b) Bessere Kindertagesstätten statt Landesbetreuungsgeld - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 17/4231
Das Bundesverfassungsgericht hat Anfang Juli dieses Jahres das Betreuungsgeld gekippt und für verfassungswidrig erklärt.
Einen Moment, bitte, Frau Modder! - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie alle um Ihre Aufmerksamkeit bitten. Es ist leider sehr laut im Plenarsaal. Gespräche können gerne außerhalb des Plenarsaals geführt werden. - Vielen Dank! - Bitte sehr, Frau Modder!
Vielen Dank. - Das Bundesverfassungsgericht hat das Betreuungsgeld im Juli dieses Jahres gekippt, weil es verfassungswidrig war. Der Grund ist eigentlich ganz einfach. Der Bund hätte das Gesetz erst gar nicht erlassen dürfen, weil er dafür nicht zuständig ist. Die Gesetzgebungskompetenz liegt bei den Ländern. Das ist für CDU und CSU eine knallharte politische Klatsche gewesen, meine Damen und Herren.
Das Thema ist auch deshalb aktuell, weil es in der Großen Koalition noch keine Einigung darüber gibt, wofür die frei werdenden Mittel in Höhe von immerhin 900 Millionen Euro in diesem Jahr verwendet werden sollen. Der Bundesfinanzminister will das Geld wohl in dem allgemeinen Haushalt verschwinden lassen und von einer Umschichtung zugunsten von Kitas oder zusätzlichen Familienleistungen nichts wissen.
Unsere Familienministerin Manuela Schwesig dagegen fordert, wie auch der Städtetag, der Städte- und Gemeindebund und auch verschiedene Sozialverbände, zu Recht, das Geld zur Verbesserung der Qualität in Kindertagesstätten einzusetzen.
Meine Damen und Herren, alle Bundesländer sollten sich eigentlich in ihrer Forderung einig sein, das frei gewordene Geld nach dem Königsteiner Schlüssel endlich an die Bundesländer weiterzugeben.
Bayern könnte damit das Landesbetreuungsgeld finanzieren, und die SPD-regierten Länder würden es richtigerweise in die Verbesserung der Qualität der Kindertagesstätten geben. Das Geld wird dort dringend gebraucht.
Land wieder neu aufgelegt. Ich bin der vollen Überzeugung, dass das Betreuungsgeld - und zwar egal, ob vom Bund oder Land finanziert - ein familien- und gleichstellungspolitischer Rückschritt ist. Es setzt insbesondere für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen völlig falsche und - ich füge hinzu - fatale Anreize.
Gerade Kinder aus sogenannten bildungsfernen Elternhäusern oder auch Elternhäusern mit geringen Deutschkenntnissen müssen zeitig in den Genuss der frühkindlichen Bildung kommen.
Ein Anreiz für Eltern, ihre Kinder aus wirtschaftlichen Zwängen von der frühkindlichen Bildung fernzuhalten, ist nicht nur schädlich, sondern auch unverantwortlich.
Das Betreuungsgeld steht im Übrigen auch im Widerspruch zu unseren Anstrengungen sowohl im Bereich des Ausbaus der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren als auch im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Meine Damen und Herren von der CDU, von Ihnen hätte ich mir an dieser Stelle, wo es um das Einfordern der Gelder für die Landesebene geht, ein bisschen mehr Leidenschaft gewünscht. In Ihrem Parteitagsbeschluss vom 5. September, in dem Sie sich - Achtung! - für ein Landesbetreuungsgeld aussprechen, heißt es:
Ich lade Sie herzlich ein, mit uns dafür zu streiten, dass die Länder die Gelder auch bekommen. Wir in Niedersachsen werden dafür sorgen, dass das ganz eindeutig in die Qualitätssteigerung unserer Kindertagesstätten geht.
Meine Damen und Herren, seit Einführung des Betreuungsgeldes sind die Zweifel am Betreuungsgeld bestätigt worden.
Zahlreiche Studien belegen, dass das Betreuungsgeld die falschen Anreize setzt. Am 13. August dieses Jahres wurde in der Welt eine Studie des Ifo-Instituts zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von Kinderbetreuung berichtet. Ich darf zitieren:
„Der Ausbau der Kinderbetreuung in Deutschland hat in den vergangenen Jahren nicht nur wichtige familienpolitische Ziele vorangetrieben und hat einen erheblichen positiven Einfluss auf Volkswirtschaft und Demografie. Vor allem aber wäre es nach den Berechnungen der Forscher weitaus teurer, die gleichen Ziele mit höherem Kindergeld oder anderen Familienleistungen zu verfolgen.“
Ich lade Sie, meine Damen und Herren von der CDU, herzlich ein: Helfen Sie auf Bundesebene mit, dass das frei gewordene Geld nicht im allgemeinen Haushalt verschwindet, sondern an die Länder gegeben wird, und wir sorgen dafür, dass dieses Geld bei unseren Kleinsten landet und zur Qualitätssteigerung in die Kindertagesstätten fließt!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass das Betreuungsgeld verfassungswidrig ist, hat uns das sehr gefreut. Das war eine klare Entscheidung, das war gut so. Der Fehler wurde entsprechend korrigiert.
Jetzt kam der Antrag der SPD zur Aktuellen Stunde. Da habe ich mich wirklich gefragt: Merken die eigentlich noch, was in diesem Land los ist? Ist
tatsächlich das aktuellste, heißeste und brennendste Thema landespolitischer Art in dieser Woche ein Parteitagsbeschluss der CDU?
Haben Sie sich so aufgegeben, dass Sie sich jetzt schon Sorgen machen, dass demnächst wieder CDU-Parteitagsbeschlüsse umgesetzt werden? - Das wäre ja ein gutes Signal von Ihnen. Aber ganz ehrlich, Niedersachsen hat derzeit ganz andere Probleme, die es zu lösen gilt.
Wir hätten heute wunderbar darüber reden können, wie wir Flüchtlingskindern in den Kindertagesstätten bei der Sprachförderung noch deutlich mehr helfen können.