundungsregelungen zum Schutz der Erben einfordern. Sollte es tatsächlich einmal so sein - was in der Vergangenheit aber nicht vorkam -, dass Erben die Erbschaftsteuer nicht zahlen können, so gibt es dafür bereits im heute gültigen Gesetz großzügige Stundungsregelungen. Gucken Sie einmal in den § 28 des Erbschaftsteuergesetzes hinein, Herr Dr. Siemer! Das muss man einfach einmal lesen. Dort gibt es Stundungsregelungen bis zu zehn Jahren. Ich weiß also gar nicht, worüber Sie hier eigentlich reden.
Auch die Forderung der CDU, bei der Bedürfnisprüfung, die das Bundesverfassungsgericht uns aufgegeben hat, das vorhandene Privatvermögen unberücksichtigt zu lassen, teilen wir ausdrücklich nicht. Bliebe das Privatvermögen tatsächlich außen vor, gäbe es nämlich eine erneute verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen dem Erben eines Unternehmens und einem aktiven Unternehmer, der seine Steuerzahlung im Zweifel ja auch aus dem Privatvermögen bestreiten muss, wenn die Liquiditätslage des Unternehmens diese Zahlung nicht zulässt. Darüber sollten Sie vielleicht einmal nachdenken.
Anders als die FDP in Nr. 1 Ihres Antrages unterstellt, hat dies übrigens nichts mit ideologischen Verteilungskämpfen zu tun. Es sind vielmehr zentrale Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, um die es hier geht.
Aufgrund der zahlreichen Ausnahmetatbestände und der übermäßigen und verfassungswidrigen Privilegierung des Betriebsvermögens in der Praxis der letzten Jahre hat die Erbschaftsteuer eher zur Ungleichheit der Vermögensverhältnisse in diesem Land beigetragen: Dem reichsten Zehntel der Bevölkerung gehören über zwei Drittel des gesamten
Nettovermögens, während die ärmsten 50 % nicht einmal über 2 % verfügen. Und genau das hat das Verfassungsgericht kritisiert!
Schätzungen gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2020 Vermögen im Wert von 2,6 Billionen Euro vererbt oder verschenkt wird. Ein erheblicher Teil dieser gigantischen Summe wird nur einem sehr kleinen Teil Erbberechtigter zufließen. Diese ungleiche Vermögensverteilung wird damit über Generationen hinweg verstetigt. Nur eine angemessene Erbschaft- und Schenkungsteuer, wie wir sie demnächst auf Bundesebene verabschieden werden, kann diese Ungleichheit zumindest verringern, meine Damen und Herren.
CDU und FDP sind, wie Herr Siemer ausgeführt hat, der Auffassung, dass härtere Regeln der Besteuerung den Unternehmen die notwendige Liquidität entziehen und damit Unternehmen und Arbeitsplätze gefährden würden. Fakt ist jedoch, dass bisher keine Bundesregierung, egal welcher Couleur - daran waren Sie auch beteiligt -, Erkenntnisse nachweisen konnte, wonach die deutsche Erbschaftsbesteuerung ursächlich für eine etwaige Unschlüssigkeit der Erben hinsichtlich einer Weiterführung von Familienbetrieben gewesen ist - genauso wenig, wie es Erkenntnisse darüber gibt, wie lange Unternehmen nach dem Erbfall fortgeführt werden. Was Sie hier erzählen, sind reine Ammenmärchen, meine Damen und Herren.
Diese Behauptungen werden auch nicht dadurch besser, dass Sie sie gebetsmühlenartig immer wieder vortragen. Es bleibt eine ideologisch geprägte Lobbyarbeit, die Sie hier in den Landtag hineintragen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Im Gegensatz zu Ihnen ist Ziel einer sozialdemokratischen Steuerpolitik, eine verfassungskonforme Neuregelung zu erreichen, das solidarische Miteinander in diesem Land zu fördern, der sozialen Spaltung in diesem Land entgegenzuwirken und vor allen Dingen die öffentlichen Haushalte fit für die Zukunftsaufgaben dieses Landes zu machen.
