Und wenn im Jahr 2015 Polen 9 000 und die Slowakei 1 500 Flüchtlinge aufnehmen, bringt uns das auch nicht wirklich weiter.
Nun komme ich zu Ihnen, Frau Polat: Sie haben am vergangenen Donnerstag Ihren eigenen Plan dargelegt und gesagt: Wir müssen die Krise lösen, indem u. a. die Fluchtrouten geöffnet werden. - Frau Schröder-Köpf ist noch einen Schritt weiter gegangen. In einer Pressemitteilung von Anfang dieses Monats sagte sie: Wir brauchen die legale Einreise syrischer Flüchtlinge, und die müssen wir mit sicheren Schiffen sicherstellen.
Das klingt aus humanitärer Sicht im ersten Augenblick unheimlich gut; dagegen kann man kaum etwas sagen. Aber wie wollen Sie das eigentlich konsequent durchsetzen? Wir haben hier gelernt, dass es keine Flüchtlinge erster, zweiter oder dritter Klasse gibt.
Da bin ich, was die Opfer von Terror und Gewalt angeht, 100-prozentig bei Ihnen. Aber erklären Sie mir bitte, warum die Schiffe dann nur nach Syrien
und nicht auch nach Eritrea, in den Irak, in den Sudan und nach Burma - um nur einige weitere Staaten zu nennen - fahren sollen. Das kann nicht funktionieren. Die Umsiedlung ganzer Völker ist keine Lösung für das Problem.
Ich stimme Ihnen zu: Wir brauchen eine einheitliche Flüchtlingspolitik. Aber was zuallererst brauchen, ist eine einheitliche EU-Außenpolitik. Und da tragen wir nicht zur Einigung des Lagers bei, wenn wir den anderen das Recht absprechen, über die Werte unseres Systems mitzureden, und ihnen die Moral absprechen. Das kann so nicht funktionieren.
Also: Was wir in der EU brauchen, ist eine starke einheitliche Außenpolitik, die Verantwortung an den Tag legt und die ihren Einfluss in der Welt auch wirklich ausübt. Ich denke, der erste Schritt, mit dem wir das zeigen müssen, ist die Lösung des Syrienkonflikts direkt vor Ort. Dazu brauchen wir eine Syrienkonferenz. Wir müssen uns - mit Ausnahme des IS - mit allen beteiligten Mächten und allen, die Einfluss haben, an einen Tisch setzen. Anders sind diese Probleme nicht zu lösen, auch hier aus Deutschland und der EU heraus nicht.
Vielen Dank, Herr Kollege Toepffer. - Für die SPDFraktion hat nun Herr Kollege Watermann das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Toepffer, dass Sie sich als europa- und außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bewerben, finde ich in Ordnung.
Aber da Sie zu Beginn Ihrer Rede einen Plan A und einen Plan B eingefordert haben, hätte ich von Ihnen schon gerne gehört, wo Sie denn hier die Landesperspektive sehen, abgesehen natürlich davon, dass wir die Position unterschreiben, dass das Problem von einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik gelöst werden muss.
Am heutigen Tag ist von dem, was Sie noch am vergangenen Donnerstag gesagt haben, eigentlich nur eines übrig geblieben. Das haben Sie aber weggelassen, weil das nicht zu Ihrem Profil passt. Das ist nämlich der Aspekt, dass Sie allein auf Abschiebung und Rückführung setzen.
Was die Rückführungen angeht, sind wir uns ja darin einig gewesen, dass Dublin III gescheitert ist. Deshalb müsste man damit ein bisschen vorsichtiger sein. Inzwischen ist ja auch erklärt worden, dass die, die aus Syrien, dem Irak oder ähnlichen Ländern kommen, doch lieber hierbleiben sollen, dass deren Asylanträge doch lieber hier bearbeitet werden sollen. Dem hat niemand widersprochen.
Hinsichtlich des Rückführungserlasses will ich nur ganz vorsichtig darauf hinweisen, dass Sie von der CDU ja wenigstens noch das Recht haben zu sagen, dass Sie ihn schon damals abgelehnt haben. Die FDP hingegen hat ihn damals begrüßt, weil darin ein Kurswechsel lag. Wir als SPD haben damals gesagt, wir gucken uns ganz genau an, wie das in der Praxis funktioniert - und das werden wir auch tun.
Sie argumentieren nun, dass eine Änderung des Rückführungserlasses die Lage entspannen würde. Ich sehe das nicht so; denn die Masse der Flüchtlingen kommt im Moment ja gerade nicht vom Balkan, sondern aus den Bürgerkriegsgebieten. Das Ganze ist doch nur ein vorgeschobenes Argument. Ihnen geht es doch nur darum, eine ordnungspolitische Maßnahme nach vorn zu stellen. Ich sage Ihnen: Wir sind dabei, dies zu überprüfen, und dort, wo es nötig ist, werden wir auch Veränderungen vornehmen.