Herr Kollege Henning, ich hätte fast gesagt: Gehen Sie nicht so weit weg! Denn es gibt zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen. Es beginnt Herr Bode für die FDP-Fraktion. Sie haben 90 Sekunden. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Henning, CDU und FDP setzen sich mit ihren Anträgen für 200 000 Arbeitsplätze in Niedersachsen ein, insbesondere im Handwerk! Wenn Sie das verächtlich als Klientelpolitik bezeichnen, darf ich Ihnen entgegnen: Eine solche Klientelpolitik für Arbeitsplätze in Niedersachsen, gerade in Familienunternehmen, mache ich gerne.
Und es ist ja auch nicht so, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung sozusagen vor Verfassungskonformität nur so strotzt. Im Gegenteil: Er ist von allen ernst zu nehmenden Gutachtern und Juristen als verfassungswidrig eingeschätzt worden. Das müssen Sie doch auch einmal zur Kenntnis nehmen. Insofern muss man da initiativ sein und Farbe bekennen.
Aber Sie haben in Ihrem Wortbeitrag ja auch Farbe bekannt: Sie wollen die Erbschaftsteuer zu einer Vermögensteuer machen, um umzuverteilen.
Was dabei mit den Arbeitsplätzen und mit dem Wirtschaftswachstum in Niedersachsen passiert, ist Ihnen vollkommen egal!
Sie riskieren für Ihre Ideologie, dass 200 000 Niedersachsen demnächst keinen Job mehr haben. Das ist eine fatale Positionierung, die Sie hier im Landtag vornehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie reden hier immer davon, dass es bei der Erbschaftsteuer keinen Mehraufwand gebe. Die CDU spricht von „minimalinvasiv“. Aber das ist doch von vorne bis hinten falsch. Mit dem Ammenmärchen muss einmal aufgeräumt werden. Wenn Sie die Grundlagen der Besteuerung erhöhen, wird sich trotz
Ein Unternehmen, das verkauft und teilweise zerschlagen wurde, wird hinterher nicht wieder neu entstehen. Diese Jobs sind dann in Niedersachsen verloren, und das ist bitter.
(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Der Präsident schaltet dem Redner das Mikrofon ab)
Das waren viele Argumente, aber die Zeit ist um. - Jetzt kommt Herr Dr. Siemer für die CDU-Fraktion. Sie haben 90 Sekunden. Bitte schön!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Hennig, ich hatte Ihnen die Frage gestellt, wie Sie, wenn Sie etwas erben, gedenken, die Erbschaftsteuer zu begleichen. Auf diese Frage haben Sie nicht geantwortet, und deshalb habe ich mich zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie können es ja noch einmal versuchen.
Ich kann Ihnen aber auch sagen, wie das dann ablaufen wird. Sie haben die Halle, die mit 20 Millionen Euro in der Bilanz steht und die mit 10 Millionen Euro Verbindlichkeiten belastet ist, und Sie haben gerade einmal das Geld auf dem Konto, um Ihre Rechnungen zu begleichen. Dann werden Ihre ehemaligen Kollegen aus dem Finanzamt kommen und sagen: „Herr Hennig, bezahlen Sie das bitte mit Ihrem Privathaus! Das haben Sie ja im Landtag so gesagt.“ - Ihre Familie wird begeistert sein, wenn sie dann in eine Mietwohnung ziehen muss. - Oder Sie verkünden in Ihrem Unternehmen ein Arbeitsabbauprogramm. Aber dann möchte ich gerne wissen, wie das mit Ihrer Ideologie in Verbindung zu bringen ist.
Uns haben in der Anhörung sehr, sehr gut ausgearbeitete Vorlagen von der Steuerberaterkammer, von der IHK, von den Unternehmerverbänden, von den Gewerkschaften und von den Sozialverbänden vorgelegen. Hier geht es nicht um Verteilungsgerechtigkeit. Hier geht es, wie Kollege Bode ausgeführt hat, um Arbeitsplätze - und nicht um Swimmingpools! Und CDU und FDP sind sich hundertprozentig einig, dass wir Arbeitsplätze in Niedersachsen erhalten wollen. Sie hingegen wollen das nicht!