Jetzt noch ein Wort an die Adresse unserer kommunalen Freundinnen und Freunde. Der Landkreistag hat diesen Brief auch unterschrieben. Aber damit widerspricht das Präsidium des Landkreistages ganz elementar der Bad Nenndorfer Erklärung, die unter schweren Geburtswehen gemeinsam verabschiedet wurde. Seinerzeit hat es diesen Streit ja auch schon gegeben. Ich kann Ihnen eine Vielzahl von Landräten nennen, die diesen Brief nicht teilen. Dazu wird es auch noch eine Nachbesprechung geben.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir haben damals um eine gemeinsame Position gerungen. Davon ist in dem Brief aber nichts zu spüren. Deshalb lasse ich es auch nicht zu, dass so getan wird, als ob das die Meinung der kommunalen Familie ist. Es ist allenfalls die Meinung eines kleinen Teils der
Meine Damen und Herren, wir sollten uns darauf konzentrieren, der gemeinsamen Aufgabe, vor dem Winter noch möglichst viele Aufnahmemöglichkeiten zu schaffen, gerecht zu werden. Und wir sollten das tun, was schon zu Anfang gesagt wurde, nämlich mehr professionelle Unterstützung leisten. Ich bin dankbar, dass jetzt die Bundeswehr dabei ist.
Und ich bin dankbar, dass jetzt alle dafür sorgen wollen, dass Anträge schneller bearbeitet werden. Eine Bemerkung am Rande: Ich habe es schon immer als Katastrophe empfunden, dass das Bundesamt es selbst zu Zeiten, als es nur wenige Flüchtlinge gab, hingenommen hat, dass 10 % der Flüchtlinge nicht erfasst worden sind. Das setzt sich jetzt fort. Dem müssen wir entgegentreten.
Ich denke, wenn wir das alles tun, dann tun wir das Richtige. Schuldzuweisungen sind das Spiel derer, die sich aus der Verantwortung stehlen wollen. Tatkräftig mithelfen aber tun die, die eine Lösung herbeiführen wollen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrter Herr Kollege Watermann, ich bin mir wirklich unsicher, ob es in einer Phase, in der die Kommunen die Hauptlast der Aufgabe zu schultern haben, tunlich ist, die kommunalen Spitzenverbände zu beschimpfen.
In den Kommunen gibt es einerseits ein phantastisches ehrenamtliches Engagement. Auf der anderen Seite gibt es dort Hauptverwaltungsbeamte, die ihrer Verantwortung gerecht werden und vor Ort schwierige Entscheidungen treffen. Diese Hauptverwaltungsbeamten haben sich hilfesuchend an ihre Spitzenverbände gewandt, damit diese sich gegenüber der Landesregierung äußern.
Wie gesagt, ich halte es ausdrücklich für falsch, diese Spitzenverbände hier vom Rednerpult dann auch noch zu beschimpfen. meine sehr verehrten
Herr Watermann, mit Ihrem Redebeitrag standen Sie gerade in der wunderbaren Tradition der Beiträge des Kollegen Onay und der Kollegin Polat. Ich habe mich gefragt: Wann kommt denn von der SPD etwas Konkretes? - Ein Beispiel: der Rückführungserlass. Sie haben das eben mit wolkigen Worten umschrieben. Sie haben gesagt, Sie hätten ihn verändert, Sie hätten damals schon gesagt, Sie wollten draufgucken und gegebenenfalls eine Anpassung vornehmen. Und dann haben Sie gesagt: Das werden wir tun. - Das waren gerade Ihre Worte.
Herr Kollege Watermann, ich frage Sie vor dem Hintergrund, dass Sie hier im Landtag gemeinsam mit den Grünen nur über eine Einstimmenmehrheit verfügen - sodass Sie zur Unterstützung dieser Landesregierung auf jede einzelne Stimme der Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen angewiesen sind -: Werden Sie das wirklich auf den Weg bringen und im Sinne der kommunalen Spitzenverbände auch an den Rückführungserlass herangehen? - Bisher erkenne ich an dieser Stelle von dieser Regierung jedenfalls keine Anzeichen, um auch das einmal sehr deutlich zu sagen.
Herr Kollege Dürr, können Sie sich vorstellen, dass die rot-grüne Koalition dies genauso macht, wie die schwarz-gelbe Koalition zuvor: dass sie Kompromisse schließt und diese dann in Politik umsetzt?
(Jens Nacke [CDU]: Das ist lange vorbei! - Ottmar von Holtz [GRÜNE]: Da hatte die FDP nichts zu sagen!)
Wissen Sie was? Man mag das naiv nennen. Aber offen gestanden habe ich zu Beginn der Regierungszeit tatsächlich daran geglaubt. Nach zweieinhalb Jahren rot-grüner Landesregierung kann ich in diese Aussage aber keinerlei Vertrauen mehr fassen, um das sehr deutlich zu sagen.
Frau Kollegin Polat, es tut mir leid. Aber auch Sie haben am Rednerpult vorhin aufgezeigt, was wir alles nicht brauchen. Das macht schon der Titel Ihrer Aktuellen Stunde deutlich: „Grundrecht auf Asyl kennt keine Obergrenze“. In der Sache sind wir da gar nicht auseinander, sondern dies teilen wir ausdrücklich. Aber ich frage jetzt insbesondere die Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen - und zwar nicht nur deshalb, weil sie hier in Niedersachsen an der Regierung beteiligt sind, sondern auch, weil sie in neun weiteren Ländern an der Regierung beteiligt sind und von daher als starke politische Kraft eine entscheidende Verantwortung für die Bewältigung dieser Krise tragen; insbesondere auch über den Bundesrat -:
Was, meine Damen und Herren von den Grünen, wollen Sie ganz konkret tun? - Sie haben hier von zwei Dingen gesprochen. Einerseits von einem Aufnahmeprogramm. Dazu will ich wissen, ob es insofern eine Kommunikation zwischen Ihnen - - -
(Filiz Polat [GRÜNE]: Da haben Sie zugestimmt! Das haben wir hier im letzten Jahr gemeinsam verabschie- det! Von wegen „Wir tun nichts“!)